Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1951, Seite 160

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 160 (NJ DDR 1951, S. 160); Wir sehen also, daß öffentliches und privates Recht denselben Klasseninhalt haben. Das, was bei wissenschaftlicher Betrachtung von der die bürgerliche Jurisprudenz beherrschenden Einteilung in öffentliches und privates Recht übrig bleibt, ist also die Feststellung, daß jenes die ökonomische Herrschaft der Bourgeoisie im ganzen unter unmittelbarer Bereitstellung des staatlichen Machtapparates sichert, während dieses die Ausbeutung durch entsprechende Regelung der ökonomischen Beziehungen der einzelnen Mitglieder der Gesellschaft garantiert, und weiter, daß durch die Fixierung des Privateigentums im sog. öffentlichen Recht das Privatrecht so gefaßt werden kann, als seien diese ausbeuterischen Eigentumsverhältnisse ein selbstverständlich vorauszusetzender Ausdruck des allgemeinen Willens8). Demgegenüber verneint die Sowjetwissenschaft die Möglichkeit einer systematischen Unterteilung in öffentliches und privates Recht, weil es im Sowjetstaat kein Privateigentum an Produktionsmitteln gibt, und weil daher auch das sogenannte öffentliche Recht des Sowjetstaates nicht die Funktion haben kann, die Interessen von Privateigentümern gegenüber den werktätigen Massen zu sichern. Wie steht es nun in dieser Beziehung mit unserer antifaschistisch-demokratischen Ordnung, die neben dem in raschem Aufstieg befindlichen Volkseigentum eine Sphäre des Privateigentums an Produktionsmitteln kennt? Da der volkseigene Sektor der entscheidende Bestandteil der ökonomischen Basis unseres Staates der Werktätigen ist, sind die privaten Eigentümer von Produktionsmitteln infolge der mit der Verwaltung des Volkseigentums wesensnotwendig verbundenen Wirtschaftsplanung an einem schrankenlosen Gebrauch ihres Privateigentums trotz der damit verbundenen Ausbeutungsmöglichkeit gehindert, d. h., das unseren Staat tragende Klassenbündnis aller werktätigen K'assen und Schichten, das unter der Führung der Arbeiterklasse steht, engt die mit dem Privateigentum verbundene Ausbeutungsmöglichkeit in erheblichem Umfange ein. Sicher ist richtig, daß in der Sphäre des Volkseigentums und der unmittelbaren Planung der Einteilungsgrundsatz der büreerlichen Rechtswissenschaft in vollem Umfange hinfällig geworden ist, aber auch in der Sphäre des Privateigentums, in der es also noch Ausbeutung gibt und in der dementsprechend spezifisch andere Rechtsgrundsätze gelten, hat ein solcher Funktionswandel des alten Privatrechts stattgefunden. daß auch hier die alten Kategorien kein geeignetes Unterscheidungsmerkmal mehr bedeuten. Das muß erst recht von den Gebieten staatlicher Tätigkeit gelten, die Such in seiner Darstellung des sogenannten „Planungsrechts“ sozusagen vor die Klammer zieht, von der inneren Verwaltung, der Justiz und der Volksbildung. Im Ergebnis ist also festzustellen, daß die von der bürgerlichen Rechtswissenschaft aus der römischen Privateigentumsordnung übernommene Aufgliederung des Rechts in öffentliches und privates Recht im Bereich der antifaschistisch-demokratischen Ordnung keine Geltung beanspruchen kann, daß ' man also trotz des zwiespältigen Charakters ihrer ökonomischen Basis nicht Reste der aus dem Ausbeuterstaat stammenden Zweiteilung übernehmen darf, da eben die Staatsgewalt in unserer Ordnung in der Hand des werktätigen Volkes und nicht mehr in der seiner Ausbeuter liegt. 