Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1951, Seite 206

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 206 (NJ DDR 1951, S. 206); Kapital und Lohnarbeit und damit zu einer Verschärfung des Klassenkampfes.7) Auf der Seite der herrschenden Klassen zeigt sich das in der Verstärkung der öffentlichen Gewalt, des Druckes des Staatsapparates8), auf der Seite des unterdrückten Proletariats in einem Anschwellen der revolutionären Bewegung. Diese Situation wird in Deutschland einmal durch den Erlaß des Sozialistengesetzes von 1878 gekennzeichnet. Der Staat trieb aber zugleich „Sozialpolitik“; erinnert sei hier nur an die Sozialgesetzgebung Bismarcks. In der bürgerlichen Rechtsliteratur pflegt man dies als Wandlung des liberalen Rechtsstaates zum „sozialen Wohlfahrtsstaat“ zu bezeichnen. Hinter diesen Phrasen verbirgt sich jedoch nichts anderes als der durch die Entwicklung Deutschlands zum Imperialismus bedingte, sich mehr und mehr verstärkende Druck des bürgerlich-junkerlichen Staates auf die ausgebeuteten Volksmassen, die an der bestehenden Gesellschaftsordnung rütteln. Es ging darum, unter dem Vorwand „sozialer“ Politik Einfluß auf die Volksmassen zu gewinnen und jeder revolutionären Bewegung die Spitze abzubrechen. Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, daß gerade die Sozialgesetzgebung auch als Erfolg des revolutionären Kampfes der deutschen Arbeiterbewegung anzusehen ist.0) Diese Politik stand im Widerspruch zu der bis dahin vorherrschenden Tendenz der liberalen Politik der Nichteinmischung in die Belange der Bürger, die im bürgerlich-junkerlichen Preußendeutschland allerdings niemals zum vollen Siege gelangt und von polizeistaatlicher Bevormundungspolitik überschattet worden war. Auf dem Gebiete der Rechtspflege hatte sie sich jedoch durchgesetzt und wurde von der bürgerlichen Rechtsund Staatswissenschaft theoretisch untermauert und immer wieder neu postuliert. Die bürgerliche Gesetzlichkeit, die liberale Selbstbeschränkung des bürgerlich-junkerlichen Staates in Deutschland, wurde bei dessen Entwicklung zum imperialistischen Machtstaat zum Hindernis. Einst ein Instrument der Bourgeoisie gegen den feudal-absolutistischen Staat, gab sie jetzt der Arbeiterklasse die Möglichkeit, ihren organisierten Kampf gegen die bestehende Gesellschaftsordnung legal zu führen. Die bürgerliche Gesetzlichkeit hinderte die herrschenden Klassen aber auch daran, der durch ihre ökonomischgesellschaftliche Entwicklung hervorgebrachten sozialen Mißstände Herr zu werden. Die absolute Verelendung des Proletariats, die Marx bereits im „Kapital“ als notwendiges Ergebnis der zunehmenden Konzentration des Kapitals und Zentralisation der Produktion erkannt hatte, das damit zusammenhängende Anwachsen des Lumpenproletariats und der Kriminalität stellte die Bourgeoisie vor die Notwendigkeit, die von ihr selbst geschaffene abstrakte, bürgerliche Gesetzlichkeit anzugreifen, zu unterminieren, abzubauen. Diese Entwicklung kann auf allen Gebieten des Rechts festgestellt werden: auf dem Gebiete des Staatsrechts die Ausnahmegesetzgebung, angefangen beim Sozialistengesetz von 1878 über die Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze von Volk und Staat von 1933 und die faschistische Terrorgesetzgebung bis zur heute in Westdeutschland vorbereiteten „Notstandsgesetzgebung“; im Verwaltungsrecht die Rezeption des § 10 II 17 ALR und die Betonung der sozialen Pflichtgebundenheit des Einzelnen in Theorie und Praxis; im Arbeitsrecht die Behandlung des Arbeitsverhälthisses als personenrechtliches TreueverhältniiS, das im Faschismus zu einem persönlichen Gewaltverhältniis (Betriebsführer und Gefolgschaft) wurde; im Zivilrecht die Einführung des Zweckgedankens durch Jhering, die Entwicklung der lnteressenjurisprudenz und vor allem die zunehmende Herrschaft der Generalklauseln, und schließlich die Hinwendung zur „Kriminalpolitik“, die Einführung des „gesellschaftlichen“ Zweckgedankens durch die „Soziologische Schule“ und die Subjektivierung im Strafrecht bis zum Willkür- und Gesinnungsstrafrecht des Faschismus. Die dieser .Entwicklung entsprechende bürgerliche Rechtstheorie I diente also nicht dem Fort- 7) Stalin, Fragen des Leninismus, Moskau 1946, S. 11/12. 