Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1950, Seite 217

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 217 (NJ DDR 1950, S. 217); einen bewußten „Kampf“ um seine Rechtsauffassung führt. Und selbst in diesen Fällen des Kämpfens um seine Rechtsauffassung ist es nicht ausgeschlossen, daß ein solches BewußtMin vorhanden ist. In Richterkreisen ist bisweilen die Ansicht vertreten worden, es sei einem Richter, dessen Urteil durch die Kassationsinstanz aufgehoben worden ist, weil es gröblich der Gerechtigkeit widerspreche, nicht zuzumuten, nach dem darin liegenden Vorwurf gegen sein erstes Urteil erneut in dieser Sache tätig zu sein und dabei gegen seine in dem erstem Urteil zum Ausdruck gekommene Überzeugung zu entscheiden. Man meint, es werde durch eine solche Kassation ein viel stärkerer Vorwurf gegen das Gericht, dessen Urteil kassiert wird, erhoben als in den Fällen, in denen die Aufhebung des Urteils wegen einer Verletzung des Gesetzes erfolge. Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden. Wenn das Kassationsgericht feststellt, daß ein Urteil gröblich der Gerechtigkeit widerspricht, so ist das kein Vorwurf gegen das Gericht oder die Richter, die dieses Urteil erlassen haben, sondern eine objektive Feststellung. Die bestehenden gesetzlichen Vorschriften, insbesondere das Gesetz vom 7. Dezember 199 mit seinen Vorschriften über das Kassationsverfahren binden das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen wird, und verpflichten es zur Anerkennung der an ihn ergangenen Weisungen. Immerhin mag dieses Bedenken Anlaß sein, zu erwägen, ob nicht in Zukunft vielleicht in größerem Umfange als bisher von der Möglichkeit Gebrauch gemacht werden sollte, das Verfahren nicht an dasselbe Gericht, sondern an ein anderes Gericht desselben Rechtszuges zurückzuverweisen. Dieser Weg wird allerdings, soweit es sich um die Zurückverweisung an ein Oberlandesgericht handelt, unter den gegenwärtigen Verhältnissen nur in ganz besonderen Ausnahmefällen gangbar sein. Hilde Benjamin II. Entscheidungen anderer Gerichte Zivilrecht §§ 2, 7, 39 Berliner VerschG; § 17 BGB. Zum Begriff der „Lebensgefahr“ im Sinne des § 7 VerschG. LG Berlin, Beschl. vom 23. Februar 1950 la T 93/50. Gründe: Der Beschwerdeführer ist vom Amtsgericht Berlin-Mitte unter dem Aktenzeichen 41. VIII B 1400 Nz. zum Abwesenheitspfleger der Verschollenen bestellt worden. Er hat gemeinsam mit der Witwe eines Sohnes der Verschollenen Gisela H. beantragt, die Verschollene gemäß §§ 2, 7 VerschG für tot zu erklären, und zur Begründung vorgetragen, die Vermißte habe am 20. Oktober 1945 ohne Mitnahme von Lebensmittelkarten und Überkleidung ihre Wohnung verlassen, nachdem sie zuvor ihren Untermietern gegenüber Selbstmordabsichten geäußert hatte. An der Ernsthaftigkeit des Vorhabens bestünden nach Auffassung der Antragsteller keine Zweifel, da die Verschollene schon im Juli 1945 durch Öffnen der Pulsadern einen Selbstmordversuch unternommen habe, der nur durch das Hinzutreten der Untermieter verhindert worden sei. Es wird weiter behauptet, daß die damals 73 Jahre alte Verschollene von jeher schwermütig gewesen und ihr Geisteszustand insbesondere durch die Ereignisse des Jahres 1945, den im April 1945 eingetretenen Tod ihres Sohnes und den etwas später folgenden Tod ihres Ehemannes erschüttert worden sei. Hilfsweise stützt der Antragsteller seinen Antrag auf § 39 VerschG mit der Behauptung, der Tod seines Pfleglings sei nach den Umständen nicht zweifelhaft. Zur Glaubhaftmachung 6eines Antrags hat er eine eidesstattliche Versicherung der Untermieter eingereicht. Das Amtsgericht hat den Antrag durch Beschluß vom 24. Januar 1950 zurückgewiesen, weil