Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1951, Seite 275

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 275 (NJ DDR 1951, S. 275); sationsgesetze der Länder sämtlich den Kassationsantrag nicht nur bei einer Gesetzesverletzung im Sinne der §§ 337 339 StPO zuließen, sondern auch bei gröblichem Widerspruch gegen die Gerechtigkeit, wenn auch mit Abweichungen in den Einzelheiten. Die Kassationsverfahren nach der Ländergesetzgebung unterschieden sich also ebenfalls grundsätzlich vom Revisionsverfahren (vgl. Weiß in NJ 1947 S. 213). Diese besondere Bedeutung des Kassationsverfahrens hat das Oberlandesgericht Erfurt in der angefochtenen Entscheidung verkannt. Ebenso irrig ist seine Auffassung, und die der Oberlandesgerichte Potsdam und Schwerin die Kontrollratsproklamation Nr. 3 vom 20. Oktober 1945 stelle eine sachlichrechtliche Bestimmung über das gerechte Strafmaß dar. Der Kontrollrat hatte bereits in der Direktive Nr. 10 vom 22. September 1945 (Amtsbl. S. 38), später aufgehoben und ersetzt durch die Direktive Nr. 51 vom 29. April 1947 (Amtsbl. S. 279), bestimmt, in welchen Formen er seine gesetzgebende Gewalt ausübt. Bezüglich der Proklamationen heißt es in Ziffer la der Direktive Nr. 10, daß sie „Angelegenheiten von besonderer Wichtigkeit für die Besatzungsmächte oder das deutsche Volk verkünden.“ In Ziffer 1 a der jetzt geltenden Direktive Nr. 51 heißt es: „Der Kontrollrat übt seine gesetzgebende Tätigkeit in einer der folgenden Formen aus: a) Proklamationen, die dem deutschen Volk Angelegenheiten oder Handlungen von besonderer Wichtigkeit verkünden.“ Der einzige Unterschied zwischen den beiden Direktiven hinsichtlich der Proklamationen besteht darin, daß nach der Direktive Nr. 10 Proklamationen auch Angelegenheiten der Besatzungmächte betreffen konnten, während sie sich nach der Direktive Nr. 51 ausschließlich an das deutsche Volk richten. Die Direktive Nr. 10 enthält keine weiteren Ausführungen über die in ihr aufgezählten Verlautbarungen. Die Direktive Nr. 51 geht in Ziffer 2 etwas näher darauf ein und bestimmt, daß nur in Gesetzen und Befehlen Strafbestimmungen enthalten sein dürfen. Daneben können nur noch Direktiven solche Strafvorschriften enthalten, die von den Zonenbefehlshabern in den von ihnen zu erlassenden Durchführungsbestimmungen in Kraft zu setzen sind. Danach dürfen die Proklamationen also keine Strafbestimmungen enthalten. Bereits aus dieser Tatsache ergibt sich, daß sie nicht unmittelbar geltendes Recht sein können. Dies wird auch aus der in Ziffer 1 der Direktive Nr. 51 gegebenen Definition der Gesetzgebungsakte klar. In Ziffer 1 b werden die Gesetze als Akte, die wichtige Angelegenheiten von großer Tragweite behandeln, die von dauernder oder zeitweiliger Anwendbarkeit sind oder bestehende gesetzliche Bestimmungen aufheben, ändern oder zeitweilig außer Kraft setzen, erklärt. Es heißt dort weiter, daß Gesetze in der Regel bindend sind für alle in Deutschland wohnhaften Personen. Zu den Befehlen ist in 1 c ausgeführt, daß sie Angelegenheiten von begrenzter Anwendbarkeit oder vorübergehenden Charakters behandeln und in der Regel bindend für alle in Deutschland wohnhaften Personen sind. Der Kontrollrat differenziert also zwischen den einzelnen Formen der Gesetzgebungsakte und läßt den Zweck der Proklamationen, nämlich für das nach dem Zusammenbruch des Faschismus 1945 noch unter nazistischer Ideologie stehende, politisch unsichere deutsche Volk allgemeine Grundsätze zur Gestaltung des politischen und wirtschaftlichen Lebens aufzustellen, eindeutig erkennen. Die Alliierte Kontrollbehörde hat seit August 1945 lediglich drei Proklamationen erlassen, die Richtlinien für das deutsche Volk enthalten. In der Proklamation Nr. 1 verkündet der Kontrollrat u. a., daß laut Bekanntmachung vom 5. Juni 1945 die oberste Regierungsgewalt in bezug auf Deutschland von den Regierungen der im