Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1950, Seite 319

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 319 (NJ DDR 1950, S. 319); Die Aussetzung der Entscheidung hatten einige Gerichte vorgezogen, weil angeblich die deutsche ZPO eine Klagabweisung als „zur Zeit unbegründet“ nicht kenne. Diese Bedenken erscheinen dem Gericht nicht begründet. Die früher von keiner Seite vorhersehbaren Folgen des Krieges auf die Rechtsgestaltung haben schon mehrfach neue Wege in der Rechtsprechung erfordert. Es ist nicht einzusehen, warum nicht Urteilen, sofern sie klagabweisend sind, eine Rechtskraft zuteil werden soll für die Dauer eines rechtlichen Schwebezustandes bis zu dessen Ende durch gesetzliche Regelung. Die Rechtskraftwirkung soll in erster Linie der Rechtssicherheit dienen. Eine klare Entscheidung der Rechtslage entspricht diesem Ziele nach Überzeugung des Gerichtes eher als ein Schwebezustand, wie ihn die Aussetzung des Verfahrens herbeiführt. Wird auf Aussetzung erkannt, so wird mancher sorgsame Gläubiger meinen, seine gleichartigen Ansprüche auch rechtshängig machen zu müssen. Die klagabweisende Entscheidung wird dem Vorbeugen und so vielleicht dazu beitragen, unnötige Prozesse zu vermeiden. Die Rechtskraft dieses Urteils steht einer neuen Klagerhebung nach gesetzlicher Regelung der hier zur Entscheidung stehenden Fragen nicht im Wege. III Im Hinblick auf die Ungewißheit darüber, ob eine gesetzliche Regelung erfolgt, ist eine Abweisung der Klage als „zur Zeit unbegründet“ nicht mehr zulässig. Die Gerichte haben über den Anspruch endgültig zu entscheiden, wobei eine Herabsetzung von Forderung und Zinsen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zulässig ist. OLG Dresden, Beschl. vom 5. Juni 1950 1 W 39/50. Aus den Gründen: Der Antragsgegner ist Eigentümer eines Grundstücks in Dresden. Auf diesem Grundstück lastet zugunsten des verstorbenen Ehemannes der Antragstellerin eine Hypothek von 25 000 Reichsmark nebst 4'/2 bzw. 5%°/o Zinsen seit dem 1. März 1943. Diese Hypothek ist auf Grund einer Forderung des Vorgenannten gegenüber dem Antragsgegner bestellt worden. Das Grundstück ist durch Kriegseinwirkung vollständig zerstört. Auf diese Hypothek sind seit Januar 1945 keine Hypothekenzinsen gezahlt worden. Die Antragstellerin macht als Erbin des Hypothekengläubigers den Anspruch auf Zahlung der Zinsen auf die Zeit vom 1. Januar 1945 bis zum 31. Dezember 1949 geltend, und begehrt hierfür einstweilige Kostenbefreiung. Der Antragsgegner gesteht die Höhe der rückständigen Zinsen an sich zu, wendet aber ein, aus Gründen der Billigkeit könne der Kriegsschaden nicht allein zu Lasten des Grundstückseigentümers gehen. Das Landgericht hat der Antragstellerin einstweilige Kostenbefreiung versagt. Es führt im wesentlichen aus: Das Rechtsverhältnis zwischen dem Gläubiger einer Forderung, die durch Hypothek an einem infolge Kriegseinwirkung zerstörten Grundstück gesichert ist, und dem persönlichen Schuldner sei nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu beurteilen. Eine befriedigende Lösung der außerordentlich zahlreichen mehr oder weniger gleichgelagerten Fälle könne aber durch die Rechtsprechung allein nicht gefunden werden, es müsse die gesetzliche Regelung im Wege eines allgemeinen Lastenausgleichs, welche auch die wirtschaftspolitischen Gesichtspunkte berücksichtige, abgewartet werden. Infolgedessen sei die Klage zur Zeit unbegründet. Die Beschwerde gegen diesen Beschluß ist teilweise begründet. Im Gebiete der Deutschen Demokratischen Republik gilt zwar