Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1951, Seite 272

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 272 (NJ DDR 1951, S. 272); § 350 StGB; Befehl 224 der SMAD; § 244 StPO; KontrR-Dir. Nr. 38 Art. Ill A III; Art. G der Verfassung. 1. Wer Schußwaffen nach Westberlin verbringt und sich dort abnehmen läßt, verschuldet den Verlust von Schußwaffen und ist daher nach Befehl 224 der SMAD zu bestrafen. 2. Bildet eine solche Tat den Gegenstand der Anklage und ist der Angeklagte nach längerer Zeit in das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik zurückge-kehrt, so ist sein Verhalten nicht nur unter dem Gesichtspunkt des Waffenverlustes, sondern auch daraufhin zu untersuchen, inwieweit er den Tatbestand der KontrR-Dir. Nr. 38 Art. Ill A III und des Art. 6 der Verfassung verletzt hat. OG, Urt. vom 4. Mai 1951 3 Zst 16/51. Aus den Gründen: Der Angeklagte ist durch das Schöffengericht wegen Unterschlagung im Amt gemäß § 350 StGB zu einer Gefängnisstrafe von neun Monaten unter Anrechnung der Untersuchungshaft verurteilt worden. Das Urteil ist seit dem 17. November 1950 rechtskräftig. Das angefochtene Urteil stellt fest: Der Angeklagte, der der Volkspolizei angehörte, verließ am 25. Mai 1949 in voller Uniform und mit Karabiner seinen Dienst am „Ring um Berlin“ und begab sich in den Westsektor Berlins. Dort meldete er sich bei der Polizei als politischer Flüchtling. Nachdem ihm Uniform und Waffe abgenommen worden war, wurde er der amerikanischen Militärregierung zugeführt. Später kehrte der Angeklagte in das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik zurück. Gegen dieses Urteil hat der Generalstaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik die Kassation beantragt Der Antrag des Generalstaatsanwalts ist begründet 1. Das angefochtene Urteil verletzt den § 244 Abs. 2 StPO. Im angefochtenen Urteil wird nicht einmal erörtert, daß der Angeklagte, wie er im Vorverfahren angegeben hat, mit einem Flugzeug nach Westdeutschland transportiert worden und wann er in die Deutsche Demokratische Republik zurückgekehrt ist Aus dem Akteninhalt ergibt sich, daß dies am 25. Juni 1950, also erst über ein Jahr nach seiner Flucht geschah. Dieser lange Zeitraum hätte, wenn er festgestellt worden wäre, schon Veranlassung geben müssen, Zweifel in die „Reue“ des Angeklagten zu setzen. Das Urteil enthält auch keine Feststellungen über die Umstände, die zur Flucht des Angeklagten und zu seiner Verhaftung führten. Diese Feststellungen wären aber für die strafrechtliche Beurteilung seiner Tat von Bedeutung gewesen. 2. Weiter ist unverständlich, daß das angefochtene Urteil ausschließlich die eigenen Angaben des Angeklagten als festgestellt übernimmt. Aus dem Akteninhalt ergibt sich, daß der Angeklagte sich nicht selbst der Polizei gestellt, sondern daß F., zu dem er sich nach seiner Rückkehr begeben hatte, erst die Kriminalpolizei benachrichtigt hat, damit der Angeklagte verhaftet werden konnte. Es wäre unbedingt erforderlich gewesen, F. als Zeugen zu vernehmen. Von dieser Pflicht zur Wahrheitserforschung war das Gericht auch'nicht deshalb befreit, weil weder die Staatsanwaltschaft noch die Volkspolizei ausreichende Ermittlungen geführt hatten. Abgesehen davon, daß F. überhaupt nicht, auch nicht über die der Verhaftung vorhergehenden Umstände, befragt worden ist, sind nicht einmal Ermittlungen darüber versucht worden, was der Angeklagte in Westdeutschland getan hat, obwohl er Personen benannt hat, die ihn dort angeblich dazu veranlaßt haben, nach der Deutschen Demokratischen Republik zurückzukehren. Ferner: Der Angeklagte, der wiederholt angegeben hat, daß er sich bei der westberliner Polizei als „politischer Flüchtling“ gemeldet habe, daß er Aufnahme in den berüchtigten Flüchtlingslagern in Wannsee und in der Kuno-Fischer-Straße in Berlin gefunden habe und daß er im Flugzeug nach Westdeutschland transportiert worden sei, ist nicht ein einziges Mal befragt worden, was er denn eigentlich als Grund der „politischen Verfolgung“ angegeben habe. Der Angeklagte hat angegeben, er sei mit einem gültigen Interzonenpaß zu einem Fußballspiel nach Dresden zurückgekehrt; der Interzonenpaß befindet sich nicht bei den Akten; es befindet sich dort auch kein Hinweis, ob diese Angaben geprüft