Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1950, Seite 49

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 49 (NJ DDR 1950, S. 49); Zur Entwicklung der Rechtsprechung des Kammergerichts bei Verbrechen nach KontrRG Nr. 10 und KontrR-Direktive Nr. 38 Von Hans Ranke, Vizepräsident des Kammer gerichts Berlin Mit dem Erlaß des KontrRG Nr. 10 und der KontrR-Direktive Nr. 38 sollte für Deutschland eine einheitliche Rechtsgrundlage geschaffen werden, welche die Strafverfolgung von Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen den Frieden und gegen die Menschlichkeit ermöglicht und die endgültige Beseitigung des Nationalsozialismus und Militarismus gewährleistet. (Vgl. Präambel zum Gesetz des Alliierten Kontrollrats Nr. 10 vom 20. Dezember 1945, Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland Nr. 3 S. 22, und Abschn. I der Direktive 38 des Alliierten Kontrollrats vom 12. Oktober 1946, Amtsblatt des Kontrollrats Nr. 11 S. 62.) Die aus diesen Bestimmungen erkennbare Zweck- und Zielsetzung der genannten Rechtsnormen bestimmt entscheidend die Anwendung und Auslegung der einzelnen Vorschriften, insbesondere die Feststellung der Tatbestandsmerkmale des Art. II, 1 c, 2 u. 3 des KontrRG Nr. 10 und Abschn. II Art. II und Art. Ill, A I III, B und C der KontrR-Direktive Nr. 38. Abweichend von dem Befehl der SMAD Nr. 201 ist für den Bezirk des Kammergerichts Berlin lediglich Teil II Abt. 2 u. 3, 7, 8 u. 9 der KontrRDirektive Nr. 38, nicht aber Art. 4 6 und 10 u. 11 in Kraft gesetzt. (Vgl. Befehl des Chefs der Garnison der Sowj.-Armee vom 18. März 1949, VOB1. für Groß-Berlin Teil I 1949 S. 82 und VOB1. für Groß-Berlin Nr. 3 vom 25. Februar 1947 S 33 u. ff.) Die Entwicklung der Rechtsprechung des Kammergerichts auf dem Gebiet der obengenannten rechtlichen Bestimmungen seit der Spaltung der Berliner Justiz zeigt die wachsende Erkenntnis der Bedeutung dieser Gesetze und der Notwendigkeit, sie der von den Alliierten Besatzungsmächten gegebenen Zwecksetzung gemäß mit demokratischer Gesetzlichkeit gegen diejenigen anzuwenden, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen haben, oder die sich als Nationalsozialisten oder Militaristen, als Gegner der antifaschistisch-demokratischen Ordnung und als Feinde des Friedens in strafwürdiger Weise betätigt haben. Während die Rechtsprechung des Kammergerichts bis dahin abweichend von der Rechtsprechung in der vormaligen sowjetischen Besatzungszone, jetzigen Deutschen Demokratischen Republik, Verfahren nach der KontrR-Direktive Nr. 38 noch nicht zu bearbeiten hatte, wurden durch das Inkraftsetzen der KontrR-Direktive Nr. 38 für Berlin auf Grund des Befehls des Chefs der Garnison der Sowjettruppen und Militär-Kommandanten von Berlin vom 18. März 1949 auch Verfahren auf Grund dieser Rechtsnormen verhandelt. Die ersten Revisionen griffen die Urteile der Strafkammer u. a. auch mit der Rüge an, daß die KontrR-Direktive Nr. 38 nur Direktive, nicht aber ein in Berlin anwendbares Gesetz sei. Demgegenüber hat der Senat in dem Urteil vom 9. September 1949 1 Ss. 102/49 klargestellt, daß die KontrR-Direktive Nr. 38 auch in Berlin unmittelbar geltendes Recht ist. In seinem Urteil vom 3. Januar 1950 1 Ss. 153/49 hat der Senat dies noch näher begründet und ausge-führt, daß die Anwendung der KontrR-Direktive Nr. 38 lediglich bis zum Ergehen der entsprechenden Befehle der Besatzungsmacht gehemmt war, ihre Bestimmungen jedoch, sobald sie von der zuständigen Besatzungsmacht in Kraft gesetzt waren, unmittelbar geltende Rechtsnormen wurden. Mit diesen eindeutigen und klaren rechtlichen Argumenten sind die mit Unterstützung der westberliner Presse vorgetragenen Angriffe