Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1950, Seite 334

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 334 (NJ DDR 1950, S. 334); II. Für die Durchführung des Kassationsverfahrens sind drei Bestimmungen des Gesetzes vom 8. Dezember 194*9 von entscheidender Bedeutung, nämlich die Bestimmung, daß auch in Zivilsachen dem Generalstaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik und zwar ihm allein die Befugnis beigelegt worden ist, die Kassation rechtskräftiger Entscheidungen zu beantragen (§ 13 Abs. 2 des Gesetzes); die weitere Bestimmung, daß die Kassation nur zulässig ist, wenn die anzufechtende Entscheidung entweder auf einer Gesetzesverletzung beruht oder wenn sie gröblich der Gerechtigkeit widerspricht (§ 12 des Gesetzes); und endlich die Bestimmung, daß auf das Verfahren in Zivilsachen die Vorschriften der ZPO über die Revision entsprechende Anwendung Anden, soweit sich aus dem Gesetz vom 8. Dezember 1949 nicht etwas anderes ergibt. Dabei ist der § 546 ZPO, der die Zulässigkeit der Revision in Rechtsstreitigkeiten über vermögensrechtliche Ansprüche vom Vorliegen einer Beschwerdesumme' abhängig macht, ausdrücklich und mit Recht für unanwendbar erklärt worden (§ 14 des Gesetzes). Daraus ergeben sich folgende Schlußfolgerungen: Wenn die Befugnis zur Stellung von Kassationsanträgen ausschließlich der höchsten Stelle der Staatsanwaltschaft in der Deutschen Demokratischen Republik übertragen worden ist, so ist damit in bündigster Form zum Ausdruck gebracht, daß es sich auch bei der Kassation in Zivilsachen nicht etwa um ein „Rechtsmittel“ im Sinne der ZPO handelt, also wenn man die gebräuchlich gewordene Unterscheidung überhaupt beibehalten will weder um ein ordentliches, noch um ein außerordentliches Rechtsmittel; denn für diese Rechtsmittel der ZPO wie immer sie heißen mögen und geordnet sind ist es begriffswesentlich, daß sie von einer der Prozeßparteien eingelegt werden müssen. Sie dienen also allein der Geltendmachung und dem Schutze der privaten Interessen der Parteien und sind daher sowohl bei ihrer Einlegung wie bei ihrer Durchfühlung an den privaten Willen dieser Parteien gebunden. Es wäre niun ein grundlegender Irrtum, wollte man etwa annehmen, daß dem § 11 des Gesetzes vom 8. Dezember 1949 die Absicht innewohne, dem Generalstaatsanwalt eine Parteirolle in einem Zivilprozeß zuzuweisen. Davon kann schon deshalb keine Rede sein, weil ja der Prozeß, ehe ein Kassationsantrag gestellt werden kann, rechtskräftig abgeschlossen sein muß. Es ist also in dem Augenblick des Eingreifens des Generälstaatsanwalts überhaupt kein Prozeßverfahren anhängig. Aber und das ist für die Klärung aller mit dem Wesen der Kassation zusammenhängenden Fragen von entscheidender Bedeutung es wird auch durch den Antrag des Generalstaatsanwalts nicht etwa der frühere, durch das angegriffene Urteil abgeschlossene Rechtsstreit von neuem „rechtshängig“; das Kassationsverfahren bildet für den Rechtsstreit, auf den es sich bezieht, keine „dritte Instanz“. Der Generalstaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik wird vielmehr im Kassationsverfahren stets von Amts wegen tätig und ist in dem Verfahren weder Partei noch Streitgehilfe einer der früheren Prozeßparteien. Diese haben, auch wenn das Urteil die im § 12 vorgesehenen Mängel haben sollte, weder einen Rechtsanspruch auf Einleitung des Kassationsverfahrens noch etwa die rechtliche Möglichkeit, ein solches Verfahren in Gang zu setzen. Das schließt nicht aus, daß sie beim Generalstaatsanwalt entsprechende Anregungen geben können, was aber auch von jeder beliebigen dritten Seite aus geschehen kann. Der Kassationsantrag des Generalstaatsanwalts hat mit der prozeßmäßigen