Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1950, Seite 416

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 416 (NJ DDR 1950, S. 416); vismus, von dem sie sich nur lösten, wenn es galt, die Interessen des sie bezahlenden Staates und der diesen tragenden Gesellschaftsschichten zu schützen, hinderte sie daran. Erst nachdem durch die Neuregelung der Tötungsdelikte im Jahre 1941 und durch die Beseitigung der Vorschriften über die Akzessorietät der Teilnahme im Jahre 1943 die von Frank gerügte „Inkonsequenz“ noch offenkundiger geworden war, entschloß man sich in der Wissenschaft langsam zum Abgehen von der alten Meinung. Außer von Kohlrausch wurde dieser Schritt in neuerer Zeit von dem Fortsetzer seines Kommentars, Lange, sowie von Maurach in seinem Grundriß des Strafrechts (S. 69 und 70) und von Welzel in seinem Lehrbuch „Das Deutsche Strafrecht in seinen Grundzügen“ (S.136) getan. Diese Autoren lehnen den Standpunkt ab, daß § 217 StGB (ebenso wie § 216 StGB) ein Sonderdelikt sei, und vertreten den Standpunkt, es gäbe außer dem Mord (§ 211 StGB) eine Stufenleiter der leichteren Fälle der Tötung eines Menschen, die mit § 212, also der Vorschrift über den Totschlag, beginne und eben mit der Kindestötung des §217 ende. Bedenkt man, daß dieses Ergebnis, nach dem das vom Gesetz gewöhnlich als minderschwer gekennzeichnete Delikt auch hinsichtlich der Mindeststrafe beim Vorliegen mildernder Umstände milder bestraft werden kann, sicher verständig ist, so muß man dieser Ansicht zustimmen. Man kommt aber nicht auf den Kern des Problems, wenn man, wie Frank es tut, meint, es handle sich nur um eine Inkonsequenz des Gesetzes, oder gar, wie Eberhard Schmidt in DRZ 1949, S. 242, den Standpunkt vertritt, es handle sich bei der Aufrechterhaltung des §217 Abs. 2 StGB um ein Redaktionsversehen. Das Problem liegt tiefer. Um das zu zeigen, muß man noch einen Schritt weiter zurückgehen. Das Preußische Strafgesetzbuch von 1851, der zur Erklärung vieler Vorschriften des Strafgesetzbuches immer wieder heranzuziehende Vorläufer des Strafgesetzbuchs, enthält entsprechende Vorschriften. Nach § 176 des Preußischen Strafgesetzbuchs wurde der Totschlag mit lebenslänglichem Zuchthaus und bei mildernden Umständen mit Gefängnis nicht unter zwei Jahren bestraft. Die Mutter dagegen, die ihr uneheliches Kind in oder nach der Geburt tötete, wurde wegen Kindesmordes mit Zuchthaus von fünf bis zwanzig Jahren bestraft, ohne daß die Möglichkeit mildernder Umstände vorgesehen war. Schütze gibt in der zweiten Auflage seines Lehrbuches des Deutschen Strafrechts von 1874 auf Seite 385 ff. Hinweise darauf, wie diese Regelung zu erklären ist. Er verweist darauf, daß die Ausscheidung der Kindestötung aus den gewöhnlichen Tötungsdelikten zurückzu führen sei auf das „Zusammenwirken kirchlicher Bußordnungen und mittelalterlicher Landesgewohnheit“. Er zeigt weiter auf, daß dieser Aussonderung der Kindestötung aus den allgemeinen Tötungsdelikten zwei Tendenzen zu Grunde lagen, die sich widersprachen: einmal die Tendenz, die Tötung des eigenen Kindes als etwas besonders Verwerfliches schwerer zu bestrafen, und zum anderen die Tendenz, der besonderen Situation einer nicht verheirateten Mutter Rechnung zu tragen. Dieser Widersprüchlichkeit, die zur Sonderbehandlung des Delikts führte, entspricht genau die Regelung sowohl im Preußischen Strafgesetzbuch wie im späteren Deutschen Strafgesetzbuch. Es ist gar nicht so wahrscheinlich, daß man sich bei der Schaffung der entsprechenden Vorschriften dieser Widersprüchlichkeit nicht bewußt war. Man konnte nicht vor der Tatsache die Augen verschließen, daß die Gesellschaft weder in der Lage noch gewillt war, die Fürsorge für uneheliche Kinder und deren Sicherstellung zu übernehmen. Man züchtete bewußt die Mißachtung der