Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1951, Seite 340

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 340 (NJ DDR 1951, S. 340); Zu dem Helgoland-Urteil Von Prof. Dr. Peter Steiniger, Berlin Am 30. April 1951 verurteilte der Oberste Gerichtshof der Alliierten Hohen Kommission für Deutschland in der Britischen Besatzungszone rechtskräftig sechs junge Deutsche wegen Betretens deutschen Bodens zu mehreren Monaten Gefängnis. Das ist der Tenor des Schandurteils gegen jugendliche Mitglieder einer Helgolandaktion, das im vorigen Heft dieser Zeitschrift veröffentlicht wurde.*) Dieses Urteil beruht auf den folgenden Thesen: 1. Die Ausübung der obersten Gewalt in den westdeutschen Besatzungszonen liegt bei den Regierungen der Vereinigten Staaten, Englands und Frankreichs und erfolgt auf Grund einer „krieg-führenden Besetzung“, die an Rechtsschranken (wie die der Haager Konvention) nicht gebunden ist. Hieran hat sich durch das Besatzungsstatut nichts geändert. Eine Souveränität des Bonner Staates besteht nicht. 2. Die Räumung und Bombardierung deutschen Bodens (wie der Insel Helgoland oder irgend eines anderen geeigneten Gebietes) liegt im freien Ermessen der Invasionsmächte. I Dieses Urteil, das in Verletzung des Potsdamer Abkommens das Seibstbestimmungsrecht des deutschen Volkes verneint, ergeht in einer Situation, in der nach der Analyse Walter Ulbrichts* 1) die führende Besatzungsmacht, der amerikanische Imperialismus, den wiedererstandenen deutschen Imperialismus zu seinem europäischen Hauptverbündeten gemacht hat, um Westdeutschland zum Hauptaufmarschgebiet des Atlantikkriegsblocks werden zu lassen. Das mag auf den ersten Blick widerspruchsvoll erscheinen, illustriert aber in Wahrheit nur den landesverräterischen und volksfeindlichen Charakter des deutschen Imperialismus. Ist es ein Widerspruch, von der Erniedrigung des deutschen Volkes und zugleich von der Verselbständigung des deutschen Imperialismus zu sprechen? Im Gegenteil. Wer, wie Truman, Deutschland zur Front Nr. 1 erklärt, das deutsche Volk in einem Bruderkrieg auf deutschem Boden auslöschen will, findet hierzu in Deutschland keinen anderen Verbündeten als den korrupten deutschen Imperialismus, der gewohnt ist, das Interesse der Nation seinem Profitinteresse zu opfern, und in ganz Europa keinen so hemmungslosen Zerstörer demokratischer Formen, keinen so brutalen Verächter souveräner Freiheitsrechte wie die bei Hitler und Himmler geschulten Politiker und Generale im Gefolge des deutschen Monopolkapitals. Indem der USA-Im-perialismus diese Kräfte in Freiheit setzt, wird er freilich zum Totengräber seines eigenen Hauptverbündeten, denn, da die deutschen Imperialisten heute bei der Durchführung ihrer Politik, wie Walter Ulbricht sagte, von einer antinationalen Position ausgehen müssen, schaffen sie selbst die objektiven Voraussetzungen jener patriotischen Einheitsfront der Volksmassen gegen ihre Politik, deren Anfänge wir im Kampf gegen die Remilitarisierung vor uns sehen. Infolge dieser Entwicklung müssen die Imperialisten die Staatsgewalt unter offener Verletzung aller rechtsstaatlichen Formen zur Terrorisierung der Bevölkerung benutzen. Indem sie hoffen, durch den zunehmenden Terror die Massen vom Kampf gegen die nationale Vernichtung abzuhalten, festigen sie in Wahrheit die *) s. NJ 1951 S. 317 ft. i) Walter Ulbrichts Schlußwort auf der 6. Tagung des ZK der SED vom IS. Juni 1951 abgedruckt in „ND“ vom 13. Juli 1951 (Nr. 159 S. 4). nationale Widerstandsbewegung. Dem deutschen Imperialismus fehlt eben, wie wiederum Walter Ulbricht sagte, „jedwede Perspektive, und das ist das.Schicksal des Imperialismus überhaupt“. Der von der Kriegspolitik der deutschen Imperialisten erzeugte nationale Widerstand zwingt sie dazu, Patrioten nur wegen ihres Kampfes für Deutschland in die Zuchthäuser und Gefängnisse zu schicken. Dadurch wird immer mehr Menschen die antinationale Position des deutschen Imperialismus klar. Zur Verschleierung dieser Tatsache übernehmen die Gerichte der Besatzungsmacht, wie im Falle der Helgolandaktion, einen Teil dieser peinlichen Aufgabe. Sie benutzen aber dabei die Gelegenheit, den neuen Hauptverbündeten an die bestehenden Herrschaftsverhältnisse zu erinnern, um ihn sich nicht über den Kopf wachsen zu lassen.2) Lenin hat bei der Widerlegung der „Lehre“ des Renegaten K a u t s k y vom angeblich nicht mehr imperialistischen „Ultraimperialismus“, von der gemeinsamen Ausbeutung der Welt durch das internationale verbündete Finanzkapital festgestellt: „Friedliche Bündnisse (imperialistischer Mächte P. St.) bereiten Kriege vor und wachsen ihrerseits aus Kriegen hervor, bedingen sich gegenseitig, erzeugen einen Wechsel der Formen friedlichen und ünfriediichen Kampfes auf ein und demselben Boden imperialistischer Zusammenhänge und Wechselbeziehungen der Weltwirtschaft und der Weltpolitik.“3) Angesichts der Auffassungen der deutschen Monopolherren, die ihre „untergeordnete Rolle gegenüber den USA für eine unvermeidliche Etappe auf dem Wege zur Wiedergeburt des deutschen Imperialismus“ halten, müssen die Besatzungsmächte Wert darauf legen, daß der zu Spaltungszwecken geschaffene Bonner Staat keine Souveränität besitzt, daß er ein Werkzeug in der Hand der Invasionsmächte auch in der gegenwärtigen Phase der Bevorzugung und Verselbständigung des deutschen Imperialismus durch den USA-Imperialismus ist und bleibt. Es ist von erheblicher deklaratorischer Bedeutung, daß der britische Court of appeal in Deutschland sich zu dieser Auslegung des Besatzungsstatuts ausdrücklich bekennt und daß danach kein Zweifel daran bestehen kann, daß auch die formelle einseitige Beendigung des Kriegszustandes mit dem westdeutschen Staatsfragment an der interventionistischen Souveränitätsverneinung der Invasionsmächte nichts ändert. Von völkerrechtswidriger Intervention und militärischer Invasion konnte solange nicht die Rede sein, als sich auch die Westmächte an das Potsdamer Abkommen hielten und die deutschen Hoheitsbefugnisse treuhänderisch wahrnahmen. Erst seitdem und soweit sie von der treuhänderischen Okkupation (Zweck: Entfaschisierung, und Entmilitarisierung) zur interventionistischen Invasion (Zweck: Refaschisierung und Remilitarisierung) übergingen, wurden sie zu Usurpatoren der deutschen Volkssouveränität. Anders ausgedrückt: Die „Intervention“ gegen eine interventionistische Bande aggressiver Menschlichkeitsverbrecher, zu der der antifaschistische Befreiungskrieg in seinem Verlauf immer eindeutiger wurde, war völkerrechtlich legitim. Aus ihm wurde jedoch eine völkerrechtswidrige Intervention, als die Treuhänder ihre Macht dazu mißbrauchten, die interventionistischen Kräfte verbrecherischer Aggression in dem besiegten Deutschland als ihren Hauptverbündeten in Dienst zu nehmen, um gemeinsam mit jenen Kräften das Aggressionsunternehmen gegen die einzig wirkliche Befreiungsmacht, die Sowjetunion, nun fortzusetzen. Diesen völkerrechtswidrigen Tatbestand umschreibt der Court of appeal mit dem Ausdruck „kriegführende Beset- 2) L e n i n : Der Imperialismus als höchste Stufe des Kapitalismus, Dietz-Verlag, Berlin 1946, S. 136 f. S) W. I. L, e n i n a. a. O. S. 105. 340;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 340 (NJ DDR 1951, S. 340) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 340 (NJ DDR 1951, S. 340)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1951. Die Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1951 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1951 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 (NJ DDR 1951, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1951, S. 1-576).

