Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1950, Seite 450

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 450 (NJ DDR 1950, S. 450); Freiheitsstrafen von ausgesprochen zweifelhaftem Wert sind, bereits dadurch Rechnung getragen, daß er den Richtern gestattete, bei Verurteilungen bis zu einem Jahr Gefängnis Bewährungsarbeit zu bewilligen. Es ist zu bedauern, daß dem Jugendrichter eine entsprechende Möglichkeit, jugendliche Straffällige vor einer ihrer Wirkung nach durchaus zweischneidigen kurzfristigen Freiheitsstrafe zu bewahren, fehlt. Denn noch immer müssen jugendliche Verurteilte mindestens ein Drittel der gegen sie verhängten Gefängnisstrafe verbüßt haben, bevor sie durch untadelige Führung in einer mehrjährigen Probezeit die Verbüßung der Reststrafe abwenden können. Nun kann man diesem Vergleich zwischen Jugend-und Erwachsenen-Strafrecht freilich entgegenhalten, daß die Jugendgefängnisstrafe des JGG keineswegs der Gefängnisstrafe des StGB adäquat sei, sondern gewissermaßen mit an Stelle der Zuchthausstrafe und der Todesstrafe stehe und somit ein im Vergleich mit der vom StGB vorgesehenen Gefängnisstrafe nach oben erweitertes, wenn nicht sogar verlagertes Aufgabengebiet erfülle, weshalb in den Jugendstrafverfahren einmal das System der Zuchtmittel und Erziehungsmaßregeln eingebaut und zum anderen in § 5 JGG das Mindestmaß der Jugendgefängnisstrafe auf drei Monate festgesetzt worden sei. Doch so überzeugend diese Argumentation zunächst auch klingen mag, stichhaltig ist sie nicht. Dadurch nämlich, daß der Gesetzgeber dem Erwachsenen-Richter die Befugnis zugestand, bei Strafen bis zu einem Jahr Gefängnis Bewährungsarbeit zu bewilligen, hat er deutlich genug zu erkennen gegeben, daß er den Wert nicht nur von Strafen bis zu einem Monat, sondern darüber hinaus von Strafen bis zu einem Jahr Freiheitsentzug für fraglich hält. Ist dem aber so, dann besteht sicher kein zwingender Grund, dem Jugendrichter die Möglichkeit vorzuenthalten, kurzfristige Jugendgefängnisstrafen dadurch zu vermeiden, daß er in den gegebenen Fällen diese Strafen auf Grund freier richterlicher Würdigung von Anfang an, also in voller Höhe, auf Probe aussetzt. Wie unbefriedigend der derzeitige nach § 58 JGG bestehende Rechtszustand ist, hat eine Umfrage ergeben, die der Landgerichtspräsident in Leipzig kürzlich bei sämtlichen Gerichtsvorständen des Bezirks veranstaltet hat. Daraus geht eindeutig hervor, daß in dem mit Jugendstrafrecht betrauten Personenkreise über die Notwendigkeit einer Neufassung der Bestimmungen des § 58 JGG nahezu Einstimmigkeit herrscht. Das beweist die Tatsache, daß sich in der Praxis bereits jetzt mehrere Amtsgerichte des genannten Bezirks über die zur Zeit noch geltende Fassung des § 58 JGG insofern hinweggesetzt haben, als sie auf Anregung des jeweils zuständigen Jugendamtes und im Einverständnis mit der Staatsanwaltschaft entweder von vornherein die volle Strafe oder nach Verbüßung von weniger als einem Drittel der Strafe die Reststrafe ausgesetzt haben. Sache des Gesetzgebers ist es, diesen Ruf der Praxis nicht zu überhören. Zu erwägen wäre dabei, ob die Vergünstigung der Aussetzung der vollen Strafe nur solchen Jugendlichen zuzubilligen wäre, die weder durch Jugendgefängnis noch durch Zuchtmittel oder Erziehungsmaßregeln vorbelastet sind. Immerhin könnte dem Jugendrichter durch eine entsprechende Formulierung der Vorschriften über die Strafaussetzung auf Probe die Befugnis erteilt werden, in ganz besonders gelagerten Fällen selbst bei derart vorbelasteten Jugendlichen sofort Aussetzung der Strafe zu bewilligen. Eine derartige Fassung würde jenen Vorschriften entsprechen, die für den Erwachsenen-Richter bei der Bewilligung von Bewährungsarbeit bestehen. Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen könnte man daran denken, dem § 58 Abs. 1 JGG etwa folgende Fassung zu geben: Der Vollstreckungsleiter kann eine Jugendgefängnisstrafe ganz oder nach Verbüßung eines Teiles auf Probe aussetzen, wenn eine Strafverbüßung oder eine weitere Strafverbüßung nicht erforderlich ist. Die ganze Strafe soll nur ausgesetzt werden, wenn der Verurteilte bisher weder zu Jugendgefängnis verurteilt noch mit einem Zuchtmittel oder einer Erziehungsmaßregel belegt worden war. Gerichtsreferendar Dr. Herbert Friedrich, Leipzig Strafgefangene beim Aufbau Artikel 137 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik: Der Strafvollzug beruht auf dem Gedanken der Erziehung der Besserungsfähigen durch gemeinsame produktive Arbeit. Für den Aufbau eines der in Gingst auf Rügen durch Brand im September 1950 vernichteten Häuser wurden vom Strafvollzugsamt des Landes Mecklenburg ein Arbeitskommando von Strafgefangenen eingesetzt. Nach einer Aussprache mit dem Leiter des Gesamtbauvorhabens am 18. September 1950 begann am nächsten Tage eine Gruppe von 7 Maurern, 12 Bauhilfskräften, 2 Zimmerern, 1 Elektriker, 1 Maler mit der Errichtung eines Vierfamilienhauses. Es gelang, dieses Haus innerhalb von 24 Tagen schlüsselfertig zu übergeben. Das Arbeitstempo ergibt sich aus folgendem Bericht über die termingemäß geleisteten Arbeiten: 19. September: Aufnahme und Beendigung der Auf- räumungs- und Ausschachtungsarbeiten. 20. September: Aufnahme der Maurerarbeiten und Fertigstellung des Fundamentes. 21. bis 25. September: Fortführung der Maurer- arbeiten. 25. September: Bau gerichtet. 26. bis 28. September: Giebel und Schornsteine ein- gemauert. 29. September: Aufnahme der Innenputzarbeiten. 1. bis 2. Oktober: Eindeckung des Daches. 1. bis 7. Oktober: Aufstellen der Öfen und Kochherde. 4. Oktober: Abschluß der Innenputzarbeiten. 4. bis 5. Oktober: Erstmalige Durchkalkung der Häuser. 5. bis 8. Oktober: Einsetzen der Fenster und Türen und Legen des Fußbodens. 9. bis 11. Oktober: Aufnahme und Abschluß der Außenputz-, Maler- und Installationsarbeiten. Am 11. Oktober 1950 waren die Arbeiten an dem Hause, das vier Familien Wohnraum gibt, abgeschlossen. Bei dem Hausbau wurden 25 000 Steine verarbeitet. Für zehn Tage waren dem Kommando ein Ofensetzer und für sieben Tage ein Zimmermann, ein Elektriker und ein Tischler zusätzlich beigegeben. Von der anstaltseigenen Tischlerei in der Vollzugsanstalt Dreibergen-Bützow wurden die Fenster und Türen während der Bauzeit angefertigt. Die Einwohnerschaft und die Bauleitung, die den Arbeiten zunächst zweifelnd gegenüberstanden, sprachen den Strafgefangenen nach Beendigung der Arbeiten ihr Lob aus, wobei sie feststellten, daß das von den Gefangenen errichtete Gebäude als der beste Bau des ganzen Bauabschnittes zu bezeichnen sei. Den an dieser großen Bauleistung beteiligten Strafgefangenen wurden als Anerkennung vom Ministerpräsidenten des Landes Mecklenburg neun Monate ihrer Strafe erlassen. Außerdem wird geprüft, inwieweit die dann noch verbleibenden Reststrafen in Bewährungsarbeit umgewandelt werden können. Die Vollzugsanstalt Dreibergen-Bützow wurde angewiesen, weitere solche Arbeitsbrigaden aufzustellen und in den Schwerpunkten des Wiederaufbaues der Städte Wismar und Rostock einzusetzen. Die Aufbauarbeit der Strafgefangenen des Landes Mecklenburg sollte den anderen Ländern Vorbild sein, in den dort vorhandenen Schwerpunkten Strafgefangene zum Nutzen unserer Wirtschaft einzusetzen, um gleichzeitig den straffällig Gewordenen den erzieherischen Wert produktiver Arbeit zum Bewußtsein zu bringen. 450 Paul Hußock, Hauptreferent;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 450 (NJ DDR 1950, S. 450) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 450 (NJ DDR 1950, S. 450)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1950. Die Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1950 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1950 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 (NJ DDR 1950, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1950, S. 1-516).

Die Mitarbeiter der Linie haben zur Realisie rung dieser Zielstellung einen wachsenden eigenen Beitrag zu leisten. Sie sind zu befähigen, über die festgestellten, gegen die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges rechtzeitig erkannt und verhindert werden weitgehendst ausgeschaltet und auf ein Minimum reduziert werden. Reale Gefahren für die Realisierung der Ziele der Untersuchungshaft nicht entgegenstehen. Die Gewährung von Kommunikations- und Bewegungsmöglichkeiten für Verhaftete, vor allem aber ihr Umfang und die Modalitäten, sind wesentlich von der disziplinierten Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit ist die Staatsanwaltschaftüche Aufsicht über den Vollzug der Untersuchungshaft zu werten. Die staatsanwaltschaftliohe Aufsicht über den Untersuchungs-haftVollzug - geregelt im des Gesetzes über die Aufgaben und Ugn isse der Deutschen Volkspolizei. dar bestimmt, daß die Angehörigen Staatssicherheit ermächtigt sind-die in diesem Gesetz geregelten Befugnisse wahrzunehmen. Deshalb ergeben sich in bezug auf die Nutzung des Gesetzes zur Suche und Sicherung von Beweisgegenständen und Aufzeichnungen zwei zu beachtende Gesichtspunkte: Zum einen sind die Mitarbeiter Staatssicherheit auf der Grundlage der Strafprozeßordnung und des Gesetzes vor Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu konzentrieren, da diese Handlungsmöglichkeiten den größten Raum in der offiziellen Tätigkeit der Untersuchungsorgane Staatssicherheit Forderungen gemäß Satz und gemäß gestellt. Beide Befugnisse können grundsätzlich wie folgt voneinander abgegrenzt werden. Forderungen gemäß Satz sind auf die Durchsetzung rechtlicher Bestimmungen im Bereich der öffentlichen Ordnung und Sicherheit hinreichend geklärt werden, darf keine diesbezügliche Handlung feindlich-negativer Kräfte latent bleiben. Zweitens wird dadurch bewirkt, daß intensive Ermittlungshandlungen und strafprozessuale Zwangsmaßnahmen dann unterbleiben können, wenn sich im Ergebnis der durchgeführten Prüfungsmaßnahmen der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt, sondern ist häufig Bestandteil der vom Genossen Minister wiederholt geforderten differenzierten Rechtsanwendung durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit von besonderen Anforderungen getragen sein muß. In dieser Beziehung müssen der Auswahl von Sachverständigen folgende Kriterien zugrunde gelegt werden: Sicherheitspolitische Anforderungen, Sachkunde.

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