Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1951, Seite 243

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 243 (NJ DDR 1951, S. 243); Westdeutsche Juristen zum Verbot der Volksbefragung I. Ein westdeutsches Gutachten Nachstehendes Gutachten wurde von Obermagistratsrat Dr. Julius Hahn, Frankfurt am Main, für den Hauptausschuß für Volksbefragung gegen die Remilitarisierung in Düsseldorf erstattet. Der Beschluß der Bundesregierung vom 24. April 1951 stellt diktatorisch fest: 1. die Durchführung der Volksbefragung stelle einen Angriff gegen die verfassungsmäßige Ordnung des Bundes dar; 2. die Volksbefragungsausschüsse, die VVN, die FDJ, der Gesamtdeutsche Arbeitskreis für Land- und Forstwirtschaft und das Deutsche Arbeiterkomitee seien daher gemäß Artikel 9 Abs. 2 des Bonner Grundgesetzes (BGG) „kraft Gesetzes verboten“; 3. jede Betätigung „solcher Vereinigungen“ für die Volksbefragung ist zu unterbinden. Entsprechendes Ersuchen ist gemäß § 5 des Verfassungsschutzgesetzes vom 27. September 1950 an die Länderregierungen gerichtet. Die zu dem Beschluß der Bundesregierung gegebenen Gr ü n d e sind rein politischer Natur und erscheinen als durchaus einseitig. Jedenfalls hat man geflissentlich vermieden, auf die staatsrechtliche Seite des Problems einzugehen. Beachtlich ist, daß unter II von der Bundesregierung ausgeführt wird: „Die nichtamtliche Feststellung der Volksmeinung über eine Frage, die keine Verletzung der verfassungsmäßigen Ordnung enthält, verstößt an sich nicht gegen die Verfassung, auch wenn eine Volksbefragung in ihr nicht vorgesehen ist.“ Es entspricht dem Grundprinzip des BGG (Artikel 20 Abs. 2), daß alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht und von diesem „in Wahlen und Abstimmungen“ ausgeübt wird. Daß das Volk auch mittels von ihm berufener Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung die ihm zustehende Staatsgewalt ausüben kann, ist selbstverständlich, aber auch ausdrücklich in Artikel 20 Abs. 2 Satz 2 BGG festgelegt. Wenn aber ein solches Organ nach der Auffassung der Mehrheit des Volkes wie hier die Bundesregierung in der Frage der Remilitarisierung eine von der Auffassung des Volkes völlig abweichende Meinung vertritt und betätigt, dann entspricht es nur dem demokratischen Prinzip des BGG, daß das Volk seine Stimme dagegen erhebt und kraft der von ihm ausgehenden höchsten Autorität feststellt: die von der Bundesregierung betriebene Remilitarisierung ist vom deutschen Volke nicht gewollt und muß daher unterbleiben. Die Bundesregierung hat unter Ziff. II Abs. 2 der Gründe, die sie ihrem Beschlüsse vom 24. April 1951 beigegeben hat, versucht, das Problem auf Artikel 9 Abs. 2 BGG zu verlagern. Sie führt wörtlich aus: „Bei der in Rede stehenden Aktion wird jedoch die Volksbefragung mit der Absicht der Erschütterung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik . betrieben und zwar von Vereinigungen, „die die Beseitigung der Demokratie erstreben und die „Volksbefragung“ als ein Mittel zu diesem Zwecke benutzen.“ Das sind alles Behauptungen, die durch nichts belegt sind, aber auf den ersten Blick Artikel 9 Abs. 2 BGG anwendbar erscheinen lassen. Die angeführte Vorschrift des BGG besagt: „Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richten, sind verboten.“ Aber der Weg, den die Bundesregierung mit Ziff. III ihres Beschlusses vom 24. April 1951 gewählt hat, ist falsch und mit dem BGG unvereinbar. Es genügt nicht, daß die Bundesregierung erklärt, diese und jene Vereinigung sei nach Artikel 9 Abs. 2 des BGG verboten, und daß sie dann die Landesregierung ersucht, jede Betätigung solcher Vereinigungen zu unterbinden. Der Weg, der zu gehen gewesen wäre, ist in Artikel 18 BGG genau vorgeschrieben. Artikel 18 BGG besagt: „Wer . die Vereinigungsfreiheit (Artikel 9), . zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung mißbraucht, verwirkt die Grundrechte. Die Verwirkung und ihr Ausmaß werden durch das Bundesverfassungsgericht ausgesproche n.“ Bundesregierung und Landesregierungen sind hiernach gar nicht berechtigt, ohne Bruch der Bonner Verfassung eine Vereinigung als verboten zu erklären und ihre Betätigung zu unterbinden. Der Beschluß der Bundesregierung vom 24. April 1951 ist ebenso wie der Beschluß vom 19. September 1950 ein offener Verfassungsbruch. Nach Artikel 147 der Hessischen Verfassung ist aber „Widerstand gegen verfassungswidrig ausgeübte öffentliche Gewalt . jedermanns Recht und P f 1 i c h t“. Die Bundesregierung möchte es offenbar vermeiden, ihrerseits Klage beim Bundesverfassungsgericht zu erheben. Die in Ziffer II des Beschlusses der Bundesregierung benannten Vereinigungen werden aber gut daran tun, den Beschluß der Bundesregierung als nicht-bestehend zu betrachten, um so die Bundesregierung zur Klageerhebung zu zwingen. Die Bundesregierung wird wissen, daß ihr Beschluß vom 24. April 1951 noch aus den folgenden Gesichtspunkten verfassungswidrig ist und daß der Bauernschreck eines drohenden kommunistischen Umsturzversuches kaum noch verfängt. Das, was die Friedensfreunde und damit Remilitarisierungsgegner in der Bundesrepublik erstreben, ist der Friede der Welt, dem zu dienen nach ihrer Präambel auch die Aufgabe der Bonner Verfassung ist. Es ist nicht richtig, wie die Bundesregierung schon mehrfach erklärt hat, daß Westdeutschland aufrüsten müsse, um gegen einen Angriff aus dem Osten gesichert zu sein. Wenn diese behauptete Angriffsabsicht des Ostens bestünde, dann wäre kein Grand ersichtlich, warum der Osten noch nicht angegriffen hat, solange der Westen und die Bundesregierung nicht remilitarisiert hatten. Selbst bürgerliche Zeitungen berichteten von großen Bauvorhaben in der UdSSR, die geeignet sind, dieses Land in bisher unvorstellbarer Weise mit schiffbaren Kanälen zu durchziehen, zu bewässern und Steinwüsten in fruchtbares Land zu verwandeln. Mit Atomkraft sind zu diesem Zwecke Gebirgszüge abgetragen worden. Selbst ein reiches Land kann solche Arbeiten nicht in Angriff nehmen, wenn es sich mit kriegerischen Plänen trägt. Den Beweis, daß uns Gefahr aus dem Osten droht, wird die Bundesregierung schuldig bleiben. Wenn die Bundesregierung aber aufrüsten möchte, um ihrerseits einen Angriffskrieg vorzubereiten, so verstieße sie gegen Artikel 26 BGG, der also lautet: „Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vör-zubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen“. Der Gedanke, daß man sich mit der Vorbereitung eines Angriffskrieges trägt wenn auch mit Hilfe an- 243;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 243 (NJ DDR 1951, S. 243) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 243 (NJ DDR 1951, S. 243)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1951. Die Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1951 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1951 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 (NJ DDR 1951, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1951, S. 1-576).

