Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1951, Seite 374

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 374 (NJ DDR 1951, S. 374); dings durch das Gesetz vom 26. Mai 1933 gegeben. Der nationalsozialistische Staat verstand unter dem „Wohl des Volkes“ das Wohl der sogenannten „Volksgemeinschaft“, also nicht das Wohl des arbeitenden Volkes, sondern das Wohl des deutschen Imperialismus. Diese Tatsache hindert aber die Anwendung des § 266 Abs. 2 durch die Gerichte der Deutschen Demokratischen Republik nicht. Die Struktur der Deutschen Demokra-tisen Republik ist nicht die Struktur des „Dritten Reiches“, da der deutsche Imperialismus innerhalb unserer Republik vernichtet ist und das werktätige Volk . den Staat seinen eigenen Interessen gemäß leitet. So heißt es auch in Art. 3 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik: „Die Staatsgewalt muß dem Wohl des Volkes, der Freiheit, dem Frieden und dem demokratischen Fortschritt dienen.“ H. Benjamin hat in dem Aufsatz „Grundsätzliches zur Methode und zum Inhalt der Rechtsprechung“ (NJ 1951 S. 150 ff.) ausgeführt, „daß ein Staat einer neuen Ordnung auch die alten Gesetze, die er übernimmt, mit seinem neuen Inhalt füllt“, und daß dieser Inhaltswechsel bereits mit der Änderung der Staatsordnung eingetreten“ ist. Von diesen Voraussetzungen ausgehend, ist das „Wohl des Volkes“ im Sinne des § 266 Abs. 2 StGB daher heute auch nicht mehr das Wohl der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft, sondern das Wohl aller werktätigen Deutschen in weitestem Sinne. Die Anwendbarkeit der §§ 266 Abs. 2 und 263 Abs. 4 StGB entspricht daher der demokratischen Gesetzlichkeit. Darüber hinaus hätte die Amnestiekommission berücksichtigen müssen, daß der Beschuldigte Abteilungsleiter des Betriebsschutzes eines volkseigenen Betriebes gewesen ist. Seine Aufgabe war es gerade, das Werk vor jedem Schaden zu bewahren. Als Abteilungsleiter der Betriebspolizei genoß er noch ein erhöhtes Vertrauen. Wenn die Hauptverhandlung zur Schuldfeststellung geführt hätte, so hätte auch die besondere Verantwortungslosigkeit des Beschuldigten beim Mißbrauch des ihm bewiesenen Vertrauens erschwerend wirken müssen. Diese zusätzlichen Erwägungen hätten die Amnestiekommission erkennen lassen müssen, daß dann gegen den Beschuldigten sogar auf eine höhere als die gesetzliche Mindeststrafe von einem Jahr Zuchthaus zu erkennen sein werde. KR-Direktive Nr. 38, Art. Ill A II Ziff. 8, Art. X Ziff. 4 und 6; SMAD-Befehl Nr. 43 vom 18. März 1948; Straffreiheitsgesetz vom 11. November 1949; § 358 StPO. 1. SMAD-Befehl Nr. 43, nicht das Straffreiheitsgesetz ist auf die KR-Direktive Nr. 38 anzuwenden. 2. Das Oberste Gericht verweist an das OLG zurück, wenn dieses über die Revision nicht sachlich entschieden hat. Hat dieses jedoch sachlich, wenn auch unvollständig entschieden, so entscheidet das Oberste Gericht im Kassationsverfahren selbst. 3. Meldung eines französischen Kriegsgefangenen an Stalag-Kommandanten wegen Ungehorsams im Jahre 1941 ist Denunziation, da mit grausamer Bestrafung gerechnet werden mußte. 4. Gegen Minderbelastete ist Einziehung nicht nur des nutznießerisch erworbenen Vermögens, sondern auch weiterer Vermögensteile, jedoch nicht des gesamten Vermögens, zulässig. OG, Urt. vom 23. Februar 1951 la Zst 10/51. Aus den Gründen: Der Angeklagte ist durch Urteil der 1. Kleinen Strafkammer nach Befehl 201 des Landgerichts Leipzig vom 28. Juni 1949 wegen1 Ausnutzung seiner Stellung als Betriebsinhaber zu ungerechten Maßnahmen gegenüber Kriegsgefangenen und deutschen Belegschaftsmitgliedern, als überzeugter Anhänger der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, zu der er sich offen bekannt hat, gemäß KR-Direktive Nr. 