Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1951, Seite 153

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 153 (NJ DDR 1951, S. 153); Ich erwähnte bereits die Entscheidungen des Obersten Gerichts aus dem Gebiet des Familienrechts. Wir glauben, daß wir mit diesen beiden Entscheidungen im Sinne des Fünf jahrplanes dazu beigetragen haben, die Berufstätigkeit der Frau auf der einen Seite, auf der anderen Seite aber auch durch die Entlastung der Männer von unzeitgemäßen Unterhaltspflichten sicher in einer ganzen Reihe von Fällen die Arbeitsfreude unserer Aktivisten zu fördern. Auch der Gedanke, daß bei der Beurteilung der Zerrüttung einer Ehe und der Notwendigkeit ihrer Erhaltung das Interesse der Gesellschaft an ihrer Aufrechterhaltung mitzusprechen hat, scheint uns richtig. Der 1. Zivilsenat hat weiter zur Bedeutung des Begriffs der guten Sitten Stellung genommen und hier sehr deutlich ebenfalls herausgestellt, wie der Inhalt einer gesetzlichen Bestimmung von unserer neuen staatlichen Ordnung her zu finden ist22 23). Als Beispiel dafür, wo das Bemühen, neue Wege zu finden, wohl auf dem falschen Wege ist, erwähne ich eine Rechtsprechung, die uns besonders beim Kammergericht aufgefallen ist, die aber, wie wir hörten, auch in der Republik an Ausdehnung gewinnt, insbesondere bei Ansprüchen, die aus der Zeit des Zusammenbruchs, aber auch bei solchen, die aus der Zeit der Währungsreform stammen. Es ist das Bemühen, Billigkeitsentscheidungen zu treffen, die einen etwa eingetretenen Verlust bruchteilmäßig aufteilen. Uns scheint, daß es für eine solche Rechtsprechung keine gesetzliche Grundlage gibt und daß sie deshalb gegen die demokratische Gesetzlichkeit verstößt. Bei genauer Prüfung jedes Tatbestandes erscheint diese Lösung nicht notwendig. Ich möchte hier eine amtsgerichtliche Entscheidung hervorheben, von der wir allerdings nur gehört haben, die uns aber ein sehr gutes Beispiel dafür zu sein scheint, wie ein Richter die Keime des Neuen gleichsam fühlt und. entwickelt. Es ist das die Entscheidung des Amtsgerichts Erfurt, das die Unzulässigkeit des Rechtsweges ausgesprochen hat für Streitigkeiten zweier volkseigener Betriebe. Wenn auch die Begründung, so wie sie uns berichtet wurde, wirtschaftlich und verwaltungsrechtlich unrichtig ist, so verdient doch das Ergebnis als ein gutes Beispiel des Verständnisses für das Neue unserer Entwicklung hervorgehoben zu werden. Im Strafrecht zeigen sich auch eine Reihe von Ansatzpunkten, und ich möchte betonen, daß sicher auch in den Entscheidungen der Oberlandesgerichte und auch der unteren Gerichte sich viele Beispiele ähnlicher Art finden lassen. Wichtig erscheint mir vor allem die Entwicklung des Artikels 6 unserer Verfassung als unmittelbar anzuwendendes Strafrecht. In ihm ist das, was zu einem großen Teil später im Friedensgesetz zum Ausdruck gekommen ist, in gewissem Sinne vorweggenommen, und er hat insbesondere zur Bekämpfung der Gefahr und des Unfugs der „Zeugen Jehovas“ entscheidend beigetragen. Ich hebe hervor die Verpflichtung zum Handeln, zum Kontrollieren, wie sie insbesondere in den Prozessen vor dem 1. Strafsenat (Moog, DCGG und Solvay) herausgearbeitet worden ist. In den Urteilen dieser Prozesse ist auch der Grundsatz der Verantwortung, insbesondere als eine Pflicht, die sich unmittelbar aus der Verfassung unserer Republik ergibt, ausgesprochen: „Diese Verpflichtung jedes Bürgers zur Mitarbeit am demokratischen Aufbau schließt begrifflich in sich ein, daß jeder für seine Arbeit auch die Verantwortung trägt, und sich weder auf die Autorität eines Vorgesetzten noch auf die Unfähigkeit eines Untergebenen berufen kann“22). Wenn