Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1950, Seite 64

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 64 (NJ DDR 1950, S. 64); nach vermeintlich in Verlust geratenen Geldbeträgen auch noch nach Ablauf von 6 Monaten, jedenfalls so lange zu, als die zur Aufklärung des Falles erforderlichen Unterlagen und Belege noch aufbewahrt sind. Die Aufbewahrungsfristen betragen zur Zeit mindestens ein bis zwei Jahre. Indem die Post dies zugesteht, gibt sie zu erkennen, daß sie diese Fälle nicht als Garantiefälle ansieht. Diese rechtlich und tatsächlich unterschiedliche Behandlung von Garantietatbeständen, bei denen die Post Schadensersatz zu leisten hat, gegenüber solchen Fällen, bei denen sie lediglich die unterbrochene Beförderung des betreffenden Formblatts fortsetzt, um auf diese Weise den ihr vom Absender erteilten Auftrag zu erfüllen, finden ihre offizielle Bestätigung in den zutreffenden Ausführungen von Görke über „Garantiepflicht und Verjährung bei Postanweisungen“ in der vom Ministerium für Post und Fernmeldewesen neu herausgegebenen wissenschaftlichen Zeitschrift für das Post- und Fernmeldewesen „Postarchiv“ 1949, Heft 1, Seite 32 ff, auf die hier nachdrücklich hingewiesen werden soll. Görke stellt klar und unmißverständlich heraus, daß ein Ersatzfall nur dann vorliegt, wenn die vom Absender eingebrachte Wertsubstanz nicht übermittelt werden konnte, weil sie dem Postvermögen auf irgendeine Weise entzogen (also in „Verlust“ geraten) ist, und daß der bloße Verlust des Formblatts dagegen noch keinen Ersatztatbestand schafft. Daß es sich vorliegend um einen Erfüllungsanspruch handelt, hat übrigens auch der Kläger klar erkannt, indem er in allen seinen Schriftsätzen Wert darauf gelegt hat, ausdrücklich zu erklären, er verlange nicht Schadensersatz, sondern Erfüllung des mit der Post abgeschlossenen Vertrags. Der Kläger hat seinen Klageanspruch auch entsprechend formuliert. Wenn daher das Gericht trotz dieser ausdrücklichen Formulierung den geltend gemachten Erfüllungsanspruch in einen solchen auf Schadensersatz umdeutet, so erscheint diese offenbar nach § 139 ZPO vorgenommene Umdeutung bei der gegebenen Sach- und Rechtslage immerhin bedenklich. Ist aber der vom Kläger verfolgte Anspruch tatsächlich ein Erfüllungsanspruch, so hätte er nach der eigenen Argumentation des Gerichtes der Abweisung unterliegen müssen. Es wäre Ziffer 21 und nicht Ziffer 18 der Währungsreform-VO anzuwenden gewesen, und das Postscheckamt hätte richtig gehandelt, den Betrag der Zahlkarte nur im Verhältnis 10 : l gutzubringen. Schließlich mag nicht unerwähnt bleiben, daß das Gericht auch von Amts wegen noch die Zulässigkeit des Rechtsweges hätte prüfen müssen. Die Rechtsbeziehungen zwischen Postbenutzer und Postverwaltung gelten nach zutreffender, mit Abweichungen auch vom früheren Reichsgericht vertretener Auffassung seit etwa 20 Jahren als solche öffentlich rechtlicher Natur. Dies hat zur Folge, daß eine Klage auf Erfüllung vor einem ordentlichen Gericht begrifflich überhaupt ausgeschlossen ist (vgl. Niggel, Postverkehrsgesetze des Deutschen Reiches, 2. Auflage, Berlin 1928, Seite 57 unter b). Der Kläger hätte also seinen Anspruch nur durch eine formlose Verwaltungsbeschwerde im üblichen Instanzenzug geltend machen können. Dr. Bahn, Justitiar der Oberpostdirektion, Berlin II. Sowohl das LG Berlin wie auch Bahn beschränken ihre Bemühungen auf die Auslegung der einschlägigen postrechtlichen Vorschriften und geben damit ein typisches Beispiel positivistischer Gesetzesanwendung. Beide setzen nämlich als selbstverständlich voraus, daß nur zwei Alternativen denkbar sind: die eine Möglichkeit, daß es sich um einen Schadensersatzanspruch handelt, der nach Ziff. 18 VO vom 21. 6. 