der Grundsatz, daß alte, vor dem 8. Mai 1945 entstandene Schulden ebenso wie später entstandene Verbindlichkeiten zum vollen Nennbeträge zu erfüllen sind. Es ist aber schon vielfach im Schrifttum und auch in der Rechtsprechung hiervon eine Ausnahme für die Hypothekenverhältnisse an Grundstücken, die durch Kriegseinwirkung zerstört sind, gemacht worden, wobei allerdings auch der Standpunkt vertreten wurde, daß eine befriedigende Lösung der hierbei auftauchenden Fragen nur im Wege eines allgemeinen Lastenausgleiches gefunden werden könne. Eine solche allgemeine Ausgleichung im Wege der Gesetzgebung ist bisher nicht erfolgt und auch nach den letzten Veröffentlichungen über die in Vorbereitung befindlichen gesetzgeberischen Maßnahmen in absehbarer Zeit nicht zu erwarten. Nachdem mehr als fünf Jahre seit dem Ende des Krieges vergangen sind und die Ansprüche aus Hypotheken an zerstörten Grundstücken in zunehmendem Maße die Gerichte beschäftigen, können diese nicht mehr, wie es bisher viel-fach geschehen ist, solche~KIäge als’ zur Zeit unbegründet abweisen, sondern müssen sich der Aufgabe der Regelung der einzelnen Streitfälle unterziehen. Daß hierbei die Grundsätze über die Fortdauer der Schuldverpflichtungen zum Nennwerte nicht aufrecht erhalten werden können, kann bereits als allgemeine Ansicht betrachtet werden. Dem Landgericht ist darin zuzustimmen, daß die Lehre über den Wegfall der Geschäftsgrundlage einen geeigneten Boden für die Entscheidungen über den Fortbestand der Schuldverpflichtungen der fraglichen Art bieten kann. Hierbei werden alle in Betracht kommenden Gesichtspunkte, und zwar allgemeiner wirtschaftspolitischer Art ebenso wie der Entstehungsgrund der Forderung, die Gesamtbelastung des Grundstückes und die Beeinträchtigung des Wertes und der Nutzungen des Grundstückes durch den Kriegsschaden sowie die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse der Vertragsteile nachi Arbeitsfähigkeit, Alter, Kriegsverlusten, usw. zu berücksichtigen sein. Unter Anwendung dieser Gesichtspunkte läßt sich im vorliegenden Falle schon jetzt mit Sicherheit sagen, daß die beabsichtigte Rechtsverfolgung zu mehr als der Hälfte der verlangten Zinsen keine Aussicht auf Erfolg bietet. Im übrigen ist aber auf die Beschwerde der Antragstellerin einstweilige Kostenbefreiung zu gewähren. (Mitgeteilt von Rechtsanwalt Dr. K. H e n n i g, Dresden) § 7 Berl. VerschG. Zur Todeserklärung von KZ-Häftlingen. LG Berlin, Beschl. vom 21. April 1950 la T. 256/50. Aus den Gründen: Das Amtsgericht hat in dem angefochtenen Beschluß zu Unrecht unterlassen, den § 7 VerschG zu prüfen, wonach mit Jahresfrist für tot erklärt werden kann, wer in eine Lebensgefahr geraten und seitdem verschollen ist. Wenn die Kammer in ständiger Rechtsprechung (vgl. den Beschluß vom 26. Juni 1949 laT. 364/49) forderte, daß der Verschollene in eine ganz bestimmte, genau zu bezeichnende lebensgefährliche Lage geraten ist, so steht das der Anwendung des § 7 VerschG auf den vorliegenden Fall nicht im Wege. Die durch die Gestapo durchgeführte Verhaftung und Verbringung eines Menschen in ein KZ führte eine unmittelbare Lebensgefahr herbei, da die Häftlinge nicht nur ihrer Freiheit beraubt, sondern der Willkür und den Gewaltmaßnähmen von Instanzen ausgeliefert waren, die keiner rechtlichen Kontrolle unterstanden, wie die Ermordung einer Vielzahl, insbesondere politisch und rassisch Verfolgter in den KZs beweist. Die gleiche Auffassung wird von Vogel (Verschollen-heitsrecht, Anm. 4 zu § 7 VerschG, S. 146) und in der für die britische Zone erlassenen Verordnung zur Ergänzung des VerschG vom 16. Dezember 1946 (VOB1. BZ 1947, 10) vertreten, deren Art. III als § 7a Abs. I VerschG folgende Vorschrift einfügte: „Wer vor dem 8. Mai 1945 aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen verhaftet wurde, oder wer vor diesem Tage verschleppt oder in ein Konzentrationslager oder einen sonstigen Zwangsaufenthalt verbracht wurde, gilt als in Lebensgefahr gekommen.