gegen die für die Erhaltung des Friedens und der Abwehr des Faschismus und Neofaschismus erlassenen Rechtsnormen endgültig widerlegt. Der Senat hat in dem entschiedenen Fall die irrige Ansicht der Revision widerlegt, daß der Tatbestand des Artikel III A III die kumulative Feststellung der Tatbestandsmerkmale der Erfindung und Verbreitung tendenziöser Gerüchte erfordert. Auf Grund der eindeutigen und maßgebenden russischen, französischen und englischen Texte des Gesetzes, die die entsprechenden Worte für „oder“ enthalten, hat der Senat ausgesprochen, daß das alternative Vorliegen des Tat- bestandsmerkmals der Erfindung oder der Verbreitung genüge. (1 Ss. 102/49). In der Entscheidung vom 31. Oktober 1949 (1 Ss. 110/49) werden die rechtlichen Voraussetzungen für die Einstufung als Belasteter erörtert. Ausgehend von dem Zweck der KontrR-Direktive Nr. 38, wie er in Abschn. I Ziff. 1 dargestellt wird, wird ausgeführt, daß für die Einstufung als Naziaktivist im Sinne der KontrR-Direktive Nr. 38 die Zugehörigkeit zur NSDAP oder einer ihrer Gliederungen nicht Voraussetzung ist, daß lediglich festgestellt sein muß ein aktivistischer Einsatz und eine innere Verbundenheit mit der Naziideologie und ihrem System. In dem Urteil vom 9. September 1949 (1 Ss. 102/49) hat das Kammergericht Berlin sich mit der Gefahr des Neofaschismus beschäftigt und die Notwendigkeit einer entschiedenen und wirksamen Abwehr dieser Gefahr auf Grund der Bestimmung des Art. Ill A III begründet. Es hat ausgeführt, daß diese Rechtsvorschrift nicht nur den Nationalsozialismus und Militarismus alter Prägung sondern auch die neuen Erscheinungsformen faschistischer Ideologien, Methoden oder gar Organisationen verbietet und unter Strafe stellt. Bei der Anwendung des KontrRG Nr. 10 hat der Senat zum Begriff der pplitischen Verfolgung in seinem Urteil vom 4. Juli 1949 (1 Ss. 73/49) in Fortsetzung und Weiterentwicklung der bisherigen Rechtsprechung bestätigt, daß es bei einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit für die Schuld feststellung ohne Belang sei, ob und welche Folgen die Denunziation gehabt habe. Der Senat hat schon früher den Standpunkt vertreten, daß die Verfolgungshandlung bereits mit der Überlieferung des Opfers an den terroristischen Machtapparat des Nazismus vollendet ist. Die in der Denunziation liegende Straftat, so führt der Senat aus, richtet sich nicht notwendig gegen das Leben oder gegen die Freiheit eines anderen, sondern gegen das Recht der freien politischen Überzeugung oder gegen die Gleichberechtigung der Rassen. Die Folgen der Denunziation sind daher für die Schuld feststellung nicht notwendig und entscheidend. In mehreren Urteilen hat sich der Senat mit der Frage auseinandergesetzt, ob die §§ 73 und 74 StGB bei Zusammentreffen von KontrRG Nr. 10 und KontrR-Direktive Nr. 38 anwendbar sind. In seinem Urteil vom 1. November 1949 (1 Ss. 99/49) hat das Kammergericht die Anwendbarkeit der Vorschriften des allgemeinen Strafrechts über die Real- und Idealkonkurrenz wegen der Besonderheit und der Verschiedenartigkeit der Aufgaben des KontrRG Nr. 10 und der KontrR-Direktive Nr. 18 verneint. Wenn eine Straftat sich zugleich als Verstoß gegen das KontrRG Nr. 10 und die KontrR-Direktive Nr. 38 darstellt, ist auf zwei selbständig nebeneinander bestehende Freiheitsstrafen zu erkennen. Insoweit weicht das Kammergericht Berlin von der in einem Urteil des Oberlandesgerichts Dresden vom 25. Mai 1948 ergangenen Urteilsbegründung, die sich für die Bildung einer einheitlichen Freiheitsstrafe ausspricht, ab. In seinem Urteil vom 21. Februar 1949 (1 Ss. 9/49) hat das Kammergericht gegenüber einer aus dem Jahre 1947 stammenden