Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1950, Seite 203

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 203 (NJ DDR 1950, S. 203); bende Teil der Kriminologie, die ihrerseits der erste der drei Unterteile der Kriminalwissenschaft (Kriminologie, Pönologie, Kriminalpolitik) ist. Kompliziert wird die Frage der Begriffsbestimmung noch durch die in neuerer Zeit für ein Teilgebiet der Kriminalistik geschaffene Bezeichnung „Naturwissenschaftliche Kriminalistik“, unter welcher nach P i e -truski6) „Die Anwendung naturwissenschaftlicher Kenntnisse für die Aufklärung eines tatsächlichen oder vermeintlichen Verbrechens“ zu verstehen ist. Ich kann mich keiner der von mir im Schrifttum Vorgefundenen Begriffsbestimmungen anschließen, da keine von ihnen eine präzise Vorstellung von den Aufgaben der „Kriminalistik“ gibt. Im Laufe der Jahrzehnte hat sich die Kriminalistik inhaltlich gefestigt und außerordentlich entwickelt, wobei sich in ihr zwei Teilgebiete herauskrystallisiert haben, von denen jedes seine bestimmten Aufgaben hat, die aber beide organisch zusammengehören, nämlich die Kriminaltaktik und die Kriminaltechnik. Den Aufgaben, die sich aus dieser Entwicklung der „Kriminalistik“ ergeben, muß nun auch ihre Begriffsbestimmung gerecht werden, was aber bei den im Schrifttum vertretenen Definitionen nicht der Fall ist. Deshalb habe ich es, dm Zusammenhang mit meiner kriminalistischen Lehrtätigkeit, für notwendig erachtet, die Aufgaben der „Kriminalistik“ wie folgt zu präzisieren: „Kriminalistik ist die Lehre von der Taktik, Technik und Methodik der Verbrechensaufklärung und der Bekämpfung des Verbrechertums unter Ausnutzung wissenschaftlicher Errungenschaften und Anwendung wissenschaftlicher und technischer Hilfsmittel. Die „Kriminalistik“ teilt sich in zwei Einzelgebiete, die Kriminaltaktik und die Kriminaltechnik. Die Kriminaltaktik ist die Lehre vom richtigen Vorgehen bei der Aufklärung strafbarer Handlungen und der richtigen Verwendung der bei der Bekämpfung des Verbrechertums zur Verfügung stehenden Mittel7). Die Kriminaltechnik übermittelt das Wissen, wie zwecks Aufklärung strafbarer Handlungen, zur Ermittlung des Täters und Erlangung objektiver Beweise für die Täterschaft, sachliche Beweise, Spuren verschiedener Art, zweckdienliche Hinweise unter Anwendung wissenschaftlicher und technischer Hilfsmittel zu ermitteln und durch wissenschaftliche Untersuchung auszuwerten, sowie sonstige Beweismittel zur Feststellung der Täterschaft auszunutzen sind. Ihr Forschungsgebiet erfaßt sämtliche Wissenschaften, um zu ergründen, was von deren Errungenschaften unmittelbar oder nach entsprechender Bearbeitung für Zwecke der Verbrechensaufklärung nutzbar gemacht werden kann.“ Aus dieser Definition ergibt sich, daß die „Kriminalistik“ das Oesamtgebiet der Verbrechensaufklärung erfaßt und das Wissen in sich schließt, wie die Arbeit zur Aufklärung strafbarer Handlungen unter Ausnutzung wissenschaftlicher und technischer Hilfsmittel in Angriff zu nehmen und bis zur Urteilsfällung durchzuführen ist. Dieses Wissen hat die kriminalistische Schulung systematisch zu übermitteln. Auf welchen Personenkreis hat sich nun die kriminalistische Schulung zu erstrecken? Selbstverständlich sind vor allen Dingen diejenigen zu schulen, denen unmittelbar die Aufklärung strafbarer Handlungen obliegt, nämlich die Mitarbeiter der Kriminalpolizei. Ebenso notwendig ist aber das kriminalistische Wissen den Richtern und Staatsanwälten. Die Notwendigkeit einer kriminalistischen Ausbildung der Juristen ist schon seit Ende des vorigen Jahrhunderts8) erkannt worden. Bei der Rechtsprechung gilt bekanntlich als vornehmste Forderung, daß der Urteilsfällung die Wahrheitsfindung zugrunde zu liegen hat. Deshalb muß das von der Kriminalpolizei im 6) Chemiker-Zeitung 1939, Nr. 39, S. 347. t) Diese Begriffsbestimmung der „Kriminaltaktik“ findet sich mit etwas anderem Wortlaut im Buch „Kriminaltaktik“ von Dr. jur. Hans Schneickert, Verlag von Julius Springer, Berlin 1940", S. 1. Ich habe mich dieser Begriffsbestimmung angeschlossen. 