Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1951, Seite 445

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 445 (NJ DDR 1951, S. 445); Einige Fragen der Rechtswissenschaft und Rechtspraxis im Lichte der Arbeiten Stalins über den Marxismus und die Fragen der Sprachwissenschaft Von Hans Geräts, Lehrgangsleiter der Zentralen Richterschule der Deutschen Demokratischen Republik (Fortsetzung) Im vorhergehenden Artikel1 2) habe ich versucht, einige Erkenntnisse, die uns die Stalinschen Definitionen über Basis und Überbau vermitteln, anzuwenden. Die Arbeiten Stalins enthalten jedoch nicht nur diese genialen Begriffsbestimmungen, sondern vermitteln uns zugleich grundlegende Thesen über die Wechselwirkung zwischen Basis und Überbau. Mit den beiden für die Strafrechtswissenschaft und die strafrechtliche Praxis wichtigsten Thesen wollen wir uns beschäftigen. 1. Die Stalinsche These vom Klassencharakter dea Überbaus In seiner Arbeit „Über den Marxismus in der Sprachwissenschaft“ schreibt Stalin: „Jede Basis hat ihren eigenen, ihr entsprechenden überbau. Die Basis der Feudalordnung hat ihren Überbau, ihre politischen, juristischen und sonstigen Anschauungen und die ihren entsprechenden Institutionen, die kapitalistische Basis hat ihren überbau, die sozialistische den ihrigen . Der überbau wird von der Basis hervorgebracht .2). Die Bedeutung dieser Stalinschen These für die Ent-wick’ung einer exakten Wissenschaft vom Strafrecht wird erst dann klar, wenn wir die Behandlung der Strafrechtsprobleme in der bürgerlichen Rechtswissenschaft und Praxis betrachten. Die bürgerliche Jurisprudenz betrachtet die Formen des Strafrechts als von ihrem Klasseninhalte losgelöste, abstrakt-juristische Kategorien, die durch Herstellung formal-logischer Übereinstimmungen und Übergänge zu einem in sich geschlossenen System des Strafrechts zusammengefaßt werden sollen3 4 *). Engels hat diese Gegenstand'sbestimmung durch die bürgerliche Rechts-ideoloeie treffend charakterisiert: „Der Staat aber, einmal eine selbständige Macht geworden gegenüber der Gesellschaft, erzeugt alsbald eine weitere Ideologie Bei den Politikern von Profession, bei den Theoretikern des Staatsrechts und den Juristen des Privatrechts nämlich geht der Zusammenhang mit den ökonomischen Tatsachen erst recht verloren ., deswegen soll nun die juristische Form alles sein und der ökonomische Inhalt nichts.“ 4) Ergänzt wird die Los'ösung der Form durch die formal-logische Systematik, von der Engels schreibt: „Staatsrecht und Privatrecht werden als selbständige Gebiete behandelt, die ihre unabhängige geschichtliche Entwicklung haben, die in sich selbst einer systematischen Darstellung fähig sind und ihrer bedürfen durch konsequente Ausrottung aller inneren Widersprüche.“ 5) ' Es entsteht eine verselbständigte juristische Begriffswelt, die ihre Einheit nicht in den materiellen Bedingungen des Lebens der Gesellschaft, sondern in einer Idee, in der Idee der Gerechtigkeit, des Gemeinwillens, der Macht, der Gesellschaft usw. finden soll. Das Strafrecht wird deshalb durch die bürgerliche Jurisprudenz als die Gesamtheit von Normen, die im Tatbestand das Verbrechen und daran anknüpfend als Rechtsfolge die Strafe bestimmen, beschrieben. Diese Beschreibung 1) s. NJ 1951 S. 402 ft. 2) J. W. Stalin, Der Marxismus und die Fragen der Sprachwissenschaft, Dietz-Verlag, Berlin 1951, S. 5 f. 3) v. Liszt-Schmiit, Lehrbuch des deutschen Strafrechts, Berlin 1932, S 1. In diesem Lehrbuch werden das Verbrechen und die Strafe als die beiden Grundbegriffe des Strafrechts bezeichnet. Es führt weiter aus: Damit ergibt sich als die nächste Auf- gabe der Strafrechtswisssenschaft: in rein juristisch-technischer Betrachtung, gestützt auf die Strafgesetzgebung, Verbrechen und Strafe als begriffliche Verallgemeinerungen ins Auge zu fassen; die einzelnen Vorschriften des Gesetzes, bis zu den letzten Grundbegriffen und Grundsätzen aufsteigend, zum geschlossenen System zu entwickeln; im besonderen Teile des Systems die einzelnen Verbrechen und die auf diese gesetzten Strafen, im allgemeinen Teile den Begriff des Verbrechens, der Strafe überhaupt darzustellen. Als hervorragend praktische Wissenschaft . muß die Rechtswissenschaft die eigentlich systematische Wissenschaft sein und bleiben; denn nur die Ordnung der Kenntnisse im System verbürgt . sichere . Herrschaft über alle Einzelheiten . Das Lehrbuch beschränkt sich auf die Darstellung des im Deutschen Reiche geltenden Strafrechts.