Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1950, Seite 404

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 404 (NJ DDR 1950, S. 404); Syndikate zwar ohne Entschädigung enteignet worden, aber bei dem Fehlen entgegenstehender Bestimmungen haben die neuen Verkaufskontore auch die in der Bilanz ausgewiesenen Schulden übernommen. Die Tatsache eines ursprünglichen Eigentumserwerbs führe nicht notwendigerweise zum Erlöschen der Rechte und Forderungen dritter Personen an den enteigneten Betrieb. Der Generalstaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik hat die Kassation beider Urteile beantragt, weil die Entscheidungen auf einer Verletzung des Gesetzes beruhen. Der Kassationsantrag ist begründet. Wie der Generalstaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik in der Kassationsschrift .zutreffend ausführt, sind 'die auf Grund des Sozialisierungsgesetzes vom 23. März 1919 (RGBl. S. 341), des zugleich erlassenen Kohlenwirtschaftsgesetzes (RGBl, S. 342) und des § 2 der hierzu ergangenen Ausführungsbestimmungen vom 21. August 1919 (RGBl. S. 1449) geschaffenen, ursprünglich also als eine Maßnahme zur Förderung der Sozialisierung der Kohlenbergwerke gedachten Syndikate im Laufe der Zeit in steigendem Umfange unter den Einfluß des monopolistischen industriellen Großkapitals geraten und von dessen Machthabern mit Hilfe der den Syndikaten auf dem Gebiete der Förderung und des Absatzes der Kohle übertragenen weitgehenden Befugnisse als politische Machtinstrumente zur Durchsetzung ihrer eigenen kriegsverbrecherischen Ziele benutzt worden. Die Kohlensyndikate mußten also nach dem Zusammenbruch in wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht so behandelt werden, wie dies im Potsdamer Abkommen der drei Siegermächte vom 2. August 1945 im Abschnitt III („über Deutschland“) unter B 12 vorgesehen war. Dort heißt es: „in praktisch kürzester Frist ist das deutsche Wirtschaftsleben zu dezentralisieren mit dem Ziel der Vernichtung der bestehenden übermäßigen Konzentration der Wirtschaftskraft, dargestellt insbesondere durch Kartelle, Syndikate, Truste und andere Monopolvereinigungen“. Damit war das künftige Schicksal der Kohlensyndikate, nämlich ihre „Vernichtung“, das heißt die völlige wirtschaftliche und rechtliche Auslöschung ihrer Existenz von vornherein vorausbestimmt und mußte durchgeführt werden. Tatsächlich hat sich diese Entwicklung im Gebiete der früheren sowjetisch-besetzten Zone so vollzogen, daß die Bergwerke selbst, also die Produktionsunternehmen der Kohlenindustrie, durch den Befehl Nr. 124 der SM AD vom 30. Oktober 1945 beschlagnahmt, zunächst unter Treuhandschaft .gestellt, dann durch den Befehl Nr. 154/181 der SMAD vom 21. Mai 1946 „in den Besitz und die Verfügung der deutschen Selbstverwaltungen der Provinzen und Bundesländer übergeben“, also in ihr Eigentum übertragen wurden. Am Tage zuvor, also am 20. Mai 1946, war der Befehl Nr. 154 der SMAD erlassen worden, der selbst seinen Inhalt als „Liquidierung von Kohlensyndikaten und Errichtung von Verkaufskontoren für feste Brennstoffe“ bezeichnet und anordnete, daß die damals im Gebiete der sowjetisch-besetzten Zone bestehenden drei Kohlensyndikate, darunter das Steinkohlensyndikat in Zwickau, „als liquidiert zu betrachten und die Eintragung im Handelsregister nachträglich zu löschen“ sind, und daß der Verkauf von Brennstoffen über die drei gleichzeitig errichteten Verkaufskontore, darunter das „Sächsische Verkaufskontor für feste Brennstoffe in Zwickau“ (die Beklagte)1 „organisiert“ wird. Die Satzungen dieser Kontore sowie genau bestimmte Struktur- und Haushaltspläne werden dem Befehl beigefügt und bestätigt. Ziff. 4 des Befehls enthält dann die für die Beurteilung des vorliegenden Streitfalles ausschlaggebende Bestimmung: „Das gesamte Vermögen der früheren Kohlensyndikate, sowohl das bewegliche als auch das unbewegliche, ist den neu organisierten Kontoren gemäß dem bei der Liquidation festgesetzten Bilanzwert zu übergeben.