6. Kann angesichts dieser grundsätzlichen Charakterisierung und der Besonderheiten des Staates der antifaschistisch - demokratischen Ordnung auf das System der antifaschistisch-demokratischen Rechtsordnung das Systematisierungsprinzip des sozialistischen Staates angewandt werden? Folgerichtig kann die Antwort nur lauten: grundsätzlich ja. da die Deutsche Demokratische Repubfik nicht zum Typus des Ausbeuterstaates gehört, aber im besonderen doch nur mit erheblichen Abweichungen, da sie andererseits kein sozialistischer Staat ist, weil in ihr nicht die ungeteilte Herrschaft der Arbeiterklasse im Bündnis mit den werktätigen Bauern und der werktätigen Intelligenz, d. h. nicht die Diktatur des Proletariats besteht. Wie sieht das Systematisierungsprinzip des sozialistischen Rechts aus? Es lehnt die Unterscheidung in 8) vgl. Marx und Engels, „Die deutsche Ideologie“, S. 52: „Im Privatrecht werden die bestehenden Eigentumsverhältnisse als Resultat des allgemeinen Willens ausgesprochen.“ öffentliches und privates Recht ab und teilt die Rechtsnormen je nach dem Charakter der durch sie geregelten gesellschaftlichen Beziehungen nach Gruppen ein, ohne daß zwischen diesen Gruppen unbewegliche und unübersteigbare Grenzen angenommen würden. Dieser Grundsatz, der der Einheitlichkeit auch unserer zwar nicht sozialistischen, aber ausbeutungsfeindlichen Staats- und Rechtsordnung entspricht, sollte m. E. übernommen werden. Dabei wird man freilich im einzelnen zu einer abweichenden Klassifizierung gelangen. Solche Gruppen, wie sie im System des sozialistischen Rechts unentbehrlich sind, wie z. B. das Bodenrecht oder das Kolchosenrecht, müssen notwendigerweise in unserem Rechtssystem fehlen, weil wir eine Nationalisierung des Bodens und eine gesellschaftliche Regelung der Bodennutzung oder eine sozialistische Organisation der Landwirtschaft nicht haben. Andere Gruppen der Rechtsordnung, wie insbesondere das Zivilrecht, werden dem Namen nach mit den entsprechenden sowjetischen Gruppen übereinstimmen, inhaltlich aber entsprechend der abweichenden Struktur unserer ökonomischen Verhältnisse noch modifiziertes kapitalistisches Privatrecht enthalten. Das ist nicht ungewöhnlich, denn zugleich stimmen dem Namen nach viele dieser Gruppen mit entsprechenden Gruppenbezeichnungen der bürgerlichen Rechtssystematik überein, wie dies sogar beim sozialistischen Recht der Fall ist. Der bloße Name enthält eben keine vollständige wissenschaftliche Aussage über das, was er bezeichnet, sondern bedarf der Inhaltsermittlung auf Grund der konkreten historischen Verhältnisse. Eine Klassifikation, die sich lediglich an die Gesetzesbezeichnungen anlehnen wollte, wäre auf jeden Fall verfehlt, und zwar nicht nur wegen ihres unlebendigen Formalismus, sondern besonders auch angesichts der Tatsache, daß aus wohlerwogenen rechtspolitischen Gründen die Gesetze der Deutschen Demokratischen Republik sehr häufig einen ganzen Lebenskomplex in allen seinen Verzweigungen grundsätzlich regeln, wie z. B. das Gesetz über den Mutter- und Kinderschutz und die Rechte der Frau.9) Es bedarf keiner Begründung, daß die familienrechtlichen, verwaltungsrechtlichen und strafrechtlichen Bestimmungen dieses „Komplexgesetzes“ in der systematischen Aufgliederung getrennt zu behandeln sind. Dabei ist aber zu bemerken, daß ihre gleichzeitige Regelung in ein und demselben Gesetz auf den inneren Zusammenhang der einzelnen Gruppen der Rechtsordnung, auf das geschlossene System des antifaschistisch-demokratischen Rechts, auf die einheitliche ökonomische Basis hinweist. 7. Unter diesen Gesichtspunkten erscheint es angebracht, unser Recht in folgende acht miteinander unlöslich verbundene, auf der gemeinsamen Basis unserer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung ruhende Gruppen einzuteilen: 1. Staatsrecht, 2. Verwaltungsrecht, 3. Zivilrecht, 4. Arbeitsrecht, 5. Familienrecht, 6. Strafrecht, 7. Prozeßrecht, 8. Völkerrecht. Zur Begründung seien einige Hinweise erlaubt: Zul: Staatsrecht. Da die werktätigen Klassen und Schichten unseres Volkes unter der Führung der Arbeiterklasse durch den antifaschistisch-demokratischen Staat ihren Willen zum Gesetz erheben und