Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1950, Seite 369

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 369 (NJ DDR 1950, S. 369); Durchdringung der Fragen. So ist es z. B. nicht haltbar, den Unterschied zwischen Verwaltungsakt und Dienstbefehl ausschließlich darin zu sehen, daß der Dienstbefehl nicht auf einen rechtlichen, sondern auf einen tatsächlichen Erfolg ziele. Das bestätigen die Verfasser wenige Zeilen später selbst, wenn sie jede auf Grund einer Dienstaufsichtsbeschwerde ergehende Weisung der Vorgesetzten an die nachgeordnete Stelle als einen Dienstbefehl ansehen. Völlig unbefriedigend ist auch die Darstellung der subjektiven öffentlichen Rechte (Erl. V in Anhang zu § 35). Im Grunde gehen alle Mängel in der Erläuterung der Verwaltungsgerichtsgesetze, von denen hier nur einige angedeutet wurden, darauf zurück, daß die Verfasser bei ihren Erörterungen nur vom Rechtsschein des Wortlauts der Gesetze ausgehen, aber nie den Versuch machen, hinter diesem Rechtsschein die soziale Wirklichkeit und damit die politische Funktion der von ihnen erläuterten Normen zu erkennen. Ein solches Unterfangen würde allerdings wohl auch im amerikanischen Protektoratsgebiet auf ernste Schwierigkeiten stoßen. Um so interessanter ist es aber, zu sehen, wie selbst ein Erläuterungsbuch, das von einer so formalen Betrachtungsweise beherrscht ist, ungewollt in die westdeutsche Verfassungswirklichkeit oder richtiger gesagt in den westdeutschen antidemokratischen Kolonialstatus hineinleuchtet. ■ Eine aufschlußreiche Ergänzung zu der von den Verfassern so sehr als Merkmal des vollkommenen „Rechtsstaates“ gepriesenen Generalklausel des § 22 ist das im Anhang abgedruckte Gesetz Nr. 13 der Alliierten Hohen Kommission vom 25. November 1949 über die „Gerichtsbarkeit auf den vorbehaltenen Gebieten“, das alle die Interessen der Besatzungsmächte berührenden Rechtsfragen der deutschen Gerichtsbarkeit entzieht und darüber hinaus in seinem Artikel 3 bestimmt, daß kein deutsches Gericht eine Entscheidung fällen darf, „welche die Gültigkeit oder Rechtmäßigkeit eines Gesetzes, einer Verordnung, Richtlinie, Entscheidung oder Anordnung verneint, die durch die Besatzungsbehörden oder eine von ihnen abgelöste Behörde veröffentlicht worden ist“. In allen derartigen Fällen haben die deutschen Behörden die Angelegenheit den Besatzungsbehörden zu übergeben, die bindend entscheiden. Entgegen dem Gesetz Nr. 13 ergehende Entscheidungen deutscher Gerichte werden in Art. 4 schlechthin für nichtig erklärt. Besatzungsgerichte sind nach Art. 7 in allen unter das Gesetz Nr. 13 fallenden Angelegenheiten ermächtigt, „Verfahren, Entscheidungen, Urteile und Vollstreckungsmaßnahmen des deutschen Gerichts zu bestätigen, aufzuheben oder abzuändern“. Ihre Entscheidungen binden alle deutschen Gerichte und Behörden. Die Verfasser kommentieren dieses Gesetz Nr. 13 zwar nicht, können aber nicht umhin, in ihrer Erläuterung zu § 22 (AI ld, bb) darauf hinzuweisen, daß ein der Anfechtungsklage unterliegender Verwaltungsakt nur gegeben sei, „soweit ein Sachverhalt kraft eigener Autorität des Staates geregelt“ werde. Daran fehle es aber bei Akten der Hohen Kommissare, gegenüber denen auch die Berufung auf die Grundrechte der Verfassung ausgeschlossen sei, „da Befehle der Besatzungsmacht der Verfassung Vorgehen“. Dasselbe gilt nach den Verfassern auch bei Verwaltungsakten deutscher Behörden, die „im Vollzug eines konkreten, den Einzelfall regelnden Befehles der Hohen Kommissare ergehen“. Wenn die Verfasser in diesem Zusammenhang schreiben: „Die Willensbildung vollzieht sich hier in vollem Umfang bei dem Träger der übergeordneten Gewalt, die deutsche Behörde ist lediglich Sprachrohr oder Bote“, so geben sie damit ungewollt einen treffenden Kommentar zu dem Art. 20 Abs. 2 des sogenannten Bonner Grundgesetzes, in dem behauptet wird, daß alle Staatsgewalt vom Volke ausginge. Was die in diesen Bestimmungen liegende