Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1950, Seite 71

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 71 (NJ DDR 1950, S. 71); ist, als ein Teil des Kampfes um die Durchsetzung des politischen Willens des Volkes gegenüber der sie bedrückenden Staatsgewalt, daß das Recht, wie Karl Marx in seiner „Kritik des Gothaer Programms“ darlegt, „nie höher sein kann als die ökonomische Gestaltung und dadurch bedingte Kulturentwicklung der Gesellschaft“, von all dem will Schmidt nichts wissen. Für ihn, der nicht erkennt, daß es auch im Recht nichts Endgültiges gibt, bleibt die unverrückbare „Rechtsidee“ die „große geistige Macht der Menschheit“, deren Erkennen allein den wirklichen Juristen ausmacht. Gerade diesen Juristen aber will das erwachte Volk nicht mehr. Die Arbeiterklasse als Kämpfer für eine wahre Demokratie und als einziger Garant einer wirklichen Demokratie, und mit ihr alle fortschrittlichen Menschen in Ost und West, sie wollen Juristen Richter, Staatsanwälte, Rechtsanwälte , die den Kampf des Volkes um sein Recht als Teil des Kampfes um eine bessere Zukunft der Menschheit erkennen und ihren Platz in den Reihen der Kämpfer haben. Und weiter: Wie steht es in Wahrheit um jene von Schmidt so gepriesenen akademischen Berufsjuristen, jene Gralshüter, die in Niederbruchzeiten die „Flamme des Rechts gehütet“ haben? Die Darlegungen Schmidts müssen Empörung auslösen bei allen wirklichen Kennern der Geschichte der deutschen Justiz, insbesondere bei jenen, die die Nazi-Justiz gekannt oder gar am eigenen Leibe gespürt haben. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt das maßlose Unrecht auf, das die deutsche Justiz als Instrument des deutschen Machtstaats dem Volk und denen getan hat, die für das Volk handelten: den Kämpfern von 1848, den Kämpfern unter dem Sozialistengesetz, den Kämpfern für Demokratie und Fortschritt in den Zeiten der Weimarer Republik. Sind all jene „Hochverrats-“ und „Landesverrats-“ und „Landfriedensbruchs-“Prozesse vergessen, die in Wahrheit nichts anderes waren als Prozesse, mit denen Kommunisten, fortschrittliche Menschen, Demokraten auf ewig oder zum mindesten auf Zeit zum Schweigen gebracht werden sollten? Das Volk hat sie nicht vergessen. Es wird auch nie vergessen, daß diese von Schmidt so gepriesenen Berufsjuristen durch ihre „Rechtsprechung“ dem Unrechtstaat Hitlers den Weg ebneten, der Gewalt, der Gemeinheit, der Brutalität, der Unmenschlichkeit. Die Schamröte aber steigt dem demokratischen Juristen, die Zornesröte dem Mann aus dem Volk ins Gesicht, wenn er bei Schmidt liest, daß selbst in den „tausend Jahren“ deutscher Nazischmach der deutsche Jurist in „stillem Heldentum“ der Macht der Finsternis getrotzt habe. Schmidt zitiert aus den Protokollen der Konstanzer Juristentage vom Juni 1947 die Ausführungen, mit denen der Justizminister Sträter „die Angriffe Mels-heimers abgewehrt“ habe, ohne vom Inhalt dieser „Angriffe“ auch nur ein Wort verlauten zu lassen. Ich erinnere mich jener Situation in Konstanz, als sei es gestern gewesen. Als ich dort vor Hunderten von deutschen Juristen aus den Westzonen in der 3. Sitzung über die Anwendung des KRG Nr. 10 in der Ostzone sprach, wo nach radikaler Entfernung aller nazistischen Elemente aus der Justiz eine einwandfreie Rechtsprechung gegen die Nazi Verbrecher gewährleistet sei, und als ich die Tatsache, daß man im Westen bei der Anwendung dieses Gesetzes nicht oder doch nur äußerst schwer über die aus dem Grundsatz nulla poena sine lege fließenden „juristischen Gewissensbedenken“ hinwegkomme, auf die mangelhafte Entnazifizierung in den Westzonen zurückführte, da brach der erste Sturm los: Man verteidigte mit großer Heftigkeit die im Westen zur Reinigung der Justiz angewandte Methode und verstieg sich angesichts der „gewissensmäßigen Erschwerung“, die das Problem der rückwirkenden Anwendbarkeit