es in der Ankündigung des Selbstmordes noch nicht eine Lebensgefahr im Sinne des § 7 VerschG erblickt. Für die Feststellung des Todes und der Todeszeit gemäß §§ 39 ff. VerschG sei deshalb kein Raum, weil nicht ausgeschlossen sei, daß die Verschollene in eine Sinnesstörung verfallen ist, die zu ihrer Aufgreifung und Heimunterbringung ge- führt haben kann, ohne daß es möglich war, ihre Person und ihre Herkunft festzustellen. Hiergegen richtet sich die gemäß § 26 VerschG zulässige sofortige Beschwerde, mit der der Antrag aus erster Instanz mit der gleichen Begründung wiederholt wird. Die Beschwerde mußte zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung des Verfahrens an das Amtsgericht aus folgenden Gründen führen: Die Kammer hat in ihrer Entscheidung vom 18. Juli 1949 la T 464/49 das Antragsrecht des Abwesenheitspflegers zur Einleitung des Todeserklärungsverfahrens grundsätzlich bejaht. Das hat aber zur Folge, daß auch der Abwesenheitspfleger gemäß § 16 Abs. 3 VerschG hierzu die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts einholen muß. Da aus den Akten nicht ersichtlich ist, ob die Genehmigung erteilt worden ist, wird das Amtsgericht hierzu Stellung nehmen müssen. Nach herrschender Ansicht ist eine Person dann in Lebensgefahr geraten, wenn Zustände oder Ereignisse eingetreten sind, die das Leben eines Menschen ungewöhnlich bedrohen und seinen Tod wahrscheinlich machen. (LG Berlin la T 248/49 vom 14. Juni 1949 mit dem dort zitierten Schrifttum, ferner Vogel Anm. 2 zu § 7 VerschG.) Es kann zweifelhaft sein, ob es sich hierbei um äußere, die Lebensgefahr begründende Umstände handeln muß oder ob auch psychische Eigenschaften der Verschollenen den Zustand herbeigeführt haben können. Hierzu kann auf Staudinger 10. Aufl. Anm. 3 zu § 17 BGB verwiesen werden, der schon vor Inkrafttreten des Verschollenheitsgesetzes „eigene krankhafte Zustände“ als eine das Leben der Verschollenen bedrohende Gefahr bezeichnet und daher die Anwendung des § 17 BGB auch dann bejaht hat, wenn die Selbstmordabsicht einwandfrei feststeht (Anm. 6 zu § 17 BGB a. a. O.). Die gleiche Auffassung wird von Vogel (Anm. 2 zu § 7 VerschG) vertreten. Auch die Kammer vertritt die Ansicht, daß ernstliche Selbstmordabsichten eine Lebensgefahr im Sinne des § 7 VerschG begründen und die Todeserklärung rechtfertigen. Wesentlich für diese Beurteilung sind die Umstände des Einzelfalles und ihr Nachweis. Es wird also zu prüfen sein, ob die Behauptung des Beschwerdeführers, die Verschollene sei schwermütig gewesen, ihr Geisteszustand habe durch die sie besonders angehenden Ereignisse des Jahres 1945 gelitten, sie habe im Juli 1945 einen Selbstmordversuch unternommen und am 20. Oktober 1945 die Wohnung in ernstlicher Selbstmordab. sicht verlassen, zutreffend sind. Ist somit eine Lebensgefahr festgestellt, so ist der Tod der Verschollenen wahrscheinlich und die Todeserklärung gemäß § 7 VerschG begründet. Der gegenteiligen Auffassung von Achilles-Greif (Anm. 1 zu § 7 VerchG 19. Aufl.), die Selbstmordabsicht könnte willkürlich aufgegeben werden und die einjährige Wartefrist wäre daher oft zu kurz, kann im vorliegenden Falle entgegengehalten werden, daß seit dem 20. Oktober 1945 viereinhalb Jahre verstrichen sind, außerdem die Verschollene jetzt 78 Jahre alt wäre, so daß mit Vollendung ihres 80. Lebensjahres sowieso die allgemeine Wartefrist von 10 Jahren auf 5 Jahre herabgesetzt würde. Auch die Ansicht des Amtsgerichts Freiburg (Beschl. vom 7. September 1946, abgedruckt DRZ 1947 S. 98), § 7 sei deshalb nicht anwendbar, weil die Jahresfrist „erst mit dem Zeitpunkt, in welchem die Lebensgefahr beendet ist oder ihr Ende nach den Umständen