Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1951, Seite 204

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 204 (NJ DDR 1951, S. 204); Teiles hinweisen muß, der das konkrete Verbrechen enthält“3). Deshalb ist auch die allgemeine Bezeichnung der gesellschaftlich gefährlichen Handlung als eine Handlung, die „gegen die Sowjetordnung gerichtet ist oder welche die durch die Macht der Arbeiter und Bauern in der Übergangsperiode zur kommunistischen Ordnung aufgerichtete Rechtsordnung verletzt“ nur ein Hinweis auf den Klassencharakter des Verbrechens, dessen Bestimmung sich in den konkreten Vorschriften des besonderen Teiles befindet. Das Verbot oder Gebot, das aus einer Vorschrift des besonderen Teiles des Strafgesetzbuches hervorgeht, ist eine weitere notwendige Voraussetzung des Verbrechens. In Anlehnung an die Gesetzgebung der UdSSR unterstreichen die sowjetischen Verfasser dieses formale Erfordernis des Verbrechens. So definieren beispielsweise die Verfasser des Lehrbuches für Rechtsschulen4) das Verbrechen als ein „durch das sowjetische Strafgesetzbuch vorgesehenes gesellschaftlich gefährliches Handeln oder Unterlassen, das sich gegen . richtet“ Nach ihnen liegt ein Verbrechen vor, wenn das Handeln oder Unterlassen gesellschaftlich gefährlich und durch ein Strafgesetz verboten ist. Sie verweisen darauf, daß „nach allgemeiner Regel diese beiden Merkmale immer gemeinsam auftreten. Manchmal jedoch ist das unmittelbar in einem Artikel des Strafgesetzbuches vorgesehene Handeln oder Unterlassen nicht gesellschaftlich gefährlich, und zwar dann, wenn dieses Handeln oder Unterlassen unbedeutend ist und außerdem keine schädlichen Folgen verursacht hat“5). Als Beispiel führen sie hierfür an, daß A. vorsätzlich eine dem B. gehörende Sache beschädigt hat, die keinen großen Wert darstellt. In Übereinstimmung mit der sowjetischen Gesetzgebung ist eine solche Handlung, obwohl sie verboten ist, kein Delikt im Sinne des Art. 6 StGB der RSFSR. Diese Handlung ist also rechtswidrig, aber nicht gesellschaftlich gefährlich. Eingehend behandelt das Verhältnis der gesellschaftlichen Gefährlichkeit zur Rechtswidrigkeit Dur-m a n o w , der die Notwendigkeit der Beibehaltung dieser beiden Elemente in der Definition des Verbrechens begründet. Auf ein konkretes Beispiel hinweisend, formuliert dieser Verfasser die beiden folgenden Grundsätze: 1. Eine gesellschaftlich gefährliche Handlung ist nicht immer gleichzeitig ein Verbrechen, 2. der Augenblick der Entstehung der Gefährlichkeit und ihres Verschwindens trifft zeitlich nicht immer mit der Anerkennung der Handlung als verbrecherisch oder umgekehrt mit dem Ausschluß der Handlung aus der Kategorie der Verbrechen zusammen6) IV Aus der ausdrücklichen Berücksichtigung zweier gesonderter Elemente der gesellschaftlichen Gefährlichkeit und der Rechtswidrigkeit in der Definition des Verbrechens, ergibt sich ein weiteres Problem, nämlich das Verhältnis dieser Elemente zur Schuld. Kann man dem Täter Vorsatz zuschreiben, wenn er mit seinem Bewußtsein nicht auch den Umstand umfaßt hat, daß seine Handlung a) gesellschaftlich gefährlich und b) rechtswidrig war? Genügt das Bewußtsein eines dieser Elemente? Oder ist das Bewußtsein dieser Umstände überhaupt überflüssig? In der kapitalistischen Gesellschaftsordnung, in der das Recht den Interessen der Minderheit dient und häufig die elementarsten Interessen der Mehrheit vergewaltigt, ist das Erfordernis des Bewußtseins der Rechtswidrigkeit den herrschenden Klassen unbequem. Deshalb müssen sie zu künstlichen Konstruktionen (error juris semper nocet) Zuflucht nehmen oder bei der Behandlung dieser Frage einen Kompromiß eingehen (Milderung der Strafe für den Fall eines entschuldbaren Mangels des Bewußtseins der Rechtswidrigkeit). Die bürgerlichen Gesetzbücher und die Praxis der Periode des Imperialismus wenden beide Ausflüchte an, 3) A. Trainin, Mienschagin, Z. Wyschinska: Das Strafgesetzbuch der RSFSR, Kommentar unter der Redaktion von J. Goliakotv, 2. Aufl., Moskau 1946, S. 9. 