38 Abschn. II, Art. Ill A I Ziff. 2 und 3 sowie Art. IV AI Ziff. 1 als Minderbelasteter eingestuft worden. Es ist ihm nach Art. X eine Bewährungsfrist von zwei Jahren auferlegt und nach dessen Ziff. 6 aus seinem Vermögen das Quarzporphyrwerk Grethen mit den dazu gehörigen Betriebsmitteln eingezogen worden. Der Angeklagte hat gegen dieses Urteil Revision eingelegt und diese auch begründet. Der Strafsenat nach Befehl 201 des OLG Dresden hat mit Urteil vom 7. Juni 1950 das Urteil der Strafkammer Leipzig, soweit es die teilweise Vermögenseinziehung ausspricht, aufgehoben und das Verfahren zufolge Amnestierung eingestellt. Gegen dieses Urteil hat der Generalstaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik die Kassation beantragt. Der Kassationsantrag ist begründet. Das Urteil des Strafsenats enthält Verstöße gegen das Verfahrensrecht und ist auch sachlich unbegründet. Der Strafsenat hat über die Revision des Angeklagten nur insoweit sachlich entschieden, als er das Urteil der Strafkammer, soweit es die teilweise Vermögenseinziehung ausspricht, aufgehoben hat. Im übrigen hat der Strafsenat das Verfahren zufolge Amnestierung eingestellt, also sachlich keine weitere Entscheidung getroffen Auf das Verhalten des Angeklagten ist nicht das Gesetz über die Gewährung von Straffreiheit vom 18. November 1949 (Straffreiheitsgesetz), sondern der Befehl Nr. 43 der SMAD vom 18. März 1948 anzuwenden, da der Befehl alle Fälle ergreift, die sich bis zu seinem Inkrafttreten ereignet haben. Eine Anwendung des Straffreiheitsgesetzes könnte nur dann erwogen werden, wenn es zugunsten des Angeklagten weiterginge. Dies ist aber nicht der Fall. Dies bringt auch die Rundverfügung 58/50 des Ministeriums der Justiz Hauptabteilung Gesetzgebung 42/50 31 899/50 vom 27. April 1950 zum Ausdruck, indem sie darauf hinweist, daß der Befehl Nr. 43 eine weitergehende Amnestiegrenze enthalte Der Strafsenat hat aber der Verpflichtung, inhaltlich über die Revision zu entscheiden, nicht voll Rechnung getragen, da er nur einen Teilpunkt der Revision des Angeklagten behandelt und entschieden hat, nämlich die in der Revision neben anderen geltend gemachte Rüge, es sei die vorgenommene teilweise Vermögenseinziehung zu Unrecht erfolgt. Er hat die übrigen Revisionsrügen nicht behandelt und infolgedessen über sie nicht entschieden, sondern stattdessen die Amnestierung ausgesprochen. Das Revisionsverfahren ist also durch das vom Strafsenat erlassene Urteil in verfahrensrechtlich unzulässiger Art abgeschlossen worden; es hat die Revision des Angeklagten nicht erschöpft. Das Urteil des Strafsenats ist daher aufzuheben. Das Urteil ist auch sachlich insofern unrichtig, als es zu Unrecht eine teilweise Einziehung des nicht nutznießerisch erworbenen Vermögens als Sühnemaßnahme des .Art. IX KR-Direktive Nr. 38 für unzulässig erklärt hat. Eine solche Vermögenseinziehung ist jedoch zulässig; dies wird bei Behandlung der Revision des Angeklagten ausgeführt werden. Es ist auch nicht möglich, das Verfahrens zwecks Entscheidung über die Revision an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen. Das Oberste Gericht muß schon bei der Entscheidung über die Aufhebung des Revisionsurteils regelmäßig auf die Revisionsrügen mindestens dann, wenn der Kassationsantrag auch auf sachlichrechtliche Rügen gestützt ist, auf alle sachlichrechtlichen Revisionsrügen inhaltlich eingehen. Seine Rechtsauffassung wäre, auch soweit sie die Revisionsrügen betrifft, für das Oberlandesgericht bindend. Dessen Urteil würde sich also sachlich mit dem des Obersten Gerichtes decken. Insbesondere würde der Angeklagte nicht besser stehen können, als wenn das Oberste Gericht selbst entschieden hätte. Die Rechtslage ist also in dieser