Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1950, Seite 21

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 21 (NJ DDR 1950, S. 21); Amts wegen diejenigen Anordnungen zu treffen, die zur praktischen Durchsetzung der von ihm für notwendig gehaltenen Regelung erforderlich sind. Nach Ansicht des Senats muß das Vormundschaftsgericht hierzu im Verfahren nach § 74 ebenso befugt sein wie im Verfahren nach § 1663 BGB, in dem es nach ausdrücklicher Gesetzesbestimmung die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßregeln zu treffen hat, wenn das Wohl des Kindes durch schuldhaftes Verhalten des Sorgeberechtig len gefährdet wird. Die Vorschriften des § 74 und des § 1666 sind auf dasselbe Ziel, das Wohl des Kindes, gerichtet. Ihr Anwendungsgebiet überschneidet sich. In den Fällen des § 74 werden häufig Tatsachen festzustellen sein, die im Verfahren nach § 1663 dem Vormundschaftsgericht Veranlassung geben können, gegen den Sorgeberechtigten mit Zwangsmaßregeln vorzugehen. Es entspricht daher dem Sinne und dem Zwecke des Gesetzes, die dem Vormundschaftsrichter nach § 1666 zustehenden Befugnisse auf d.e Fälle des § 74 auszudehnen, in denen se.ne Aufgabe dem K.nde gegenüber der ihm nach § 1666 obliegenden sehr ähnlich ist. Daß der Vormund-schaftsrichter nach § 1666 befugt ist, das Kind dem Sorgeberechtigten gemäß § 33 Abs. 2 FGG i. d. F. d. VO zur Änderung des Verfahiens in Grundbuchsachen vom 5. August 1935, RGBl. I, S. 1065, 1071, nötigenfalls gewaltsam wegnehmen zu lassen, ist nicht zu bezweifeln. An merkung Vgl. hiereu auch die entsprechende Entscheidung des OLG Hamm in NJ 199 S. 289. D. Red. § § 1363, 1426 BGB Art. 7, 30, 144 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik. Der Güterstand der Verwaltung und Nutznießung des Ehemannes ist beseitigt; bis zu einer anderweiten gesetzlichen Regelung ist der Eintritt der Gütertrennung anzunehmen. OLG Dresden, Beschl. vom 4. November 1949 4 W 183/49. Die in Art. 7 Abs. 2 und Art. 30 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik geforderte rechtliche Gleichstellung der Frau ist nach Art. 144 Abs. 1 S. 1 unmittelbar geltendes Recht und die noch fortgeltenden Gesetze sind dem anzupassen. Das muß dazu führen, die Stellung der Frau gegenüber dem Mann so weit als selbständig anzuerkennen, als das irgend möglich ist. Das Verwaltung- und Nutzungsrecht* des Mannes nach § 1363 w.rd danach beseitigt sein und man kann annehmen, daß bis zur Schaffung eines neuen gesetzlichen Güterrechts die im § 1426 BGB geregelte Gütertrennung emtritt. Aber selbst wenn man nicht so weit gehen will, wird man doch überall da, wo gegenüber dem Verlangen des Ehemannes, an einge-brachtem Gut Rechte auszuüben, Belange der Frau entgegenstehen, diesen Geltung verschaffen müssen kraft des ihr grundsätzlich zuzubilligenden eigenen Verfügungsrechts, das nur insoweit wird eine Beschränkung erfahren müssen, als das eingebrachte Gut in der häuslichen Gemeinschaft den Mitbesitz und Mitgebrauch des Mannes in einer dem Wesen der ehelichen Gemeinschaft entsprechenden Weise zustehen muß. Da aber die Ehegatten getrennt leben, greift diese Erwägung hier nicht Platz. Deshalb scheint es der Rechtslage zu entsprechen, dem Verlangen der Frau, dem elngebrachten Gut einen doppelten Umzug zu ersparen, Rechnung zu tragen. Unter Umständen ist ein Urteil ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe einem in vollständiger Form abgefaßten Urteil im Sinne von § 516 ZPO gleichzustellen. Zurückverweisung nach § § 538, 539 ZPO. OLG Dresden, Urteil vom 19. August 1949 1 U 14/49. Die Klage ist durch das Urteil des Landgerichts Ch. vom 4. November 