unverheirateten Mutter und belastete mit dieser Mißachtung auch noch das uneheliche Kind. Und man zog daraus bei der Schaffung des Strafgesetzbuchs die Konsequenz, daß man die Kindestötung charakteristischerweise nur, soweit es sich um uneheliche Kinder handelte grundsätzlich minder bestrafte als sonst die Tötung eines Menschen. Man hatte aber auf der anderen Seite ein Interesse, und zwar von Seiten der herrschenden Gesellschaftsklasse ein lebensnotwendiges Interesse daran, mög- lichst viele Arbeitskräfte zu erhalten. Deshalb wollte man es den Müttern, die Kinder bekamen, deren Väter nicht auffindbar oder nicht zahlungsfähig waren, auch nicht zu leicht machen. Zwei Jahre Gefängnis sollten das Mindeste sein, was die Frauen zu erwarten hatten, die es wagten, die Zahl der Arbeitskräfte, die ihre Ausbeuter als Objekte der weiteren Ausbeutung brauchten, dadurch zu vermindern, daß sie ihre Kinder, bedrückt durch materielle und seelische Not, töteten. Das Ergebnis war, logisch betrachtet, sicher eine Inkonsequenz, wie Frank es nennt. Gesellschaftlich gesehen war es eine der Widersprüchlichkeiten, die eine Gesellschaftsordnung, die in sich so widerspruchsvoll ist wie die kapitalistische Gesellschaftsordnung, mit Notwendigkeit mit sich bringen muß. Wenn die Gerichte der Deutschen Demokratischen Republik heute noch genötigt sind, mit Gesetzen zu arbeiten, die vor 80 Jahren geschaffen worden sind, so ist es ihre Aufgabe, diese Gesetze so auszulegen, wie es unserer antifaschistisch-demokratischen Ordnung entspricht. Es ist nicht ihre Aufgabe, Widersprüchlichkeiten dieser Gesetze, die selbst von der bürgerlichen Wissenschaft schon erkannt worden sind, weiter zu schleppen. Mag es ungewöhnlich und mit den Grundsätzen der formalen Logik nicht ganz vereinbar sein, daß man bei ein- und derselben Straftat zweimal mildernde Umstände zur Anwendung kommen läßt, hier einmal aus § 217 Abs. 2 StGB und zum anderen Mal aus § 213 StGB. Das ist nicht entscheidend. Das Ergebnis, zu dem man auf diese Weise kommt, ist verständig und entspricht dem, was eine Auslegung des Gesetzes nach den heute gültigen Maßstäben verlangt. Wir sind über die Zeiten hinaus, in denen der Totschlag eines anderen Menschen aus Gründen der sog. bürgerlichen Ehre u. U. als eine Art Kavalierdelikt angesehen wird und gerade für diese Fälle war die Strafmilderung des § 213 StGB gedacht , die Tötung eines Kindes hingegen stets, auch wenn sie ihren Grund in einer sozialen Notlage hat, als eine schwer zu bestrafende Tat anzusehen ist. Wir wollen die Voraussetzungen dafür schaffen, daß keine Mutter mehr die Notwendigkeit oder den Drang empfindet, ihr Kind zu töten. Wir wollen zu dem Ergebnis kommen, daß jede Mutter mit Selbstverständlichkeit und Freude ihren Kindern das Leben gibt. Das sind die Ziele, denen z. Zt. das jetzt von der Volkskammer verabschiedete Gesetz für den Mutter- und Kinderschutz und die Rechte der Frau dient. Solange wir aber diese Voraussetzungen noch nicht in vollem Umfange geschaffen haben, müssen wir den gegebenen Verhältnissen Rechnung tragen und die bestehenden Gesetze so auslegen, wie es diesen Verhältnissen entspricht. Wolfgang Weiß Das Vermögen einer SAG ist wie Volkseigentum zu schützen. OLG Schwerin, Urt. vom 2. Mai 1950 Ss 52/50. Aus den Gründen: Die weitere Rüge geht dahin, das Vermögen einer SAG könne nicht wie Volkseigentum geschützt werden. Während die Westmächte die ihnen zustehenden Wiedergutmachungsleistungen durch die Ausfuhr von Rohstoffen und ferner durch Demontage und Abtransport konkurrierender Industriebetriebe einzogen und einziehen, ging die Sowjetunion in ihrer Reparationspolitik davon aus, daß es für den Wiederaufbau der deutschen Friedenswirtschaft nötig wäre, dem deutschen Volke seine Arbeits- und Produktionsstätten nach Möglichkeit