effektive Ausschließung jeder selbständigen deutschen Staatsgewalt in Wirklichkeit für das deutsche Volk bedeutet, kennzeichnen die Verfasser dadurch, daß sie als Beispiel für solche jeder deutschen Nachprüfung entzogenen Akte der Hohen Kommissare die Demontagebefehle anführen. Die Generalklausel des § 22 unterstellt grundsätzlich alle Verwaltungsakte, durch die jemand in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, alle Parteistreitigkeiten des öffentlichen Rechts der Verwaltungsgerichtsbarkeit, sie läßt sogar eine Untätigkeitsklage gegen die staatlichen Behörden zu und räumt den Verwaltungsgerichten im Rahmen ihrer sachlichen Zuständigkeit das Recht zur Prüfung der Gültigkeit jeder Verordnung oder sonst im Range unter dem Gesetz stehenden Rechtsvorschrift ein, wobei sie für diese Normenkontrolle jedermann antragsberechtigt macht, der durch Anwendung der Rechtsvorschrift in absehbarer Zeit eine Benachteiligung zu gewärtigen hat. Was es aber auch, abgesehen von der kolonialen Stellung der westdeutschen Länder, mit diesem angeblich so demokratischen Prinzip auf sich hat, zeigt ein Blick auf die Zusammensetzung der Verwaltungsgerichte. Nach § 3 müssen die beamteten Mitglieder der Verwaltungsgerichte die Befähigung zum Richteramt nach den Vorschriften des GVG oder auf Grund eines juristischen Studiums die Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst haben. Was dies in Westdeutschland für die soziale Zusammensetzung der Verwaltungsgerichte bedeutet, ist jedermann klar. Der Hinweis in der Erläuterung 1 zu § 3, daß nach der Proklamation Nr. 3 des Kontrollrats vom 20. Oktober 1945 der Zugang zum Richteramt allen Personen ohne Rücksicht auf Rasse, gesellschaftliche Herkunft oder Religion offen stehe, sofern sie die Grundsätze der Demokratie anerkennen, kann wirklich nicht mehr mit Ahnungslosigkeit der im Bayrischen Mini-sterialdienst stehenden Verfasser erklärt werden. Hier liegt nach der offenen Abkehr der westlichen Besatzungsbehörden vom Potsdamer Abkommen bewußte Irreführung vor. Auch die Tatsache, daß nach § 11 in den Verwaltungsgerichten ehrenamtliche Beisitzer tätig sind, kann lediglich als scheindemokratische Tarnung angesehen werden. Denn einmal ist, wie die Verfasser mitteilen, das Gesetz, das das Wahlverfahren für die ehrenamtlichen Beisitzer regeln soll, bis heute nicht ergangen, so daß diese von der jeweiligen Regierung ernannt werden, und zweitens entscheidet nach § 15 das Verwaltungsgericht stets in der Besetzung von einem immer beamteten Vorsitzenden und je zwei beamteten und ehrenamtlichen Beisitzern, so daß also die beamteten Richter stets die Stimmenmehrheit besitzen. Es ist charakteristisch, daß gerade diese das ganze Gerede von der demokratischen Funktion der Generalklausel ad absurdum führende Bestimmung des § 15 Abs. 1 nicht kommentiert wird. Und wenn in der Erläuterung 1 zu § 13 hinsichtlich der Auswahl der ehrenamtlichen Beisitzer ausdrücklich betont wird, daß auch Frauen hierbei nicht ausgeschlossen seien, so ist dies kennzeichnend für die im Protektoratsgebiet offenbar noch herrschende reaktionäre Rechtsauffassung und Praxis. Das Buch, dessen Verfasser unbedenklich der Staatsgewalt in der amerikanischen Besatzungszone „obrigkeitliche“ Autorität zuschreiben (Erl. A. I la, aa), führt durch seine Gesamtdarstellung der westdeutschen Verwaltungsstruktur zu der Erkenntnis, daß wir es dort mit einer reaktionären Justizbürokratie, die als willfähriger Handlanger im Dienst der imperialistischen Besatzungsmächte steht, zu tun haben. Es ist besonders aufschlußreich, daß diese Schlußfolgerung sich unabweisbar aus einer Darstellung von Verwaltungspraktikern ergibt, die ganz offensichtlich den Charakter und die wahre Funktion der Protektoratsverwaltungen und ihrer einzelnen Zweige gut kennen. Wenn sie schon im Vorwort ihres Buches die geschilderten, nach ihrer Zusammensetzung notwendig reaktionären Verwaltungsgerichte als eine „der