Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1951, Seite 343

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 343 (NJ DDR 1951, S. 343); So ist, nach der Behauptung des Lehrbuchs, das im Sinne der materialistischen Dialektik Zufällige immer ein „Zufall“ (casus) im Sinne des Strafrechts. Daher kann die strafrechtliche Haftung nur für die mit den Handlungen der Person notwendig zusammenhängenden Folgen eintreten, während die zufälligen Folgen, das Zufällige im marxistischen Sinne, immer und unbedingt die strafrechtliche Haftung ausschließen. Nach Meinung von Professor Piontkowski ist, hiervon ausgehend, „in jeder konkreten Sache vor allem“ die Frage zu entscheiden, „ob die kausalen Folgen zufällige oder notwendige sind“, da, wenn es sich bei der Untersuchung einer konkreten Sache erweist, daß die Folge zufällig verursacht wurde, die Möglichkeit einer strafrechtlichen Verfolgung entfällt. Eine derartige Konstruktion kann man nicht als richtig anerkennen. Die materialistische Dialetik betrachtet den Kausalzusammenhang als eine objektive Kategorie, die real in der Außenwelt besteht. Diese Auffassung der Kausalität bezieht sich in gleichem Maße sowohl auf die notwendige wie auch auf die zufällige Verursachung. Der „Zufall“ (casus) dagegen im Sinne des Strafrechts ist ein Begriff vollständig anderer Ordnung und Bedeutung. Der „Zufall“ hat im System des Strafrechts eine bedingte Bedeutung: er bedeutet und kann nur einen bestimmten psychischen Zustand des Subjekts bedeuten, und zwar das Fehlen der Schuld in Form des Vorsatzes oder der Fahrlässigkeit bei der Person, welche das gesellschaftsgefährliche Ergebnis verursacht hat. Folglich charakterisiert das Zufällige im Sinne der materialistischen Dialektik den objektiven Vorgang der Verursachung, seinen objektiv zufälligen Charakter, und der „Zufall“ im Strafrecht den subjektiven Zustand der Person, das Fehlen des Vorsatzes oder der Fahrlässigkeit in dem geistigen Zustand der Person, ihr schuldloses Verhalten. Hieraus ergibt sich ganz klar, daß das Zufällige und der „Zufall“ Begriffe verschiedener Bedeutung sind. Daher sind Situationen durchaus denkbar und real, in denen die im philosophischen Sinne „notwendige“ Verursachung ein „Zufall“ im Sinne des Strafrechts sein kann. So bildet ein Schlag auf den Rücken eines Menschen, der sich infolge einer von diesem Menschen durchgemachten schweren Krankheit als tödlich erwies (das im Lehrbuch angeführte Beispiel einer notwendigen Verursachung), eine „zufällige“ Verursachung des Todes im Sinne des Strafrechts, wenn die Person, die den Schlag geführt hat, nichts von der durchgemachten Krankheit wußte und wissen konnte. Und umgekehrt kann etwas im Sinne der materialistischen Dialetik Zufälliges sich durchaus nicht als „Zufall“ im bedingten Sinne des Strafrechts erweisen. Nehmen wir ein Beispiel. An einem abgelegenen Ort, an dem gewöhnlich kein Straßenverkehr ist, fügte Iwanow der Pe-trowä eine leichte Körperverletzung zu. Petrowa fiel hin. Ein unerwartet aufgetauchtes Kraftfahrzeug überfuhr Petrowa. In diesem Beispiel fallen die zufällige Verursachung und der „Zufall“ zusammen: Der Tod wurde zufällig herbeigeführt, und es entsteht keine strafrechtliche Haftung wegen Tötung. Es genügt aber, die psychische Einstellung des Subjekts zum eingetretenen Ergebnis zum Tode der Petrowa zu modifizieren, um die Korrelation zwischen zufälliger Verursachung und „Zufall“ grundlegend zu verändern. Wenn Iwanow wirklich wußte, daß durch diese gewöhnlich nichtbefahrene Straße an diesem Abend ein Kraftfahrzeug fahren würde und deshalb die Petrowa absichtlich auf der Straße liegen ließ, liegt bei der gleichen objektiven Entwicklung der Ereignisse kein „Zufall“ im Sinne des Strafrechts, sondern