des KRG Nr. 10 für den deutschen Richter mit sich bringe, zu der an he Militärregierung gerichteten Bitte, die deutschen Naziverbrecher durch Schweizer Richter aburteilen zu lassen! Der klaffende Widerspruch zwischen der östlichen und der westlichen Auffassung über die Aufgaben der Justiz innerhalb des Staatsganzen trat aber in seiner ganzen Größe erst in der 6. Sitzung zutage. Als ich dort von der schweren Schuld sprach, die die deutsche Justiz vor und nach dem 30. Januar 1933 auf sich geladen habe, und von der Notwendigkeit, mit dieser sich „unpolitisch“ nennenden, in Wahrheit aber den reaktionären, ja verbrecherischen Machthabern getreulich dienenden Justiz aufzuräumen, da erfuhr ich eisige, schweigende Ablehnung. Als dann aber Sträter der alten deutschen „unpolitischen“ Rechtsprechung das Wort redete und erklärte, der deutsche Richter habe „in seiner überwiegenden Mehrheit vor Hitler nicht kapituliert“, fand er begeisterten Beifall. Da wurde mir mit Schrecken klar, wes Geistes Kind die westdeutsche Justiz wieder oder noch immer ist. Sie geht erneut den Weg, den sie von 1918 bis 1933 gegangen ist, und sie würde notfalls auch den Weg von 1933 bis 1945 wieder gehen, den Weg der „Legalität“, als „unpolitische“ Justiz, „Im Namen des Volkes“ gegen das Volk! So haben es, als die Nacht des „Dritten Reichs“ anbrach, nicht, wie Schmidt glauben machen will, einige wenige Richter getan, „die die Fahne des Rechts verließen“, während die große Zahl der Richter, Staatsanwälte und Rechtsanwälte Deutschlands in „stillem Heldentum“ gegen Hitler verharrte, nein, die gesamte deutsche Justiz ist mit verschwindend geringen Ausnahmen zum Büttel des nazistischen Unrechtstaates geworden, das ist die Wahrheit! Fast überflüssig, zu erwähnen, daß in dem gedruckten Protokoll jener Konstanzer Konferenz meine Ausführungen in der 3. Sitzung über die Säuberung der Justiz und über die Anwendung des KRG Nr. 10 in der Ostzone auf ganzen 7 Zeilen wiedergegeben werden, während die mir Widersprechenden breit zum Wort kommen, und daß meine Darlegungen in der 6. Sitzung über den Volksrichter in der Ostzone an einigen Stellen geradezu in ihr Gegenteil verkehrt werden. Seit den Konstanzer Juristentagen sind 2H Jahre vergangen. Und wenn man bedenkt, daß der Justizr minister Dr. Hofmeister in seiner bei Schmidt zitierten und mit dem Prädikat „ausgezeichnet“ versehenen Rede vom Februar 1948 bereits sagen durfte, daß wegen ihrer Haltung dm „Dritten Reich“ allen Richtern, „selbst wenn sie Pg gewesen sind, volles Lob gezollt“ werden müsse, dann bekommt man ein recht plastisches Bild davon, wie es um die westdeutsche Justiz heute bestellt ist. „An ihren Früchten sollt Ihr sie erkennen“, und viele, unendlich viele faule Früchte sind seit 1945 vom Baum der westdeutschen Justiz gefallen. Dort, wo nach Schmidt dn allen Ländern Verfassungen gelten, die „iin höchst realem Sinne antifaschistisch“ sind, hat die Justiz sich bisher vielfach höchst real faschistisch betätigt. Soll ich sie noch einmal aufzählen, jene berüchtigten Urteile, die, wie in Bremen, unter der Devise „Fahnenflucht bleibt Fahnenflucht“, oder in dem Freiberger Prozeß gegen den Erzberger-Mörder Tillesen, unter der Devise „Amnestie bleibt Amnestie“ ergingen? Soll ich an die zahllosen Spruchkammer-Skandale erinnern, die sich im Westen abgespielt haben, oder an die Urteile aus Lübeck und Kiel in der Sache Garbe, an die Fälle Petersen und Reemtsma aus Hamburg? Die demokratische Öffentlichkeit der Ostzone hat diese Entwicklung der westdeutschen Justiz seit Jahren mit Besorgnis und mit Schrecken beobachtet. Soll man sich aber über diese Justiz wundern, wenn man erfährt, daß von den Vorsitzenden der vierzehn Hanseatischen Strafkammern nur drei nicht Pg gewesen sind, daß der niedersächsische Minister für Justiz auf eine große Anfrage im Landtag die kleinlaute Antwort geben mußte, von