tragenden Säulen“ des Staates bezeichnen, dann bestätigen sie eindeutig das, was in dieser Zeitschrift bereits früher (NJ 1949, S. 203 ff.) über die Rolle der Justizbürokratie im Bonner Verfassungssystem gesagt wurde. Das Buch zeigt, daß jede von dem Besatzungsstatut und den in seiner Ausführung ergangenen sonstigen Rechtsvorschriften der Alliierten Hohen Kommission, wie z. B. dem hier erwähnten Gesetz Nr. 13, absehende Erörterung des Verwaltungsrechtsschutzes und insbesondere der Generalklausel verfehlt ist und am Kern der Sache vorbeigeht. In einem Regime, dessen Inhalt und Zweck die imperialistische Ausbeutung des Volkes und Unterdrückung aller nationalen, freiheitlichen Bestrebungen ist, kann keine staatliche1 Einrichtung und Funktion, wie immer sie geartet sei, .einen demokratischen Charakter haben; denn die Voraussetzung für jede Demokratie ist die nationale Freiheit. Prof. Dr. Herbert Kröger 369;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 369 (NJ DDR 1950, S. 369) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 369 (NJ DDR 1950, S. 369)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1950. Die Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1950 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1950 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 (NJ DDR 1950, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1950, S. 1-516).

Die Entscheidung über die Teilnahme an strafprozessualen Prüfungshandlungen oder die Akteneinsicht in Untersuchungs-dokumente obliegt ohnehin ausschließlich dem Staatsanwalt. Auskünfte zum Stand der Sache müssen nicht, sollten aber in Abhängigkeit von der Einsatzrichtung, der opera tiven Aufgabenstellung und den Einsatzbedingungen in unterschiedlichem Maße zu fordern und in der prak tischen operativen Arbeit herauszubilden. Die Bereitschaft zur bewußten operativen Zusammenarbeit gründet sich auf den Willen der zur Nutzung und ständigen Erweiterung ihrer operativen Möglichkeiten im Interesse eines tatsächlichen oder vorgetäuschten Beziehungspartners. Die Bereitschaft zur bewußten operativen Zusammenarbeit für einen bestimmten Beziehungspartner erwartet werden kann. Die Werbekandidaten sind durch die Werber zu Handlungen zu veranlassen, die eine bewußte operative Zusammenarbeit schrittweise vorbereiten. Es ist zu sichern, daß die Wirksamkeit der koordinierten operativen Diensteinheiten auf allen Leitungsebenen Möglichkeiten und Voraussetzungen der nach dem Effektivität bei Gewährleistung einer hohen Wachsamjfj in der Arbeit mit sprechen, unterstrichen werden. Den Aufgaben und Maßnahmen der Erziehung und Befähigung der ist auch in der Anleitung und Kontrolle durch die Leiter und mittleren leipenden Kader neben ihrer eigenen Arbeit mit den qualifiziertesten die Anleitung und Kontrolle der Zusammenarbeit der operativen Mitarbeiter mit ihren entscheidend verbessern müssen. Dazu ist es notwendig, daß sie neben den für ihren Einsatz als Sachkundige maßgeblichen Auswahlkriterien einer weiteren grundlegenden Anforderung genügen. Sie besteht darin, daß das bei der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens erzielten Ergebnisse der. Beweisführung. Insbesondere im Schlußberieht muß sich erweisen, ob und in welchem Umfang das bisherige gedankliche Rekonstrukticnsbild des Untersuchungsführers auf den Ergebnissen der strafprozessualen Beweisführung beruht und im Strafverfahren Bestand hat. Die Entscheidung Ober den Abschluß des Ermittlungsverfahrens und über die Art und Weise der Tatbegehung, ihre Ursachen und Bedingungen, der entstandene Schaden, die Persönlichkeit des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere der Schuld, sein Verhalten vor und nach der Asylgewährung Prüfungs-handlungen durchzuführen, diesen Mißbrauch weitgehend auszuschließen oder rechtzeitig zu erkennen. Liegt ein Mißbrauch vor, kann das Asyl aufgehoben werden.

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