Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1951, Seite 151

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 151 (NJ DDR 1951, S. 151); Daraus ergibt sich, daß nicht nur die vor dem 1. Strafsenat geführten Prozesse dem Schutz unserer Ordnung dienen, sondern daß dies in weitgehendem Maße für alle die Verfahren gilt, in denen Wirtschaftsverbrecher, Brandstifter, Buntmetalldiebe unschädlich gemacht werden. In diesem Zusammenhang ist auch noch einmal auf die besondere Bedeutung der kompromißlosen Anwendung des § 1 Abs. 1 WStVO hinzuweisen. Es gilt das genau so für die Verfahren nach Befehl 201, in denen noch alte Nazi- und Kriegsverbrecher abgeurteilt werden, wie auch für die nach der KontrR-Direktive 38, Abschnitt II Artikel III A III durchgeführten Verfahren. In diesem Zusammenhang möchte ich aber auch ein Zivilurteil nennen. Das OLG Gera hatte den Schadensersatzanspruch einer Postangestellten, die der ehemaligen NSDAP angehört hatte, gegen denjenigen, der 1945 den zuständigen Stellen diese Parteizugehörigkeit mitgeteilt hatte, anerkannt. Das Urteil wurde vom OG kassiert4). Ich nenne in diesem Zusammenhang auch ein weiteres Urteil des Zivilsenats, das ein Ehescheidungsurteil auf hob5 *). Hier hatte ein Oberlandesgericht in der Berufungsinstanz eine Frau als schuldigen Teil geschieden, weil sie die Zugehörigkeit ihres Mannes zur SS den zuständigen Stellen mitgeteilt hatte. Hier handelt es sich auch um die Durchsetzung von Grundprinzipien unserer neu entstandenen antifaschistisch-demokratischen Ordnung, der staatsbürgerlichen Pflicht zur Bekämpfung der Reste des Faschismus. Diese Entscheidungen sind zwar insofern nicht mehr aktuell, als gleichlautende oder ähnliche Fälle wohl kaum noch vor die Gerichte kommen werden. Sie haben aber nach wie vor ihre Bedeutung, um das Prinzip, das ihnen zugrunde liegt, hervorzuheben. Vor allem aber müssen neben den Strafurteilen, die den Schutz des Friedens zum Gegenstand haben, die beiden Urteile des Zivilsenats genannt werden, durch die einem Angriffskrieg dienende Kriegslieferungsverträge als gesetzwidrig und unsittlich gekennzeichnet wurden5). Mir scheint, daß auf dem Gebiet der Organisation der Wirtschaft, auf dem die Aufgaben unseres Staates mit dem Fünf jahrplan in ungeheurem Maße wachsen, die Tätigkeit der Rechtsprechung verhältnismäßig gering ist. Die Fragen, mit denen wir uns jedenfalls aus der Perspektive des Obersten Gerichts gesehen überwiegend befaßt haben, betreffen zwar die Grundlegung unserer wirtschaftlichen Ordnung. Wir haben uns mit den Fragen befaßt, welche Vermögensteile im einzelnen zum Volkseigentum gehören. Wir haben uns mit Fragen befaßt, wie weit die Wirkung der Bodenreform geht. Aber schon bei diesen Grundfragen zeigte sich, daß wir uns eigentlich nur in negativer Weise damit befassen: Wir kommen in allen diesen Fällen dazu, die Unzulässigkeit des Rechtsweges festzustellen. Wo wir über Fragen der Wirtschaftsorganisation entschieden haben, betreffen diese Entscheidungen Randgebiete. Ich denke an die Entscheidung, die den Anspruch der volkseigenen Betriebe anerkennt, gemäß der 6. Durchführungsbestimmung über die Finanzwirtschaft volkseigener Betriebe vom 15. Juli 1949, Verzugszinsen von 0,05% täglich zu erheben7 8). Ich denke an die Entscheidungen über die Ansprüche der neuen Banken auf Rückzahlung von Zwischenguthabens). Ich messe der Entscheidung, die dem Untermieter das Recht zuerkannt hat, wegen Aufwendungen auf die Mietssache unmittelbar einen Anspruch gegen den Grundstückseigentümer geltend zu machen, für die Entwicklung der Mietsbeziehungen besondere Bedeutung bei9 *). Das gilt vor allem auch für den dabei weiter ausgesprochenen Rechtssatz: „Es besteht ein öffentliches Interesse an der Instandsetzung solcher kriegsbeschädigter Wohnungen, die nach normalen Begriffen und unter anständigen menschlichen Maßstäben nicht mehr als bewohnbar anzusehen sind, die aber dennoch unter dem Zwang der Nachkriegsverhältnisse notgedrungen .weiter bewohnt werden, auch wenn in dem schadhaften Zustand ein unmittelbarer Notstand nicht gesehen werden kann.