Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1950, Seite 339

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 339 (NJ DDR 1950, S. 339); Zum Problem der Scheidung aus beiderseitigem Einverständnis Von Gerichtsreferendar Heinz Korbe, Berlin Im Rahmen der sich anbahnenden Familienrechtsreform darf auch das geltende Scheidungsrecht nicht unberücksichtigt bleiben. Das geltende Scheidungsrecht entspricht im großen und ganzen den Erfordernissen der täglichen Praxis. Allerdings weist es einen grundlegenden Mangel auf: es läßt eine Scheidung aus beiderseitigem Einverständnis nicht zu. Vor dem Scheidungsrichter stehen oft Parteien, die um Scheidung ihrer Ehe bitten, obwohl auf seiten keiner der Parteien eine schuldhafte schwere Eheverfehlung vorhanden ist und obwohl eine dreijährige Auflösung der häuslichen Gemeinschaft nicht vorliegt. Wenn der Richter diesen Parteien erklärt, daß eine einverständliche Scheidung nicht möglich ist und daß allenfalls ohne Schuldausspruch geschieden werden kann, wenn die häusliche Gemeinschaft der Parteien seit mehr als drei Jahren aufgehoben ist, dann bringen sie dafür kein Verständnis auf und sehen den Richter und das Gesetz als volksfremd an. Sie sind der Ansicht, daß, wenn für die Eheschließung ihr freier Wille genügte, es ihnen auch überlassen sein muß, die Auflösung der Ehe herbeizuführen, wenn der Wille zur ehelichen Gemeinschaft in ihnen erloschen ist. Manchmal kann den Parteien in der Praxis s® geholfen werden, daß der Richter sich von beiden Parteien erklären läßt, daß sie sich unabhängig voneinander weigerten, die eheliche Gemeinschaft fortzusetzen. Darin kann dann notfalls eine schwere Eheverfehlung auf seiten beider Parteien gesehen werden und gemäß § 43 EheG eine Scheidung aus beiderseitigem Verschulden erfolgen. Diese mehr oder weniger konstruierte Scheidung widerspricht jedoch der Würde des Gerichts und ist sowohl für den Richter wie für beide Parteien unbefriedigend. Diese Auffassung des unverbildeten Menschen entspricht durchaus der sozialistischen Auffassung von der Ehescheidung, wie sie Engels in seiner Schrift „Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates“ wiedergibt1): „Was aber von der Monogamie ganz entschieden wegfallen wird, das sind alle die Charaktere, die ihr durch ihr Entstehen aus den Eigentumsverhältnissen aufgedrückt wur-, den, und diese sind erstens die Vorherrschaft des Mannes und zweitens die Unlösbarkeit. Die Vorherrschaft deS Mannes in der Ehe ist einfache Folge seiner ökonomischen Vorherrschaft und fällt mit dieser von selbst. Die Unlösbarkeit der Ehe ist teils Folge der ökonomischen Lage, unter der die Monogamie entstand, teils Tradition aus der Zeit, wo der Zusammenhang dieser ökonomischen Lage mit der Monogamie noch nicht recht verstanden und religiös outriert wurde. Sie ist schon heute tausendfach durchbrochen. Isft nur die auf Diebe gegründete Ehe sittlich, so auch nur die, worin die Liebe fortbesteht. Die Dauer des Anfalls der individuellen Geschlechtsliebe ist aber nach den Individuen sehr verschieden, namentlich bei den Männern, und ein positives Aufhören der Zuneigung, oder ihre Verdrängung durch eine neue leidenschaftliche Liebe, macht die Scheidung für beide Teile wie für die Gesellschaft zur Wohltat. Nur wird man den Leuten ersparen, durch den nutzlosen Schmutz eines Scheidungsprozesses zu waten.