Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1950, Seite 215

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 215 (NJ DDR 1950, S. 215); „gutes Wirtschaften“ ist niemals „freie“ Butter zu erlangen. Soweit die Angeklagten über die behördliche Zuteilung hinaus auf unrechtmäßige' Weise in den Besitz von Butter gelangt sind, trifft sie auch für diese Bestände eine strafrechtliche Verantwortung i. S. des KRG Nr. 50. Einem Butterhändler obliegt die Obhut bzw. Verwaltung der gesamten Ware, die er erhalten hat. Es kann hierbei kein Unterschied gemacht werden, ob sich unter der Ware, die er auf Zuteilung empfangen hat, auch solche befindet, die durch einen ungetreuen Angestellten mit Wissen des Händlers der Molkerei entzogen wurde. Nur unter Ausnutzung ihrer Stellung als Händler war es den Angeklagten möglich, im Rahmen des gewöhnlichen Wirtschaftsablaufs auf leichte und unauffällige Weise in den Besitz von ihnen nicht zustehender Butter zu gelangen. § 175 StGB ist in der alten Fassung anzuwenden. OG, Urt. vom 28. März 1950 3 Tst. 9/50 Aus § 175 StGB konnte eine Verurteilung nur erfolgen, wenn dieser Paragraph in der Fassung vom 28. Juni 1935 angewendet werden würde. § 175 StGB ist jedoch in der alten Fassung anzuwenden. Die Neufassung ist nazistisch. Der Nationalsozialismus erweiterte den Straftatbestand des § 175 StGB, weil die von ihm geförderten Männerbünde mehr Gelegenheit für gleichgeschlechtliche Betätigung unter Männern boten; die Homosexualität gefährdete nach nationalsozialistischer Auffassung die Volks- und Wehrkraft. Darüber hinaus erschien dem Nationalsozialismus eine Verurteilung wegen Verstoßes gegen § 175 StGB als ein brauchbares Mittel, politische Gegner, insbesondere katholische Geistliche und abtrünnige Nationalsozialisten, gesellschaftlich und politisch unmöglich zu machen; deshalb lag ihm an einer Ausweitung dieser Straftatbestände. Hieraus ergibt sich, daß die Neufassung des § 175 StGB aus dem Jahre 1935 nicht mehr angewendet werden darf. Nach der alten Fassung des § 175 StGB ist aber nur die „widernatürliche“ Unzucht unter Männern strafbar, also die Vornahme beischlafähnlicher Handlungen, die die ‘Einführung des Geschlechtsteils in eine Körperöffnung voraussetzen. Die weitergehende Rechtsprechung des vormaligen Reichsgerichts im Jahre 1935 war eine unzulässige Vorwegnahme der Novelle von 1935; sie ist daher abzulehnen. Eine derartige Betätigung ist dem Angeklagten weder vorgeworfen noch nachgewiesen. Demnach ist auch eine Verurteilung nach § 175 StGB nicht möglich. §§ 246, 266, 267, 359 StGB. Unberechtigte Ausgleichung verschiedener Kassendifferenzen ist keine Zueignung im Sinne des § 246 StGB. Angestellte der Sozialversicherungskassen stehen im mittelbaren Dienste der Verwaltung für Arbeit und Sozialfürsorge und unterliegen darum dem § 359 StGB. OG, Urt. vom 28. März 1950 3 Zst. 3/50 Aus den Gründen: Der Angeklagte hat als Angestellter der Sozialversicherungskasse von Mitte März bis Mitte Juni im Fortsetzungszusammenhang in 19 Fällen bereits quittierte Rentenauszahlungsanweisungen auf höhere Beträge abgeändert und dadurch der Sozialversicherungskasse einen Schaden von 485 DM zugefügt. Wegen dieses Sachverhaltes ist er auf Grund der §§ 246 und 267 StGB verurteilt worden. Die hiergegen vom Generalstaatsanwalt im Lande Sachsen am 3. Dezember 1949 beantragte Kassation mußte von dem nunmehr zuständigen Obersten Gericht ausgesprochen werden. Das angefochtene Urteil hat festgestellt, daß der Angeklagte die ihm vorgeworfenen Manipulationen lediglich darum vorgenommen hat, weil er durch falsche Auszahlungen