worden sind, ob der Interzonenpaß überhaupt Vorgelegen und ob der Angeklagte die Zonengrenze tatsächlich an einem für den Personenverkehr zugelassenen Kontrollpunkt überschritten hat. In dem Bericht über die vorläufige Vernehmung des Angeklagten vom 12. Juli 1950 findet sich ein kurzer Hinweis, daß er früher der Hitlerjugend, später aber der FDJ und der SED angehört habe. Trotzdem sind keinerlei Ermittlungen darüber angestellt worden, wie er sich in den demokratischen Organisationen bewegt hat. Über die Herkunft, das Elternhaus und die Erziehung des Angeklagten, der zur Zeit seiner Festnahme 21 Jahre alt war, sind ebenfalls keine Ermittlungen angestellt worden. Bei der allgemein bekannten Methode ausländischer Spionage- und Sabotageorganisationen, Agenten auszubilden und in das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik zu entsenden, erscheinen die Angaben des Angeklagten, er habe das Angebot, in die Deutsche Demokratische Republik zurückzukehren, um dort Spionage zu treiben, abgelehnt, er habe Fragen über Stärke, Bewaffnung, Stimmung, Verpflegung und Besoldung der deutschen Volkspolizei nicht beantwortet, sei aber trotzdem als „politischer Flüchtling“ aufgenommen und mittels Flugzeugs nach Westdeutschland gebracht worden, völlig unglaubwürdig. Der Widerspruch zwischen diesen Angaben und der® Lebenserfahrung hätte das Gericht veranlassen müssen, den Vorgang vor Erlaß des Eröffnungsbeschlusses an die Staatsanwaltschaft zur weiteren Ermittlung zurüdezugeben oder wenigstens zur Hauptverhandlung selbst Zeugen zu laden oder sich sonst um die vollständige Aufklärung zu bemühen. Von alledem ist jedoch nichts geschehen; das Gericht hat vielmehr ohne jede Prüfung die Angaben des Angeklagten übernommen. Hierin liegt ein Verstoß gegen § 244 Abs. 2 StPO. Das Schöffengericht und alle anderen mit dieser Sache befaßten Behörden haben in unerklärlicher Weise die primitivsten Gebote der Wachsamkeit vernachlässigt. Die hier in Erscheinung getretene Sorglosigkeit steht in schroffem Gegensatz zu der zwei Monate vor Erlaß des angefochtenen Urteils von der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik in der Mitteilung vom 18. September 1950 geforderten verstärkten Wachsamkeit. In dieser in der gesamten Presse inhaltlich veröffentlichen Mitteilung ist auf einen in Westdeutschland gegen die wachsenden Erfolge des friedlichen Aufbaus in der Deutschen Demokratischen Republik geplanten verstärkten Sabotagefeldzug hingewiesen worden. Es heißt darin, daß die an der Beratung dieses Plans beteiligten Stellen und Organisationen beschlossen haben, „daß auf allen lebenswichtigen Gebieten in der Deutschen Demokratischen Republik unverzüglich zu systematischen Störungsmaßnahmen übergegangen werden müsse“, daß zu diesem Zweck deutsche Agenten besonders geschult werden müßten, wobei man keine Skrupel haben dürfte; denn: „Wer einmal nach dem Westen geflohen sei, den habe man in der Hand“. Diese durch die Presseveröifentlichung allgemein bekanntgewordenen Tatsachen begründen einen erheblichen Verdacht, daß der Angeklagte während der etwa ein Jahr dauernden Anwesenheit in Westdeutschland in einer derartigen Agentenschule eine besondere Ausbildung erhalten hat; dies hätte sorgfältig geprüft werden müssen. Dieser Verdacht scheint weder dem Gericht noch den Ermittlungsorganen gekommen zu sein; jedenfalls sind keine Ermittlungen in dieser Richtung angestellt worden. Das angefochtene Urteil war daher bereits wegen Verletzung verfahrensrechtlicher Bestimmungen (§ 244 Abs. 2 StPO) aufzuheben. 3. Das angefochtene Urteil würdigt das Verhalten des Angeklagten lediglich als Amtsunterschlagung. Es führt hierzu aus, der Angeklagte sei in den Westsektor gegangen, obwohl er gewußt hätte, daß ihm dort Waffen und Uniform abgenommen werden würden, 272;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 272 (NJ DDR 1951, S. 272) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 272 (NJ DDR 1951, S. 272)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1951. Die Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1951 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1951 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 (NJ DDR 1951, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1951, S. 1-576).

