Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1951, Seite 381

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 381 (NJ DDR 1951, S. 381); fahrten zwischen Bad L. und Stahnsdorf bei Berlin durchgeführt, um seinen Fahrgästen, die ihre Plätze zu diesem Zweck vorbestellt hatten, Fahrten nach Berlin und zurück zu ermöglichen. Bei Abschluß der letzten Fahrt wurde in Bad L. am 28. Juli 1950 durch eine polizeiliche Kontrolle festgestellt, daß fast alle Fahrgäste Margarine, Bohnenkaffee und zahlreiche andere Waren, die sie in den Westsektoren Berlins eingekauft hatten, im Gesamtgewicht von etwa 265 kg mitgebracht hatten. Auf Antrag des Amtes für Kontrolle des Warenverkehrs ist gegen den Angeklagten Anklage wegen Vergehens gegen § 6 Abs. 1. und 2 des Gesetzes zum Schutze des innerdeutschen Handels vom 21. April 1950 erhoben worden. Durch Urteil der ersten Großen Strafkammer des Landgerichts in T. ist der Angeklagte wegen Verletzung der ihm nach § 6 des erwähnten Gesetzes obliegenden Anzeigepflicht verurteilt worden. Die von dem Angeklagten gegen dieses Urteil eingelegte Revision ist form- und fristgerecht eingereicht, sachlich jedoch nicht begründet. Nach § 6 des Gesetzes zum Schutze des innerdeutschen Handels hat derjenige, der in Zusammenhang mit seiner Berufsausübung davon Kenntnis erhält, daß Waren entgegen den gesetzlichen Bestimmungen in den Verkehr gebracht oder befördert werden sollen, dies unverzüglich einer Dienststelle des Amtes für Kontrolle des Warenverkehrs oder der Volkspolizei persönlich anzuzeigen. Diese Vorschrift, die der vorbeugenden Bekämpfung von Störungen des innerdeutschen Handels dient, gilt in erster Linie für Personen, die gewerbsmäßig Transporte durchführen (vgl. Weiß, NJ 1950 S. 288 f.). Die Einwendungen der Revision gegen die Feststellung des Landgerichts, daß der Angeklagte als Fuhrunternehmer gegen diese Verpflichtung verstoßen habe, sind nicht stichhaltig. Aus den Feststellungen des Urteils geht hervor, daß fast alle Fahrgäste, die sich an der von dem Angeklagten eingerichteten Omnibusfahrt von Bad L. nach Stahnsdorf bei Berlin und zurück beteiligt haben, von Stahnsdorf mit der S-Bahn nach den Westsektoren Berlins gefahren, dort Lebensmittel und andere Waren eingekauft und auf der Rückfahrt nach L. mitgebracht haben. Die Annahme der Revision, daß derartige Einkäufe und Einfuhren kleiner Warenmengen nicht unter die Vorschriften des Gesetzes zum Schutze des innerdeutschen Handels fallen, ist in dieser Allgemeinheit nicht zutreffend. Wenn auch aus dem Zweck des Gesetzes und der in § 1 enthaltenen Bezugnahme auf die Bestimmungen über den innerdeutschen Handel geschlossen werden kann, daß die Einführung von Waren in geringer Menge, die ausschließlich für den Privatbedarf des Käufers bestimmt sind, den Bestimmungen des Gesetzes nicht unterliegt und daher nach den damals geltenden (jetzt mit Rücksicht auf das inzwischen ergangene Gesetz zur Regelung des innerdeutschen Zahlungsverkehrs vom 15. Dezember 1950 verschärften) Richtlinien von den Kontrollorganen auch nicht beanstandet wurde, so ist doch nach der Fassung und dem Zweck des Gesetzes unzweifelhaft, daß jede Einfuhr größerer Warenmengen, die über den unmittelbaren Privatbedarf hinausgeht, und vor allem jede gewerbsmäßige Einfuhr unter die Bestimmungen des Gesetzes fällt. Im vorliegenden Falle hat das Landgericht aus der Menge der mitgebrachten Warenmengen (einige Fahrgäste hatten u. a. bis zu 10 kg Margarine, ein Fahrgast über 10 Pfund Bohnenkaffee bei sich) den Schluß gezogen, daß die Fahrgäste Waren auch über den unmittelbaren persönlichen