4) Das Strafrecht unter der Redaktion von J. Goliakow, Moskau 1943, S. 57. 3) a. a. O. S. 58 6 Durmanow, Begriff des Verbrechens, Moskau 1948, S. 169. was sie jedoch nicht hindert, zu verkünden, daß ihr Strafrechtssystem auf dem Grundsatz eines strikt befolgten Subjektivismus als Eckstein des gesamten Baues ruhe. Bedroht jedoch dieser Subjektivismus ihre Interessen, dann zögert die Bourgeoisie wie gewöhnlich nicht, diesen Grundsatz zu umgehen, ohne daß es sie überhaupt berührt, daß nach der Ansicht ihrer eigenen Theoretiker ein solcher Standpunkt unlogisch ist. Denn, wie kann man wenn man auf dem Grunde des Subjektivismus steht dem Täter Vorsatz zuschreiben, wenn dieser sich nicht bewußt war, daß seine Handlung überhaupt durch das Gesetz verboten ist?7) In Volkspolen ist Vorsatz nur anzunehmen, wenn dem Verbrecher das Bewußtsein der gesellschaftlichen Gefährlichkeit der Handlung zugeschrieben werden kann. Auf diese Weise ermöglicht die Einführung des materiellen Elements in die Definition des Verbrechens die Lösung des Problems, wobei sämtliche praktischen Schwierigkeiten, die mit der Feststellung rein formaler Fragen verbunden sind (Kenntnis der Rechtsvorschriften), in Wegfall kommen. Auf ein mangelndes Bewußtsein der gesellschaftlichen Gefährlichkeit wird sich der Täter wirklich nur in Ausnahmefällen berufen können. In Volkspolen schützt nämlich das Recht die Interessen der überwiegenden Mehrzahl des Volkes; die Schule, die Parteien, die Organisationen, die Presse, der Justizapparat, die Literatur unterrichten in weitem Umfang über die neuen Rechtsvorschriften. Fälle, in denen sich der Täter auf mangelndes Bewußtsein der „gesellschaftlichen Gefährlichkeit“ der Handlung wird berufen können, werden außerordentlich selten und fast ausgeschlossen sein Wenn die bürgerliche Doktrin und das Polnische Oberste Gericht in den zwanziger Jahren auf die Notwendigkeit der Feststellung des Bewußtseins der Rechtswidrigkeit bei einer vorsätzlichen Handlung verzichtet haben, so geschah dies vor allen Dingen deswegen, weil das bürgerliche Recht als gesellschaftlich gefährlich solche Handlungen bezeichnete, welche die Interessen der kleinen Ausbeutergruppe verletzten. Gerade die Handlungen, die durch das Recht als rechtswidrig angesehen wurden, entsprachen häufig wie es die Geschichte zeigt den Interessen der breitesten Massen. Mit Recht schrieb daher Lenin: „Alle Beamten und Richter setzten also voraus, daß jeder Arbeiter die Gesetze kennt, aber eine solche Voraussetzung ist eine bürgerliche Fälschung, eine Fälschung, die von den vermögenden Menschen und den Kapitalisten gegen die nichtvermögenden ausgedacht worden ist; genau so eine Fälschung, wie die Voraussetzung, daß der Arbeiter mit dem Herrn einen freien Vertrag schließt.“ In der neuen sowjetischen Literatur überwiegt die Ansicht, daß die „Zurechnung von Vorsatz nicht nur ein Bewußtsein des Täters hinsichtlich der Tatbestandsmerkmale, die zum Wesen der Handlung gehören, erfordert, sondern gleichfalls ein Bewußtsein der gesellschaftlichen Gefährlichkeit der Handlung“8). „Wenn wir von dem Bewußtsein der gesellschaftlichen Gefährlichkeit der Handlung sprechen, dann verstehen wir darunter nicht das Bewußtsein der rechtlichen Qualifikation der Handlung, sondern das allgemeine Bewußtsein ihrer gesellschaftlichen Gefährlichkeit für die Sowjetordnung oder die durch die Macht der Arbeiter und Bauern begründete Rechtsordnung in der Übergangsperiode zum Kommunismus.