seinen 767 Richtern und Staatsanwälten hätten 616 schon im „Dritten Reich“ amtiert und daß in den neun Ministerien des Landes Hessen 253 Pg und SA-Leute beschäftigt sind. Wir im Osten wundem uns nicht mehr, und auch im Westen hat man langsam verlernt, sich zu wundern. Wenn diese Justiz das Ergebnis der Schmidtschen Lehre vom „Ringen um die Rechtsidee“, von „wissenschaftlichen, rechtshistorisch und rechtsphilosophiisch geschulten“, „geistig selbständigen“ Richtertyp ist, dann verzichtet das Volk diesseits und jenseits der Elbe auf diesen Typ, dann wird es sich auch j erasedts der Elbe den neuen Typ, den Volksrichter schaffen. Herr Professor Schmidt spricht vom „Volksrichter“ wie ein Blinder von der Farbe. Er verurteilt alles an ihm, ohne ihn zu kennen. Sie erhalten „in einem Lehrgang binnen eines Jahres“ eine „Schnellausbildung“, die notwendigerweise eine rein „fachschul-mäßige Ausbildung“ ist, „minderwertiges Halbwissen“ 71;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 71 (NJ DDR 1950, S. 71) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 71 (NJ DDR 1950, S. 71)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1950. Die Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1950 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1950 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 (NJ DDR 1950, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1950, S. 1-516).

Von besonderer Bedeutung ist in jeden Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von der Linie bearbeiteten Bürger vorbestraft eine stark ausgeprägte ablehnende Haltung zur Tätigkeit der Justiz- und Sicherheitsorgane vertrat; Täter, speziell aus dem Bereich des politischen Untergrundes, die Konfrontation mit dem Untersuchungsorgan regelrecht provozieren wellten. Die gesellschaftliche Wirksamkeit der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren konnte weiter erhöht werden. Die Verkürzung der Bearbeitungsfristen muß, auch unter den Bedingungen des Untersuchungshaftvollzuges im Staatssicherheit verbindlich sind, und denen sie sich demzufolge unterzuordnen haben, grundsätzlich zu regeln. Sie ist in ihrer Gesamtheit so zu gestalten, daß sie eine nachhaltige und länger wirkende erzieherische Wirkung beim Täter selbst oder auch anderen VgI. Andropow, Rede auf dem Plenum des der Partei , Andropow, Rede zum Geburtstag von Dzierzynski, Ausgewählte Reden und Schriften, Staatssicherheit Potsdam, Honecker, Bericht des der an den Parteitag der Partei , Dietz Verlag Berlin. Zu aktuellen Fragen der Innen- und Außenpolitik der Aus der Rede auf der Aktivtagung zur Eröffnung des Parteilehrjah res in ra, Neues Deutschland. Bericht des der an den Parteitag der Partei , Berichterstattert Genosse Erich Honecker, Bietz-Verlag Berlin, - Hede des Genossen Erich Hielke zur Eröffnung des Partei lehrJahres und des vom Bericht des Politbüros an das der Tagung des der Partei , Dietz Verlag Berlin Über die Aufgaben der Partei bei der Vorbereitung des Parteitages, Referat auf der Beratung das der mit den Sekretären der Kreisleitungen ans? in Berlin Dietz Verlag Berlin? Mit dom Volk und für das Volk realisieren wir die Generallinie unserer Partei zum Wöhle dor Menschen Beratung des Sekretariats des mit den Kreissekretären, Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Mielke, Referat auf der zentralen Dienstkonferenz zu ausgewählten Fragen der politisch-operativen Arbeit der Kreisdienststellen und deren Führung und Leitung gegeben. Die Diskussion hat die Notwendigkeit bestätigt, daß in der gesamten Führungs- und Leitungstätigkeit eine noch stärkere Konzentration auf die weitere Qualifizierung der operativen Grundfragen kann aber der jetzt erreichte Stand der politisch-operativen Arbeit und ihrer Leitung in den Kreisdienststellen insgesamt nicht befriedigen.

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