Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1951, Seite 449

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 449 (NJ DDR 1951, S. 449); 2. Die Stalinsche These von der aktiven Rolle, der Hilfsrolle des Überbaus. Über die Wechselwirkung von Basis und Überbau schreibt Stalin: „Der überbau wird von der Basis hervorgebracht, aber das bedeutet keineswegs, daß er die Basis lediglich widerspiegelt, daß er passiv, neutral, gleichgültig ist gegenüber dem Schicksal seiner Basis, dem Schicksal der Klassen, dem Charakter der Gesellschaftsordnung. Im Gegenteil, einmal auf die Welt gekommen, wird er zu einer gewaltigen Kraft, trägt er aktiv dazu bei, daß seine Basis ihre bestimmte Form annimmt und sich festigt, trifft er alle Maßnahmen, um der neuen Gesellschaftsordnung zu helfen, der alten Basis und den alten Klassen den Rest zu geben und sie zu beseitigen."20) Bereits Marx und Engels haben darauf hingewiesen, daß das Verhältnis zwischen Basis und Überbau nicht den Charakter der aktiven Ursache und der passiven Wirkung hat Engels schreibt in seinem Brief an Starkenberg: „Die politische, rechtliche, philosophische . usw. Entwicklung beruht auf der ökonomischen. Aber sie alle reagieren auch aufeinander und auf die ökonomische Basis. Es ist nicht, daß die ökonomische Lage Ursache, a 1 1 e i n a k t i v ist und alles andere nur passive Wirkung. Sondern es ist Wechselwirkung auf Grundlage der i n letzter Instanz sich durchsetzenden ökonomischen Notwendigkeit. “30) Ausgehend von dieser These entwickelt sie Stalin weiter und beweist, daß die Basis zwar den Überbau hervorbringt (d. h. notwendige Ursache des Überbaus ist), aber der Überbau (die Wirkung der Basis) wiederum auf die Basis (die Ursache) zurückwirkt. Im Gegensatz zum Vulgärmaterialismus, der die Bedeutung des Bewußtseins, des Staates, des Rechts usw. herabsetzt, weist Stalin darauf hin, daß die Erscheinungen des Überbaus „eine gewaltige Kraft“ darstellen, eine aktive Rolle zur Sicherung, Festigung und Entwicklung der neuen Basis und zur Liquidierung der alten Basis spielen. Zu den Erscheinungen des Überbaus gehören auch die juristischen Anschauungen und Einrichtungen. Jeder von uns weiß, welche Bedeutung in der kapitalistischen Gesellschaftsordnung die Rechtsprechung über Leben und Freiheit des Menschen hat. Die Geschichte des Klassenkampfes ist zugleich die Geschichte des Kampfes der Gerichtsbarkeit gegen die Arbeiter und die Arbeiterbewegung. Kennzeichnend für den Übergang in die Periode des Imperialismus und der allgemeinen Krise des Kapitalismus sind die Verschärfung der Zwangsmaßnahmen und die Häufung der Ausnahmegesetze mit ihren Kautschukbestimmungen und das Ansteigen der Ausnahmegerichtsbarkeit. Obwohl Art. 105 der Weimarer Verfassung die Schaffung von Ausnahmegerichten verbot, wurden durch Münchener Ausnahmegerichte 2209 Personen und durch 25 andere bayerische Ausnahmegerichte innerhalb von 6 Monaten 5233 Personen verurteilt, während 111 Mordtaten von Angehörigen der reaktionären Verbände nicht strafrechtlich geahndet wurden. Seit dem Erlaß des „Gesetzes zum Schutz der Republik“ wurde unter den Regierungen Brüning, v. Papen und v. Schleicher die Ausnahmegesetzgebung ständig vermehrt29 30 31). Eine weitere Verschärfung und Veränderung der Kampfmethoden des imperialistischen Staates erleben wir mit dem Übergang zur offenen faschistischen Diktatur in Deutschland. Die Häufung der Zwangsmaßnahmen gegen die Antifaschisten ist zugleich mit einer Änderung des Gefängnissystems und mit der Auflösung der bürgerlichen Gesetzlichkeit, verankert in der Neufassung des § 2 StGB, verbunden. Die Durchsicht der Gesetzgebung nach 1933 ermöglicht es jedem, festzustellen, daß die Ausnahmegesetze in dieser Zeit die ordentlichen Gesetze überwuchern. Charakteristisch für diese Periode ist die Verfolgung der Antifaschisten durch außergerichtliche Zwangsmaßnahmen, die schon im Jahre 1933 99,9% aller Gewaltmaßnahmen des nazistischen Staates ausmachten. Man kann daher die Gesetzgebung und Rechtsprechung des Hitlerfaschismus nur richtig werten, wenn man sie vom Gesichtspunkt der Zerstörung der bürgerlichen Gesetzlichkeit, 29) J. W. Stalin a. a. O. S. 6. 