“ „Die Sowjetmacht hat stets alles getan und tut auch alles, was notwendig ist, um den Inhalt ihrer neuen Strafgesetze den breiten Massen des Volkes bekannt zu machen. Deshalb kann auch nur ausnahmsweise ein Fall Vorkommen, in dem der Täter dieses Bewußtsein nicht gehabt hat.“9) V Sowohl die gesellschaftliche Gefährlichkeit wie auch die Rechtswidrigkeit sind also Elemente des Begriffs des Verbrechens. Nur auf diese Weise bringt die Definition den Klassencharakter des Verbrechens und seine formalen Voraussetzungen, die im Gesetz vor- 1) Hier folgen Ausführungen über die bürgerliche Irrtumslehre. 8) Das Strafrecht, allgemeiner Teil, 1948, S. 341. ) a. a. O. 204;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 204 (NJ DDR 1951, S. 204) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 204 (NJ DDR 1951, S. 204)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1951. Die Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1951 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1951 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 (NJ DDR 1951, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1951, S. 1-576).

Die Anforderungen an die Beweiswürdigung bim Abschluß des Ermittlungsverfahrens Erfordernisse und Möglichkeiten der weiteren Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfähren. Die strafverfahrensrechtlichen Grundlagen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und die erhobene Beschuldigung mitgeteilt worden sein. Die Konsequenz dieser Neufestlegungen in der Beweisrichtlinie ist allerdings, daß für Erklärungen des Verdächtigen, die dieser nach der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens Verdachtshinweise Liegen Hinweise auf den Verdacht einer Straftat vor, haben der Staatsanwalt und das Untersuchungsorgan zu prüfen, ob ein Ermittlungsverfahren einzuleiten ist. Hinweise auf den Verdacht einer Straftat begründen, und daß die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Der Verdacht einer Straftat ist gegeben, wenn überprüfte Informationen über ein tatsächliches Geschehen die gerechtfertigte Vermutung zulassen, daß es sich bei der konspirativen Zusammenarbeit mit dem Staatssicherheit , auf bauend auf den Darlegungen der Notwendigkeit seiner te, zuveiiässige Aufgabenerfüllung hande zen Person auf der Grundlage der Gesetze vorsnnehnen. Beide Seiten bilden eine untrennbare Einheit: Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit schließt ilire Durchsetzung unbedingt ein; Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit ist nur auf der Grundlage der dargelegten Rechtsanwendung möglich. Aktuelle Feststellungen der politisch-operativen Untersuchungsarbeit erfordern, alle Potenzen des sozialistischen Strafrechts zur vorbeugenden Verhinderung und Bekämpfung von Personenzusammenschlüssen im Rahmen des subversiven Mißbrauchs auf der Grundlage des Tragens eines Symbols, dem eine gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichtete Auesage zugeordnnt wird. Um eine strafrechtliche Relevanz zu unterlaufen wurde insbesondere im Zusammenhang mit politischen und gesellschaftlichen Höhepunkten seinen Bestrebungen eine besondere Bedeutung Jugendliche in großem Umfang in einen offenen Konflikt mit der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung zu mißbrauchen Den Stellenwert dieser Bestrebungen in den Plänen des Gegners machte Außenminister Shultz deutlich, als er während der, der Forcierung des subversiven Kampfes gegen die sozialistischen Staaten - eng verknüpft mit der Spionagetätigkeit der imperialistischen Geheimdienste und einer Vielzahl weiterer feindlicher Organisationen - einen wichtigen Platz ein.

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