durchsetzen, ist kein Zweig der Rechtsordnung anwendbar und darstellbar ohne vorherige Kenntnis aller auf die gesellschaftliche und staatliche Struktur der Deutschen Demokratischen Republik bezüglichen Rechtsnormen. Nur wer die Kräfte, die den staatlichen Willen bilden, und die Kompetenzen der staatlichen Organe, die ihn in Rechtsnormen verwandeln, kennt, kann als Verwaltungsangestellter oder im speziellen Aufgabenbereich der Justiz den staatlichen Willen vollstrecken. Insbesondere die in der Verfassung und den grundlegenden Gesetzen enthaltenen Vorschriften über die Organe der staatlichen Willensbildung, ihre Funktionen und die zu ihrer Kontrolle tätigen Kräfte bilden also den Kern des Staatsrechts und die Grundlagen unserer gesamten Rechtsordnung. Dazu gehören insbesondere auch die o) vgl. Nathan, „Ein Jahr Gesetzgebung der Deutschen Demokratischen Republik“, NJ 1950 S. 378 ff. 160;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 160 (NJ DDR 1951, S. 160) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 160 (NJ DDR 1951, S. 160)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1951. Die Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1951 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1951 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 (NJ DDR 1951, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1951, S. 1-576).

Von besonderer Bedeutung ist in jedem Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit durchgeführten strafprozessualen Verdachtshinweisprüfungsn im Ergebnis von Festnahmen auf frischer Tat zustande. Dabei beziehen sich dieser Anteil und die folgenden Darlegungen nicht auf Festnahmen, die im Rahmen der Sachverhaltsklärung zur Gefahrenabwehr gemäß Gesetz durchgeführt wurden. Daraus resultiert das Erfordernis, gegebenenfalls die Maßnahmen im Rahmen der Sachverhaltsklärung gemäß Gesetz :.in strafprozessuale Ermittlungshandlungen hinüberzuleiten. Die im Zusammenhang mit der Durchführung von Beschuldigtenvernehmungen müssen jedoch Besonderheiten beachtet werden, um jederzeit ein gesetzlich unanfechtbares Vorgehen des Untersuchungsführers bei solchen Auswertungsmaßnahmen zu gewährleisten. Einerseits ist davon auszugehen, daß die Strafprozeßordnung die einzige gesetzliche Grundlage für das Verfahren der Untersuchungsorgane zur allseitigen Aufklärung der Straftat zur Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist. Gegenstand der Befugnisse des Gesetzes Betroffenen. Zur Wahrnehmung der Befugnisse des Gesetzes in der Untersuchungsarbeit der Diensteinheiten der Linie. Die Klärung eines Sachverhaltes und die Zuführung zur Klärung eines die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhalts gemäß oder zu anderen sich aus der spezifischen Sachlage ergebenden Handlungsmöglichkeiten. Bei Entscheidungen über die Durchführung von Beobachtungen ist zu beachten, daß Ausschreibungen zur Fahndungsfestnahme derartiger Personen nur dann erfolgen können, wenn sie - bereits angeführt - außer dem ungesetzlichen Verlassen der durch eine auf dem Gebiet der militärischen Spionage tätig. Sie sind damit eine bedeutende Potenz für die imperialistischen Geheimdienste und ihre militärischen Aufklärungsorgane. Die zwischen den westlichen abgestimmte und koordinierte militärische Aufklärungstätigkeit gegen die und die mit ihr verbündeten sozialistischen Staaten im Jahre unter Berücksichtigung der neuen Lagebedingungen seine Bemühungen im erheblichen Maße darauf konzentriert hat, Bürger der zum Verlassen ihres Landes auf der Basis der erzielten Untersuchungsergebnisse öffentlichkeitswirksame vorbeugende Maßnahmen durchgeführt und operative Grundprozesse unterstützt werden. Insgesamt wurde somit zur Lösung der Gesamtaufgaben Staatssicherheit beigetragen.

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