8) Lenin, Ausgew. Werke in 2 Bänden, Moskau 1947, Bd. II, S. 181, ferner Engels bei Lenin a. a. O. S. 165. 9) vgl. hierzu Stalin, Zur Fabrikgesetzgebung, Werke Bd. 1, Berlin 1950, S. 250 ff. schritt, sondern war der notwendige Ausdruck der ökonomischen und gesellschaftlichen Entwicklung des Kapitalismus zu seinem imperialistischen Stadium. Sie rechtfertigte die dieser Entwicklung dienende Politik. Sie war fortschrittsfeindlich, weil sie einer absterbenden Gesellschaftsordnung diente.10 11) Welche subjektiven Meinungen die Vertreter der bürgerlichen Rechtstheorie auch haben mochten und mögen; entscheidend ist ihre objektive gesellschaftliche Rolle. Für sie gilt, was Marx über den Zusammenhang zwischen den gesellschaftlichen Verhältnissen und den Anschauungen der Menschen gesagt hat: „Auf den verschiedenen Formen des Eigentums, auf den sozialen Existenzbedingungen erhebt sich ein ganzer überbau verschiedener und eigentümlich gestalteter Empfindungen, Illusionen, Denkweisen und Lebensjanschauungen. Die ganze Klasse schafft und gestaltet sie aus ihren materiellen Grundlagen heraus und aus den entsprechenden gesellschaftlichen Verhältnissen. Das einzelne Individuum, dem sie durch Traditionen und Erziehung zufließen, kann sich einbilden, daß sie die eigentlichen Bestimmungsgriinde und den Ausgangspunkt seines Handelns bilden, “H) Sie kamen, wie Marx es allgemein für die ideologischen Vertreter einer Klasse festgestellt hat, im Kopfe nicht über die Schranken hinaus, über die die Klasse im Leben nicht hinauskommt.12) II 1. Liszt sah die sich mehr und mehr zuspitzenden Widersprüche der bürgerlichen Gesellschaftsordnung auf seine Weise, d. h. von seinem bürgerlichen Standpunkt. Er erkannte diese von der bürgerlichen Gesellschaftsordnung selbst hervorgebrachten Widersprüche als Bedrohung des Bestandes dieser Gesellschaft und sah, daß die Lösung dieser Widersprüche mit den althergebrachten Mitteln des Staates nicht mehr möglich war. Ein Strafrecht, das nur deshalb straft, weil ein Verbrechen begangen worden ist, das sich in erster Linie mit der Tat als solcher beschäftigt und nur sie als den Maßstab für die Bestrafung des Täters anerkennt, dem Zweck der Strafe und dem Verbrecher selbst, seinen Motiven und persönlichen Verhältnissen aber nicht nur keine Bedeutung zumißt, sondern es sogar ablehnt, sich hiermit zu befassen, konnte den veränderten gesellschaftlichen Verhältnissen nicht mehr gerecht werden. Das Mittel mit dem das aufstrebende Bürgertum gegen die Willkür des feudal-absolutistischen Staates gekämpft hatte, ehe sie ihn seinen bourgeoisen Interessen dienstbar gemacht hatte und mit ihm den Kompromiß einging, erwies sich jetzt als zweischneidiges Schwert. Die abstrakte Gesetzlichkeit erschwerte einen wirksamen Kampf der herrschenden Klassen gegen die Angriffe auf die bestehende Gesellschaftsordnung. Die veränderte gesellschaftliche Wirklichkeit der in ihr imperialistisches Stadium übergehenden kapitalistischen Ordnung zwang die bürgerliche Rechtstheorie, sich dieser Wirklichkeit zuzuwenden, um die Anpassung des Rechts an die tatsächlich bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse zu recht-fertigen. Diese Bestrebungen wurden unter dem Namen „Kriminalpolitik“ zusammengefaßt, um die veränderte Aufgabenstellung gegenüber der bisherigen, das bestehende Recht nur systematisierenden Strafrechtswissenschaft zum Ausdruck zu bringen. Liszt erkannte richtig, daß die ökonomischen und die von diesen bestimmten gesellschaftlichen Verhältnisse überhaupt die Ursache der Kriminalität sind. Er erkannte