Bedarf hinaus für einen größeren Personenkreis mitgebracht hatten. Aus dem Zusammenhang der Feststellungen des Landgerichts ist auch zu entnehmen, daß mindestens ein Teil der Fahrgäste schon vor Antritt der Fahrt die Absicht hatte, Waren über den unmittelbaren persönlichen Bedarf hinaus in größeren Mengen auch für andere einzukaufen, Auch der Einwand der Revision, der Angeklagte habe keine Kenntnis davon gehabt, daß einige Fahrgäste über den unmittelbaren Privatbedarf hinaus Waren mitbringen würden, ist nicht stichhaltig. Das Landgericht ist aus den im-Urteil näher dargelegten Gründen zu dem Ergebnis gelangt, daß der Angeklagte gewußt hat, daß Fahrgäste Waren für einen größeren Personenkreis mitbringen wollten. Nach den Ausführungen des angefochtenen Urteils läßt die ganze Organisation der Fahrten darauf schließen, daß der Angeklagte mit Ab- sicht Stahnsdorf als Haltestelle wählte, weil die Fahrgäste von Stahnsdorf aus die Möglichkeit hatten, mit der S-Bahn nach den Westsektoren Berlins zu kommen und dort Waren einzukaufen. Die Fahrgäste bestanden nach den Feststellungen des Urteils zum Teil aus Personen, die sich aus dem Handel mit Waren aus Westberlin ihren Unterhalt oder einen Teil desselben bestritten. Es kommt hinzu, daß der Angeklagte nach den Erfahrungen bei den beiden früheren Fahrten nicht im unklaren darüber sein konnte, daß mindestens ein Teil der Fahrgäste die Fahrt in dieser Absicht ausführte. Es wäre daher nach § 6 des Gesetzes Pflicht des Angeklagten gewesen, der zuständigen Kontrollstelle Anzeige von der Fahrt zu machen, um eine ordnungsmäßige Kontrolle zu ermöglichen. Eine Verpflichtung hierzu bestand für ihn um so mehr, als er selbst durch die Organisierung dieser Sonderfahrt diese unerlaubten Einfuhren erst ermöglichte. § 346 StGB. Zum Begriff „wissentlich“ im Sinne des § 346 StGB. OLG Dresden, Urt. v. 24. November 1950 20 46/50. Gründe: Der Angeklagte war Amtsrichter. Am 7. Oktober 1949 hob er in der Strafsache U., die er selbst für einen Fall der Wirtschaftssabotage angesehen hatte, wenn auch die Anklage nach § 266 StGB erhoben worden war, den Haftbefehl gegen den Angeklagten auf. Gleichzeitig eröffnete £r das Hauptverfahren gegen U. und beraumte Termin zur Hauptverhandlung auf den 1. November 1949 an. Als U. angeblich infolge Erkrankung nicht zur Hauptverhandlung erschien, begnügte er sich mit der mündlichen Entschuldigung durch den Verteidiger, ohne eine der im § 230 Abs. 2 StPO vorgesehenen Maßregeln anzuordnen. Den Termin vertagte er auf 2 Monate. Am 16. Januar 1950 verfügte er die Vorlage der Akten U. bei der Amnestiekommission mit dem Bemerken, der Angeklagte sei nach Auskunft des Verteidigers noch immer verhandlungsunfähig. In Wirklichkeit aber war er bereits nach dem Westen geflohen. Die Strafkammer sprach den Angeklagten von der Anklage der Begünstigung im Amte frei, da sie in der Hauptverhandlung ein lediglich fahrlässiges Verhalten des Angeklagten feststellte und der Tatbestand des § 346 StGB nach Ansicht der Kammer die Schuldform des direkten Vorsatzes zu seiner Erfüllung erfordere. Die Revision rügt die Verletzung materiellen Rechts. Sie wendet sich gegen die Begründung der Fahrlässigkeit und gegen die Auffassung, der Begriff „wissentlich“ in § 346 StGB decke sich nur mit dem des direkten Vorsatzes. Der Senat stimmt mit der Revisionsbegründung im Ergebnis darin überein, daß im Falle des § 346 StGB Wissentlichkeit auch den bedingten Vorsatz einschließt. Die Auslegung dieses Begriffes ist in der Rechtsprechung nicht einheitlich. „In verschiedenen Bestimmungen bedeutet wissentlich dasselbe wie Vorsatz; in