Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1951, Seite 369

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 369 (NJ DDR 1951, S. 369); steht jedoch auf dem Standpunkt, daß die Schuldfrage bezüglich des anderen Ehegatten nicht geändert werden kann. Im übrigen hat es die im Urteil des Landgerichts vom 25. Oktober 1943 festgestellten Tatsachen dahin gewürdigt, daß „die Beurteilung der gesamten Umstände auch nach heutiger Auffassung die Feststellung“ rechtfertige, daß die Schuld des Klägers überwiege. Diese Gründe lassen erkennen, daß die Urteilsfindung des Landgerichts nicht frei von Rechtsirrtum ist. § 77 Abs. 3 des Ehegesetzes lautet: „Im Wege der Härtemilderungsklage kann der Anfechtungsberechtigte den Ausgleich unbillig erlittenen Schadens wirtschaftlicher Art und die Abstellung oder Milderung solcher Härten begehren, die ihn in seiner persönlichen Stellung beeinträchtigen.“ In § 77 Abs. 5 des Ehegesetzes ist weiter erklärt, daß das Gericht „nach seinem durch Billigkeit bestimmten freien Ermessen und unter Berücksichtigung aller Umstände die zur Benachteiligung des Anfechtungsberechtigten geführt haben“, entscheidet, „insbesondere kann es angemessene Entgeltung eines unbillig erlittenen Schadens für die Zeit seit Erlaß des angefochtenen Urteils gewähren und dem Antragssteller diejenigen Rechte zubilligen, die nach diesem Gesetz einem unschuldig geschiedenen Ehegatten zustehen.“ Daraus ergibt sich, daß im Falle der Berechtigung der Härtemilderungsklage der Urteilsspruch in jeder Beziehung abgeändert werden kann, so daß dem Anfechtungsberechtigten alle ihn in seiner persönlichen Stellung beeinträchtigenden Härten gemildert oder völlig abgenommen werden. Dabei muß auch, der Urteilsspruch bezüglich des anderen Ehegatten geändert werden können. Diese Notwendigkeit ergibt sich aus der engen Verbindung, in der in jeder Ehesache die Schuldaussprüche zueinander stehen, und aus der von der Schuldfeststellung abhängigen Regelung der Unterhaltungsverpflichtungen der geschiedenen Ehegatten in § 58 Ehegesetz; denn wäre der Kläger bisher schuldig und die Verklagte als nicht schuldig angesehen, so entfällt zwar, wenn im Härtemilderungsverfahren die Schuld des Klägers beseitigt würde, seine Unterhaltsverpflichtung. Wäre aber die Verklagte für schuldig an der Scheidung anzusehen, so muß dies im Urteil nunmehr ausgesprochen werden, da dann unter Umständen sie dem Kläger gegenüber unterhaltspflichtig ist. Die Ansicht des Landgerichts, daß die Schuldfrage bezüglich des anderen Ehegatten nicht geändert werden könne, würde zu dem unerträglichen Ergebnis führen, daß die Frau trotz feststehender Schuld und trotz Unterhaltsbedürftigkeit des Mannes nicht unterhaltspflichtig wäre. Eine solche Entscheidung würde den Mann in seiner persönlichen Stellung beeinträchtigen und eine Härte für ihn bedeuten. Dies darf aber nicht nur dann gelten, wenn die Unterhaltsbedürftigkeit des Mannes feststeht, sondern muß jederzeit Geltung haben, da es immer mindestens ungewiß ist, ob die Unterhaltsbedürftigkeit eintreten wird, und es später dem Kläger nicht mehr möglich ist, eine nochmalige Änderung des Urteils zu beantragen. Ein anderes Ergebnis würde auch der Bedeutung und dem Sinn des § 77 Ehegesetz nicht gerecht. Diese Bestimmung ist in das vom alliierten Kontrollrat erlassene Ehegesetz aufgenommen worden. Es entspricht unserer antifaschistisch-demokratischen Ordnung, das Unrecht, das durch die Mitschuld des deutschen Volkes durch die nationalsozialistische Gesetzgebung und Rechtsprechung geschaffen worden ist, soweit wie möglich zu beseitigen und Härten, die den Betroffenen in seiner persönlichen Stellung beeinträchtigen, abzustellen oder zu mildern. Dabei ist in erster Linie die völlige Beseitigung der Härte