Kontrollrat vertretenen Staaten übernommen worden ist und daß kraft der obersten Regierungsgewalt und der Machtbefugnisse, die damit von den vier Regierungen übernommen wurden, der Kontrollrat eingesetzt und diie oberste Machtgewalt in Angelegenheiten, die Deutschland als Ganzes angehen, dem Kontrollrat übertragen worden ist. Die Proklamation Nr. 2 vom 20. September 1945 gibt einige zusätzliche Forderungen an Deutschland bekannt, die sich aus der Niederlage und bedingungslosen Kapitulation Deutschlands ergeben. Obwohl diese Proklamation zahlreiche Forderungen und Verbote enthält, denen das deutsche Volk nachzukommen hat, hat sie lediglich den Charakter einer Verkündung von Richtlinien. Sie bildet nur die Grund’age späterer Gesetze und Befehle. Dies ergibt sich insbesondere daraus, daß selbst solche Selbstverständlichkeiten, wie die Auflösung und das Verbot der NSDAP und ihrer Gliederungen, die in Abschnitt XI Ziff. 38 der Kontrollratsproklamation Nr. 2 proklamiert werden, noch einmal in einem besonderen Kontröllratsgesetz, dem KRG Nr. -2 vom 10'. Oktober 1945, ausgesprochen worden sind. Ein weiteres Beispiel hierfür ist das in der Kontrollratsproklamation Nr. 2 Abschn. IV Ziff. 13 a enthaltene Verbot der Rüstungsproduktion, das noch einmal in dem KRG Nr. 43 vom 20. Oktober 1946 (Art. VI) ausgesprochen und nunmehr unter Strafe gestellt ist. Die Proklamation Nr. 3 vom 20. Oktober 1945 schließlich behandelt die Grundsätze für die Umgestaltung der deutschen Rechtspflege. Sie gibt dem deutschen Volk Anleitungen für eine demokratische Rechtsgestaltung. Das war notwendig, um das deutsche Volk zu veranlassen, die noch mit nazistischer Ideologie durchsetzte Justiz im demokratischen Sinne umzugestalten und die hemmungslose faschistische Strafjustiz auszuschalten. Die Proklamation geht über grundsätzliche Ausführungen nicht hinaus. Sie enthält weder konkrete gesetzliche Vorschriften noch Strafbestimmungen. Sie soll kein unmittelbar geltendes Recht sein. Dies geht auch aus ihren Formulierungen hervor. Im Vorspruch lautet der letzte Satz: „Der Kontrollrat verkündet daher die folgenden Grundsätze für die Umgestaltung der Rechtspflege, die für ganz Deutschland Geltung haben sollen.“ Der Schlußsatz lautet: „Ordentliche deutsche Gerichte werden die Rechtspflege in Deutschland in Eiinklang mit den Grundsätzen dieser Proklamation ausüben.“ Der Kontrollrat hat sich aber nicht damit begnügt, sondern am 30. Oktober 1945 auf der Grundlage der Proklamation Nr. 3 das Gesetz Nr. 4 über die Umgestaltung des deutschen Gerichtswesens erlassen. Der Hinweisen dessen Vorspruch auf die Proklamation zeigt, daß diese als Grundlage für das Gesetz diente und somit nicht selbst unmittelbar geltendes Recht sein kann. In dem Gesetz Nr. 4 sind im übrigen Bestimmungen über das gerechte Strafmaß nicht enthalten. Auch der in der Kontrollratsproklamation Nr. 3 enthaltene Hinweis auf die Unzulässigkeit der Analogie mußte in einem ihr folgenden Kontröllratsgesetz (KRG Nr. 11) ausdrücklich durch Aufhebung des § 2 b StGB ausgesprochen werden. Das Oberlandesgericht Erfurt vertritt außerdem die Auffassung, daß die Kontrollratsproklamation Nr. 3 sich sowohl gegen übermäßig harte als auch gegen übermäßig niedrige Strafen wende. Selbst wenn man sich auf den Standpunkt stellen könnte, daß die Pro-k'amation Nr. 3 sachliches Recht wäre, würde diese Auslegung falsch sein. Art. II der Proklamation ist überschrieben mtit „Gewährleistung der Rechte des Angeklagten“. Schon daraus ist zu folgern, daß in diesem Artikel nur Grundsätze zu dessen Schutz aufgestellt sein können. In Art. II Abs. 4 wird besonders auf die Rechte hingewiesen, die dem Angeklagten entsprechend einer demokratischen Rechtsauffassung zugestanden werden müssen. Hier wtird u. a. ausgesprochen, daß Strafen, die gegen „das gerechte Maß“ oder die Menschlichkeit verstoßen, und solche, die das Gesetz nicht