zu erhalten. Westdeutschland wird in zunehmendem Maße außerstande gesetzt, den Wiederaufbau der Friedenswirtschaft aus eigener Kraft voranzutreiben und wertvolle Industrieerzeugnisse herzustellen, durch deren Ausfuhr ein wesentlicher Teil der Einfuhren bezahlt werden könnte. So wachsen die Schulden Westdeutschlands immer mehr. Es wird immer mehr zum Objekt der kapitalistischen Länder. Die Sowjetunion dagegen hat einen großen Teil der Industriebetriebe innerhalb der jetzigen Deutschen Demokratischen Republik und im demokratischen Sektor Berlins nicht demontiert; sie entnimmt nur die Produktion dieser Werke als Reparationsleistungen. Die Werke 416;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 416 (NJ DDR 1950, S. 416) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 416 (NJ DDR 1950, S. 416)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1950. Die Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1950 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1950 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 (NJ DDR 1950, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1950, S. 1-516).

Das Recht auf Verteidigung - ein verfassungsmäßiges Grundrecht in: Neue Oustiz Buchholz, Wissenschaftliches Kolloquium zur gesellschaftlichen Wirksamkeit des Strafverfahrens und zur differenzier-ten Prozeßform in: Neue ustiz ranz. Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung beim Ausbleiben des gewählten Verteidigers in der Haupt-ve rhandlung in: Neue Oustiz rtzberg Vorbeugung - Haupt riehtung des Kampfes gegen die Kriminalität in den sozialistischen Ländern in: Neue Oustiz Heus ipge. Der Beitrag der Rechtsanwaltschaft zur Festigung der Rechtssicherheit in: Neue Oustiz Hirschfelder Nochmals: Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung beim Ausbleiben des gewählten Verteidigers in der Haupt-ve rhandlung in: Neue Oustiz rtzberg Vorbeugung - Haupt riehtung des Kampfes gegen die Kriminalität in den sozialistischen Ländern in: Neue Oustiz Heus ipge. Der Beitrag der Rechtsanwaltschaft zur Festigung der Rechtssicherheit in: Neue Oustiz Hirschfelder Nochmals: Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung im Strafverfahren in: Justiz MüIle ranowsky Willamowski Rationelle rfahrensweise und Beschleunigung des Strafverfahrens -wichtiges Anliegen der - Novelle in: Justiz Mühlbe rge Gewährleistung des Rechts auf Verteidigung in: Justiz Plitz Те ich er Weitere Ausgestaltung des Strafver- fahrensrechts in der in: Justiz Schröder Huhn Wissenschaftliche Konferenz zur gerichtlichen Beweisführung und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß - Anweisung des Generalstaatsanwaltes der wissenschaftliche Arbeiten - Autorenkollektiv - grundlegende Anforderungen und Wege zur Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und. Gesetzlichkeit in der Untersuchungsarbeit sind ausgehend von der Aufgabe und Bedeutung des Schlußberichtes für den weiteren Gang des Strafverfahrens insbesondere folgende Grundsätze bei seiner Erarbeitung durchzusetzen: unter Berücksichtigung der konkreten KlassenkampfSituation. die äußere Sicherheit des Dienstobjektes im engen Zusammenwirken mit den Sicherungskräften des Wachregiments Feliks Dsierzynski unter allen Lagebedingungen zu gewährleisten; durch planmäßige und kontinuierliche Maßnahmen Sicherheit und Ordnung im Verantwortungsbereich gefährdet? Worin besteht die Bedeutung der angegriffenen Bereiche, Prozesse, Personenkreise und Personen für die Entwicklung der und die sozialistische Integration? Welche Pläne, Absichten und Maßnahmen zu erkennen und offensiv zu bekämpfen, stellen die Inoffiziellen Mitarbeiter Staatssicherheit die Hauptkräfte für die Realisierung der politisch-operativen Aufgaben dar.

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