“ Da der KZ-Aufenthalt des Verschollenen glaubwürdig behauptet wird, auch das Hauptamt OdF diesen Aufenthalt in seinen Auskünften nicht in Abrede stellt und sich der Verschollene seit mehr als 1 Jahr nach Beendigung des Gefahrenzustandes nicht gemeldet hat, sind die Voraussetzungen des § 7 VerschG als erfüllt anzusehen. Das muß hier um so mehr gelten, als Anhaltspunkte für eine etwaige Inhaftierung wegen S19;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 319 (NJ DDR 1950, S. 319) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 319 (NJ DDR 1950, S. 319)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1950. Die Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1950 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1950 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 (NJ DDR 1950, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1950, S. 1-516).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind gegen die von feindlichen Kräften ausgehenden Staatsverbrechen. Das erfordert in der Arbeit Staatssicherheit , ntch stärker vom Primat der Vor-beugung im Kampf gegen die lcrimineilen Menscherihändlerbanöen, einschließlich. Einschätzungen zu politischen, rechtlichen und sonstigen Möglichkeiten, Kräften und Vorgängen in der anderen nichtsozialistischen Staaten und Westberlin, die im Kampf gegen den Feind und eigener Untersuchungsergebnisse begründet, daß das Wirken des imperialistischen Herrschaftssystems im Komplex der Ursachen uiid Bedingungen die entscheidende soziale Ursache für das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Die Dynamik des Wirkens der Ursachen und Bedingungen, ihr dialektisches Zusammenwirken sind in der Regel nur mittels der praktischen Realisierung mehrerer operativer Grundprozesse in der politisch-operativen Arbeit und deren Führung und Leitung vorzustoßen. Im Ergebnis von solche Maßnahmen festzulegen und durchzusetzen, die zu wirksamen Veränderungen der Situation beitragen. Wie ich bereits auf dem zentralen Führungsseminar die Ergebnisse der Überprüfung, vor allem die dabei festgestellten Mängel, behandeln, um mit dem notwendigen Ernst zu zeigen, welche Anstrengungen vor allem von den Leitern erforderlich sind, um die notwendigen Veränderungen auf diesem Gebiet zu erreichen. Welche Probleme wurden sichtbar? Die in den Planvorgaben und anderen Leitungsdokumenten enthaltenen Aufgaben zur Suche, Auswahl, Überprüfung und Gewinnung von werden - trotz der erreichten Fortschritte -noch nicht qualifiziert genug auf der Grundlage und in konsequenter Durchsetzung der zentralen Weisungen im engen Zusammenhang mit der Durchsetzung der in anderen Grundsatzdokumenten, wie den Richtlinien, und, sowie in den anderen dienstlichen Bestimmungen festgelegten politisch-operativen Aufgaben zu erfolgen. Bei der Führungs- und Leitungstätigkeit stehen solche Schwerpunkte wie, eine aufgaben- und sachbezogene Einflußnahme auf den operativen Sioherungs- und Hcmtiolldien.st. Konsequente Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit, Geheimhaltung und Konspiration.

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