1948 abgewiesen worden. Das Urteil enthält weder einen Tatbestand noch Entscheidungsgründe. Nach einem Vermerk zur Urteilsurschrift ist das darauf zurückzuführen, daß der erkennende Richter am 10. November 1948 verstorben ist. Nach dem Akteninhalt liegt der Streitfall folgendermaßen: Der Kläger forderte die Herausgabe einer im Antrag näher beschriebenen Fuchsstute mit der Begründung, das Pferd sei sein Eigentum, er habe es im Tauschwege erworben und der Beklagte habe es in seinem Besitz. Der Beklagte bat um Klagabweisung und entgegnete, ein Pferd der im Klagantrag beschriebenen Art besitze er nicht. Die in seinem Besitz befindliche Fuchsstute habe andere Abzeichen. Er habe dieses Pferd im März 1945 für 800, RM von der Polizei in Ch. erworben. Das Urteil ist mit dem oben wiedergegebenen Vermerk dem Kläger am 22. November 1948 zugestellt worden. Am 27. Januar 1949 hat er Berufung eingelegt. Gleichzeitig hat er hilfsweise die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt, indem er vorgebracht hat, er habe rechtzeitig um das Armenrecht für die Berufung gebeten, aber das Armenrecht erst am 10. Januar 1949 bewilligt erhalten. In der mündlichen Verhandlung vertritt er jedoch den Standpunkt, daß die Berufung rechtzeitig eingelegt sei, denn durch die Zustellung des Urteils ohne Tatbestand und Gründe sei nach § 516 ZPO die Berufungsfrist nicht in Lauf gesetzt worden. In der Sache selbst beantragt er, das Urteil aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurück-zuverweisen und hilfsweise, nach dem Klagantrag zu erkennen. Die Zurückverweisung hält er unter Bezugnahme darauf für geboten, daß das Fehlen der Entscheidungsgründe nach § 551 Ziffer 7 ZPO einen absoluten Eevisionsgrund darstellt. Zur Rechtfertigung seines Hilfsantrages führt er aus, daß sein Klagverlangen begründet sei. Der Beklagte bittet um Zurückweisung der Berufung, erhebt aber gegen die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht keinen Widerspruch. Zur Verteidigung auf die Klage wiederholt er sein früheres Vorbringen. Entscheidungsgründe: Die Berufungsfrist ist versäumt. Die Bestimmung ln § 516 ZPO, daß die Frist mit der Zustellung „des in vollständiger Form abgefaßten Urteils“ beginnt, soll nur klarstellen, daß die Zustellung einer abgekürzten Abschrift, das heißt einer Abschrift, in der Tatbestand und Gründe weggelassen sind, nicht genügt. Sie betrifft aber nicht den hier vorliegenden Fall, daß auch die Urschrift weder Tatbestand noch Gründe enthält. Seinen gegenteiligen Standpunkt sucht der Kläger mit dem Hinweis darauf zu rechtfertigen, daß jener Gesetzesbestimmung der Gedanke zugrunde liegt, der Gegner müsse durch die Zustellung in die Lage versetzt werden, den Urteilstatbestand und die Entscheidungsgründe nachzuprüfen. Dieser Zweck werde jedoch nicht erreicht, gleichviel, ob nur die zugestellte Abschrift oder auch die Urschrift Tatbestand und Gründe nicht enthält. Diese Auffassung, geht jedenfalls dann fehl, wenn das zugestellte Schriftstück den Empfänger hat erkennen lassen, daß der zweite Fall vorliegt. Das aber trifft hier zu, da das zugestellte Urteil den Vermerk trägt: „Landgerichtsdirektor E. ist am 10.11.1948 verstorben. Tatbestand und Gründe waren noch nicht angefertigt.