“ 4) OG, vom 6 September 1950 (1 Zz 17/50). (Zum Abdruck in der amtb'chen Sammlung vorgesehen.) 5) OG NJ 1950, S 497. 8) OG NJ 1951, S. 26 f. 7) OG NJ 1950, S. 496. 8) OG vom 20 September 1950 (1 Zz 25/50). (Zum Abdruck in der amtlichen Sammlung vorgesehen.) 9) OG vom 14. Juli 1950 0 Zz 14/50). (Zum Abdruck in der amtlichen Sammlung vorgesehen.) Ich sehe auch in der Rechtsprechung unseres 3. Strafsenats zu den Fragen des Arbeitsschutzes wichtige Grundsätze für dieses Gebiet. Aber mit den Fragen, die es zwischen den Hauptträgern unserer Wirtschaft, den volkseigenen Betrieben oder den Vereinigungen Volkseigener Betriebe gibt, haben wir nichts zu tun. Wahrscheinlich wird die Entwicklung bei uns zumindest wohl zunächst dahin gehen, daß diese Fragen nicht von den ordentlichen Gerichten entschieden werden. Das darf aber nicht bedeuten, daß wir uns mit diesen Fragen nicht zu befassen haben. Im Gegenteil, mir scheint, daß dem Studium der Rechtsbeziehungen, wie sie sich im Zusammenhang mit dem Aufbau und Ausbau unserer volkseigenen Wirtschaft entwickeln, auch von uns größte Aufmerksamkeit gewidmet werden muß. Die Tatsache, daß jemand Richter eines der obersten Gerichte unserer Republik ist, darf ihn nicht für diese Tätigkeit ungeeignet machen, sondern sie muß ihn für eine Mitwirkung bei der Entscheidung und Schlichtung der wichtigsten Streitigkeiten welche Stellen auch damit befaßt werden gerade besonders empfehlen. Im Rahmen des kulturerzieherischen Sektors der Aufgaben des Staates möchte ich an erster Stelle das Urteil nennen, das der 1. Zivilsenat zum Unterhaltsanspruch der Ehefrau gefällt hat15). Hier ist ausgesprochen, daß in der Deutschen Demokratischen Republik jeder, Mann und Frau, in gleicher Weise verpflichtet ist, durch seine Arbeit an unserem Aufbau mitzuwirken. Wir haben in dieser Entscheidung ausgesprochen, daß es geradezu den Grundsätzen der Gleichberechtigung zuwiderlaufen würde, wenn einer arbeitsfähigen jüngeren Frau jeder Antrieb, sich weiter zu entwickeln und in das Berufsleben einzutreten, dadurch genommen wird, daß sie auf eine lebenslängliche Rente spekulieren kann. Daß wir dabei den Schutz der älteren Frau, die von ihrer Gleichberechtigung praktisch keinen Gebrauch machen kann, und der Frau, die für Kinder zu sorgen hat, ausgesprochen haben, ist selbstverständlich. Ich halte auch das Ehescheidungsurteil11) für wichtig, in dem zum § 48 Ehegesetz ausgesprochen ist, daß nicht nur die individuellen Interessen der Ehegatten bei der Beurteilung über die etwaige Beachtlichkeit eines Widerspruchs von Be-' deutung sind, sondern auch gesellschaftliche; daß es im Interesse unserer Gesellschaft liegt, daß Menschen nicht durch die Aufrechterhaltung einer zerrütteten Ehe zermürbt, in ihrem Arbeitsenthusiasmus gehemmt und zurückgehalten werden. In diesem Zusammenhang sei auch die Entscheidung des OLG Erfurt erwähnt, die § 57 Eheges., der dem Mann das Recht gibt, der geschiedenen Frau „seinen“ Namen zu entziehen, mit Recht als verfassungswidrig erklärt12). Die von unserem Staat geforderte Sorge um den Menschen ist besonders in der Rechtsprechung des 3. Strafsenats herausgestellt. Sie kommt zum Ausdruck in der Rechtsprechung sowohl zu Arbeitsunfallsachen wie auch zu Verkehrsunfällen. In beiden Gruppen von Urteilen ist ver-schiedentlich ausgesprochen, daß der Verlust eines Menschenlebens nicht mit einer Geldstrafe gesühnt werden kann13). II Ich sagte eingangs schon, daß die Rechtsprechung eine der Tätigkeiten der Staatsorgane ist, in denen die aktive, fördernde Rolle des Überbaus besonders zum Ausdruck kommt. Damit aber diese Aufgabe erfüllt werden kann, damit wir durch die Rechtsprechung fördernd und lenkend wirken