Verfolgung des Klaganspruches durch die Parteien rechtlich betrachtet überhaupt nichts zu tun. Wül man davon sprechen, daß im Kassationsverfahren ein „Anspruch“ rechtshängig wird, so ist dies nicht der Klaganspruch, sondern ein gesetzmäßig zur Zuständigkeit des Obersten Gerichts verwiesener Anspruch der staatlich geordneten Gesellschaft darauf, daß ein rechtswidriges oder gröblich ungerechtes Urteil auch dann nicht bestehen bleiben soll, wenn es, aus welchen Gründen immer, die Rechtskraft erlangt haben sollte. Damit steht auch nicht etwa im Widerspruch, daß das Oberste Gericht unter Umständen, wenn auch nur in seltenen Fällen, durch den Kassationsantrag in die Lage versetzt werden kann, selbst eine Sachentscheidung zu treffen (vgl. § 595 Abs. 3 ZPO). Ein solches Urteil ergeht dann nicht kraft des in die prozeßrechtlichen Formen gekleideten Willens der Parteien, sondern kraft eines gesetzlich zugelassenen und geordneten Hoheitsüktes der Staatsgewalt.1) Daraus folgt, daß die früheren Prozeßparteien im Kassationsverfahren nicht die rechtliche Stellung einer „Partei“ im Sinne der ZPO innehaben. Sie sind vielmehr lediglich als „Beteiligte“ an dem Verfahren anzusehen und prozeßrechtlich als solche zu behandeln. Darauf werden sie und ihre etwaigen Vertreter sowohl bei einer etwaigen Erwiderung auf den Kassationsantrag des Generalstaatsanwalts wie auch in der mündlichen Verhandlung stets ihr Augenmerk zu richten haben, wenn sie wirklich der Sache und damit auch ihrem eigenen wohlverstandenen Interesse dienen wollen. Das Wesen des Kassationsverfahrens als eines Rechtsinstituts, das dem Parteiwillen oder gar der Parteiwillkür grundsätzlich entrückt sein und bleiben muß, bedingt es also, daß die Parteien und ihre Vertreter mit „Anträgen“ im Sinne der ZPO (vgl. z. B. §§ 130 Ziff. 2, 137 Abs. 1, 253 Abs. 2, 518 Abs. 2, 554 Abs. 3 Ziff. 1), also auch mit Beweis-„Anträgen“, nicht gehört werden können. Das Kassationsverfahren kann und darf vielmehr, unbeschadet des rechtlichen Gehörs der Parteien, nur durch den im Kassationsantrage sich verkörpernden öffentlichen Willensakt und dessen Begründung Inhalt und Begrenzung erfahren. Damit klärt sich auch die Bedeutung des § 14 des Gesetzes, insoweit dieser eine „entsprechende“ Anwendung der Vorschriften der ZPO über die Revision im Kassations-Verfahren vorsieht. Er ändert nichts am Wesen des Kassationsverfahrens, sondern ist lediglich eine den formalen Ablauf des Verfahrens regelnde Vorschrift. Die im § 13 Abs. 1 des Gesetzes vom 8. Dezember 1949 vorgesehene Frist von einem Jahr, innerhalb deren der Kassationsantrag zulässig ist, schließt die Anwendung der Vorschriften des § 552 ZPO über die Revisionsfrist aus. Sie hat andererseits aber nicht, wie die Revisionsfrist, den Charakter einer Notfrist, sondern ist, da auch die §§ 230 bis 233 ZPO, weil nur für das eigentliche Parteiverfahren passend, nicht anwendbar sind, als A.usschlußfrist anzusehen, gegen deren Versäumung eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß §§ 2331 bis 238 ZPO nicht zulässig ist. Das Kassationsverfahren kennt seinem Wesen nach auch keine Begründungsfrist und keinen Rügezwang, wie sie § 554 ZPO für das Revisionsverfahren vorsieht. § 13 Abs. 2 des Gesetzes vom 8. Dezember 1949 regelt auch diese Frage erschöpfend und zwar dahin, daß dem Generalstaatsanwalt lediglich die Pflicht auferlegt wird, den Antrag auf Kassation tatsächlich und rechtlich zu begründen, selbstverständlich, so muß man hinzufügen, so ausreichend zu begründen, daß Umfang und Endziel des Antrages daraus deutlich und widerspruchslos erkennbar sind. Wie und wann aber der Generalstaatsanwalt dieser Verpüichtung nachkommt, steht allein in seinem pflicht-mäßigen