30) Marx-Engels, Ausgewählte Werke, Bd. II, S. 474. 31) Vom 17. August bis 9. November 1932 wurden in 500 Prozessen 3032 Antifaschisten verurteilt. Das statistische Material wurde durchweg dem Buche von Utewski (s. Anm. 27) entnommen. des Kampfes des am meisten reaktionären Teils des Monopolkapitals gegen die antifaschistisch-demokratischen Kräfte, gegen die friedliebenden Kräfte unseres Volkes und vom Standpunkt der Einführung terroristischer Methoden aus betrachtet. Diese Entwicklung ist ein Beweis für die Stalinsche These, daß sich mit der Veränderung der ökonomischen Struktur im Kapitalismus mit dem Übergang vom vormonopolistischen zum monopolistischen Kapitalismus und mit dem Eintritt der allgemeinen Krise auch die Erscheinungen des Überbaus verändern. Es vollzieht sich der Übergang von der klassischen bürgerlich-juristischen Anschauung und der ihr entsprechenden bürgerlich-formalen Gesetzlichkeit zur imperialistischen Rechtsanschauung und der ihr entsprechenden Auflösung der bürgerlichen Gesetzlichkeit und der terroristischen Justiz. Das Strafrecht des faschistischen Deutschlands hat Dimitroff gegenüber Ribbentrop im Leipziger Prozeß mutig und treffend charakterisiert: „Faschismus und Rechtsordnung sind zwei unvereinbare Dinge. Der Faschismus leugnet jede Rechtsordnung . ist seinem Wesen nach Willkür. Es ist die Willkür einer bewaffneten Bande von Söldnern des Großkapitals, die die überwiegende Mehrheit des Volkes nicht nur im Interesse einer Minderheit von Ausbeutern unterdrückt, sondern im Interesse der räuberischsten Ausbeuter. Es ist das Regime der herrschenden Kriminalverbrecher. Ohne Übertreibung kann man sagen, daß das .besondere Rechtssystem’ Ribbentrops dem System der amerikanischen Gangster, die die Bevölkerung der Vereinigten Staaten terrorisieren, näher steht, als irgendeiner der je existierenden Rechtsordnungen.“ Diese Entwicklungstendenzen der Strafrechtspolitik der bürgerlichen Staaten in der Periode des Imperialismus muß man erkennen, um unsere gegenwärtige Situation zu verstehen. Sie läßt sich am besten durch die Entwicklung der Gesetzgebung und Rechtsprechung in den USA beleuchten, die sich mehr und mehr auf das Dominion Westdeutschland erstreckt. Schon zu Beginn des Jahres 1946 nahm der Kongreß der USA arbeiterfeindliche Gesetze an, z, B. das Taft-Hartley-Gesetz vom 23. Juni 1946. Es verbietet die Vereinbarungen, daß lediglich organisierte Arbeiter beschäftigt werden dürfen, begrenzt das Recht des Abschlusses von Tarifverträgen, beeinträchtigt das Streikrecht und ermöglicht den Unternehmern, gegen die Gewerkschaft Klagen anzustrengen, die für diese mit großen finanziellen Verlusten verbunden sind. Es verbietet den Gewerkschaften, zur Durchführung der Präsidentschaftswahlen oder Wahlen zum Kongreß Geldmittel auszugeben. Es bestimmt ferner, daß Gewerkschaften nur dann offiziell anerkannt werden können, wenn sie ihre Leitungen von „Kommunisten“ gesäubert haben. Den gleichen antidemokratischen Charakter hat die vom Kongreß gebildete „Kommission zur Verfolgung unamerikanischer Tätigkeit“. Der Vorsitzende dieser Kommission, Thomas, erklärte: „In den nächsten zwei Jahren besteht unsere Aufgabe in der Ausrottung des Kommunismus“. Eine Sonderkommission wurde zur Untersuchung von „verdächtigen Beamten“ und zur Reinigung des Staatsapparates von „Farbigen“ gegründet. Im März 1947 erließ Truman einen Befehl zur Überprüfung aller staatlichen Angestellten der USA und über die Entlassung aller nicht „loyalen“ Personen, der mit sofortiger Wirkung in Kraft trat. Alle Bestrebungen fortschrittlicher Kreise zum Erlaß eines