“ 4) Fr. Engels, Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie, Dietz-Verlag, Berlin 1946, S. 48 3) Engels a. a. O. der äußeren Gestalt des Strafrechts, die als Definition ausgegeben wird, sagt nichts darüber aus, wer der Urheber des Strafrechts ist, welchen Zweck das Strafrecht verfolgt, wessen Interessen es dient und warum bestimmte Handlungen verboten und mit Strafen belegt werden. Sie dient somit der Leugnung des Klassencharakters des Strafrechts. Das Verbrechen wird formal als eine für strafbar erklärte Handlung und die Strafe als ein Übel, das wegen eines Verbrechens verhängt wird, bestimmt. Ebenso werden die Einzelprobleme des Strafrechts isoliert von den Veränderungen in den Formen und Funktionen des Staates, den Formen des Klassenkampfes und den Formen der ökonomischen Beziehungen behandelt. Die bürgerlichen Juristen pflegen z. B. die verschiedenen „Theorien“ über den Versuch die objektive, subjektive und sog. gemischte „Theorie“ rein dogmatisch darzustellen. ohne die gesellschaftlichen Funktionen dieser „Theorien“ und deren klassenbedingte Zwecke zu ergründen, die, aus den Veränderungen der ökonomischen Struktur erwachsend, mit der unterschiedlichen Ausgestaltung der Versuchs„theorien“ verfolgt werden. Mit der Leugnung des Klassencharakters der Strafrechtsformen wird auch ihr historischer Charakter, ihre geschichtliche Bedingtheit in einer bestimmten ökonomischen Struktur der Gesellschaft negiert. Deshalb gibt es bei den bürgerlichen Juristen keine wirklich historische Betrachtung der strafrechtlichen Normen und Probleme. Die sog. Geschichte des Strafrechts enthält zwar eine Fülle von Tatsachenmaterial, das von uns kritisch angeeignet und ergänzt werden muß, aber sie bietet sich uns als zeitlich-systematisch geordnete Aufeinanderfolge isolierter Rechtsformen dar, deren Entstehen und Vergehen, nach ihrer Loslösung von dem materiellen geschichtlichen Entwicklungsprozeß und dessen bewußtseinsmäßiger Widerspiegelung, rein zufällig erscheinen, wobei die Geschichte ihre „Vollendung“ im Rechtssystem der Bourgeoisie findet.6 *) Im Gegensatz zu dieser, die materielle Gesetzmäßigkeit der gesellschaftlichen Entwicklung und der historischen Bedingtheit des Strafrechts leugnenden oder ignorierenden Darstellung geht der historische Materialismus davon aus, daß die wechselseitige Bedingtheit der gesellschaftlichen Erscheinungen, zu denen auch das Strafrecht gehört, nichts Zufä’liges ist, sondern zu den Gesetzmäßigkeiten der gesellschaftlichen Entwicklung gehört. Er lehrt, daß das Entstehen und Vergehen der Strafrechtsordnungen in ihrer Gesamtheit und in den einzelnen Rechtsformen ebenso wie die Veränderung ihres Charakters ihren notwendigen Ursprung in den Veränderungen der materiellen Grundlagen der Gesellschaft, in den ökonomischen Veränderungen haben. Marx schrieb schon in seinen Notizen auf der vorletzten Seite des Manuskripts über L. Feuerbach: „Es gibt keine Geschichte der Politik, des Rechts usw.“T) Wie diese Worte zu verstehen sind, haben Marx und Engels in der „Deutschen Ideologie“ ausgeführt: „Nicht zu vergessen, daß das Recht ebensowenig eine eigene Geschichte hat wie die Religion.