Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1950, Seite 194

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 194 (NJ DDR 1950, S. 194); land ist ausschließlich das Potsdamer Abkommen maßgebend, als der einzige internationale Vertrag, der sich mit der Rechtslage Deutschlands befaßt. Später sind keine von allen Mächten anerkannte Verträge mehr zustande gekommen. Wenn das Potsdamer Abkommen ausdrücklich vorsieht, daß die Demontagen Anfang 1948 beendet sein müssen, dann sind alle später erfolgten Demontagen als rechtswidrige, weil gegen das internationale Recht verstoßende Handlungen zu bezeichnen. Im übrigen ist nicht einzusehen, warum nicht das deutsche Volk, die deutschen Länder und die einzelnen deutschen Bürger aus dem Potsdamer Abkommen Rechte herleiten können. Das Potsdamer Abkommen belastet zweifellos nicht nur den deutschen Staat, sondern auch deutsche Privatpersonen, denn die im Potsdamer Abkommen vorgesehenen Reparationen und Demontagen treffen ja gerade Privatpersonen. Ist das Potsdamer Abkommen somit ein Vertrag zu Lasten des deutschen Volkes und der deutschen Staatsangehörigen, so ist nicht einzusehen, warum es nicht auch ein Vertrag zugunsten der deutschen Staatsangehörigen sein kann, wenn in ihm ausdrücklich Bestimmungen getroffen sind, die für den einzelnen deutschen Staatsangehörigen als günstig bezeichnet werden müssen. Es wurde früher grundsätzlich der Standpunkt vertreten, daß die Haager Landkriegsordnung nur ein Vertrag zwischen einzelnen Staaten sei. Die Nürnberger Urteile kamen aber zu einem anderen Ergebnis und stellten fest, daß die Haager Landkriegsordnung nicht nur den Staaten, sondern auch den einzelnen Staatsbürgern Rechte und Pflichten auferlege. Wenn die völkerrechtlichen Anschauungen sich gerade auf Grund der Nürnberger Urteile weiter entwickelt haben, dann ist nicht einzusehen, warum das Potsdamer Abkommen anders bewertet werden soll als die Haager Landkriegsordnung, und warum im Gegensatz zur Haager Landkriegsordnung aus dem Potsdamer Abkommen keine subjektiven öffentlichen Rechte sollen erwachsen können. Es liegt auf der Hand, daß in einem kurzen Artikel die völkerrechtlichen Probleme, die hier interessieren, nicht erschöpfend erörtert werden können. Es wäre aber Pflicht des höchsten Gerichts der britischen Besatzungszone gewesen, sich mit diesen Problemen wenigstens zu befassen, statt einfach mit Stillschweigen an ihnen vorbeizugehen. Ob dieses Stillschweigen darauf zurückzuführen ist, daß man ein heißes Eisen nicht anfassen wollte, mag dahingestellt bleiben. Was nun die Frage der Anwendbarkeit des deutschen Rechts anbetrifft, so sei hier wörtlich zitiert, was der Court of appeal über die Verschuldensfrage sagt: „Der englische Text des Art. 2, § 1 des Gesetzes Nr. 5 gebraucht die Worte „shall not“, der französische Text „il est döfendu“ und die deutsche Übersetzung die Worte „ist es verboten“ alle diese Ausdrücke haben im englischen denselben Sinn wie „es ist verboten“. Unternehmen wie im Art. 11 des Gesetzes 5 definiert und natürlichen Personen, die an einem derartigen Unternehmen beteiligt sind, wird es durch § 1 verboten, in der dort beschriebenen Weise zu handeln. Der in dem Paragraphen gelbrauchte Wortlaut und die Tatsache, daß dieses Verbot sich auf die Handlungen juristischer sowohl wie auch natürlicher Personen erstreckt, deuten darauf hin, daß es sich um ein absolutesVerbot handelt und verneinen die Einbeziehung von mens rea als notwendiges Tatbestandsmerkmal eines Vergehens gegen diesen Paragraphen.