“ Es erhellt, daß man bei Anwendung und Auslegung dieses Befehls nur dann zu richtigen Ergebnissen gelangen kann, wenn man ausgeht vom Sinn und Zweck des Befehls als einer im Zuge der gesamtpolitischen Entwicklung notwendig gewordenen gesetzgeberischen Maßnahme. Der Befehl ist eine lex specialis, ein typischer Fall der Anwendung der im Potsdamer Ab- kommen festgelegten Grundsätze auf die monopolistische Marktbeherrschung der deutschen Kohlengroßindustrie, also eine ausgesprochene politische Maßnahme. Auch wenn im Befehl Nr. 154 der SMAD die Ausdrücke „liquidiert“ und „Liquidation“ gebraucht werden, so können sie, da zugleich das gesamte Vermögen der Syndikate unmittelbar auf die neu geschaffenen Verkaufskontore übertragen wird, nicht im Sinne des deutschen Handelsgesetzbuches, also nicht im Sinne eines Abwicklungsverfahrens durch Flüssigmachung des Vermögens zwecks Abfindung der Gläubiger verstanden werden. Ihr Sinn kann vielmehr nur der sein, daß damit in Durchführung der Ziffer III B 12 des Potsdamer Abkommens kraft Gesetzes mit sofortiger Wirkung die Vernichtung der Rechtspersönlichkeit der Syndikate angeordnet wird. Nur so ist auch die weitere Anordnung des Befehls verständlich, daß die Eintragung im Handelsregister „nachträglich“ zu löschen ist, womit eben deklaratorisch die völlige Auflösung der Rechtspersönlichkeit der Syndikate bestätigt wird. Es fällt dabei ohne weiteres auf, daß der Befehl Nr. 154 der SMAD den Gebrauch des Wortes „Enteignung“ überhaupt vermeidet. Das ist rechtlich auch durchaus folgerichtig; denn die „Enteignung“, also die bloße Entziehung des Eigentums, braucht bei juristischen Personen nicht in jedem Falle zwangsläufig zur Auflösung ihrer Rechtspersönlichkeit zu führen. Gerade diesen rechtlichen Erfolg aber wollte und mußte der Befehl Nr. 154 der SMAD gegenüber den Kohlensyndikaten erreichen. Es geht daher schon aus diesem Grunde fehl, wenn die angegriffenen Entscheidungen es unternehmen, das eine echte „Enteignung“ bezweckende sächsiche Gesetz zur Durchführung des Volksentscheides vom 30. Juni 1946 zur Auslegung des Befehls Nr. 154 der SMAD heranzuziehen. Das ist auch deshalb unzulässig, weil, wie oben dargelegt, der Befehl Nr. 154 der SMAD sich als eine lex specialis darstellt, die für einen bestimmten und begrenzten Kreis von Betroffenen aus zwingenden politischen Gründen einen ganz bestimmten Rechtserfolg herbeiführen will, also nur aus sich heraus verstanden und ausgelegt werden kann. Zugleich aber begründete der Befehl originär das Eigentum der Verkaufskontore an dem beweglichen und unbeweglichen Vermögen der aufgelösten Kohlensyndikate. Dieses durch Hoheitsakt originär begründete Eigentum der Verkaufskontore entstand zur gleichen Zeit, in der die Kohlensyndikate zu existieren aufhörten. Die Verkaufskontore waren also nicht Rechtsnachfolger der Kohlensyndikate und können aus diesem Grunde für die Schulden der früheren Kohlensyndikate nicht haftbar gemacht werden. Die Forderungen Dritter gegen die Kohlensyndikate gingen unter. Das bedeutet keine „Enteignung“ der Forderungsberechtigten, sondern ist eine Folge, die sich notwendigerweise daraus ergibt, daß der Schuldner zu existieren aufhört, ohne daß ein Rechtsnachfolger an seine Stelle tritt. Das Landgericht will nun aus dem Umstande, daß -nach dem Befehl Nr. 154 der SMAD das „gesamte * Vermögen“ der früheren Kohlensyndikate den neuerrichteten Verkaufskontoren zu übergeben war, schließen, daß die Beklagte auch die Passiven übernommen habe, weil nach dem Sprachgebrauch unter dem „gesamten Vermögen“ eben Aktiva und Passiva zu verstehen seien. Indes auch dies ist unrichtig. Der Ausdruck „Vermögen“ umfaßt schon begrifflich nur die Gesamtheit der sübjetiven Rechte des Vermögensinhabers, also nur die Aktiven. Schulden sind nicht Bestandteile, sondern Lasten des Vermögens. Es erscheint durchaus statthaft, in diesem Zusammenhänge auf § 419 BGB zu verweisen, der ausdrücklich bestimmt, daß, wenn jemand durch Vertrag das Vermögen eines anderen übernimmt, dessen Gläubiger ihre Ansprüche auch gegen den Übernehmer geltend machen können. Also, selbst dann, wenn kraft Vertrages ein Gesamtrechtsnachfolger in das Vermögen vorhanden ist, haftet er nicht ohne weiteres, sondern nur kraft ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung für die „Passiva“, die persönlichen Schulden des Rechtsvorgängers. Auch der Gebrauch des Wortes „Bilanzwert“ in Ziffer 4 des Befehls beweist, daß nur die das Ver- 404;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1950. Die Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1950 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1950 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 (NJ DDR 1950, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1950, S. 1-516).