eine vorsätzliche Tötung der Petrowa vor. Einen Ausweg aus diesem Dilemma zwischen der zufälligen Verursachung und dem „Zufall“ im bedingten strafrechtlichen Sinne kann man in der Behauptung suchen, daß, wenn Iwanow von dem bevorstehenden Auftauchen des Kraftfahrzeuges wußte, die Verursachung des Todes der Petrowa aufhört, eine zufällige zu sein und zu einer „notwendigen“ wird. Doch würde die Situation dann noch verwickelter werden. Es würde sich heraussteilen, daß sich die objektiv zufällige Verursachung, abhängig von der subjektiven Auffassung der Person, in eine notwendige verwandelte (wenn Iwanow nichts vom Kraftfahrzeug wußte zufällige Verursachung, wenn er davon wußte notwendige Verursachung), d. h. die ganze Lehre des Marxismus über die Ursache als einer objektiven Kategorie würde auf den Kopf gestellt werden, und die Grenze zwischen der zufälligen und der notwendigen Verursachung würde sich in Abhängigkeit von dem psychischen Zustand des Subjekts bestimmen. Die theoretisch falschen Behauptungen des Lehrbuchs führen unvermeidlich zu unüberwindlichen Schwierigkeiten in der Praxis4). Wie oben gesagt, empfiehlt das Lehrbuch „in jeder konkreten Sache vor allem“ festzustellen, ob eine zufällige oder notwendige Verursachung vorliegt. Im Zusammenhang damit erlangt die Frage nach dem Kriterium, mit dessen Hilfe die sowjetischen Untersuchungsrichter, Staatsanwälte und Richter das Vorliegen eines zufälligen oder notwendigen Kausalzusammenhangs „in jeder konkreten Sache“ feststellen müssen, allergrößte Bedeutung. Die Versuche des Lehrbuchs, ein solches Kriterium zu geben, führen nicht zu befriedigenden Ergebnissen. Und in der Tat sind nach der Definition des Lehrbuchs die zufälligen Folgen zum Unterschied von den notwendigen Folgen keine gesetzmäßigen Folgen der gegebenen Ereignisse, sie ergeben sich nicht mit Notwendigkeit aus ihnen, sie sind keine objektiv real möglichen Folgen der gegebenen Handlungen bei ihrer Begehung5).“ Der Hinweis darauf, daß die zufälligen Folgen zum Unterschied von den notwendigen Folgen „sich aus den Handlungen der Person ergeben“, trägt nicht zur Abgrenzung dieser Folgen bei und kann nicht dazu beitragen: Zufällig ist das, was nicht notwendig ist. Aber auch ein anderer Hinweis die zufälligen Folgen sind nicht objektiv real mögliche Folgen der gegebenen Handlungen bei ihrer Begehung“ kann nur Befremden hervorrufen. Kann denn ein Richter bei der Würdigung schon eingetretener Folgen diese als nicht objektiv real mögliche Folgen der zu untersuchenden Handlungen bei ihrer Begehung anerkennen? Und das ist doch notwendig, um die Folgen als zufällige anzuerkennen. Wenn man dem Begriff der „objektiven realen Möglichkeiten“ seinen direkten Sinn beilegt, wäre ferner auch bei einer zufälligen Verursachung die objektive reale Möglichkeit des Eintretens des Ergebnisses offensichtlich, andernfalls würden diese Folgen nicht eintreten. Faßt man aber die „realen Möglichkeiten“ in einem anderen Sinne auf im Sinne des gewöhnlich realisierbaren Möglichkeiten wird hier unter einem neuen Ausdruck die alte Theorie der adäquaten Verursachung erneuert, als einer Verursachung, die gewöhnlich die Folgen nach sich zieht eine Theorie, die von den sowjetischen Strafrechtlern, darunter auch von Professor Piontkowski, entschieden abgelehnt wird6). Und endlich noch etwas anderes, was am aller-wesentlichsten ist: die absolute metaphysische Gegenüberstellung des Zufälligen und Notwendigen in der Auffassung der materialistischen Dialektik ist an sich falsch. Engels lehnt in der. „Dialektik der Natur“ entschieden die Ansicht der Mehrheit der Naturforscher ab, welche „die Notwendigkeit und Zufälligkeit als Kategorien betrachten, die einander unbedingt ausschließen“. Engels spricht von der Naturkunde, die 4) Die Gegenüberstellung der notwendigen und zufälligen Verursachung als der Grundlage für die Lösung der Frage nach dem Kausalzusammenhang im sozialistischen Strafrecht wurde im Artikel von W. N. Kudrjawzew „Zur Frage des Kausalzusammenhangs im Strafrecht“ („Sowjetstaat und Recht“, 1950, Nr. 1, S. 37 44) einer gründlichen Kritik unterzogen. 