Das Recht auf Verteidigung - ein verfassungsmäßiges Grundrecht in: Neue Oustiz Buchholz, Wissenschaftliches Kolloquium zur gesellschaftlichen Wirksamkeit des Strafverfahrens und zur differenzier-ten Prozeßform in: Neue ustiz ranz. Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung und die Bekanntgabe aller zur Informationsgewinnung genutzten Beweismittel zur Stellungnahme des Beschuldigten als eine Voraussetzung für die Feststellung der Wahrheit ein, und und, Der Beschuldigte kann bei der Feststellung der Wahrheit mitwirk Er ist jedoch nicht zu wahren Aussagen verpflichtet. Alle vom Beschuldigten zur Straftat gemachten Aussagen werden gemäß Beweismittel. Deshalb ist zu gewährleisten, daß die Ziele der Untersuchungshaft sowie die Sicherheit und Ordnung der Untersuchungshaftanstalten nicht gefährdet werden. Das erfordert insbesondere die vorbeugende Verhinderung - - von Terror- und anderen operativ bedeutsamen Gewaltakten als Bestandteil der operativen Lageeinschätzung im Verantwortungsbereich, zur Herausarbeitung und Bestimmung von Erfordernissen der vorbeugenden Terrorabwehr und des Niveaus der dazu ersetzbaren operativen Kräfte, Mittel und Methoden, die Einleitung vorbeugender, schadensverhütender und gefährenabwendender Maßnahmen und die zweckmäßige Leitung und Organisierung des politisch-operativen Zusammenwirkens mit den anderen staatlichen Organen, gesellschaftlichen Organisationen und Kräften zur Erhöhung der Wirksamkeit der Arbeit mit den Die Vorgabe langfristiger Orientierungen undAÄufgabensteihingen. Die Einschätzung der Wirksamkeit der Arbeit-mit den politisch-ideologische und fachlich-tschekistische Erziehung und Befähigung der mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter. Die Organisation der Zusammenarbeit operativer Diensteinheiten zur weiteren Qualifizierung der Arbeit mit den Grundsätze für die Zusammenarbeit mit und ihre Gewinnung; Grundsätze für die Zusammenarbeit mit Gesellschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit und Inoffiziellen Mitarbeitern im Gesamtsystem der Sicherung der Deutschen Demokratischen Republik tritt mit Wirkung. in Kraft. Zum gleichen Zeitpunkt wird die Richtlinie für die Arbeit mit inoffiziellen Mitarbeitern und gesellschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Dienstanweisung für den Dienst und die Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten des Staatssekretariats für Staatssicherheit wesentlich dazu bei, die Sicherheit der Deutschen Demokratischen Republik zu erhöhen und die Errungenschaften der werktätigen Menschen in unserem Staate.

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