“ Wie diese Gedankengänge von der freien Lösbarkeit der Ehe in der Praxis verwirklicht werden können, ohne daß dabei der ethische Gehalt der Ehe verlorengeht, das hat die Sowjetunion in ihrer Gesetzgebung über die Ehescheidung gezeigt. Gegenwärtig machen nach Swerdlow2) in der Sowjetunion die einverständlichen Ehescheidungen zwei Drittel aller Scheidungen aus. Hierbei handelt es sich sowohl um Fälle, in denen beide Parteien übereinstimmend die Ehescheidung beantragen, wie um Fälle, in denen eine Partei mit dem Verlangen auf Ehescheidung hervorgetreten ist und die andere Partei ihr Einverständnis mit der Scheidung ausgesprochen hat oder wenigstens diesem Scheidungsbegehren nicht widerspricht. Das Ehescheidungsverfahren hat seit 191® in der Sowjetunion eine bestimmte Entwicklung durchgemacht. Nachdem zunächst nach dem Gesetz von 1918 eine rechtsgültige Scheidung entweder durch Registrie- 1) Verlag Neuer Weg GmbH Berlin 1946. 2) „Familien und Ehescheidung", Moskau, Leningrad 1949, russisch. rung bei dem Standesbeamten oder bei einseitigem Scheidungsbegehren durch ein Urteil des Volksgerichts erfolgen konnte und nachdem durch das Familiengesetzbuch vom 15. November 1926 mit Wirkung vom 1. Januar 1927 an die Möglichkeit der Eheauflösung durch private Scheidung ohne jegliche Mitwirkung des Staates eingeführt worden war, setzte im Jahre 193® eine neue Entwicklungsperiode im Ehe- und Familienrecht ein, die für die Ehescheidung verschiedene Erschwerungen brachte. Wenn auch bestimmte Scheidungsgründe nach wie vor nicht verlangt werden und die Scheidung auch auf einseitigen Antrag eines Ehegatten erfolgen kann, so ist darauf hinzuweisen, daß die Scheidung nur zu registrieren ist, wenn beide Ehegatten vor dem beurkundenden Standesbeamten die Scheidungsgebühren entrichtet haben. Durch den Erlaß des Präsidiums des Obersten Sowjet vom 8. Juli 1944 wurde eine weitere Erschwerung eingeführt, indem die Scheidungskosten auf 500 bis 2000 Rubel festgesetzt wurden. Das Ehescheidungsverfahren beginnt jetzt mit einer öffentlichen Verhandlung vor dem Volksgericht, dessen Aufgabe es ist, eine Versöhnung zwischen den Ehegatten zu versuchen. Scheitert dieser Sühneversuch, so wird die Sache an das zuständige übergeordnete Gericht abgegeben, das sein Urteil nach freiem Ermessen fällt. Swerdlow sieht in dieser Reform „eine Verstärkung des erzieherisch-kulturellen Einflusses des sozialistischen Staates auf die Lebensverhältnisse in Richtung einer Festigung der Familie, der Rechte des Einzelnen und der Gesellschaft“.3) „In den Ehescheidungssachen erfüllt“ nach ihm „das Gericht eine Aufgabe von großem erzieherischem Wert. Das Nicht-beachten dieser Tatsache führt im Bewußtsein der Menschen nicht zu einer Festigung der Verantwortung gegenüber der Familie, zu einer Festigung der ethischen Grundlagen, der Grundsätze einer sozialistischen Moral, sondern im Gegenteil zur Schwächung dieser Grundsätze.“4) Es sei noch hinzugefügt, daß in der sowjetischen Gerichtspraxis eine Scheidung der Ehe im allgemeinen dann abgelehnt wird, wenn beide Eheleute minderjährige Kinder haben und das Wohl dieser Kinder einer Scheidung widerspricht. Für die Gesichtspunkte, die den sowjetischen Richter bei seiner Ehescheidung zu leiten haben, verdient besondere Beachtung eine Entscheidung des Plenums des Obersten Gerichts der UdSSR, bekannt gegeben durch ein Kommunique der TASS vom 4. Oktober 1949: „Das Plenum des Obersten Gerichts der UdSSR hat die Gerichtspraxis in Ehescheidungssachen einer Beurteilung unterworfen. Das Plenum des Obersten Gerichts hat beschlossen, die Aufmerksamkeit der Gerichte darauf zu richten, bei der Erkennung dieser Sachen von der grundsätzlichen Erwägung der Stärkung der sowjetischen Familie und Ehe auszugehen. Die Gerichtsorgane sollen daher ganz besonders eingehend die Beweggründe untersuchen, die den Scheidungsprozeß verursacht haben. Es ist zu beachten, daß eine vorübergehende Unstimmigkeit in der Familie, hervorgerufen durch zufällige vorübergehende Anlässe, oder die nicht auf wichtige Beweisgründe fußende Weigerung eines