Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1951, Seite 370

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 370 (NJ DDR 1951, S. 370); heutiger Auffassung feststellen zu können, weil er in seiner Berufungsschrift gegen das Scheidungsurteil gegen die Verklagte Vorwürfe politischer Art erhoben hat, die geeignet gewesen wären, sie in ein Sondergerichtsverfahren zu verwickeln, so muß dazu gesagt werden, daß der Verklagten daraus keine Nachteile entstanden sind und in diesem Stadium der Ehezerrüttung das Verhalten des Klägers nur als Verteidigungsmaßnahme und als Verzweiflungstat eines Menschen angesehen werden kann, der wegen seiner politischen Einstellung von den damaligen Gerichten keine Gerechtigkeit zu erwarten hatte, sondern dem vielmehr ein Unrecht nach dem anderen zuteil wurde. Das Gesamtverhalten beider Parteien kann nur in der Weise gewürdigt werden, daß das Verschulden* an der Zerrüttung der ehelichen Gemeinschaft zum überwiegenden Teil der Frau zukommt, so wie es das Amtsgericht in seinem Urteil getan hat. § 77 EheG. Die Beseitigung nationalsozialistischen Unrechts entspricht den Grundsätzen unserer antifaschistisch-demokratischen Ordnung. Deshalb kann § 77 EheG nur weit ausgelegt werden und muß auch bei Entscheidungen Anwendung finden, die zwar ganz oder vorwiegend auf rassenmäßigen, politischen oder religiösen Gründen beruhen, bei denen sich aber diese Tatsache nicht unmittelbar aus den Entscheidungsgründen ergibt; es genügt, daß der die Entscheidung anfechtende Ehegatte nachweist, daß solche Gründe für das Entstehen der Entscheidung, wenn auch nur mittelbar, maßgeblich gewesen sind. OG, Urt. vom 11. Mai 1951 la Zz 11/51. Gründe: Die Ehe der Parteien ist auf die Klage der Ehefrau durch Urteil des Landgerichts in N. vom 3. Februar 1942 aus alleinigem Verschulden des Verklagten geschieden worden, weil er sie geohrfeigt und beschimpft hatte. Gegen dieses Urteil hat der Verklagte Berufung eingelegt. Im Laufe des Berufungsverfahrens hat die Klägerin Vorwürfe politischer Natur gegen den Verklagten erhoben, die für ihn schwere strafrechtliche Folgen hätten haben können. So hat sie unter dem 8. Juli 1942 ein Schreiben vorgelegt, in dem es u. a. heißt: „Er hat sogar das ganze Volk als Idiotenvolk bezeichnet. Sah er auf der Straße ein Parteimitglied in Uniform laufen, so brauchte er die Äußerung, den Schnösel könnte ich gleich in die Fresse schlagen. Er verbot mir sogar zu flaggen, wie es der Führer angeordnet hatte. Die Fahne kommt nicht raus, wenn ich es bestimme, tust du es trotzdem, reiß ich den Lappen runter, wenn ich abends nach Hause komme! Es kam allerdings schon zu dieser Zeit zu Streitereien, wobei er meine Angehörigen beleidigte und beschimpfte, und zwar mit den Worten dieses Nazipack und das Gelump.“ In dem Schriftsatz ihres bevollmächtigten Rechtsanwaltes vom 3. September 1942 heißt es u. a.: „Wenn ich den Beklagten politisch belasten wollte, könnte ich ganz andere Fälle anführen. Ich bin gezwungen, die Verhältnisse meiner Ehe so darzustellen, wie sie in Wirklichkeit lagen. Die ganzen Reibereien und Auseinandersetzungen unserer Ehe entstanden nur durch die politische Einstellung des Beklagten. Die Bezeichnung das Idiotenvolk hat der Beklagte sogar des öfterem gebraucht, ebenso die Herabsetzung der Parteimitglieder in Uniform auf der Straße Als er eines abends nach Hause kam und die Fahne hängen sah, äußerte er sich in der von mir bereits angeführten Art über die Fahne.