Beziehung ebenso wie in den vier Fällen, in denen nach § 354 StPO Selbstentscheidung durch das Revisionsgericht geboten ist (Freisprechung, Einstellung, absolut bestimmte Strafe, gesetzlich niedrigste Strafe). Infolgedessen hat das Oberste Gericht bei Aufhebung eines Revisionsurteils im Kassationsverfahren selbst über die Revision zu entscheiden (vgl. OG 3 Zst 25/50 in NJ 1950 S. 348/350). Anders ist die Rechtslage allerdings, wenn das OLG über die Revision überhaupt nicht inhaltlich entschieden, sondern sie z. B. als unzulässig verworfen oder sie ohne Urteil, etwa durch einen Beschluß auf Grund eines Straffreiheitgesetzes, erledigt hat (vgl. OG 3 Zst 5/51 vom 16. Februar 1951). Diese Ausnahme liegt aber hier nicht vor. Das OLG hat inhaltlich, wenn auch ohne Erschöpfung des Inhalts, über die Revision entschieden. Daher muß sich nunmehr, nach Aufhebung des Revisionsurteils, das OG mit ihr befassen. 374;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 374 (NJ DDR 1951, S. 374) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 374 (NJ DDR 1951, S. 374)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1951. Die Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1951 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1951 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 (NJ DDR 1951, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1951, S. 1-576).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind und bei der weiteren Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft. Die höheren Sicherheits-erfordernisse sowie die veränderten politischen und politisch-operativen Lagebedingungen stellen höhere Anforderungen an die Leitungstätigkeit in der Linie. Die weitere Qualifizierung und Vervollkommnung der Tätigkeit der Leiter aller Ebenen ist eine grundlegende Voraussetzung für die Realisierung des erforderlichen Leistungsanstieges in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit im Ermittlungsverfahren Vertrauliche Verschlußsache . Die weitere Vervollkommnung der Vernehmungstaktik bei der Vernehmung von Beschuldigten und bei Verdächtigenbefragungen in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache - Zu : Trotz Begründung des Verdachts einer Straftat kann es unter Berücksichtigung aller politisch, politisch-operativ und strafrechtlich relevanten Umständen zweckmäßig und angebracht sein, auf die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen die gleiche Person anzugeben, weil die gleichen Ermittlungsergebnisse seinerzeit bereits Vorlagen und damals der Entscheidung über das Absehen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens könnte unter Berücksichtigung der anstehenden Novellierung der Straf Prozeßordnung der Beginn des zweiten Abschnitts des dritten Kapitels folgende gesetzestechnische Ausgestaltung erhalten: Zweiter Abschnitt Prüfung der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens könnte unter Berücksichtigung der anstehenden Novellierung der Straf Prozeßordnung der Beginn des zweiten Abschnitts des dritten Kapitels folgende gesetzestechnische Ausgestaltung erhalten: Zweiter Abschnitt Prüfung der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens könnte unter Berücksichtigung der anstehenden Novellierung der Straf Prozeßordnung der Beginn des zweiten Abschnitts des dritten Kapitels folgende gesetzestechnische Ausgestaltung erhalten: Zweiter Abschnitt Prüfung der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens; an ausgewählte Prüfungshandlungen sowie an die abschließenden Entscheidungen herausgearbeitet und begründet. Hierauf beruhend wurden von den Autoren Vorschläge zur Neukodifizierung der StrafProzeßordnung unterbreitet.

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