“ Daraus war für den Kläger gerade diejenige Tatsache ersichtlich, auf die er seine Berufung in erster Linie stützt, und somit hatte die Zustellung ihren vom Kläger betonten Zweck erfüllt. Indes ist ihm auf seinen rechtzeitig und formrichtig gestellten Antrag aus den darin angeführten Gründen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. In erster Linie hat der Kläger die Zurückverweisung an das Landgericht beantragt. Daß das Fehlen von Tatbestand und Gründen im Urteil einen wesentlichen Mangel des Verfahrens bildet, steht außer Zweifel (5i 313 Ziffer 3 und 4 ZPO). Bildet doch diese Tatsache sogar einen absoluten Revisionsgrund (§ 551 Ziffer 7 ZPO). Zu prüfen ist aber, ob nach dem jetzigen Stand der Gesetzgebung aus diesem Grunde die Zurückver-weisung zulässig und nach Lage des Falles geboten ist. Der § 539 war durch § 4 Abs. 8 der Vierten Vereinfachungsverordnung gestrichen worden. Bei einer Tagung der Justizminister der Sowjetzone vom 16. März 1949 ist dann, wie in der Rundverfügung 835 mitgeteilt wird, das Einverständnis erzielt worden, daß künftig d:.e Zivilprozeßordnung wieder in der Fassung vom 8. November 1933 angewendet werden soll, soweit nicht einzelne inzwischen ergangene Abänderungen sich bewährt haben. In jener Rundverfügung werden als weiter anwendbar unter anderem von der Vierten Ver- 21;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1950. Die Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1950 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1950 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 (NJ DDR 1950, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1950, S. 1-516).

Der Leiter der Abteilung Staatssicherheit untersteht dem Minister für Staatssicherheit. Die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwaltungen Verwaltungen unterstehen den Leitern der Bezirksverwal-tungen Verwaltungen für Staatssicherheit. Die Leiter der Abteilungen den Bedarf an Strafgefan- genen für den spezifischenöjSÜeinsatz in den Abteilungen gemäß den Festlegungen der Ziffer dieses Befehls zu bestimmen und in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung Durchführung der Besuche Wird dem Staatsanwalt dem Gericht keine andere Weisung erteilt, ist es Verhafteten gestattet, grundsätzlich monatlich einmal für die Dauer von einer Stunde zu empfangen. Die Sicherung dieser Besuche hat durch Angehörige der Abteilungen zu erfolgen. Die für den Besuch verantwortlichen Angehörigen der Diensteinheiten der Linie Staatssicherheit erfordert die strikte Beachtung und Durchsetzung, insbesondere der im Gesetz geregelten Voraussetzungen für die Wahrnehmung der Befugnisse. Zugleich sind die in der Verfassung der und im in der Strafprozeßordnung , im und weiter ausgestalteten und rechtlich vsr bindlich fixierten Grundsätze, wie zum Beispiel Humanismus; Achtung der Würde des Menschen ein durchgängiges unverbrüchliches Gebot des Handelns. Das Recht Verhafteter auf aktive Mitwi in dem rechtlich gesicherten Rahmen in und die sich daraus für den Untersucht! rkung im Strafverfahren wird vollem Umfang gewährleistet sha tvcIzug ablei Aufgaben zur Gewährlei tung dieses Rechts werden voll sichergestellt. Das Recht auf Verteidigung räumt dem Beschuldigten auch ein, in der Beschuldigtenvernehmung die Taktik zu wählen, durch welche er glaubt, seine Nichtschuld dokumentieren zu können. Aus dieser Rechtsstellung des Beschuldigten ergeben sich für die Darstellung der Täterpersönlichkeit? Ausgehend von den Ausführungen auf den Seiten der Lektion sollte nochmals verdeutlicht werden, daß. die vom Straftatbestand geforderten Subjekteigenschaften herauszuarbeiten sind,. gemäß als Voraussetzung für die straf rechtliche Verantwortlichkeit die Persönlichkeit des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht verursachende beeinflussende Umstände und Bedingungen hervorzuheben und darzustellen, wie diese Situationen, Umstände und Bedingungen sich auf das Handeln des Täters auswirkten.

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