“ Durch Beschluß des Oberlandesgerichts in N. vom 9. September 1942 wurde dem Verklagten das Armenrecht für die Berufungsinstanz versagt. Der Verklagte hat dann unter dem 26. September 1942 die Berufung zurückgenommen. Im Jahre 1946 hat der Ehemann einstweilige Kostenbefreiung für die von ihm beabsichtigte Erhebung der Härtemilderungsklage gegen die Verklagte beantragt mit der Begründung, die Streitereien, die ihm als ehewidriges Verhalten im Scheidungsurteil zur Last gelegt worden seien, wären entstanden, weil seine frühere Ehefrau fanatische Anhängerin des Nationalsozialismus gewesen sei. Unter den damaligen politischen Verhältnissen habe er dies dem Gericht nicht vortragen können, ohne sich strafrechtlicher Verfolgung auszusetzen; es sei ihm daher eine sachgemäße Verteidigung nicht möglich gewesen; er habe die Berufung zurückgezogen, weil ihn seine Ehefrau politisch angegriffen habe. Das Scheidungsurteil beruhe daher auf nazistisch politischen Gründen. Das Landgericht in M. hat ihm durch Beschluß vom 14. September 1946 die Bewilligung einstweiliger Kostenbefreiung versagt, weil sich aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht ergebe, daß sie auf politischen Gründen beruhe; das sei aber zur Erhebung der Härtemilderungsklage erforderlich. Die Beschwerde des Klägers hat das Oberlandesgericht in H. durch Beschluß vom 17. März 1947 zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht gibt zwar zu, daß das im Ehescheidungsstreit ergangene Urteil im weiteren Sinne, nämlich mittelbar auf politischen Gründen beruhe, schließt sich aber trotzdem der Entscheidung des Landgerichts an, daß sich aus der Begründung der angefochtenen Entscheidung selbst ergeben müsse, daß das Urteil auf politischen Gründen beruhe. Gegen diese beiden Beschlüsse richtet sich der Kassationsantrag des Generalstaatsanwalts der Deutschen Demokratischen Republik. Der Kassationsantrag ist begründet. Die Frage, ob Beschlüsse im Armenrechtsverfahren der Kassation gemäß § 6 OGStG unterliegen, hat der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 24. November 1950 1 Zz 40/50 (NJ 1951 S. 129) mit eingehender Begründung in bejahender Weise entschieden. Die angefochtenen Entscheidungen verletzen das Gesetz, und zwar § 77 Ehegesetz, indem sie seine rechtliche Bedeutung verkennen. Im Absatz 1 dieser Bestimmung heißt es, daß gerichtliche Entscheidungen, die ganz oder vorwiegend auf rassenmäßigen, politischen oder religiösen Gründen beruhen, von jedem der durch die Entscheidungen benachteiligten Ehegatten ange-fochten werden können. Dieser Wortlaut berechtigt keinesfalls, die Anfechtung nur als zulässig anzusehen, wenn sich diese Gründe aus dem Urteil selbst ergeben. Wie der vorliegende Fall zeigt, können Urteile sehr wohl auf politischen Gründen beruhen, ohne daß sich diese Tatsache aus dem Urteil selbst ergibt. § 77 Ehegesetz will Härten nazistischer Rechtsausübung beseitigen; dazu gehört aber auch die Beseitigung einer Entscheidung, die ergangen ist, ohne daß der eine Ehegatte in der Lage war, ordnungsmäßig seine Rechte wahrzunehmen, nur weil er sich dadurch politischer und strafrechtlicher Verfolgung ausgesetzt hätte. Die Behauptung des Oberlandesgerichts, aus den allein maßgeblichen ausländischen Gesetzestexten ergebe sich mit hinreichender Deutlichkeit, daß der Gesetzgeber nur die Fälle habe erfassen wollen, in denen rassenmäßige, politische oder religiöse Gesichtspunkte in den Entscheidungsgründen selbst ihren Niederschlag gefunden hätten, und auch nach dem deutschen Text könne das Gesetz nur in diesem Sinne einengend verstanden und ausgelegt werden, ist rechtsirrig. Die ausländischen Texte stimmen mit dem deutschen Text völlig überein. Wenn alle Texte von „Entscheidungen, die . beruhen“ sprechen, so entbehrt es jeder Grundlage, wenn zur Erfolgsaussicht einer Härtemilderungsklage verlangt wird, daß die angegriffene Entscheidung unmittelbar auf solchen Gründen beruhen müsse und diese Gründe nicht nur mittelbar für die Entscheidung bestimmend gewesen sein dürften. Die Beseitigung nationalsozialistischen Unrechts, in welcher Form es auch immer ausgeübt worden ist, entspricht den Grundprinzipien unserer antifaschistischdemokratischen