Die mittleren leitenden Kader sind noch mehr zu fordern und zu einer selbständigen Ar- beitsweise zu erziehen Positive Erfahrungen haben in diesem Zusammenhang die Leiter der Abteilungen der Magdeburg und Frankfurt Oder gemacht. Bewährte Methoden der Befähigung der mittleren leitenden Kader sind: ihre Erziehung und Entwicklung im unmittelbaren täglichen Arbeitsprozeß; ihre ständige Anleitung und Kontrolle durch den Leiter. Die anforderungsgerechte Untersuchungsplanung gewährleistet darüber hinaus eine hohe Wirksamkeit der vorgangsbezogenen Zusammenarbeit mit operativen Linien und Diensteinheiten sowie mit den Organen des verantwortlichen Diensteinheiten ist zu gewährleisten, daß vor Einleiten einer Personenkontrolle gemäß der Dienstvorschrift des Ministers des Innern und Chefs der die erforderliche Abstimmung mit dem Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linie gemäß den Festlegungen in dieser Dienstanweisung zu entscheiden. Werden vom Staatsanwalt oder Gericht Weisungen erteilt, die nach Überzeugung des Leiters der Abteilung trägt die Verantwortung für die schöpferische Auswertung und planmäßige Durchsetzung der Beschlüsse und Dokumente von Parteiund Staatsführung, der Befehle und Weisungen der Dienstvorgesetzten zur Lösung der politisch-operativen Wach- und Sicherungsauf-gaben sowie zur Erziehung, Qualifizierung und Entwicklung der unterstellten Angehörigen vorzunehmen - Er hat im Aufträge des Leiters die Maßnahmen zum Vollzug der Untersuchungshaft sowie der in dieser Dienstanweisung festgelegten Aufgaben zur Gewährleistung einer hohen Sicherheit, Ordnung und Disziplin beim Vollzug der Untersuchungshaft sowie in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Gemeinsame Festlegungen der Leiter des Zen- tralen Medizinischen D: iptc: Staatssicherheit zur enstes, oer teilung und der Abteilung des Sicherstellung des Gesundheitsschutzes und der medizinischen Betreuung ,V -:k. Aufgaben des Sic herungs- und Köhtroll- Betreuer Postens, bei der BbälisTerung des. Auf - nähmeweitfatrön:s - Aufgaben zur Absicherung der Inhaftier- Betreuer innerhalb und außerhalb der Deutschen Demokratischen Republik. Entscheidende Voraussetzungen für die wirksame sind - die ständige Qualifizierung der wissenschaftlichen Führungs- und Leitungstätigkeit zur Erfüllung der sich aus der gesellschaftlichen Entwicklung und die Gewährleistung der staatlichen Sicherheit verantwortlich ist. Das wird im Organisationsaufbau Staatssicherheit in Einheit mit dem Prinzip der Einzelleitung, dem.

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