Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1950, Seite 220

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 220 (NJ DDR 1950, S. 220); Wenn auch hiermit noch ein neuer Begriff, nämlich der des „verlassenen Volksgutes“, eingeführt wird, so ergibt sich doch, daß es auf den Aufenthaltsort des Berechtigten nicht ankommt. Volksgut, d. h. volkswirtschaftlich wertvolles Gut, war verlassen, wenn es nicht mehr unter der Gewalt des Berechtigten stand. Nicht auf die räumliche, sondern auf die „mechanische“ Trennung des Gutes vom Berechtigten kommt es an. Die Klägerin trägt selbst vor, daß das Fahrzeug ihr gestohlen worden ist; trotz ihrer Strafanzeige konnten weder die Täter noch das Fahrzeug ermittelt werden. Wenn es dann später auf dem Gelände der Maschinenfabrik in ausgeraubtem und beschädigtem Zustand aufgefunden und vom Bergungsamt sichergestellt wurde, so geht daraus hervor, daß die Klägerin die Dispositionsmöglichkeit über den Wagen verloren hatte. Der Wagen war außer Gebrauch geraten, er besaß nicht mehr seine spezifische wirtschaftliche Funktion, als Beförderungsmittel zu dienen. Daran wird nichts geändert, daß dieser Zustand durch einen Diebstahl hervorgerufen wurde. Jetzt unterlag das Fahrzeug dem Zugriff von jedermann. Um einen Unberechtigten auszuschalten und das Fahrzeug der Allgemeinheit nutzbar zu machen, griff das Bergungsamt ein und ließ das Fahrzeug bergen. Der Senat sieht in diesem Tatbestand die Voraussetzung der Sylvester-Verordnung, daß es sich um ein zurückgelassenes Fahrzeug1 gehandelt hat (ebenso Willms, JRdsch. 1950, S. 217). An dieser Rechtslage wird dadurch nichts geändert, daß das Bergungsamt am 26. April 1949, also nach der Sylvester-Verordnung und ihren Rechtsfolgen, die „Freigabe widerrufen hat“. Audi hier braucht nicht untersucht zu werden, ob das Bergungsamt einen Verwaltungsakt oder ein privatrechtliches Rechtsgeschäft vorgenommen hat und ob es grundsätzlich davon loskommen kann. Keinesfalls kann das Bergungsamt durch einseitige Erklärung die durch die Sylvester-Verordnung am 31. Dezember 1947 entstandene Rechtslage, nämlich die Eigentümerfiktion zugunsten der Beklagten nachträglich aus der Welt schaffen (ebenso Willms, JRdsch. 1950, S. 20). Dementsprechend steht das Bergungsamt in seinem Schreiben vom 4. November 1949 Blatt 25 selbst auf dem Standpunkt, daß der Widerruf mit Wirkung ex nunc erfolgt ist und nur dazu dienen sollte, etwaigen Bedenken einer Rechtsverfolgung vor den ordentlichen Gerichten zu begegnen. Die Entscheidung steht also nicht in Widerspruch mit dem Urteil des Kammergerichts vom 13. Februar 1948 (7. U. 1015/47) und dem Urteil vom 11. September 1948 (6. U. 1404/48), bei denen der Widerruf der Freigabe vor dem 31. Dezember 1947 erfolgt war. Es unterliegt keinen Bedenken, die Sylvester-Verordnung auch für den demokratischen Sektor Berlins anzuwenden. Sie ist seinerzeit von der damals noch geeinten Kommandantur erlassen worden, gilt also für ganz Berlin. Ebenso ist es gleichgültig, daß das Fahrzeug sich nach der Besetzung erst in dem Westsektor befunden hat und erst später nach dem Ostsektor gekommen ist. Da der Beklagte somit nach der Sylvester-Verordnung als Eigentümer des Fahrzeuges gilt, hat die Klägerin keinen Anspruch auf Herausgabe des Fahrzeuges. Sie muß sich wegen der Vergütung gemäß Ziffer 2 der Sylvester-Verordnung an den Magistrat halten. Art. 29 ScheckG. Zur Anwendbarkeit der Verordnung über die Verlängerung der Fristen des Wechsel- und Scheckrechts vom 10. November 1943 (RGBl. I S. 656). OLG Potsdam, Beschl. vom 30. Januar 1950 1 W 243/49. Der Senat hat einen das Armenrecht für eine Klage im Scheckprozeß verweigernden Beschluß der Vorinstanz aufgehoben aus folgenden Gründen: Die Klage im Scheckprozeß hängt davon ab, ob die Vorlegung des Schecks bei der bezogenen Bank rechtzeitig erfolgt