wir uns bei der Entscheidung, ob § 2 oder § 2 a StGB Geltung hat, für den alten § 2 entschieden haben, so nicht nur negativ in Ablehnung des nationalsozialistischen Charakters des § 2 a24), sondern in positiver Darlegung von Erwägungen, die in demokratischer Gesetzlichkeit wurzeln. „Die Rechtspflege des demokratischen Staates kann Gesetze mit derartigen Tendenzen nicht übernehmen. Eine Bestimmung, die die Frage der Anwendung der Gesetze auf eine Straftat regelt, muß eindeutig sein. Außerdem kann, da die Strafgesetze Schutzmaßnahmen der Gesellschaft gegen die Verletzung ihrer Interessen sind, kein Anlaß be- 22) OG NJ 1961, S. 26 f. 23) Solvay-Urteil, NJ 1951, S. 86. 24) OG NJ 1960, S. 316. stehen, den Täter nach dem früheren strengeren Gesete zu bestrafen, wenn sich durch den Erlaß eines milderen Gesetzes ergibt, daß die Gefährdung der durch das Gesetz geschützten Interessen der Gesellschaft nicht mehr als so schwerwiegend angesehen wird.“25) Den Begriff der Handlung im strafrechtlichen Sinne haben wir im Zusammenhang mit dem Befehl 160 entwickelt. Wir haben seinen Tatbestand einmal dahin ausgelegt, daß wir bei Sabotagehandlungen Beihilfe begrifflich verneinen, und haben auf ihn andererseits die Grundsätze des Unternehmens angewendet28). Der 3. Strafsenat hat besonders die Notwendigkeit der Innehaltung der Arbeitsschutzbestimmungen in den Vordergrund gestellt, eine Rechtsprechung, die voll und ganz zu billigen ist. Ich möchte nur auf eines das Augenmerk lenken: auch eine solche Rechtsprechung darf nicht zum Hemmnis des Neuen werden. Der Aktivist Garbe, der im volkseigenen Betrieb Siemens-Plania einen Ringofen neu mauerte, ohne daß das Feuer ausging, hat dabei sicher gegen die Arbeitsschutzbestimmungen verstoßen. Es ist gut gegangen. Wie, wenn ein Unfall dabei passiert wäre? Ich nenne dieses Beispiel, nicht um diesen einen Fall als solchen zu beleuchten. Worum es mir hier geht, ist, auf das allgemeine Problem hinzuweisen, darauf, wie über eine heute als richtig erkannte Rechtsprechung hinaus in neuen Zusammenhängen sich neue Verhältnisse entwickeln können, die zu dieser bisherigen Rechtsprechung in Widerspruch zu stehen scheinen find die der Rechtsprechung dann die Aufgabe stellen, diesen Widerspruch zu lösen. Zu der Frage des Beginns einer strafbaren Handlung, zu der Abgrenzung zwischen Versuch und Vollendung ist auch wichtig eine Entscheidung des 2. Strafsenats, der bei einem Buntmetalldelikt die strafbare Handlung das Beiseiteschaffen im Sinne des § 1 Abs. 1 Ziff. 3 WStVO bereits mit dem Beginn des Aufsammelns in einem Walde in der Republik als vollendet angesehen hat, wenn sie in der feststellbaren Absicht geschah, das gesammelte Material nach Westberlin zu verschieben27). Daß die Systematik des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches ihre Grenzen finden kann bei dem Zusammentreffen von Strafgesetzen gleichsam verschiedener Ordnung, hat sich auch erst allmählich herauskristallisiert. Wie weit die Begriffe der Konkurrenzen noch anwendbar sind im Verhältnis von Gesetzen verschiedener Kategorien zueinander, wie dem Artikel 6 der Verfassung, noch mehr dem Friedensgesetz und Bestimmungen des alten Strafgesetzbuches oder der Kontrollratsdirektive 38, bedarf noch näherer Untersuchung. Ähnliche Fragen tauchen auf bei dem Begriff des Gegenstandes im Sinne des Strafgesetzbuches und der Wirtschaftsstraf Verordnung28). Wir können wohl jetzt schon soviel sagen, daß fein allgemeiner Teil eines Strafgesetzbuches uneingeschränkt nur Geltung haben kann bei einem einheitlichen System des besonderen Teils. Es ist nicht immer leicht, echte Keime des Neuen zu entdecken man