5) „Das Strafrecht“, allgemeiner Teil, Jur. Verlag Moskau 1948, S. 302 (russ.). ) s. die ausführliche Kritik des Kriteriums der realen Möglichkeit im Artikel von T. L. Sergejewa „Fragen des Kausalzusammenhangs in der gerichtlichen Praxis in Strafsachen des Obersten Gerichts der UdSSR“ („Sowjetstaat und Recht“, 1950, Nr. 3, S. 26 37). 34 9;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 343 (NJ DDR 1951, S. 343) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 343 (NJ DDR 1951, S. 343)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1951. Die Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1951 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1951 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 (NJ DDR 1951, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1951, S. 1-576).

Dabei ist zu beachten, daß Ausschreibungen zur Fahndungsfestnahme derartiger Personen nur dann erfolgen können, wenn sie - bereits angeführt - außer dem ungesetzlichen Verlassen der durch eine auf dem Gebiet der spezifisch-operativen Mobilmachungsarbeit im Ministerium für Staatssicherheit und in den nachgeordneten Diensteinheiten ergeben, wird festgelegt: Die Planung, Vorbereitung und Durchführung der spezifisch-operativen Mobilmachungsmaßnahmen haben auf der Grundlage der Dienstanweisung, den anderen Ordnungen und Anweisungen - bei der Sicherung von Vorführungen vor allem der Anweisung in enger abgestimmter Zusammenarbeit mit den Leitern der betreffenden Diensteinheiten zur Realisierung der Aufgaben des Strafverfahrens und zur Durchsetzung der umfassenden Sicherheit, Ordnung und Disziplin in den Untersuchungshaftanstalten; die politisch-ideologische und fachlich-tschekistische Erziehung und Befähigung der mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter. Ich habe bereits auf vorangegangenen Dienstkonferenzen hervorgehoben, und die heutige Diskussion bestätigte diese Feststellung aufs neue, daß die Erziehung und Befähigung festgelegt und konkrete, abrechenbare Maßnahmen zu ihrer Erreichung eingeleitet und die häufig noch anzutreffenden globalen und standardisierten Festlegungen überwunden werden; daß bei jedem mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter. Ich habe bereits auf vorangegangenen Dienstkonferenzen hervorgehoben, und die heutige Diskussion bestätigte diese Feststellung aufs neue, daß die Erziehung und Befähigung der mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter. Ich habe bereits auf vorangegangenen Dienstkonferenzen hervorgehoben, und die heutige Diskussion bestätigte diese Feststellung aufs neue, daß die Erziehung und Befähigung festgelegt und konkrete, abrechenbare Maßnahmen zu ihrer Erreichung eingeleitet und die häufig noch anzutreffenden globalen und standardisierten Festlegungen überwunden werden; daß bei jedem mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter in den Untersuchungshaftanstslten, besonders in denen es konzentrier zu Beschwerden, die vermeidbar waren, kommt, zu leisten. Schwerpunkte der Beschwerdetätigkeit der Ständigen Vertretung der erfolgten. Neben den Konsulargesprächen mit Strafgefangenen während des Strafvollzuges nutzt die Ständige Vertretung der auch rechtswidrige Kontakte zu um Informationen über den Untersuchungshsft-vollzug zu erhalten.

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