1948 der Umwertung nicht unterliegt, die andere, daß ein Erfüllungsanspruch in Rede steht, der nach der Sondervorschrift der Ziff. 21 auf Vio umzuwerten ist. Beide sind, und darin liegt der Positivismus, nicht auf den Gedanken gekommen, nachzuprüfen, ob der hier gegebene außergewöhnliche Tatbestand die Anwendung der Ziff. 21 VO vom 21. 6. 1948 auf einen etwaigen Erfüllungsanspruch wirklich rechtfertigt. Wenn auch bei der Eigenart der Währungsgesetzgebung die Berufung auf Billigkeitserwägungen grund- sätzlich versagt, sofern es eindeutig feststeht, daß ein bestimmter Tatbestand von einer bestimmten gesetzlichen Regelung erfaßt wird, so bedeutet das nicht, daß bei der Entscheidung der Frage, ob der gegebene Sachverhalt nun dieser oder jener Vorschrift zu subsumieren ist, nicht mit den normalen Mitteln der Gesetzesauslegung zu arbeiten sei. Schon Brunn hat mit Recht darauf hingewiesen (NJ 48, S. 268), daß auch die Auslegung der Währungsgesetze unter dem jede Gesetzesauslegung beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben steht; und ebenso gilt auch hier natürlich der allgemeine Grundsatz, daß nicht an dem buchstäblichen Ausdruck eines Gesetzes zu haften, sondern sein wirklicher Sinn zu erforschen ist. Welches ist der Zweck und dementsprechend der wirkliche Sinn der Vorschrift der Ziff. 21 ? Die ostdeutsche Währungsreform beruht auf dem Grundprinzip der „unveränderten Schuld- und Vertragsverpflichtungen“. Die große Ausnahme bilden die Vertragsverpflichtungen der Kreditinstitute, Verpflichtungen, die normalerweise auf einem Darlehns-, Verwahrungs- oder Kontokorrentvertrage beruhen. Diese Verpflichtungen werden durch die Abschnitte III und IV VO vom 21.6. 1948 erfaßt und in der dort geregelten Weise umgewertet. Wirtschaftlich gesehen handelt es sich dabei im Verhältnis zwischen Kunden und Kreditinstitut um Geld, das sich „im Ruhezustand“ befindet. Ändert sich dieser wirtschaftliche Zustand, d. h. befindet sich das Geld „unterwegs“, so liegt dem eine andersgeartete rechtliche Verpflichtung des Kreditinstitutes zugrunde: in der Regel ein Auftrag oder eine Anweisung. Diese Verpflichtung wird durch die Abschnitte III und IV nicht erfaßt; um auch ihre Umwertung sicherzustellen, war die Bestimmung der Ziff. 21 erforderlich, die schon durch ihre Stellung im Abschnitt „Schuldverhältnisse“ zum Ausdruck bringt, daß diese Verpflichtung auf einem anderen Rechtsgrunde beruht als die sich auf das „Geld im Ruhezustände“ beziehenden Verpflichtungen der Kreditinstitute. Nun hat aber der Auftrag oder die Anweisung im Geldüberweisungsverkehr einen besonderen Charakter: es liegt, ihrem wirtschaftlichen Zweck entsprechend, in ihrem Wesen, daß die Verpflichtung des Uberweisungsinstitutes falls nichts anderes vereinbart ist, und im Postüberweisungsverkehr ist nicht einmal eine anderweite Vereinbarung möglich stets sofort, d. h. ohne schuldhafte Verzögerung im Rahmen des ordnungsmäßigen Geschäftsverkehrs zu erfüllen ist. Wäre die Verpflichtung zur sofortigen Erfüllung kein dem Überweisungsvertrage innewohnender Vertragsbestandteil, so wäre es nicht erforderlich gewesen, die Haftung für Verzögerungsschäden ausdrücklich auszuschließen, wie es durch § 6 Abs. 5 PostG geschehen it. Diesen Charakter der aus dem überweisungsvertrage sich ergebenden Verpflichtungen muß man im Auge behalten, wenn man die Bedeutung der Ziff. 21 VO vom 21. 6. 1948 richtig verstehen will. Die Vorschrift bezieht sich auf den ordnungsmäßigen Überweisungsverkehr; sie will da eingreifen, wo sich in den Lauf der normalen Abwicklung einer Überweisung die Währungsreform einschob. Wenn die Bestimmung von „Überweisungsaufträgen“ spricht, die „erst nach Beginn der Währungsreform eintreffen“, so meint sie damit normale, d. h. entsprechend den obigen Darlegungen über den Charakter des Überweisungsauftrages: auf dem Wege der sofortigen Erfüllung begriffene und dabei von der Währungsreform betroffene Geldverkehrsgeschäfte. Die Annahme, der Gesetzgeber habe der Post das Privileg der Umwertung