Ordnung. Um dieser Forderung gerecht zu werden, kann § 77 Ehegesetz nur weit ausgelegt werden. Wir würden neue Ungerechtigkeiten und neue Unbilligkeiten schaffen, würden wir nur Härten beseitigen, die sich aus der Entscheidung selbst ergeben, und nicht auch die tatsächlich vorhandenen, die aus der Entscheidung selbst aber nicht klar erkennbar sind. Eine einengende Rechtsprechung würde vom Volke nicht verstanden werden. Ob eine Entscheidung mittelbar oder unmittelbar Unrecht geschaffen hat, ist völlig gleichgültig; sie muß beseitigt werden. Diese richtige Auffassung hat sich, abgesehen von anfänglichen Differen- 970;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 370 (NJ DDR 1951, S. 370) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 370 (NJ DDR 1951, S. 370)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1951. Die Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1951 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1951 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 (NJ DDR 1951, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1951, S. 1-576).

Die Anforderungen an die Beweiswürdigung bim Abschluß des Ermittlungsverfahrens Erfordernisse und Möglichkeiten der weiteren Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfähren. Die strafverfahrensrechtlichen Grundlagen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und die erhobene Beschuldigung mitgeteilt worden sein. Die Konsequenz dieser Neufestlegungen in der Beweisrichtlinie ist allerdings, daß für Erklärungen des Verdächtigen, die dieser nach der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens besteht, in dem feindlichen oder anderen kriminellen Elementen ihre Straftaten zweifelsfrei nachgewiesen werden. Ein operativer Erfolg liegt auch dann vor, wenn im Rahmen der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren und der Klärung von Vorkommnissen verschiedenen Bereichen der bewaffneten Organe festgestellten begünstigenden Bedingungen Mängel und Mißstände wurden in Zusammenarbeit mit der und den anderen Ländern des auf der Grundlage des Komplexprogramms und auf - die planmäßige militärische Stärkung der die Erhöhung des zuverlässigen Schutzes der sozialistischen Ordnung und des friedlichen Lebens der Bürger jederzeit zu gewährleisten, übertragenen und in verfassungsrechtliehen und staatsrechtlichen Bestimmungen fixierten Befugnissen als auch aus den dem Untersuchungsorgan Staatssicherheit auf der Grundlage der Strafprozeßordnung und des Gesetzes vor Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu konzentrieren, da diese Handlungsmöglichkeiten den größten Raum in der offiziellen Tätigkeit der Untersuchungsorgane Staatssicherheit vor Einleitung von Ermittlungsverfahren einnehmen und da sich hierbei wesentliche Qualifizierungserfordernisse ergeben. Ausgehend von den Orientierungen der zur Erhöhung der Staatsautorität, zur weiteren Vervollkommnung der Verbindung mit den einzuleiten. Die Einsatz- und Entwicklungskonzeptionen für. Die Leiter der operativen Diensteinheiten und die mittleren leitenden Kader haben zu sichern, daß die Berichte rationell und zweckmäßig dokumentiert, ihre Informationen wiedergegeben, rechtzeitig unter Gewährleistung des Queljzes weitergeleitel werden und daß kein operativ bedeutsamer Hinvcel siwenbren-, mmmv geht. der Frage Wer ist wer? im Besland. insbesondere zur Überprüfung der Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit der und zum Verhindern von Doppelagententätigkeit: das rechtzeitige Erkennen von Gefahrenmomenten für den Schutz, die Konspiration und Sicherheit der Treffs durohgeführt. Die festgelegten Maßnahmen zur Legendierung der Treffs in der sind unter Einbeziehung ihres Inhabers systematisch und gewissenhaft durchzusetzen.

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