8) Vergl. A. K a n g e r , Über die Notwendigkeit einer kriminaltechnischen Ausbildung der Juristen, N.J. 1947, S. 32. Ermittlungsverfahren erbrachte Untersuchungs-, bezw. Beweismaterial vom Staatsanwalt und dann vom Richter, für den es die Grundlage zur Urteilsfällung bedeutet, kriminaltechnisch überprüft werden, um festzustellen, ob die erbrachten Beweise der Täterschaft genügende Beweiskraft haben, ob nicht kriminaltechnische Ermittlungsfehler vorliegen, ob die erlangten sachlichen Beweise und Spuren richtig ausgewertet worden sind und ob überhaupt alle kriminaltechnischen Möglichkeiten zur Feststellung des Sachverhaltes erschöpft wurden. Eine solche Überprüfung ist unerläßlich, um Justizirrtümer zu vermeiden. Wie hoch die Kriminalpolizei in ihrer Leistungsfähigkeit auch stehen möge, es darf nicht vergessen werden, daß „Irren menschlich ist“ und daß es sich bei der Rechtsprechung in Strafsachen um Menschenschicksale, gar oft auch um Menschenleben handelt, daß eben deshalb alles getan werden muß und nichts unterlassen werden darf, um die Wahrheitsfindung zu sichern. Bezüglich der Justizirrtümer schrieb schon 1914 der damalige Amtsgerichtsrat Dr. A. Hellwig9) „In weitaus den meisten Fällen, die wir als Justizirrtümer bezeichnen können, handelt es sich nicht um Fehler in der rechtlichen Beurteilung des einwandfrei festgestellten Sachverhalts, sondern vielmehr gerade um Fehler bei der Feststellung des Sachverhalts.“ Können nun aber der Staatsanwalt und der Richter ohne kriminaltechnisches Wissen eine kritische kriminaltechnische Prüfung des Untersuchungsmaterials durchführen? Können sie beurteilen, ob eine Tatortuntersuchung richtig und genügend erschöpfend durchgeführt worden ist, wenn sie nicht die Taktik und Technik der Tatortuntersuchung kennen? Können sie die Beweiskraft eines sachlichen Beweises oder einer Spur richtig bewerten, wenn ihnen unbekannt ist, wie diese wissenschaftlich auszuwerten sind? Können sie den Beweiswert von Fingerabdrücken beurteilen und dieses einfachste und sicherste Identitätsbeweismittel zur richtigen Geltung gelangen lassen, wenn sie keine Kenntnisse in der Daktyloskopie haben? Können sie ohne kriminaltechniscbe Kenntnisse die wissenschaftliche Untersuchung sachlicher Beweise und die diesbezüglichen Gutachten der Sachverständigen richtig beurteilen und den Ausführungen der letzteren mit dem erforderlichen Verständnis folgen?! Diese und viele andere ähnliche Fragen müssen doch wohl verneint werden. Um Justizirrtümer zu vermeiden, ist daher kriminalistisches Wissen der Richter, ist ihre kriminalistische Schulung, unerläßlich10). Hellwig schreibt u. a.: „ Ferner ist dafür zu sorgen, daß die Richter nicht nur genaue Rechtskenntnisse besitzen, sondern daß sie auch über ausreichende Kenntnis und Erfahrung in den kriminalistischen Hilfsdisziplinen verfügen Andererseits aber gewährleistet die kriminaltechnische Ausbildung der Juristen auch die sichere Überführung Schuldiger, welche der kriminaltechnisch nicht geschulte Richter wegen Mangels an Beweisen freisprechen muß.“ Die Bedeutung der kriminalistischen Schulung für die Rechtspflege läßt sich in die These zusammenfassen: „Ohne kriminalistische Ausbildung der richterlichen Amtspersonen ist die Vermeidung von Justizirrtümern und eine gerechte Ur te il s f äl 1 u n g nicht gewährleistet“. Wie ist nun die kriminalistische Schulung in der Deutschen Demokratischen Republik organisiert? An deren Fundierung habe ich seit 1945 mitgewirkt und zwar seit 1946 bei der Deutschen Justizverwaltung der Sowjetischen Besatzungszone als Leiter der kriminalistischen Ausbildung. Eingeleitet wurde diese Schulung von mir im Sommer 1945 in meiner damaligen Stellung als Präsident des Stadtgerichts und später des Kammergerichts zu Berlin, als ich, in Erkenntnis dessen, 0) Albert Hellwig, Amtsrichter in Frankfurt (Oder). Justizirrtümer, München 1914, Verlag J. C. C. Bruns, S. 33. 10) Albert H e 11 w i g , 1. c. S. 49, 68 u. 69. 203;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 203 (NJ DDR 1950, S. 203) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 203 (NJ DDR 1950, S. 203)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1950. Die Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1950 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1950 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 (NJ DDR 1950, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1950, S. 1-516).

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