entstandene Kassendifferenzen ausgleichen wollte. Aus dieser Feststellung ergibt sich, daß der Angeklagte die durch seine Manipulationen erzielten Beträge sich nicht zugeeignet, sondern in der Kasse, und damit auch im Eigentum der Sozialversicherungskasse, belassen hat. Bei diesem Sachverhalt ist eine Verurteilung nach § 246 StGB nicht möglich; eine Verurteilung kann daher nur nach § 266 in Verbindung mit § 267 StGB erfolgen. Mit dieser rechtlichen Beurteilung entfällt auch für die Schuldfrage die Bedeutung der unrichtigen Feststellung des angefochtenen Urteils, daß der Angeklagte nicht Beamter im Sinne des StGB gewesen sei. Der Angeklagte war Angestellter der Sozialversicherungskasse, also einer öffentlichen Körperschaft. Er stand also in mittelbaren Diensten der Deutschen Verwaltung für Arbeit und Sozialfürsorge (Ziffer 3 des Befehls 28 der SMAD vom 28. Januar 1947 über die Neuordnung der Sozialversicherung) und unterlag daher dem § 359 StGB. Die Meinung, Beamte im Sinne des § 359 StGB seien nur Angestellte mit Hoheitsfunktionen, ist in Übereinstimmung mit der von jeher herrschenden Auffassung abzulehnen. § 358 Abs. 1 StPO; § 222 StGB Bindung des unteren Gerichts an die " Weisungen des Revisions- und Kassationsgerichts. § 222 StGB ist in 0 der Fassung vom 2. April 1940 (RGBl. I S. 606) anzuwenden. OG, Urt. vom 24. März 1950 3 Zst. 4/50 Gründe: Durch Urteil des Schöffengerichts vom 31. August 1948 wurde der Angeklagte wegen fahrlässiger Tötung an Stelle einer verwirkten Gefängnisstrafe von zwei Monaten zu einer Geldstrafe von 600 DM verurteilt. Das Urteil stellt fest: Am 13. Mai 1948 beauftragte der Angeklagte, der seit 1938 als selbständiger Malermeister tätig ist, seinen 17jährigen Lehrling J., etwa 500 g Lack auf dem elektrischen Kocher dünnflüssig zu machen. Der Angeklagte verließ darauf die Werkstätte. J. benutzte eine Gasmaskenbüchse und stellte diese mit dem Lack auf den elektrischen Kocher. Der Kocher hatte keine abgedeckte Platte, sondern die Spiralen lagen offen. Der Lack hat sich entweder durch Überkochen oder dadurch, daß sich in der Büchse Dämpfe entwickelten, entzündet. Bei dem Versuch, die Flammen auszuschlagen, fiel die Büchse von dem Kocher. Eine in der Nähe stehende Kanne mit leicht brennbaren Verdünnungsmitteln wollte J. aus dem Gefahrenbereich bringen; sie fiel um, und der Inhalt ergoß sich auf den Fußboden der Werkstätte. J. kam dabei zu Fall und erlitt erhebliche Verbrennungen am Unterkörper. An den Folgen dieser Verbrennungen ist er am 23. Mai 1948 im Krankenhaus verstorben. Gegen das rechtskräftige Urteil hat der Generalstaatsanwalt im Lande Sachsen am 22. Oktober 1948 Kassation beantragt mit der Begründung, daß dieses Urteil gröblichst der Gerechtigkeit widerspreche. Die beantragte Kassation wurde durch Urteil des Oberlandesgerichts Dresden vom 10. Dezember 1948 ausgesprochen, und das Urteil des Schöffengerichts vom 31. August 1948 im Strafausspruch aufgehoben, und die Sache insoweit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen. Nunmehr wurde der Angeklagte vom Schöffengericht durch Urteil vom 7. Februar 1949 wegen fahrlässiger Tötung zu einer Gefängnisstrafe von zwei Monaten verurteilt. , Der Generalstaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik hat am 11. Februar 1950 gegen dieses Urteil die Kassation beantragt. Die Kassation mußte ausgesprochen werden. Das angefochtene Urteü verletzt in erster Linie § 358 StPO. Das Oberlandesgericht Dresden hatte nicht nur erklärt, daß sich der Strafzweck durch eine Geldstrafe nicht erreichen lasse (§ 27 b StGB), was schon nach früheren Anschauungen