Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1951, Seite 332

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 332 (NJ DDR 1951, S. 332); Voraussetzungen des § 39 Abs. 4 HGB gegeben wären, ist nicht ersichtlich. Zur Aufstellung einer ordnungsgemäßen Inventur wäre aber erforderlich gewesen, daß bei den bereits längere Zeit auf dem Sortierlager befindlichen Fellen der Warenbestand nicht nur buchmäßig,' sondern auch körperlich überprüft würde. Der Kläger hätte sich also mindestens bei Aufstellung der Inventur für 1947 durch Anfrage bei der Firma L. bzw. bei der Deurauch vergewissern müssen, ob sich seine Felle noch auf dem Sortierlager befanden. Hätte er das getan, so hätte sich der wahre Sachverhalt herausgestellt und es wäre möglich gewesen, die Forderung gegen die Beklagte noch vor der Währungsreform zu regeln. Ob Felle gelegentlich länger als 3 Jahre auf dem Sortierlager gelegen haben, ist unerheblich und entbindet den Kläger nicht von seiner Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Aufstellung einer Inventur. Er mußte freilich abwarten, bis die Deurauch über seine Felle verfügte. Das ändert aber nichts daran, daß er in Fällen, in denen er über den Umfang eines Geschäftsjahres hinaus keine Nachricht erhielt, bei Aufstellung der Inventur festzustellen hatte, ob sich die Felle noch auf dem Sortierlager befanden oder ob etwa bereits über sie verfügt worden war. Bei Würdigung dieses Sachverhalts erscheint es angebracht, den entstandenen Währungsschaden zwischen den Parteien zu teilen. Da die Beklagte an den Kläger bereits 918,60 DM gezahlt hat, ist demnach dem Kläger noch ein Betrag von 3674,40 DM zuzubilligen. (Mitgeteilt von RA Dr. Nitzschke, Leipzig) Anmerkung: Das Urteil kann nicht gebilligt werden. Es gehört in die Reihe der Entscheidungen, gegen die im letzten Heft (NJ 1951 S. 264) Heinrich mit Recht protestiert hat Entscheidungen, bei denen der Wunsch, einen besonders schroffen Interessengegensatz zu überbrücken, die Gerichte dazu 'verführt, das Ergebnis ohne jede Rechtsgrundlage ausschließlich auf Billigkeitserwägungen zu stützen. Man fragt sich, wozu diese „fifty-fifty Rechtsprechung“ überhaupt noch Gesetze braucht; weit davon entfernt, das Wesen der demokratischen Gesetzlichkeit zu erfassen, gefährdet sie im Gegenteil die von der antifaschistisch-demokratischen Ordnung garantierte Rechtssicherheit. Gilt das grundsätzlich bei jeder Rechtsmaterie, so ganz besonders im Recht der Währungsform. Es ist oft genug darauf hingewiesen worden, daß die Währungsreform-Gesetzgebung ius strictum, formales zwingendes Recht isL daß gegen die bei ihrer Anwendung gefundenen Ergebnisse nicht mit der Berufung auf „Billigkeit“ und „Treu und Glauben“ angegangen werden kann. Der Grund hierfür liegt auf der Hand. Jede Währungsreform ist ein gewaltsamer Eingriff in das Wirtschaftsleben; sie kann keine individuellen Verhältnisse berücksichtigen, sondern läßt sich nur durchführen, indem sie, mechanisch auf bestimmte Daten und greifbare Tatsachen abstellend, einen neuen Rechtszustand schafft, der im Einzelfalle und vom Standpunkt der Billigkeit betrachtet durchaus Unrecht sein mag. In Tausenden von Fällen war es rein vom Zufall abhängig, ob ein Schuldner die Forderung noch gerade vor dem Stichtage tilgen konnte, ob ein Geldbesitzer so disponieren konnte, daß er vom Währungsschnitt nicht betroffen wurde. Hätte es der Gesetzgeber zugelassen, jeden Fall individuell so zu lösen, wie es die Billigkeit erforderte, so wäre das der Bankrott der Währungsreform gewesen. Umgekehrt hatte es das Gesetz vielmehr zu verhindern, daß dem Zufalle „nackgeholfen“ wurde und das ist der Sinn des Abschn. VIII, Ziffer 3 der Durchf-Best. zur WährungsreformVO vom 21. Juni 1948. Diese Vorschrift sollte die Gläubiger treffen, die sicli\ der bis zum Stichtage zulässigen Zahlung in alter Währung zu entziehen gedachten; sie hatte die bekannten Fälle im Auge, in denen der Gläubiger in den letzten Tagen oder Wochen vor der Währungsreform „verreiste“ und sein Geschäft zuschloß oder sonst unauffindbar war oder gar die Entgegennahme der gesetzlichen Zahlungsmittel ohne gesetzlichen Grund ausdrücklich verweigerte. Offensichtlich paßt der vorliegende Fall nicht in diesen Rahmen. Hier handelte es sich um ein langfristi- ges Kommissionsgeschäft, wie es im Pelzhandel üblich ist der Kläger hatte seine Felle 2 Jahre vor der Währungsreform auf Sortierlager gegeben