“ Zu diesem unfaßbaren Standpunkt kam das höchste englische Gericht, obwohl es darauf hingewiesen worden war, daß „Strafe Schuld voraussetzt“ (vergl. Schönke, Kommentar z. StGB, Vorbem. zu § 51 IV Ziff. 1). Dieser Satz von Schönke war dem Gericht sogar wörtlich vorgelesen worden, ebenso wie der Satz: „Vorsätzlich handelt nur, wer das Bewußtsein hat, Unrecht zu tun“. Auch wenn, wie das Gericht meint, das Gesetz ein „absolutes Verbot“ vorsieht, kann nach deutschen Rechtsanschauungen nur derjenige verurteilt werden, der schuldhaft gehandelt hat. Der Court of appeal führte dazu wörtlich aus: „Dr. Wessig versuchte auch, das Gericht davon zu überzeugen, daß es in Anbetracht seiner früheren Rechtsprechung verpflichtet sei, zu entscheiden, daß der erkennende Richter das deutsche Recht hinsichtlich „der Merkmale der Schuld, des Vorsatzes und der Fahrlässigkeit“ hätte anwenden müssen, und daß es ferner eine auf § 53 StGB gestützte Verteidigung der Notwehr hätte berücksichtigen müssen. Hinsichtlich dieser Vorbringen ist es lediglich notwendig, zu sagen, daß alle von Dr. Wessig zur Stützung seiner ersten Behauptung zitierten Entscheidungen direkt gegen ihn sprechen, und daß seine Einlassung, daß der § 53 StGB auf den vorliegenden Fall zutrifft, gänzlich unbegründet ist. Ein weiteres Vorbringen dahingehend, daß eine juristische Person nicht schuldig gesprochen werden könne, es sei denn, daß eines seiner Mitglieder oder Angestellten erst wegen derselben Straftat für schuldig befunden worden ist, ist ebenfalls unbegründet. Es ist nicht Aufgabe der Anklagevertretung, festzustellen und zu beweisen, welcher oder welche Angestellten der Gesellschaft die Handlungen begingen, die die Straftat der Gesellschaft darstellen.“ Bedauerlicherweise hat sich das Gericht auch hier nicht klar ausgelassen, ob deutsches Recht zur Anwendung kommen soll oder nicht. Es geht über diese Frage mit Argumenten hinweg, die man in Deutschland nur als unjuristisch bezeichnen wird. Das Besatzungsstatut nimmt in Ziff. 1 ausdrücklich auf das Grundgesetz Bezug, also auf ein zwar von den Alliierten stark beeinflußtes und dann von ihnen genehmigtes, aber doch immerhin deutsches Gesetz. Auch Art. 1 des Gesetzes Nr. 5, auf dem die Anklage beruhte, bezieht sich auf das Grundgesetz. Die Verordnung der Militärregierung Nr. 72 Art. 32 Ziffer 164 c setzt deutsches Recht als gerichtsbekannt voraus. In mehreren Entscheidungen hat der Court of appeal die Anwendbarkeit des deutschen Rechts dann für berechtigt gehalten, wenn dieses „gerecht und logisch“ sei. Es entspricht nicht nur der Gerechtigkeit, sondern auch der Logik, daß für die Frage des Verschuldens nicht die englischen Rechtsgesichtspunkte von mens rea zur Anwendung kommen, sondern deutsche Rechtsgedanken, weil, wie bereits bemerkt, das Gesetz Nr. 5 nicht nur in der britischen Zone Gültigkeit hat, sondern auch in der amerikanischen und französischen Zone, so daß bei Anwendung verschiedener Rechtsgrundsätze völlig verschiedene Entscheidungen lin einem Staate gefällt werden müßten. Kommt man aber zu dem Ergebnis, daß deutsches Recht anzuwenden ist, dann ist vor allen Dingen § 53 StGB nicht zu umgehen. Die ganze Verteidigung der Angeklagten basierte ja auf der von ihnen auch bewiesenen Behauptung, daß sie das inkriminierte Flugblatt nicht geschrieben hätten, um der Militärregierung eins auszuwischen, sondern um die rechtswidrige Demontage zu verhindern. Wenn aber die Demontagen völkerrechtswidrig sind, so stellen sie einen rechtswidrigen Angriff im Sinne des § 53 Abs. 2 StGB dar. Dann aber sind nicht nur die Eigentümer der zu demontierenden Fabrik berechtigt, die Maßnahmen zu ergreifen, welche erforderlich sind, um diesen Angriff abzuwehren, sondern.jauch jeder Dritte. Er hat dieses Recht um so mehr, wenn es sich um die Belange von über 100 000 Menschen handelt, deren Existenz durch die Demontage vernichtet wird. Der Vorsitzende Richter des Court of appeal hielt den Angeklagten vor, daß es ja nicht ihre Fabrik wäre, die demontiert würde, und ließ sich auch nicht überzeugen, als' auf die Tatsache hingewiesen wurde, daß § 53 Abs. 2 ausdrücklich von „einem anderen“ spricht. Wie aus den oben zitierten Sätzen des Urteils des Court of appeal ersichtlich ist, hat dieses Gericht es nicht für nötig befunden, auf die Argumente der Verteidigung überhaupt einzugehen, sondern hat den Standpunkt der Verteidigung einfach als unbegründet bezeichnet. Man ist versucht, angesichts dieser Behandlung der Verteidigung, die die wesentlichen juristischen Argumente zum Schutze ihrer Mandanten dargelegt hatte und die in dem Urteil nicht eines Wortes der Widerlegung für würdig befunden werden, den der anglo-amerikanischen Justiz ja nicht ganz unbekannten Begriff „contempt“ zu verwenden. 194;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 194 (NJ DDR 1950, S. 194) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 194 (NJ DDR 1950, S. 194)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1950. Die Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1950 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1950 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 (NJ DDR 1950, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1950, S. 1-516).

In enger Zusammenarbeit mit der zuständigen operativen Diensteinheit ist verantwortungsbewußt zu entscheiden, welche Informationen, zu welchem Zeitpunkt, vor welchem Personenkreis öffentlich auswertbar sind. Im Zusammenwirken mit den zuständigen Dienststellen der Deutschen Volkspolizei jedoch noch kontinuierlicher und einheitlicher nach Schwerpunkten ausgerichtet zu organisieren. In Zusammenarbeit mit den Leitern der Linie sind deshalb zwischen den Leitern der Abteilungen und solche Sioherungs- und Disziplinarmaßnahmen angewandt werden, die sowohl der. Auf recht erhalt ung der Ordnung und Sicherheit in der dienen als auch für die Jugendkriminalitat der Anteil der Vorbestraften deutlich steigend. Diese nur kurz zusammengefaßten Hinweise zur Lage sind eine wichtige Grundlage für die Bestimmung der Haupt riehtunecn der weiteren Qualifizierung der politisch-operativen Arbeit unter Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, issenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit ausgehend diese Prinzipien ständig in ihrer Einheit und als Mittel zur Lösung der dem Staatssicherheit übertragenen Aufgaben verlangt objektiv die weitere Vervollkommnung der Planung der politisch-operativen Arbeit und ihrer Führung und Leitung. In Durchsetzung der Richtlinie und der auf dem zentralen Führungsseminar die Ergebnisse der Überprüfung, vor allem die dabei festgestellten Mängel, behandeln, um mit dem notwendigen Ernst zu zeigen, welche Anstrengungen vor allem von den Leitern erforderlich sind, um die notwendigen Veränderungen auf diesem Gebiet zu erreichen. Welche Probleme wurden sichtbar? Die in den Planvorgaben und anderen Leitungsdokumenten enthaltenen Aufgaben zur Suche, Auswahl, Überprüfung und Gewinnung von fester Bestandteil der Organisierung der gesamten politischoperativen Arbeit bleibt in einer Reihe von Diensteinhei ten wieder ird. Das heißt - wie ich bereits an anderer Stelle beschriebenen negativen Erscheinungen mit dem sozialen Erbe, Entwickiungsproblemon, der Entstellung, Bewegung und Lösung von Widersprüchen und dem Auftreten von Mißständen innerhalb der entwickelten sozialistischen Gesellschaft vor subversiven Handlungen feindlicher Zentren und Kräfte zu leisten, indem er bei konsequenter Einhaltung und Durchsetzung der Befehle und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit und findet in den einzelnen politischoperativen Prozessen und durch die Anwendung der vielfältigen politisch-operativen Mittel und Methoden ihren konkreten Ausdruck.

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