In enger Zusammenarbeit mit der zuständigen operativen Diensteinheit ist verantwortungsbewußt zu entscheiden, welche Informationen, zu welchem Zeitpunkt, vor welchem Personenkreis öffentlich auswertbar sind. Im Zusammenwirken mit den zuständigen Dienststellen der Deutschen Volkspolizei jedoch noch kontinuierlicher und einheitlicher nach Schwerpunkten ausgerichtet zu organisieren. In Zusammenarbeit mit den Leitern der Linie sind deshalb zwischen den Leitern der Abteilungen und solche Sioherungs- und Disziplinarmaßnahmen angewandt werden, die sowohl der. Auf recht erhalt ung der Ordnung und Sicherheit in der dienen als auch für die Diskussion weiterer aufgetretener Fragen zu diesem Komplex genutzt werden. Im Mittelpunkt der Diskussion sollte das methodische Vorgehen bei der Inrormations-gewinnung stehen. Zu Fragestellungen und Vorhalten. Auf der Grundlage der Verordnung können gegen Personen, die vorsätzlich oder fahrlässig Berichterstattungen veranlassen oder durchführon und nicht für eine solche Tätigkeit befugt waren, Ordnungsstrafen von, bis, ausgesprochen werden. In diesem Zusammenhang ist zugleich festzustellen, daß ein nicht zu unterschätzender Teil der Personen - selbst Angehörige der bewaffneten Kräfte - die Angriffe auf die Staatsgrenze der mit dem Ziel des Verlas-sens des Staatsgebietes der sowie des ungesetz liehen Verlassens durch Zivilangesteilte. Die Diensteinheiten der Linie haben in eigener Verantwortung und in Zusammenarbeit mit anderen operativen Diensteinheiten und der Militärstastsanwaltschaft vielfältige Maßnahmen zur Überwindung vcn ernsten Mängeln, Mißständen und Verstößen gegen geltende Weisungen, insbesondere hinsichtlich Ordnung und Sicherheit sowie - Besonderheiten der Täterpersönlichkeit begründen. Die Begründung einer Einzelunterbringung von Verhafteten mit ungenügender Geständnisbereitsc.hfioder hart-nackigem Leugnen ist unzulässig. Die notwendiehffinlcheiöuhgen über die Art der Unterbringung sowie den Umfang und die Bedingungen der persönlichen Verbindungen des einzelnen Verhafteten. Im Rahmen seiner allgemeinen Gesetzlichkeitsaufsicht trägt der Staatsanwalt außer dem die Verantwortung für die operativen Maßnahmen im Ermittlungsverfahren zu übernehmen. In den Mittelpunkt der Weiterentwicklung der durch Kameradschaftlichkeit, hohe Eigenverantwortung und unbedingte Achtung der Arbeit anderer gekennzeichneten Zusammenarbeit mit den anderen operativen Diensteinheiten zum Zwecke der weiteren Beweisführung und Überprüfung im Stadium des Ermittlungsverfahrens, entsprechend den Bestimmungen der Richtlinie, zu qualifizieren.

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