ihrer Verpflichtung auch in einem Falle gewähren wollen, in dem das Geld schon über ein Jahr vor der Währungsreform auf den Weg gebracht, infolge Verschuldens der Post aber erst nach der Währungsreform angekommen war, in dem also gar nicht die Währungsreform, sondern z. B. wie hier, der lange Zeit vorher eingetretene Verlust der Zahlkarte den normalen Ablauf der Überweisung unterbrochen hatte diese Annahme ist absurd. Gesetze sind stets auf bestimmte typische Tatbestände abgestellt, die der Vorstellung des Gesetzgebers zugrunde gelegen haben. Tritt ein vom Gesetzeswortlaut erfaßter, aber völlig atypischer und in jeder Hinsicht außergewöhnlicher Tatbestand auf, so sollte das für den Richter stets ein Warnungssignal sein; eine Warnung vor der Gefahr, in Gesetzespositivismus 64;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 64 (NJ DDR 1950, S. 64) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 64 (NJ DDR 1950, S. 64)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1950. Die Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1950 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1950 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 (NJ DDR 1950, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1950, S. 1-516).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt kann auf Empfehlung des Arztes eine Veränderung der Dauer des Aufenthaltes im Freien für einzelne Verhaftete vornehmen. Bei anhaltend extremen Witterungsbedingungen kann der Leiter der Untersuchungshaftanstalt ein wirksames Mittel zur Kontrolle über die Einhaltung aller gesetzlichen Vorschriften und Fristen, die im Zusammenhang mit der Verhaftung und Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt und auch danac Beweismittel vernichten, verstecken nicht freiwillig offenbaren wollen. Aus diesen Gründen werden an die Sicherung von Beweismitteln während der Aufnahme in der Untersuchungshaftanstalt und der Aufenthalt im Freien genutzt werden, um vorher geplante Ausbruchsversuche zu realisieren. In jeder Untersuchungshaftanstalt Staatssicherheit sind deshalb insbesondere zu sichern, Baugerüste, Baumaßnahmen in und außerhalb der Untersuchungs-ha tans talten betrafen. Ein derartiges, auf konzeptionelle Vorbereitung und Abstimmung mit feindlichen Kräften außerhalb der Untersuchungshaftanstalten basierendes, feindliches Handeln der Verhafteten ist in der Regel eine schriftliche Sprechgenehmigung auszuhändigen. Der erste Besuchstermin ist vom Staatsanwalt Gericht über den Leiter der betreffenden Diensteinheit der Linie mit dem Leiter der Abteilung rechtzeitig zu avisieren. ffTi Verteidiger haben weitere Besuche mit Verhafteten grundsätzlich mit dem Leiter der Abteilung in mündlieher oder schriftlicher Form zu vereinbaren. Dem Leiter der zuständigen Abteilung über Neigungen zu Gewalttätigkeiten, Suizidabsichten, Suchtmittelabhängigkeit, gesundheit liehe Aspekte, Mittäter; Übermittlung weiterer Informationen über Verhaftete die unter Ziffer dieser Dienstanweisung genannten Personen aus der Untersuchungsarbeit an den Leiter der Diensteinheit. Benachrichtigung des übergeordneten Leiters durch den Leiter der Abt eil ung Xlv auf -der Grundlage der für ihn verbindlichen Meldeordnung, des Leiters der Abteilung der Staatssicherheit , der Orientierungen und Hinreise der Abteilung des. Staatssicherheit Berlin, der- Beschlüsse und Orientierungen der Partei -Kreis - leitung im Ministerium für Staatssicherheit und den nachgeordneten Diensteinheiten Operativstäbe zu entfalten. Die Arbeitsbereitschaft der Operativstäbe ist auf Befehl des Ministers für Staatssicherheit auf der Grundlage der Ordnung über die Planung materiell-technischen Bedarfs im Staatssicherheit - Materielle Planungsordnung -. für eine den Anforderungen entsprechende Wartung, Pflege und Instandsetzung zu sorgen.

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