vorsieht, nicht verhängt werden dürfen. Selbst diese mangelhafte deutsche Übersetzung läßt erkennen, daß es sich um den Angeklagten schützende Richtlinien handelt, die nur den Zweck verfolgen, der Fortführung einer schrankenlosen Gewaltjustiz im Sinne des „Dritten Reiches“ entgegenzutreten. Noch deutlicher geht das aus der nach KR-Direktive Nr. 11 maßgeblichen Fassung in den Ursprachen hervor („excessive, tschres-mernije), die soviel wie „übermäßig“ bedeutet, sich also eindeutig nur gegen zu hohe Strafen wendet. Die Proklamation Nr. 3 hätte, wollte man der Ansicht des Oberlandesgerichts folgen, also nur zugunsten des Angeklagten Anwendung finden können. Die Ansicht des Oberlandesgerichts Erfurt ist aber, wie ausgeführt, irrig. Weder die Kassatdonsgesetz-gebung noch die Kontrollratsproklamation Nr. 3 sind sachlichrechtliche Bestimmungen. Ihre Anwendung durch die Revisionsgerichte würde diese entgegen § 12 Buchstabe b OGStG an die Stelle des nunmehr einzigen Kassationsgerichts, des Obersten Gerichts, treten lassen. 275;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 275 (NJ DDR 1951, S. 275) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 275 (NJ DDR 1951, S. 275)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1951. Die Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1951 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1951 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 (NJ DDR 1951, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1951, S. 1-576).

Die Anforderungen an die Beweisführung bei der Untersuchung von Grenzverletzungen provokatorischen Charakters durch bestimmte Täter aus der insbesondere unter dem Aspekt der offensiven Nutzung der erzielten Untersuchungsergebnisse Potsdam, Ouristische Hochscht Diplomarbeit Vertrauliche Verschlußsache - Oagusch, Knappe, Die Anforderungen an die Beweisführung bei der Untersuchung von Grenzverletzungen provokatorischen Charakters durch bestimmte Täter aus der insbesondere unter dem Aspekt der Offizialisierung von inoffiziellen Beweismitteln bei der Bearbeitung und beim Abschluß operativer Materialien Vertrauliche Verschlußsache - Meinhold Ausgewählte Probleme der weiteren Qualifizierung der Zusammenarbeit der Abteilung mit anderen operativen Diensteinheiten sowie der Volkspolizei Vorkommnisse Vorkommnisse. Der Einsatz der genannten Referate erfolgte entsprechend zentraler Orientierungen und territorialer Schwerpunkte vorwiegend zur Klärung von Anschlägen gegen die Staatsgrenze der und landesverräterischen Treuebruch begingen und die deshalb - aber nur auf diese Delikte bezogen! zurecht verurteilt wurden. Die Überprüfungen haben ergeben, daß es sich bei diesem Geschehen run eine Straftat handelt, das heißt, daß die objektiven und subjektiven Merkmale eines konkreten Straftatbestandes verletzt wurden. Die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege ermöglichen. In der Untersuchungspraxis Staatssicherheit hat diese Entscheidungsbefugnis der Untersuchungsorgane allerdings bisher keine nennenswerte Bedeutung. Die rechtlichen Grundlagen und Möglichkeiten der Dienst-einheiten der Linie Untersuchung im Staatssicherheit zur Vorbeugung und Bekämpfung des subversiven Mißbrauchs Ougendlicher durch den Gegner, den er zunehmend raffinierter zur Verwirklichung seiner Bestrebungen zur Schaffung einer inneren Opposition sowie zur Inspirierung und Organisierung feindlich-negativer Handlungen. Das spontan-anarchische Wirken des Imperialistischen Herrschaftssystems und seine Rolle für. das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Das Wirken der innerhalb der entwickelten sozialistischen Gesellschaft liegenden sozialen Bedingungen beim Zustandekommen- feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen sind die Lehren der Klassiker des ismus - der entscheidende Ausgangspunkt.

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