anderen Fällen dient es dazu, den bedingten Vorsatz auszuschließen“ (Schönke, Komm. z. StGB, Ausgabe 1941, § 59 Anm. IV, 2). Begrifflich rechtfertigt jedoch der Ausdruck „wissentlich“ eine so unterschiedliche Anwendung nicht. Er erschöpft sich keineswegs in Wissen um die sichere Folge einer bestimmten Handlungsweise, sondern schließt jede Möglichkeit eines Erfolges ein, den sich der Täter vorgestellt hat. Im Gegensatz zu „absichtlich“ setzt „wissentlich“ nicht auch den Willen voraus, gerade den vorgestellten Erfolg herbeizuführen. Es liegt ausschließlich auf der Ebene der Vorstellungen des Ablaufs der Kausalreihe und verlangt nicht ein durch zielstrebiges Wollen qualifiziertes Handeln. Wissentlich handelt also bereits, wer um die Möglichkeit eines Eintritts des strafrechtlichen Erfolges weiß, ohne daß ihn dieses Wissen davon abhielte, so zu handeln. Daraus ergibt sich, daß begrifflich der Ausdruck „wissentlich“ den bedingten Vorsatz jedenfalls nicht ausschließt. Zwar erklärt das ehemalige Reichsgericht (RGSt. 73/297) für § 346 StGB den Nachweis des bestimmten 381;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 381 (NJ DDR 1951, S. 381) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 381 (NJ DDR 1951, S. 381)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1951. Die Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1951 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1951 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 (NJ DDR 1951, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1951, S. 1-576).

Die Entscheidung über die Teilnahme an strafprozessualen Prüfungshandlungen oder die Akteneinsicht in Untersuchungs-dokumente obliegt ohnehin ausschließlich dem Staatsanwalt. Auskünfte zum Stand der Sache müssen nicht, sollten aber in Abhängigkeit von der vorhandenen Beweislage, besonders der Ergebnisse der anderen in der gleichen Sache durchgeführten Prüfungshandlungen sowie vorliegender politisch-operativer Arbeitsergebnisse entschieden werden muß. ion zum Befehl des Ministers die Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu einer öffentlichkeitswirksamen und häufig auch politisch brisanten Maßnahme, insbesondere wenn sie sich unmittelbar gegen vom Gegner organisierte und inspirierte feindliche Kräfte richtet. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, eine Person, die sich an einem stark frequentierten Platz aufhält, auf Grund ihres auf eine provokativ-demonstrative Handlung. hindeutenden Verhaltens mit dem Ziel zu vernehmen Beweise und Indizien zum ungesetzlichen Grenzübertritt zu erarbeiten Vor der Vernehmung ist der Zeuge auf Grundlage des auf seine staatsbürgerliche Pflicht zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und die exakte, saubere Rechtsanwendung bilden eine Einheit, der stets voll Rechnung zu tragen ist. Alle Entscheidungen und Maßnahmen müssen auf exakter gesetzlicher Grundlage basieren, gesetzlich zulässig und unumgänglich ist. Die gesetzlich zulässigen Grenzen der Einschränkung der Rechte des Verhafteten sowie ihre durch den Grundsatz der Unumgänglichkeit zu begründende Notwendigkeit ergeben sich vor allem daraus, daß oftmals Verhaftete bestrebt sind, am Körper oder in Gegenständen versteckt, Mittel zur Realisierung vor Flucht und Ausbruchsversuchen, für Angriffe auf das Leben und die Gesundheit von Angehörigen Staatssicherheit , der Anklagevertretung, des Gerichts, der Zeugen und anderer Personen sicherzustellen und die Durchführung von Amtshandlungen in den Gerichtsverhandlungen zu ermöglichen.

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