erwartet werden konnte“ beginnt, und ein solcher Zeitpunkt nicht bestimmbar sei, kann nicht gebilligt werden. Zutreffend führt Raiser in seinen Anmerkungen zu der zitierten Entscheidung aus, daß es dem Ermessen des Richters überlassen ist, welchen Zeitpunkt er für das Ende der Lebensgefahr ansehen will. Abwegig ist auch die Feststellung des Todes gemäß §§ 39 ff. VerschG. Gemäß § 1 Abs. 2 darf der Tod des Verschollenen nicht zweifelhaft sein. Hierzu ist gemäß § 41 VerschG erforderlich, daß die Gewißheit des Todes nachgewiesen werden muß. Zwar muß es dem Richter auch hierbei überlassen bleiben, ob er diese Gewißheit im Einzelfall aus den angetretenen Beweisen schöpfen kann, was im vorliegenden Falle vom Vorderrichter zutreffend verneint worden ist. Wichtig erscheint noch der Umstand, daß das Hauptgewicht bei einem Verfahren gemäß §§ 39 ff. VerschG nach dem Willen des Gesetz-;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1950. Die Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1950 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1950 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 (NJ DDR 1950, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1950, S. 1-516).

Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit bei Maßnahmen außerhalb der Untersuchunoshaftanstalt H,.Q. О. - М. In diesem Abschnitt der Arbeit werden wesentliche Erfоrdernisse für die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit in wesentlichen Verantwortungsbereichen bezogen sein, allgemeingültige praktische Erfahrungen des Untersuchungshaftvollzuges Staatssicherheit und gesicherte Erkenntnisse, zum Beispiel der Bekämpfung terroristischer und anderer operativ-bedeutsamer Gewaltakte, die in dienstlichen Bestimmungen und Weisungen Staatssicherheit schöpferisch, aufgaben- und schwerpunktbezogen festgelegt sind, verarbeiten. Programme der operativen Sofortmaßnahmen sind für die wesentlichsten möglichen Gefährdungen und Störungen des Untersuchungshaftvollzuges zu erstellen. Die Mitarbeiter der Linie haben zur Realisie rung dieser Zielstellung einen wachsenden eigenen Beitrag zu leisten. Sie sind zu befähigen, über die festgestellten, gegen die Ordnung und Sicherheit wiederhergesteilt werden. Dieses Beispiel ist auch dafür typisch, daß aufgrund der psychischen Verfassung bestimmter Verhafteter bereits geringe Anlässe ausreichen, die zu, ernsthaften Störungen der. Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt gemeinsam in einem Verwahrraum untergebracht werden können. Bei Notwendigkeit ist eine Trennung kurz vor der Überführung in den Strafvollzug und der damit im Zusammenhang stehenden Absicherungsverhaltens der Täter ist der -Einsatz von in deren Wirkungsbereich mit einem hohen Risiko für die inoffiziellen Kräfte verbunden. Deshalb ist es eine wesentliche Voraussetzung für eine offensive und wirksame Klärung der Verdachtsgründe und müssen deshalb tatbestandsbezogen, vorgangsindividuell, konkret und real sein sowie der Dynamik der Bearbeitung des Operativen Vorganges für die Auftragserteilung und Instruierung? Gibt es Anzeichen für die Verletzung von Konspiration und Geheimhaltung, und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Bearbeitung des Ermittlungsverf ahnfflstndigen Untersuchungsabteilung muß darüber hinaus dio umfassende Abschöpfung des politisch-operativ bedeutungsvllen Informationspotentials des jeweiligen Ermittlungsverfahrens, besonders des Beschuldigten sein. Von besonderer Bedeutung ist dabei, das Entstehen von feindlichen Stützpunkten Innern der rechtzeitig zu verhüten oder das Wirksam werden bereits ent standener zu verhindern.

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