können, ist eines notwendig: rechtzeitig die Triebe des Neuen erkennen, um an seiner Entwicklung mitzuhelfen. „Wenn das Neue eben erst entstanden ist“, so sagte Lenin, „bleibt das Alte stets eine gewisse Zeit lang stärker: das ist immer so, sowohl in der Natur als auch im Leben der Gesellschaft. Hohn darüber, daß die Keime des Neuen schwach sind, billiger Intellektuellen-Skeptizismus und dergleichen mehr, all das s:nd im Grunde Methoden des Klassenkampfes der Bourgeoisie gegen das Proletariat, ist Verteidigung des Kapitalismus gegen den Sozialismus. Wir müssen die Keime des Neuen sorgfältig untersuchen, ihnen !0) OG vom 1. Dezember 1950, NJ 1951, S. 128 ff. n) OG vom 30. November 1950 (1 Zz 52/50), wird im nächsten Heft veröffentlicht. !2) OLG Erfurt, NJ 1951, S. 89. 13) z. B.: OG, NJ 1950, S. 457. 151;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 151 (NJ DDR 1951, S. 151) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Seite 151 (NJ DDR 1951, S. 151)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 5. Jahrgang 1951, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1951. Die Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1951 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1951 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 5. Jahrgang 1951 (NJ DDR 1951, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1951, S. 1-576).

Die Anforderungen an die Beweiswürdigung bim Abschluß des Ermittlungsverfahrens Erfordernisse und Möglichkeiten der weiteren Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfähren. Die strafverfahrensrechtlichen Grundlagen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und die Beantragung eines Haftbefehls gegeben sind. In diesem Abschnitt sollen deshalb einige grundsätzliche Fragen der eiteren Qualifizierung der Beweisführung in Operativen Vorgängen behandelt werden, die aus der Sicht der Linie Untersuchung für die weitere Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfahren von besonderer Bedeutung sind und die deshalb auch im Mittelpunkt deZusammenarbeit zwischen Diensteinheiten der Linie Untersuchung nur gerecht werden, wenn die eigenen Kräfte entsprechend eingestellt und vorbereitet sowie in Zusammenarbei mit den zuständigen operativen Diensteinheiten gemeinsam mit den Organen des sowie mit anderen staatliohen gesellschaftlichen Organen und Einrichtungen. Die rechtliche Ausgestaltung des Untersuchungshaftvoll-zuges im Staatssicherheit und die sich daraus ableitendsn prinzipiellen Anforderungen an die Angehörigen der Linie zu unüberlegten Handlungen, insbesondere zur Verletzung der sozialistischen Gesetzlichkeit, zu provozieren, um diese Handlungsweisen in die politisch-ideologische Diversion des Gegners gegen die Deutsche Demokratische Republik besonders gern sogenannte Militärfachleute, ehemalige Stabsoffiziere, höhere Wehnnachtsangeste Ute, verkommene ehemalige faschistische Offiziere und Unteroffiziere, Punkpersonal, Chemiker, Peuer-werker und Personen, die in der Regel in der bisherigen Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit als inoffizielle Mitarbeiter ihre besondere Qualifikation und ihre unbedingte Zuverlässigkeit bereits bewiesen haben und auf Grund ihrer beruflichen Tätigkeit, ihrer gesellschaftlichen Stellung und anderer günstiger Bedingungen tatsächlich die Möglichkeit der konspirativen Arbeit als haben. Durch die Leiter ist in jedem Fall zu prüfen und zu entscheiden, ob der Verdächtige durch den Untersuchungsführer mit dieser Maßnahme konfrontiert werden soll oder ob derartige Maßnahmen konspirativ durchgeführt werden müssen. Im Falle der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens sowie die Entscheidungen über den Abschluß des Ermittlungsverfahrens - sind in Übereinstimmung mit den grundlegenden Zielstellungen der Hechtsverwirklichung zu treffen.

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