und wartete nun auf Abrechnung. Da diese nicht einging, zog er im April 1949 Erkundigungen ein und erfuhr nun, daß die Felle schon lange vor der Währungsreform veräußert worden waren. Dieser Sachverhalt spricht entscheidend gegen die Annahme, daß das Verhalten des Klägers gerade durch die Währungsreform bestimmt wurde. Denn wäre das der Fall gewesen, so hätte er nicht noch bis fast ein Jahr nach ihrer Durchführung gewartet, ehe er seine Erkundigungen anstellte. Aber selbst, wenn man annehmen wollte, der Kläger habe sich gerade im Hinblick auf die Währungsreform absichtlich nicht eher um seine Forderung gekümmert genügt das, um zu sagen, die Verpflichtung des Beklagten habe „durch Verschulden des Gläubigers nicht erfüllt werden können“? Nichts, aber auch nichts außer ihrer eigenen Nachlässigkeit hat die Beklagte daran gehindert, die Forderung, von deren Fälligkeit dem Kläger unstreitig noch nichts bekannt war, rechtzeitig vor der Währungsreform zu tilgen, d. h. die Forderung konnte erfüllt werden, der Tatbestand des Abschn. VIII Ziffer 3 liegt überhaupt nicht vor! Schon ihre Anwendung an sich auf den vorliegenden Sachverhalt erscheint abwegig. Das mag, zumal es sich hier mehr oder weniger um Tatfragen handelt, noch hingehen; der grundsätzliche Fehler aber liegt in der Form ihrer Anwendung. Der Senat meint, es treffe beide Teile ein Verschulden daran, daß die Verpflichtung der Beklagten „nicht erfüllt werden konnte“ und daher hält er es „für angebracht“, die Forderung des Klägers im Verhältnis des alten Geldes zum neuen nicht 1: 1, sondern 2:1 umzuwerten: fifty-fifty! Die Rechtsgrundlage für diese Entscheidung verschweigt er; es wäre ihm auch schwer gefallen, eine solche zu bezeichnen, denn es gibt keine. Das Gesetz kennt lediglich für den Normalfall der offenen Schuldverpflichtungen die Umwertung 1: 1 und für den Ausnahmefall des Abschn. VIII Ziffer 3 der DurchfBest. eine Umwertung 10:1 ein Verhältnis 2: 1 jedoch ist ihm in diesem Zusammenhang unbekannt. Immerhin gibt das Urteil dem Leser zur Beantwortung der Frage, welche Rechtsgrundlage dem Gericht vorgeschwebt haben mag, wenigstens einen Fingerzeig: es spricht im letzten Satz von dem „Währungsschaden“, den es zwischen den Parteien teilen wolle. Also § 254 BGB! Freilich kommen wir damit nicht weiter, denn mit welchem Recht hier überhaupt von einem „Schaden“ gesprochen wird, mit welchem Recht auf einen normalen Erfüllungsanspruch aus Kauf Grundsätze aus dem Schadensersatzrecht angewandt werden, das bleibt endgültig Geheimnis des Senats. Abschn. VIII Ziffer 3 der DurchfBest. zur WährungsreformVO jedenfalls kennt kein mitwirkendes Verschulden und die Konstruktion einefl allgemeinen Rechtsgrundsatzes etwa dahin, daß aus Gründen der Billigkeit das in § 254 BGB enthaltene Rechtsprinzip im Falle der schuldhaften Erfüllungsverhinderung nach Währungsreformrecht analog angewandt werden müsse, ist bei der eingangs hervor gehobenen Eigenart der Währungsreform-Gesetzgebung absolut unzulässig. Hier kommt es ausschließlich auf das Verschulden des Gläubigers an; ein etwa ebenfalls vorhandenes Verschulden des Schuldners kann nur unter dem Gesichtspunkt von Erheblichkeit sein, daß es den Kausalzusammenhang zwischen dem Verschulden des Gläubigers und dem Erfolg überhaupt ausschließt. Das heißt im Ergebnis: entweder hat der Gläubiger die Erfüllung vor der Währungsreform schuldhaft verhindert, dann wird 1: 10 umgewertet oder aber ein Verschulden des Gläubigers an der Nichtzahlung ist nicht festzustellen, dann ist das Umwertungsverhältnis 1:1. Ein Zwischending läßt die Währungs-Gesetzgebung nicht zu, das Gericht hat entweder den einen oder den anderen Tatbestand festzustellen, ist aber keinesfalls in der Lage, aus falsch angewandten Billigkeitserwägungen ein „salomonisches“ Urteil auf die Hälfte oder sonst einen Bruchteil zu erlassen. Hauptabteilungsleiter Dr. H. Nathan;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 332 (NJ DDR 1951, S. 332) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 332 (NJ DDR 1951, S. 332)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1951. Die Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1951 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1951 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 (NJ DDR 1951, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1951, S. 1-576).

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