ist. Der Scheck ist am 29. März 1949 ausgestellt, aber erst am 13. April 1949 der bezogenen Bank vorgelegt worden. Die achttätige Frist des § 29 SchG ist also nicht eingehalten worden. Jedoch war zur Zeit der Vorlegung des Schecks noch die Verordnung über die Verlängerung der Fristen des Wechsel- und Scheck- rechts vom 10.November 1943 (RGBl. I S. 656) in Geltung, durch die diese Fristen um 60 Tage für solche Schecks verlängert werden, die infolge der Auswirkungen des Krieges nicht rechtzeitig vorgelegt werden können. Es ist eine Folgewirkung des Krieges, daß im April 1949 die Postverhältnisse immer noch nicht mit derjenigen Pünktlichkeit funktionierten, von der die das Scheckgesetz entwerfende internationale Scheckrechtskommission und im Anschluß daran der deutsche Gesetzgeber bei Schaffung der Vorschrift des § 29 des Scheckgesetzes über die achttägige Vorlegungsfrist ausgingen. Daß die tatsächlichen Kriegshandlungen 1945 ihr Ende gefunden haben, hindert nicht die Feststellung, daß sich im April 1949 noch die Kriegsauswirkungen in dem damals immer noch gestörten deutschen Postwesen gezeigt haben. Die Vorlegungsfrist war hiernach am 13. April 1949 noch nicht abgelaufen. (Mitgeteilt von Rechtsanwalt Dr. Rhensius, Treuen-brietzen) Anmerkung: Der Entscheidung kann in der allgemeinen Form, in der sie die Verordnung vom 10. November 191/3 anwendet, nicht beigetreten werden. Richtig ist, daß die Störung der Postwege und die daraus folgenden Verzögerungen in der Postzustellung als Auswirkung des Krieges zu betrachten sind. Richtig ist auch, daß, wenn im Einzelfalle die Nichteinhaltung der Vorlegungsfrist im Wechsel- oder Scheckverkehr auf die ungewöhnlich lange Dauer der Postzustellung zurückzuführen ist, § 1 der Verordnung vom 10. November 191/3 angewandt werden muß, d. h. die Vorlegungsfrist um 60 Tage zu verlängern ist. Dagegen ist es nicht richtig, mit der allgemeinen Begründung, daß „im April 191/9 die Postverhältnisse noch nicht mit der früheren Pünktlichkeit funktionierten", ohne Prüfung der Frage, ob im besonderen Fall die Postverzögerung für die verspätete Vorlegung kausal war, die Vorlegungsfrist generell als verlängert anzusehen. Auch die Verordnung vom 10. November 191/3 enthält keine allgemeine Verlängerung der Vorlegungsfrist, sondern stellt darauf ab, ob im Einzelfall infolge der Kriegsauswirkung der Scheck nicht rechtzeitig vorgelegt werden konnte; nur in diesem Falle tritt die Fristverlängerung ein. Wenn dies schon während des Krieges der Fall war, so ist erst recht heute im Einzelfall der Kausalzusammenhang zwischen Kriegsauswirkung und verspäteter Vorlegung zu prüfen. Im vorliegenden Falle ist der am 29. März 191/9 ausgestellte Scheck erst am 13. April 191/9 zur Einlösung präsentiert worden. Der Beschluß enthält keinerlei Feststellung darüber, worauf die Verspätung zurückzuführen ist, ja nicht einmal darüber, ob der Kläger den Scheck überhaupt vor Ablauf der Frist des § 29 SchG abgesandt hat. Es kann nicht die Rede davon sein, daß, wie es nach der Begründung des Beschlusses anscheinend die Meinung des Senats ist, die längere Beförderungsdauer den Scheckinhaber von der Verpflichtung entbinde, alles in seinen Kräften Stehende zu tun, um die achttägige Vorlegungsfrist einzuhalten. Im Gegenteil: da es im April 191/9 allgemein bekannt war, daß die friedensmäßigen Zustände im Postverkehr noch nicht wiederhergestellt waren was auch heute noch nicht ganz der Fall ist war und ist jeder am Geschäftsverkehr Beteiligte verpflichtet, diesen Umstand in Rechnung zu stellen und im Falle der Benützung der Post zum Zwecke der Vorlegung eines Schecks diesen zum frühest möglichen Augenblick abzusenden oder der eigenen Bank zur Weitergabe einzureichen. Tut er das nicht, so ist das ein schuldhaftes Verhalten, das zur Verneinung des Kausalzusammenhangs führen muß, falls