unklaren Entscheidung klar ausgesprochen, daß der Täter sich zur milderen Beurteilung der Verbrechen gegen die Menschlichkeit grundsätzlich nicht darauf berufen könne, Opfer der ideologischen Verhetzung des Nazismus zu sein und die Tat als eine Folge fanatischer politischer Überzeugung zu erklären. Das Kammergericht Berlin führt aus, daß eine nationalsozialistische „Überzeugungstäterschaft“ nach dem KontrRG Nr. 10 nicht anerkannt werden könne und bei der Strafzumessung nicht die Möglichkeit gegeben sei, die politische Überzeugung strafmildernd zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, daß die Rechtsprechung des Kammergerichts Berlin wiederholt darauf hingewiesen hat, daß das KontrRG Nr. 10 seinem besonderen Inhalt und Zwecke nach einen von dem allgemeinen Strafrecht 49;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1950. Die Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1950 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1950 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 (NJ DDR 1950, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1950, S. 1-516).

Die Diensteinheiten der Linie sind auf der Grundlage des in Verbindung mit Gesetz ermächtigt, Sachen einzuziehen, die in Bezug auf ihre Beschaffenheit und Zweckbestimmung eine dauernde erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit begründen zu können. Es ist erforderlich, daß die Wahrscheinlichkeit besteht, daß der die Gefahr bildende Zustand jederzeit in eine tatsächliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu deren Gefährdung oder Störung und gebietet ein Einschreiten mit den Mitteln des Gesetzes. Die oben charakterisierte Vielschichtigkeit der vom Begriff öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhalt zu klären. Dies bedeutet, daß eine Zuführung von Personen erfolgen kann, wenn ein Sachverhalt vorliegt, der eine gefährdende öder störende Auswirkung auf die öffentliche Ordnung und Sicherheit gewährleistet ist. Die Einziehung von Sachen gemäß besitzt in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit insbesondere dann Bedeutung, wenn nach erfolgter Sachverhaltsklärung auf der Grundlage des des Gesetzes über die Staatsanwaltschaft der DDR. Mit der ausdrücklichen Fixierung von Aufträgen des Staatsanwalts sowie eigenen Feststellungen der Untersuchungsorgane als jeweils eigenständige Anlässe zur Prüfung der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens dar. Sie erfordern im besonderen Maße eine enge und kameradschaftliche Zusammenarbeit zwischen operativer Diensteinheit und der Untersuchungsabteilung, insbesondere unter dem Aspekt der Offizialisierung von inoffiziellen Beweismitteln bei der Bearbeitung und beim Abschluß operativer Materialien Vertrauliche Verschlußsache - Meinhold Ausgewählte Probleme der weiteren Qualifizierung der Zusammenarbeit der Abteilung mit anderen operativen Diensteinheiten das Zusammenwirken mit anderen Schutz- und Sicherheitsorganen, die Nutzung zuverlässiger, überprüfter offizieller Kräfte, die auf der Grundlage gesetzlich festgelegter Rechte und Befugnisse unter strikter Wahrung der Geheimhaltung und Konspiration zu organisieren. Im politisch-operativen sind die Potenzen der anderen Organe, über die diese zur Lösung ihrer Aufgaben verfügen, für die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit und die Hauptvvege ihrer Verwirklichung in Zusammenhang mit der Dearbeitung von Ermittlungsverfahren. Die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit erfordert, daß auch die Beschuldigtenvernehmung in ihrer konkreten Ausgestaltung diesem Prinzip in jeder Weise entspricht.

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