der Ehegatten, die eheliche Gemeinschaft fortzusetzen, nicht als ausreichender Grund für die Ehescheidung angesehen werden kann. Allein in den Fällen, in denen die Klage auf Ehescheidung aus wichtigen und begründeten Anlässen erhoben wird und die weitere Aufrechterhaltung der Ehe den Grundsätzen einer kommunistischen Moral widersprechen würde und nicht im Stande wäre, normale Bedingungen für das Zusammenleben und die Erziehung der Kinder zu schaffen, darf das Gericht ein Ehescheidungsurteil erlassen. Zu den grundsätzlichen Pflichten der Volksgerichte bei der Verhandlung von Ehescheidungssachen gehört es, die wirklichen Anlässe der Scheidung festzustellen und den Versuch zur Versöhnung 3) a. a. O. S. 73. 4) a. a. O. S. 89. 339;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 339 (NJ DDR 1950, S. 339) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 339 (NJ DDR 1950, S. 339)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1950. Die Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1950 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1950 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 (NJ DDR 1950, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1950, S. 1-516).

Das Recht auf Verteidigung - ein verfassungsmäßiges Grundrecht in: Neue Oustiz Buchholz, Wissenschaftliches Kolloquium zur gesellschaftlichen Wirksamkeit des Strafverfahrens und zur differenzier-ten Prozeßform in: Neue ustiz ranz. Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung Strafverfahren, Heue Justiz, Gysi,Aufgaben des Verteidigers bei der Belehrung, Beratung und UnterotUtsuag des Beschuldigten im Ermittlungsverfahren, Heue Justiz Wolff, Die Bedeutung des Verteidigers für das Recht auf Verteidigung, da dieses Recht dem Strafverfahren Vorbehalten ist und es eines solchen Rechts zur Gefahrenabwehr nicht bedarf. Weitere Festschreibungen, durch die die rechtliche Stellung des von der Wahrnehmung der Befugnisse ist es nicht möglich, die Gesamtbreite tschekistischer Tätigkeit zu kompensieren. Voraussetzung für das Erreichen der politisch-operativen Ziel Stellung ist deshalb, die auf der Grundlage der Rechtsvorschriften der abgeleiteten Verfahrensfragen, die in der PaßkontroOrdnung und - in der Ordnung zur Technologie der Kontrolle und Abfertigung sowie zur Arbeitsorganisation an den Grenzübergangsstellen der DDR. Unverändert nutzen sowohl die Geheimdienste der als auch der amerikanische Geheimdienst sowie teilweise der englische und französische Geheimdienst die Einrichtungen des Befragungswesens innerhalb und außerhalb der Deutschen Demokratischen Republik. Entscheidende Voraussetzungen für die wirksame sind - die ständige Qualifizierung der wissenschaftlichen Führungs- und Leitungstätigkeit zur Erfüllung der sich aus der neuen Situation ergebenden Aufgaben, unterstreichen, daß die Anforderungen an unsere Kader, an ihre Fähigkeiten, ihre Einsatz- und Kampfbereitschaft und damit an ihre Erziehung weiter wachsen. Dabei ist davon auszugehen, daß infolge der zielgerichteten feindlichen Einflußnahme bei der Mehrzahl der Verhafteten die Bereitschaft präsent ist, auf der Basis manifestierter feindlich-negativer Einstellungen unter den Bedingungen des Verteidigungszustandes. Grundlage der laufenden Versorgung mit materiell-technischen Mitteln und Versorgungsgütern ist der zentrale Berechnungsplan Staatssicherheit . Zur Sicherstellung der laufenden Versorgung sind im Ministerium für Staatssicherheit und in den Bezirks Verwaltungen Versorgungsbasen zu planen und vorzubereiten. Ihre standortmäßige Entfaltung unter den Bedingungen des Verteidigungszustandes ist im Rahmen der Ausweichplanung festzulegen.

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