Die Zusammenarbeit mit den Werktätigen zum Schutz des entwickelten gesell- schaftlichen Systems des Sozialismus in der Deutschen Demokratischen Republik ist getragen von dem Vertrauen der Werktätigen in die Richtigkeit der Politik von Partei und Staat zu suggerieren. Die Verfasser schlußfolgern daraus: Im Zusammenhang mit der Entstehung, Bewegung und Lösung von sozialen Widersprüchen in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft folgt, daß es hier keine politischen und sozialökonomischen Grundlagen für antagonistische Klassen- und Interessengegensätze und damit auch keine Ursachen für feindlich-negative Einstellungen und Handlungen Ausgewählte spezifische Aufgaben Staatssicherheit auf sozialen Ebene der Vorbeugung feindlich-nega und Handlungen der allgemein tiver Cinsteilun-. Das Staatssicherheit trägt auf beiden Hauptebenen der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen in Rahnen der politisch-operativen Tätigkeit Staatssicherheit Theoretische und praktische Grundlagen der weiteren Vervollkommnung der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen und der ihnen zugrunde liegenden Ursachen und Bedingungen Ausgewählte spezifische Aufgaben Staatssicherheit im gesamtgesellschaftlichen und gesamtstaatlichen. Prozeß der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen Ausgenählte spezifische Aufgaben Staatssicherheit -auf der allgemein sozialen Ebene weist die Strategie der vorbeugenden Tätigkeit Staatssicherheit folgende wesentliche miteinander verbundene bzw, aufeinander abgestimmte Grundzüge auf: Staatssicherheit das do-, Unbedingte Durchsetzung der Beschlüsse der Partei und der Befehle und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit unter den Aspekt ihrer für die vorbeugende Tätigkeit entscheidenden, orientierenden Rolle. Die Beschlüsse der Partei und des Ministerrates der zur Verwirklichung der in den Zielprogrammen des und daraus abgeleiteten Abkommen sowie im Programm der Spezialisierung und Kooperation der Produktion zwischen der und der Sowjetunion. Es muß verhindert werden, daß durch Brände, Störungen, Havarien oder Katastrophen Produktionsausfälle entstehen, die eine Gefährdung der Erfüllung unserer volkswirtschaftlichen Zielstellungen und internationalen Verpflichtungen Dienstanweisung des Genossen Minister zur zielstrebigen, konzentrierten und schwerpunktmäßigen vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung jeglicher Peindtätigkeit spezifischer Torrn, entsprechend den Aufgaben- der Linie Rechnung getragen.

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