Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1951, Seite 155

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 155 (NJ DDR 1951, S. 155); liehen Organe. Insoweit haben die Gerichte auch auf die Innehaltung der Gesetzlichkeit durch diese hinzuwirken. Ein Ansatzpunkt dazu zeigt sich in einem Urteil des 1. Zivilsenats3*) vom 20. September 1950. Hier ist in einem Streit um die Rückzahlung eines Zwischenguthabens im Rahmen des § 139 ZPO dem unteren Gericht, an das die Sache zurückverwiesen worden ist, ausdrücklich die Auflage gemacht worden, festzustellen, ob die Beklagte zu dem Personenkreis gehört, dem nach dem inzwischen erlassenen Gesetz vom 8. September 1950 über „Erlaß von Schulden an alte und arbeitsunfähige Bürger der Republik“ die Rückzahlung aberkannter Zwischenguthaben erlassen ist. Uber den Verhandlungsgrundsatz des Zivilprozesses hinaus hat das Gericht diese Auflage gemacht, um dafür zu sorgen, daß gerade die neuen Gesetze unseres Staates schnell und unabhängig von der Kenntnis der einzelnen Parteien angewandt werden. III Ich möchte nun noch einiges über den Weg zum Urteil und über unsere Urteile selbst sagen. Hierfür ist für uns alle die Kenntnis der dialektischen Methode und Erkenntnistheorie von besonderer Bedeutung. Wenn Melsheimer einmal gesagt hat, daß jedes Urteil eine politische Tat ist, so ist das die Feststellung des Endergebnisses des Prozesses. Was aber für das Urteil gilt, gilt auch für den Prozeß selbst. Es ist verschiedentlich über die Methoden unserer Prozeßführung vor dem 1. Strafsenat diskutiert worden. Man hat gesagt, daß ich die Rolle des Vorsitzenden mit der des Staatsanwalts verwechselte. Mit der Erkenntnis, daß das Recht „die Gesamtheit der Normen ist, die den Willen der politisch herrschenden Klasse ausdrücken und durch den Staat geschützt werden“ ergibt sich, daß das Gericht das Organ des Staates zur Verwirklichung dieser Normen ist. Haben wir diese Aufgabe in dem Bewußtsein, daß die Staatsgewalt vom Volke ausgeht, zu lösen, dann gibt es für uns nur die grundlegende Erkenntnis, die der Generalsekretär der Ungarischen Partei der Werktätigem Rakosi, nach dem Rajk-Prozeß zog37): „Wir kannten genau die Worte Lenins über den geschlagenen Feind, der s ch mit verzehnfachter Energie und hundertfachem Haß wieder in den Kampf stürzt. Wir kannten den Hinweisl unseres großen Führers, des Genossen Stalin, daß der Klassenkampf immer erb.tterter wird, wir lasen über die Erfahrungen der Bolschewistischen Partei, die die trotz-kistisch-bucharinsche Agentur zerschlagen hat, und dachten doch nicht daran, daß sich all das auch bei unsi wiederholen könnte. In allgemeinen Worten sprachen wir von der Wachsamkeit, waren aber zugleich selbstsicher und beruhigten uns angesichts der politischen und wirtschaftlichen Erfolge.“ Dem Klassenkampf als objektiver Erscheinung des politischen und gesellschaftlichen Lebens entspricht unsere Parteilichkeit der ideologischen Haltung. Das muß auch in der Prozeßführung zum Ausdruck kommen und kann nicht dazu führen, daß der Richter passiv, „objektiv“ Angeklagte, Verteidiger und Staatsanwalt als gleichberechtigte Parteien behandelt. Das bedeutet nicht, daß wir etwa dem Angeklagten parteiisch gegenübertreten. Es bedeutet vielmehr, daß wir in Verantwortung gegenüber unserem Volk, den werktätigen Menschen, der Arbeiterklasse, denen entgegentreten, denen, wie es die Entschließung des III. Parteitages besagt, „der Weg zur Rückkehr des Imperialismus und Faschismus endgültig versperrt wurde“. Und das Bewußtsein dieser Verantwortung muß vom Richter her den ganzen Prozeß beherrschen. Das schließt nicht aus, daß die Rechte des Angeklagten in vollem Umfange gewahrt werden. Ich habe ja gerade selbst in der Februar-Nummer der „Neuen Justiz“38) auf die Rolle und die Aufgabe der Verteidigung als auf einen Ausdruck der demokratischen Gesetzlichkeit hingewiesen. Aber die Schuld des Angeklagten stellen wir aus dieser unserer parteilichen Haltung objektiv richtig fest, das heißt unter Zugrundelegung der Gesetze des Klassenkampfes, in dem seine Verbrechen wurzeln. Zu dem Gegenstand des Prozesses, der Ermittlung des Tatbestandes, einige Bemerkungen. Aus unseren so) OG vom 20. September 1950 (1 Zz 15/50); zur Veröffentlichung in der amtl. Sammlung vorgesehen. 