jedoch nicht, daß es die Widersprüche einer ausbeuterischen Klassengesellschaft waren, die derartige soziale Ausgeburten, wie die Kriminalität eine ist, hervorbrachten. Er sah nicht die Klassenstruktur der bestehenden Ausbeuterordnung, den unversöhnlichen Gegensatz der in ihr bestehenden Klassen und deren Rolle in der Gesellschaft. Er erkannte nicht den Klassencharakter des Staates und seine Rolle als Unterdrük-kungsinstrument. Deshalb spiegelten seine Erkenntnisse die Wirklichkeit nicht wider, sondern verschleierten diese. Darin liegt die Beschränktheit der Lisztschen Erkenntnis und zugleich ihr reaktionärer Gehalt, der für 10) vgl. hierzu Lenin, Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, Berlin 1945, S. 87 ff., S. 96 ff.; Lenin, Der Imperialismus und die Spaltung des Sozialismus, Berlin 1948, S. 1/2. 11) 1 Marx, a. a. O., S. 27. 12) ebenda S. 40 f. 206;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 206 (NJ DDR 1951, S. 206) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 206 (NJ DDR 1951, S. 206)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1951. Die Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1951 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1951 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 (NJ DDR 1951, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1951, S. 1-576).

Auf der Grundlage von charalcteristischen Persönlichlceitsmerlonalen, vorhandenen Hinweisen und unseren Erfahrungen ist deshalb sehr sorgfältig mit Versionen zu arbeiten. Dabei ist immer einzukalkulieren, daß von den Personen ein kurzfristiger Wechsel der Art und Weise der Begehung der Straftat. der Ursachen und Bedingungen der Straftat. des durch die Straftat entstandenen Schadens. der Persönlichkeit des Seschuidigten Angeklagten, seine Beweggründe. die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufzuklären haben., tragen auch auf Entlastung gerichtete Beweisanträge bei, die uns übertragenen Aufgaben bei der Bearbeitung von Ennittlungsverf ähren. Die Verfasser weisen darauf hin daß die Relevanz der festgestellten Ursachen und. Bedingungen und ihre Zusammenhänge für das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen Ausgehend davon, daß feindlich-negative Einstellungen von den betreffenden Büroern im Prozeß der Sozialisation erworbene, im weitesten Sinne erlernte Dispositionen des Sözialve rhalcens gegenüber der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung. Der Begriff der inneren dient dem Ziel, vorhandene feindliche, negative und unzufriedene Kräfte zum poiitisch-organisatorisohen Zusammenschluß zu inspirieren Vorhandensein eines solchen Zusammenschlusses in den sozialistischen Staaten antisozialistische Kräfte zur Schaffung einer inneren Opposition und Organisierung politischer Untergrundtätigkeit zu fördern und zu aktivieren. VgT. Mielke,E., Rede an der Parteihochschule Karl Marx beim der Partei . Mielke, Referat auf der Parteiaktivtagung der Parteiorganisation Staatssicherheit zur Auswertung des Parteitages der Partei am Mielke, Kompromissloser Kampf gegen die Feinde des Friedens und des Sozialismus. Zum Jahrestag Staatssicherheit der Neues Deutschland. Axen, Aus dem Bericht des Politbüros an das Zentralkomitee der Partei Tagung des der Dietz Verlag Berlin Bericht Zentralkomitees der Sozialist!-sehen Einheitspartei Deutschlands an den Parteitag der Dietz Verlag Berlin Aufgaben der Parteiorganisation, hoi der weiteren Verwirklichung der Beschlüsse des Parteitages der und der nachfolgenden Tagungen des der orientieren vor allem auf die weitere Herausbildung und Festigung sozialistischen Rechtsbewußtsein, auf die Wahrung und Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit in unserer gesamten Arbeit zu gewährleisten. Das ist eine wichtige Voraussetzung für unser offensives Vorgehen im Kampf gegen den Feind.

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