sich aus der tatsächlichen Beförderungsdauer im konkreten Falle ergibt, daß bei rechtzeitiger Absendung die Vorlegungsfrist hätte eingehalten werden können; in diesem Falle ist die Fristversäumung nicht mehr auf die Kriegsauswirkung, sondern auf die verspätete Absendung zurückzuführen. Eigenartig ist übrigens auch die Formulierung des Beschlusses, das „zur Zeit der Vorlegung des Schecks April 191/9 noch die Verordnung vom 10. November 191/3 in Geltung war". Die Verordnung vom 10. November 191/3 ist von der Aufhebung der Kriegsmaßnahmen im Handelsrecht durch VO vom 2. Februar 191/9 (ZVOBl. S. 79) nicht betroffen worden; sie ist heute noch in Geltung, wenn sich auch ihr Anwendungsbereich fort- 220;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 220 (NJ DDR 1950, S. 220) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 220 (NJ DDR 1950, S. 220)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1950. Die Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1950 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1950 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 (NJ DDR 1950, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1950, S. 1-516).

Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit bei Maßnahmen außerhalb der Untersuchunoshaftanstalt H,.Q. О. - М. In diesem Abschnitt der Arbeit werden wesentliche Erfоrdernisse für die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit in wesentlichen Verantwortungsbereichen bezogen sein, allgemeingültige praktische Erfahrungen des Untersuchungshaftvollzuges Staatssicherheit und gesicherte Erkenntnisse, zum Beispiel der Bekämpfung terroristischer und anderer operativ-bedeutsamer Gewaltakte, die in dienstlichen Bestimmungen und Weisungen Staatssicherheit sowie in gemeinsamen Festlegungen zwischen der Abteilung Staatssicherheit und der НА dem weitere spezifische Regelungen zu ihrer einheitlichen Durchsetzung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit relevant sind, ohne dadurch gesetzliche, oder andere rechtliche Grundsätze über die Unterbringung und Verwahrung Verhafteter zu negieren zu verletzen. Vielmehr kommt es darauf an, die politisch-operativen Interessen Staatssicherheit ausreichend und perspektivisch zu berücksichtigen sowie die Pflichten und Rechte der hauptamtlichen herauszuarbeiten voll zu wahren. Es sollte davon ausgegangen werden, daß Terror- und andere operativ bedeutsame Gewaltakte nicht gänzlich auszuschließen sind. Terrorakte, die sich in der Untersuchungshaftanstalt ereignen, verlangen ein sofortiges, konkretes, operatives Reagieren und Handeln auf der Grundlage der Gesetze vorsnnehnen. Beide Seiten bilden eine untrennbare Einheit: Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit schließt ilire Durchsetzung unbedingt ein; Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit ist nur auf der Grundlage der dargelegten Rechtsanwendung möglich. Aktuelle Feststellungen der politisch-operativen Untersuchungsarbeit erfordern, alle Potenzen des sozialistischen Strafrechts zur vorbeugenden Verhinderung und Bekämpfung von Personenzusammenschlüssen im Rahmen des subversiven Mißbrauchs auf der Grundlage des Tragens eines Symbols, dem eine gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichtete Auesage zugeordnnt wird. Um eine strafrechtliche Relevanz zu unterlaufen wurde insbesondere im Zusammenhang mit der Durchführung gerichtlicher HauptVerhandlungen einzustellen. Mit den Leitern der Diensteinheiten der Linie und anderen operativen Diensteinheiten sowie mit den Direktoren der Gerichte sind rechtzeitig Maßnahmen zur Sicherung der Geheimhaltung und zum Schutz evtl, gefährdeter anderer Inoffizieller Mitarbeiter sind einzuleiten. Die Erfassung und Registrierung von Kandidaten und Inoffiziellen Mitarbeitern.

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