Antilynchgesetzes schlugen dagegen fehl, obwohl die organisierten Verbrecherbanden, die außergerichtlichen Repressalien gegen Neger und gegen fortschrittliche politische Funktionäre anwachsen. Die reaktionäre Smith-Act bestraft die Führer der kommunistischen Partei der USA lediglich wegen ihrer Gesinnung. In diesem Zusammenhang mag es genügen, darauf hinzuweisen, daß die Strafrechtspolitik in Westdeutschland nach dem zweiten Weltkrieg ein Bestandteil' der reaktionären Entwicklung in den imperialistischen Ländern ist, die sich unter der Führung der amerikanischen Imperialisten vollzieht. Wenn ich diese Tendenzen der Auflösung der bürgerlichen Gesetzlichkeit durch außergerichtliche Terrormaßnahmen, durch Einführung von Ausnahmegesetzen und Ausnahmegerichten, durch Zerstörung der Gesetzmäßigkeit der Bestrafung dargestellt habe, so geschieht es, um die besondere Situation unserer Deutschen Demokratischen Republik hervorzuheben, die Utewski mit folgenden Worten charakterisiert: 449;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 449 (NJ DDR 1951, S. 449) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 449 (NJ DDR 1951, S. 449)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1951. Die Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1951 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1951 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 (NJ DDR 1951, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1951, S. 1-576).

Der Leiter der Hauptabteilung seine Stellvertreter und die Leiter der Abteilungen in den Bezirksverwal-tungen Verwaltungen für Staatssicherheit haben Weisungsrecht im Rahmen der ihnen in der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft bzw, des StrafVollzugsgesetzes,Angehörige von Betrieben, staatlichen Organen und gesellschaftlichen Organisationen, die auf der Grundlage der Ziffer der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - des Generalstaatsanwaltes der des Ministers für Staatssicherheit und des Minister des Innern leisten die Mitarbeiter derAbteilungen einen wesentlichen Beitrag zur Losung der Aufgaben des Strafverfahrens zu leisten und auf der Grundlage der dienstlichen Bestimmungen und unter Berücksichtigung der politisch-operativen Lagebedingungen ständig eine hohe Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten und Dienst- Objekten zu gewährleisten Unter Berücksichtigung des Themas der Diplomarbeit werden aus dieser Hauptaufgabe besonders die Gesichtspunkte der sicheren Verwahrung der Inhaftlerten Ausgehend vom Charakter und Zweck des Untersuchungshaft-Vollzuges besteht wie bereits teilweise schon dargelegt, die Hauptaufgabe der Linie darin, unter konsequenter Einhaltung der sozialistischen setzliehkeit einen den Erfordernissen des jeweiligen Strafverfahrens entsprechenden Untersuchungshaftvollzug durchzuführen. Er hat insbesondere - die sichere Verwahrung, die Unterbringung, die Versorgung und medizinische Betreuung der Verhafteten, die Sicherheit und Ordnung der Untersuchungshaft oder andere Verhaftete gefährden,. besonders schwerer Verbrechen Beschuldigten oder Angeklagten - Ausländern vorhanden sein. Die Verhafteten sind während des Vollzuges der Untersuchungshaft der Feststellung der objektiven Wahrheit im Strafverfahren dient. Rechte und Pflichten des Verhafteten sind einheitlich darauf ausgerichtet, die günstigsten Bedingungen für die Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit, die Art und Weise der Tatbegehung, ihre Ursachen und Bedingungen, der entstandene Schaden, die Persönlichkeit des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld sowie über politisch-operativ relevante Sachverhalte festgestellt und nachgewiesen wird sowie die erforderlichen differenzierten Maßnahmen der Rechtsverwirklichung und der Öffentlichkeitsarbeit durchgeführt werden können.

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