“8) Deshalb 6) Unter dem Titel „Geschichtliche Entwicklung; der Rechtsquellen" bringt z. B. Hippel eine Aufeinanderfolge sämtlicher Quellen des römischen Strafrechts. Daran schließt sich exzerpiert folgende Darstellung: Auf die germanische Zeit reinen Gewohnheitsrechtes folgen die Volksrechte, das Königsrecht und die Rechtsaufzeichnungen. Die Carolina bringt die gesetzliche Umgrenzung, gestattet aber Analogie. Die Praxis straft, was sie für strafwürdig hält. Gegen diesen Zustand der Willkür richtet sich der Kampf der Aufklärungszeit. Der Grundsatz „Kein Verbrechen ohne Gesetz“ findet ausdrü-kliche Anerkennung und bleibt Grundlage des modernen „Kulturstrafrechts“ Wir sehen also einfache Aufeinanderfolge Es fehlt jeder Versuch, die Ursachen festzustellen und die einzelnen Erscheinungen in ihrem geschichtlichen Zusammenha-g zu betrachten Die Entwicklung schließt mit dem bürgerlichen „Kulturstrafrecht“ ab. U Marx-Engels, Die Deutsche Ideologie. Volksausgabe des Marx-Engels-Lenin-Instituts, 1932, S. 536 (Anm.). 8) Marx-Engels a. a. O. S. 53. 445;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 445 (NJ DDR 1951, S. 445) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 445 (NJ DDR 1951, S. 445)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1951. Die Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1951 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1951 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 (NJ DDR 1951, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1951, S. 1-576).

Das Zusammenwirken mit den anderen Justizorganen war wie bisher von dem gemeinsamen Bestreben getragen, die in solchem Vorgehen liegenden Potenzen, mit rechtlichen Mitteln zur Durchsetzung der Politik der Parteiund Staatsführung zu leisten. Die Leiter der operativen Diensteinheiten haben ihre Führungs- und Leitungstätigkeit auf die Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge zu konzentrieren und zu gewährleisten, daß die Ziele der Untersuchungshaft sowie die Sicherheit und Ordnung der Untersuchungshaftanstalten nicht gefährdet werden. Das erfordert insbesondere die vorbeugende Verhinderung - - von Terror- und anderen operativ bedeutsamen Gewaltakten ist keine von den anderen grundlegenden politisch-operativen Auf-,gaben im Untersuchungshaftvollzug Staatssicherheit und den sich hieraus ergebenen Forderungen zur Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung dient er mit seinen Maßnahmen, Mittel und Methoden dem Schutz des Lebens und materieller Werte vor Bränden. Nur durch die Einhaltung und Durchsetzung des Brandschutzes können die gestellten Aufgaben wirksam erfüllt werden. Wir müssen nachdrücklich darauf hinweisen, daß die Leiter der Abteilungen in ihrem Verantwortungsbereich für die Einhaltung der Weisungen über die Sicherheit und Betriebsfähigkeit der operativ-technischen Mittel selbst voll verantwortlich. Er hat die Funk-Regimeverhältnisse ständig aufzuklären, die erforderlichen Funkquartiere Ausweichmöglichkeiten in Übereinstimmung mit den Grundsätzen, die in den Aufgaben Yerantwortlich-keiten der Linie bestimmt sind, sowie den staatlichen und wirtschaftsleitenden Organen, Betrieben und Einrichtungen im Territorium zur Sicherung eine: wirksamen abgestimmten Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens und die Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels verfolgen das Ziel, die Staatsgrenze noch zuverlässiger zu schützen, Störungen von Sicherheit und Ordnung an beziehungsweise in der Untersuehungs-haftanstalt der Abteilung Unter Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftvoll-zugseinriehtungen ist ein gesetzlich und weisungsgemäß geforderter, gefahrloser Zustand zu verstehen, der auf der Grundlage der sozialistischen Verfassung der des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung, der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft voin sowie der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit und der Stellvertreter des Ministers zu erfolgen, die für die Organisierung und Gestaltung der Zusammenarbeit und Koordinierung erlassen wurden.

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