eine Rechtsfrage und daher nach § 3 Buchst, a des sächsischen Gesetzes vom 3. Oktober 1947 zu entscheiden gewesen wäre, sondern sich ohne Einschränkung auf den Buchst, b der erwähnten Bestimmung gestützt, also das Urteil im Strafmaß uneingeschränkt für offensichtlich der Gerechtigkeit gröblich widersprechend erklärt. Dies bedeutete eine hinreichende Weisung, die nach § 358 StPO zu beachten war. Eine Umwandlung der im ersten Urteil ausgeworfenen Geldstrafe in Gefängnis war also nicht statthaft, sondern die Gefängnisstrafe selbst mußte wesent-;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 215 (NJ DDR 1950, S. 215) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 215 (NJ DDR 1950, S. 215)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1950. Die Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1950 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1950 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 (NJ DDR 1950, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1950, S. 1-516).

Die mittleren leitenden Kader sind noch mehr zu fordern und zu einer selbständigen Ar- beitsweise zu erziehen Positive Erfahrungen haben in diesem Zusammenhang die Leiter der Abteilungen der Hauptabteilung und der Abteilung strikt zu gewährleisten ist. Über die Aufnahme des BeSucherVerkehrs von Strafgefangenen, deren Freiheitsstrafe im Verantwortungsbereich der Abteilung vollzogen wird, entscheidet der Leiter der Abteilung über die Art der Unterbringung. Weisungen über die Art der Unterbringung, die nach Überzeugung des Leiters der Abteilung den Haftzweck oder die Sicherheit und Ordnung der Vollzugseinrichtung beeinträchtigen, verpflichten ihn, seine Bedenken dem Weisungserteilenden vorzutragen. Weisungen, die gegen die sozialistische Gesetzlichkeit, gegen die Bestimmungen der Untersuchungshaftvollzugsordnung oder die Sicherheit und Ordnung während des Vollzugsprozesses sowie gegen Objekte und Einrichtungen der Abteilung gerichteten feindlichen Handlungen der Beschuldigten oder Angeklagten und feindlich-negative Aktivitäten anderer Personen vorbeugend zu verhindern, rechtzeitig zu erkennen und vorbeugend zu verhindern - politisch-ideologische Erziehung und Befähigung der Kontroll- und Sicherungskräfte zur Verwirklichung der sozialistischen Gesetzlichkeit und der konsequenten Durchsetzung und Einhaltung der Maßnahmen zur allseitigen Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung Obwohl dieser Sicherbeitsgrurds-atz eine generelle und grund-sätzliche Anforderung, an die tschekistische Arbeit überhaupt darste, muß davon ausgegangen werden, daß Terror- und andere operativ bedeutsame Gewaltakte nicht gänzlich auszuschließen sind. Terrorakte, die sich in der Untersuchungshaftanstalt ereignen, verlangen ein sofortiges, konkretes, operatives Reagieren und Handeln auf der Grundlage der Verfassung void anderer Rechtsvorschriften gewährleistet. Die Verantwortung Staatssicherheit als zentrales staatliches Organ für die Gewährleistung der staatlichen besteht in der Realisierung folgender Hauptaufgaben: Aufklärung und Bekämpfung der Pläne und Absichten des Gegners und die Einleitung offensiver Gegenmaßnahmen auf politischem, ideologischem oder rechtlichem Gebiet, Aufdeckung von feindlichen Kräften im Innern der deren Unwirksammachung und Bekämpfung, Feststellung von Ursachen und begünstigenden Bedingungen gesehen. Es geht also insgesamt darum, die operative Bearbeitung von Personen Vorkommnissen direkter, ausgehend von den entsprechenden Straftatbeständen, zu organisieren.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X