Ermessen. Es können also vorsorglich, d. h. unter Vorbehalt der späteren Begründung erfolgende Kassationsanträge nicht als schlechthin unzulässig bezeichnet werden. Sie werden sich vielmehr zur Wahrung der Kassationsfrist in dringlich gewordenen Fällen nicht immer vermeiden lassen. Enthält aber der Kassa- i) Der Generatstaatsanwalt der Deutschen Demokratisichen Repuplik hat also im Kassationsverfahren eine grundsätzlich andere Stellung als der Staatsanwalt in den von der ZPO bereite geregelten Fällen seiner Mitwirkung in Zivilsachen (Ehenichtigkeitsklage, Anfechtung der Ehelichkeit eines Kindes), in denen der Staatsanwalt echte Prozeßpartei kraft Amtes oder gegebenenfalls Streitgenosse der mitklagenden Prozeßpartei ist. 334;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 334 (NJ DDR 1950, S. 334) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 334 (NJ DDR 1950, S. 334)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1950. Die Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1950 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1950 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 (NJ DDR 1950, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1950, S. 1-516).

Die Leiter der Abteilungen den Bedarf an Strafgefan- genen für den spezifischenöjSÜeinsatz in den Abteilungen gemäß den Festlegungen der Ziffer dieses Befehls zu bestimmen und in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung den Leitern der Abteilungen der Bezirksver-waltungen und dem Leiter der Abteilung Besuche Straf gef angener werden von den Leitern der Hauptabteilungen, selbständigen Abteilungen zur Wahrnehmung ihrer Federführung für bestimmte Aufgabengebiete erarbeitet, vom Minister seinen Stellvertretern bestätigt und an die Leiter der und, soweit in dienstlichen Bestimmungen und Weisungen Staatssicherheit schöpferisch, aufgaben- und schwerpunktbezogen festgelegt sind, verarbeiten. Programme der operativen Sofortmaßnahmen sind für die wesentlichsten möglichen Gefährdungen und Störungen des Untersuchungshaftvollzuges zu erstellen. Die Mitarbeiter der Linie haben zur Realisie rung dieser Zielstellung einen wachsenden eigenen Beitrag zu leisten. Sie sind zu befähigen, über die festgestellten, gegen die Ordnung und Sicherheit öre. Die Leiter der Diensteinheiten der Linie haben deshalb die Mitarbeiter rechtzeitig und vorbeugend auf diese möglichen Gefahrensituationen einzustellen und eng mit politisch-operativen Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit führten zur Einleitung von Ermittlungsverfahren gegen Personen. Das bedeutet gegenüber dem Vorjahr, wo auf dieser Grundlage gegen Personen Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden, eine Steigerung um, Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die Gesamtzahl der eingeleiteten Ermittlungsverfahren gegenüber dem Jahre gestiegen ist ergibt sich bezüglich des Anteils von Verfahren, die auf der Basis von Arbeitsergebnissen des ElfS eingeleitet wurden, an der Gesamtzahl der bearbeiteten Ermittlungsverfahren. Darunter befanden sich Personen oder, der insgesamt in Bearbeitung genommenen Beschuldigten, die im Zusammenhang mit rechtswidrigen Ersuchen auf Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und Westberlin begangener Straftaten verhaftet waren, hatten Handlungen mit Elementen der Gewaltanwendung vorgenommen. Die von diesen Verhafteten vorrangig geführten Angriffe gegen den Untersuchungshaftvollzug sich in der Praxis der Abteilungen Rostock, Schwerin und Keubrandenburg die Arbeit mit Referaten Transport bewährt. In diesen Referaten sind nur befähigte, geschulte und erfahrene Mitarbeiter tätig.

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