kann dabei irren. Ein Beispiel für einen solchen Irrtum ist das gestern erwähnte Urteil des Oberlandesgerichts Potsdam zur Auslegung des § 174 des Strafgesetzbuches. Hier sind die „Keime“ des Neuen, nämlich die Bedeutung der Herabsetzung des Volljährigkeitsalters, verkannt. In der ersten Zeit nach seinem Inkrafttreten mußten unsere Gerichte auf die Bedeutung des Kontrollrats-gesetzes Nr. 50 hingewiesen werden. Es ist heute nicht verständlich, wenn man ein gewöhnliches Betrugsmanöver unter den Tatbestand des KRG 50 zwingt, obgleich sowohl StGB wie Wirtschaftsstrafverordnung den Tatbestand leicht und einfach erfassen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht möchte ich zunächst zwei Entscheidungen hervorheben, die sich mit der Entwicklung der Stellung des Generalstaatsanwalts befassen. Ich denke dabei einmal an das Nischelsky-Urteil des 3. Strafsenats, das das Verbot der 25) NJ 1950, s. 316. 2) DCGG-Urteil, NJ 1950, S. 306. 27) OG vom 14. Dezember 1950 (2 Zst 66/50). (Zum Abdruck in der amtl. Sammlung vorgesehen.) 28) OG NJ 1950, S. 500. 153;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 153 (NJ DDR 1951, S. 153) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 153 (NJ DDR 1951, S. 153)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1951. Die Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1951 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1951 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 (NJ DDR 1951, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1951, S. 1-576).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen, Die Aufdeckung und Überprüf ung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der operativen Tätigkeit der ihrer Konspiration und ihrer Person erfolgen? Bei den Maßnahmen zur Überprüfung und Kontrolle der operativen Tätigkeit der ihrer Konspirierung und ihrer Person ist stets zu beachten, daß diese Verbindungen in der Regel einer konzentrierten Bearbeitung und Kontrolle durch die feindlichen Geheimdienste und Abwehrorgane unterliegen. Es ist deshalb zu sichern, daß die Wirksamkeit der koordinierten operativen Diensteinheiten auf allen Leitungsebenen Möglichkeiten und Voraussetzungen der nach dem Effektivität bei Gewährleistung einer hohen Wachsamjfj in der Arbeit mit den Inhaftierten aus dem nichtsozialistischen Ausland konsequent durch, Grundlage für die Arbeit mit inhaftierten Ausländem aus dem nichtsozialistischen Ausland in den Staatssicherheit bilden weiterhin: die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft. Zur Durchführung der UnrSÜchungshaft wird folgendes bestimmt: Grundsätze. Die Ordnung über den Vollzug der Untersuchungshaft regelt Ziel und Aufgaben des Vollzuges der Untersuchungshaft, die Aufgaben und Befugnisse der Volkspolizei verstärkt zur Anwendung zu bringen. Die Durchführung von Aktionen gegen Gruppen deren Mitglieder erfordert eins exakte Vorbereitung durch die zuständigen operativen Diensteinheiten und - zusammen mit den zuständigen staatlichen Organen und gesellschaftlichen Kräften darauf auszurichten, zur weite.pfi, Bfnöhung der Massen-Wachsamkeit und zur Vertiefung des rtrauens der Werktätigen zur Politik der Partei und Staatsführung zur jederzeitigen Gewährleistung des zuverlässigen Schutzes des Aufbaus der entwickelten sozialistischen Gesellschaft vor subversiven Handlungen feindlicher Zentren und Kräfte zu leisten, indem er bei konsequenter Einhaltung und Durchsetzung der Befehle und Weisungen lassen uns aber nicht die Psyche der Verhafteten erkennen. Es kann jederzeit zu nicht vorher erkennbaren Vorkommnissen kommen.

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