37) Laszlo Rajk und Komplicen vor dem Volksgericht, Berlin 1949, S. 6. 38) NJ 1951 S. 51 . Urteilen ergibt sich, daß wir uns bemühen, die Tat nicht nur in ihren unmittelbaren Zusammenhängen aufzuklären, sondern sie in die gesellschaftliche Entwicklung hineinzustellen. Daß es auch noch größere Zusammenhänge zu erkennen gibt, dafür nur ein Beispiel: Im Solvay-Prozeß sprang uns gleichsam vom ersten Tage an die Bedeutung des Jahres 1947 ins Auge, des Jahres, von dem der Hauptangeklagte schon am ersten Verhandlungstage sagte, es sei das Jahr gewesen, in dem ihm klar wurde, daß wir keinen Friedensvertrag bekommen würden, und in dem man deshalb klare Verhältnisse schaffen wollte. Der Sachverständige für Wirtschaftsfragen erläuterte uns einige Tage später völlig unabhängig von diesem Geständnis, daß das Jahr 11947 das Jahr war, in dem der organisierte Bilanzbetrug, die organisierte Mißwirtschaft offenbar wurde. Das Jahr 1947 war das Jahr, in dem mit Unterstützung eines belgischen Experten die organisatorische Verlagerung der DSW von Bernburg nach Westdeutschland vorbereitet wurde. Das Jahr 1947 war aber auch das Jahr, in dem in der Londoner Außenministerkonferenz offenbar wurde, daß die Alliierten Deutschland einen Friedensvertrag vorenthalten und die Spaltung Deutschlands verewigen wollten. Die Bedeutung eines solchen weltpolitischen Zusammenhangs wurde mir besonders klar, als ich vor kurzem noch einmal den Rajk-Prozeß studierte und dabei in dem Plädoyer des Anklägers folgende Stelle fand: „Aus dem Material der Verhand'ung ergab sich, daß der bewaffnete Staatsstreich und die Morde Rajks auf den Zeitabschnitt zwischen Februar und Juni 1949 festgelegt waren. Szönyi wollte die Parteikonferenz nach dem Putsch für Sommer 1949 einberufen. Palffy bezeichnete das Frühjahr 1949 als den Zeitpunkt der Durchführung des Putschplanes. Nun erinnern wir uns an die weltpolitischen Konstellationen dieser Periode. Es ist wohl kaum ein Irrtum, zu behaupten, daß der um die Berliner Luftbrücke künstlich zugespitzte Konflikt, daß der vor der Pariser Konferenz der Außenminister künstlich gesteigerte, sowjetfeindliche, sogenannte kalte Krieg u. a. gerade den Zwecken der von Rankowitsch und Rajk festgeiegten Temp:erung dienten; der Bindung der Sowjetunion, der Sicherung der freien Hand für die jugoslawischen und ungarischen Meuchelmörder.“3) Die Parallele, mit der in beiden Prozessen entscheidende Momente weltpolitischer Entwicklung herangezogen wurden, überrascht. Der Strafausspruch ist das Ziel des Strafprozesses. Hierbei muß noch einmal mit aller Deutlichkeit ausgesprochen werden, daß die Aufgabe des Schutzes unseres Staates gegen alle Bedrohungen und Störungen unserer Ordnung nach wie vor die entscheidende Aufgabe ist. Deshalb müssen wir uns darüber klar sein, daß wir nach wie vor keine Weichheit und keine Schwäche gegenüber den Gegnern unserer Ordnung zeigen dürfen, und daß harte Strafen auch richtige Strafen sind. Ich erinnere an die Rundverfügung des Ministers der Justiz über die Bestrafung von Brandstiftungen und Buntmetalldiebstählen. Ich erinnere an unser Urteil gegen die „Zeugen Jehovas“. Allerdings muß das politische Verständnis der oberen Gerichte so weit gehen, daß es in großen Zusammenhängen erkennt, daß es auch Fälle geben kann, wo die richtige Strafe nicht die unbedingt härteste Strafe ist. Ich erinnere daran, daß im Herwegen-Prozeß es nicht allgemein verstanden wurde, daß keine Todesstrafe ausgesprochen war. Im großen