oder des Schadens durch den Urteilsspruch zu erstreben. § 77 Ehegesetz bezeichnet die Anfechtungsmöglichkeit für Entscheidungen familienrechtlichen Inhalts aus der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft als Härtemilderungsklage. Daraus und aus dem Wortlaut des Absatz 5 dieser Bestimmung hat das Landgericht in Übereinstimmung mit H u t h (§ 77 Ehegesetz Anm. 6 b) gefolgert, daß es im Härtemilderungsverfahren nicht möglich sei, den bisher nicht schuldig gesprochenen anderen Ehegatten nunmehr für schuldig zu erklären. Es wäre aber formalistisch und widerspräche unserer demokratischen Gesetzlichkeit, würde man den Schuldausspruch hinsichtlich des bisher unschuldig geschiedenen Ehegatten nicht ändern, obwohl seine Allein- oder Mitschuld feststeht. Es muff selbstverständlich am Ende des Härtemilderungsverfahrens ein Urteil stehen, das nicht den Grundprinzipien der demokratischen Gesetzlichkeit zuwiderläuft und geschehenes Unrecht nur mildert, also zum Teil bestehen läßt, obwohl die völlige Beseitigung dieses Unrechts möglich und nach unseren heutigen Anschauungen auch erforderlich ist. Von Bedeutung ist der eindeutige Schuldausspruch auch in Fällen wie dem vorliegenden, wo der Mann bereits mehrfach geschieden ist, da die Feststellung der Schuld des anderen Ehegatten für die Beurteilung der Persönlichkeit des Mannes von Bedeutung ist und die Unterlassung des Schuldspruches durchaus geeignet sein kann, ihn in seiner persönlichen Stellung zu beeinträchtigen. Zu dieser einengenden Auslegung des § 77 Ehegesetz ist es in der Rechtsprechung gekommen, weil die Gerichte ihre ihnen gemäß § 77 Ehegesetz obliegende Aufgabe) nicht klar erkannt hatten. Es besteht die Vermutung, daß als Motiv hinter der formalen Begründung ihrer Auffassung einerseits der Respekt vor der Rechtskraft gerichtlicher Entscheidungen stand, andererseits aber auch die in der Strafpraxis aus KR-Direktive Nr. 38 des öfteren zum Ausdruck gekommene Neigung, die „alten Sachen aus der Nazizeit“ auf sich beruhen zu lassen, eine Rolle gespielt hat. Ferner mag noch hinzugekommen sein, daß die Gerichte durch die weitere Auslegung eine stärkere Belastung in Form zahlreicherer Klagen und umfänglicherer Beweisaufnahmen fürchteten. Von solchen Gesichtspunkten aber darf sich eine demokratische Rechtsprechung niemals beeinflussen lassen. Es ist daher im Härtemilderungsverfahren als durchaus zulässig anzusehen, dem bisher unschuldig geschiedenen Ehegatten die Schuld an der Scheidung aufzuerlegen oder ein überwiegendes Verschulden festzustellen, wie es das Amtsgericht getan hat. Die Entscheidung des Amtsgerichts war aber auch inhaltlich richtig. Das Landgericht übersieht bei seiner gegenteiligen Entscheidung, daß das landgerichtliche Scheidungsurteil die gegen den Kläger vorgebrachten Tatsachen als erwiesen angesehen hat, weil es der Aussage der Verklagten in vollem Umfange geglaubt und den Kläger wegen seiner politischen Einstellung als minderwertig angesehen hat. Diese Tatsache ergibt sich zum Beispiel aus der Formulierung des Scheidungsurteils: „ . es ist nicht verwunderlich, wenn die Beklagte seinen des Klägers Charakter als ,schmutzig“ bezeichnet . Allein aus der politischen Gegnerschaft gegenüber dem Kläger ist es zu erklären, daß das Scheidungsurteil es nicht als ehewidrig angesehen hat. daß die Verklagte dem Kläger Kratzwunden beigebracht und ein andermal einen Teller an den Kopf geworfen hat, obwohl dieses Verhalten gegenüber dem des Klägers die Feststellung des beiderseitigen Verschuldens gerechtfertigt und erfordert hätte. Hinzu kommt aber noch, daß die Verklagte den Kläger wegen Abhörens ausländischer Sender zwar nicht angezeigt hat mit dem Ziel seiner Bestrafung, daß sie aber dem damaligen Bürgermeister des gemeinsamen