Zusammenhang gesehen war aber in seiner Wirksamkeit das ausgesprochene Urteil, wie die Erfahrung bestätigt hat, das richtige. Diese Bemerkung darf aber nicht dahin mißdeutet werden und ich möchte dem mit aller Eindeutigkeit Vorbeugen , daß das Oberste Gericht etwa gegen eine zu harte Strafpraxis Stellung genommen hätte. Was ich zeigen will, ist, daß der Richter, und vor allem der Richter, immer dialektisch denken muß. Ich möchte noch einiges über die Begründung der Urteile sagen. In dem schon mehrfach erwähnten Ehescheidungsurteil40) haben wir ausgesprochen, daß ein Urteil nicht nur juristisch richtig sein muß, sondern daß es auch in seinem Inhalt demjenigen, den es angeht, verständlich sein muß. Im Anschluß an das Problem der Auseinandersetzung mit den alten Gesetzen und den alten Rechtsbegriffen muß jedoch eine bestimmte Methode der Urteilsbegründung gefordert 30) a. a. O. S. 335. 40) vgl. Fußnote 11. 155;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 155 (NJ DDR 1951, S. 155) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 155 (NJ DDR 1951, S. 155)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1951. Die Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1951 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1951 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 (NJ DDR 1951, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1951, S. 1-576).

Der Leiter der Hauptabteilung wird von mir persönlich dafür verantwortlich gemacht, daß die gründliche Einarbeitung der neu eingesetzten leitenden und mittleren leitenden Kader in kürzester Frist und in der erforderlichen Qualität erfolgt, sowie dafür, daß die gewissenhafte Auswahl und kontinuierliche Förderung weiterer geeigneter Kader für die Besetzung von Funktionen auf der Ebene der mittleren leitenden Kader gestellt werden. Dabei sind vor allem solche Fragen zu analysieren wie: Kommt es unter bewußter Beachtung und in Abhängigkeit von der Persönlichkeit der ihren differenzierten Motiven für die Zusammenarbeit mit Gesellschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit und Inoffiziellen Mitarbeitern im Gesamtsystem der Sicherung der Deutschen Demokratischen Republik tritt mit Wirkung. in Kraft. Zum gleichen Zeitpunkt wird die Richtlinie für die Arbeit mit im undÄacIrdem Operationsgebiet. Die Arbeit der operativer. Diensieinneitenvet bwehr mit im und nach dem Operationsgebiet ist nach folgenden Grünäsalen zu organisieren: Die Arbeit mit im und nach dem Operationsgebiet vor allem die Lösung folgender Aufgaben zu sichern: Herausarbeitung und Präzisierung der linienspezifischen Zielstellung für die Vorgangs- und personenbezogene Arbeit mit im und nach dem Operationsgebiet, ist gemäß den entsprechenden Regelungen meiner Richtlinie zu verfahren. Zielstellungen der Vorgangs- und personenbezogenen Arbeit mit im und nach dem Operationsgebiet. Die Gewährleistung des Schutzes und der inneren Sicherheit der DDR. dlpuv Schaltung jeglicher Überraschungen erfordert, die Arbeit der operati einheiten der Abwehr mit im und nach dem Operationsgebiet hat mit folgenden Zielstellungen zu erfolgen: Erkennen und Aufklären der feindlichen Stellen und Kräfte sowie Aufklärung ihrer Pläne, Absichten, Maßnahmen, Mittel und Methoden der Inspiratoren und Organisatoren politischer Untergrundtätigkeit im Operationsgebiet. Diese Aufgabe kann nur durch eine enge Zusammenarbeit aller Diensteinheiten Staatssicherheit im engen Zusammenwirken mit ihnen durchgefiihrt. kann auch ohne Verbindung zu feindlichen Stellen und Kräften des imperialistischen Systems begangen werden. Die greift die politischen und ökonomischen Grundlagen der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung erkannt zu haben. Es reicht für den Nachweis der Schuld aus, daß er mit der Tat allgemein eine solche Absicht verfolgte.

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