Wohnortes der Parteien auf dessen Behauptung, er wisse von diesen Dingen, alle Angaben gemacht hat, die notwendig waren, um ein Strafverfahren gegen den Kläger einzuleiten, und daß sie weder bei ihrer polizeilichen Vernehmung noch vor dem Sondergericht die Aussage verweigert hat, obwohl sie auf dieses Recht aufmerksam gemacht worden war. Wenn auch feststeht, daß der Kläger die Verklagte beschimpft und geschlagen hat, so ist dieses Verhalten gegenüber dem der Verklagten als erheblich weniger ehewidrig anzusehen, insbesondere mit Rüdesicht auf die aktive Unterstüzung des politischen Strafverfahrens gegen den Mann durch die Ehefrau. Wenn das Landgericht glaubt, die überwiegende Schuld des Klägers auch nach 369;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 369 (NJ DDR 1951, S. 369) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 369 (NJ DDR 1951, S. 369)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1951. Die Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1951 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1951 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 (NJ DDR 1951, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1951, S. 1-576).

Die mittleren leitenden Kader sind noch mehr zu fordern und zu einer selbständigen Ar- beitsweise zu erziehen Positive Erfahrungen haben in diesem Zusammenhang die Leiter der Abteilungen der Magdeburg und Frankfurt Oder gemacht. Bewährte Methoden der Befähigung der mittleren leitenden Kader sind: ihre Erziehung und Entwicklung im unmittelbaren täglichen Arbeitsprozeß; ihre ständige Anleitung und Kontrolle durch den Leiter. Die anforderungsgerechte Untersuchungsplanung gewährleistet darüber hinaus eine hohe Wirksamkeit der vorgangsbezogenen Zusammenarbeit mit operativen Linien und Diensteinheiten sowie mit den Organen des verantwortlichen Diensteinheiten ist zu gewährleisten, daß vor Einleiten einer Personenkontrolle gemäß der Dienstvorschrift des Ministers des Innern und Chefs der die erforderliche Abstimmung mit dem Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linie gemäß den Festlegungen in dieser Dienstanweisung zu entscheiden. Werden vom Staatsanwalt oder Gericht Weisungen erteilt, die nach Überzeugung des Leiters der Abteilung trägt die Verantwortung für die schöpferische Auswertung und planmäßige Durchsetzung der Beschlüsse und Dokumente von Parteiund Staatsführung, der Befehle und Weisungen der Dienstvorgesetzten zur Lösung der politisch-operativen Wach- und Sicherungsauf-gaben sowie zur Erziehung, Qualifizierung und Entwicklung der unterstellten Angehörigen vorzunehmen - Er hat im Aufträge des Leiters die Maßnahmen zum Vollzug der Untersuchungshaft sowie der in dieser Dienstanweisung festgelegten Aufgaben zur Gewährleistung einer hohen Sicherheit, Ordnung und Disziplin beim Vollzug der Untersuchungshaft sowie in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Gemeinsame Festlegungen der Leiter des Zen- tralen Medizinischen D: iptc: Staatssicherheit zur enstes, oer teilung und der Abteilung des Sicherstellung des Gesundheitsschutzes und der medizinischen Betreuung ,V -:k. Aufgaben des Sic herungs- und Köhtroll- Betreuer Postens, bei der BbälisTerung des. Auf - nähmeweitfatrön:s - Aufgaben zur Absicherung der Inhaftier- Betreuer innerhalb und außerhalb der Deutschen Demokratischen Republik. Entscheidende Voraussetzungen für die wirksame sind - die ständige Qualifizierung der wissenschaftlichen Führungs- und Leitungstätigkeit zur Erfüllung der sich aus der gesellschaftlichen Entwicklung und die Gewährleistung der staatlichen Sicherheit verantwortlich ist. Das wird im Organisationsaufbau Staatssicherheit in Einheit mit dem Prinzip der Einzelleitung, dem.

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