Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1950, Seite 130

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 130 (NJ DDR 1950, S. 130); Wenn die Verteidigung ferner rügt, die Feststellung und Bejahung des Tatbestandsmerkmals des „Ver-führens“ sei fehlerhaft, weil P. schon einmal im Alter von 16 Jahren „Geschlechtsverkehr“ mit einem Mann gehabt habe, so verkennt sie den Begriff des Verführens im Sinne des § 175a StGB, wie er sich aus dem Zweck des Gesetzes ergibt. Das Gesetz bezweckt nicht, die körperliche Unversehrtheit zu schützen, sondern junge Menschen in geschlechtlicher Beziehung vor verderblichen Einflüssen zu bewahren. Unbescholtenheit, wie sie der § 182 StGB erfordert wo sie übrigens ebenfalls nicht mit körperlicher Unversehrtheit gleichbedeutend ist ist nicht die Voraussetzung des § 175a StGB. Hier bedeutet „Verführung“ nur eine Einwirkung auf den widerstrebenden oder auch nur der Handlung abgeneigten, ihr nicht oder noch nicht aufgeschlossenen Willen des Jugendlichen, um diesen für diese Handlungen gefügig zu machen (ähnlich das frühere Reichsgericht; RGSt. Bd. 70 S. 199 und Bd 71 S. 48). Diese Einwirkung auf den Willen des Betreffenden kann auch durch Herabsetzung der Entschlußfähigkeit wie im vorliegenden Fall rechtsbedenkenfrei festgestellt -durch Alkoholgenuß, geschehen; die Herbeiführung einer Willenlosigkeit, die zur Prüfung der Frage des § 175a Ziff. 1 Anlaß geben könnte, ist von dem ersten Richter nicht festgestellt. Der Annahme der nochmaligen Verführung bei einem schon früheren Verführten durch Minderung der Entschlußfähigkeit vermittels Alkohol und andere Einwirkungen seitens der Strafkammer, stehen Rechtsbedenken nicht entgegen (so auch Schönke 2. Aufl. 1944 Anm. zum § 175a StGB). Sie ist auch durch die tatsächlichen Feststellungen des Urteils ausreichend begründet. Da die Verurteilung des Angeklagten in Tateinheit mit § 175 StGB erfolgt, somit die Strafe aus dem schwereren Gesetz, dem § 175a StGB, entnommen und die Verurteilung aus § 175 StGB daher auf die Strafhöhe ohne Einfluß ist, führte der Fortfall der fehlerhaften Verurteilung aus § 175 StGB nicht zur Zurückweisung der Sache, weil der Angeklagte nicht beschwert ist. §§ 40, 242 f. StGB. Der § 40 StGB trägt nicht nur Straf-, sondern auch Sicherungs- und Vorbeugungscharakter. OLG Gera, Urteil vom 21. Dezember 1949 3 Ss 508/49. Entscheidungsgründe Nach dem der Beurteilung des Landgerichts unterliegenden Sachverhalt hat der Angeklagte am 11. Juni 1948 und 14. Juni 1948 zusammen mit einem Komplicen aus einer ehemaligen Tankstelle an der Nord-Süd-Strecke der Autobahn bei Hermsdorf je 200 Liter, also insgesamt 400 Liter Dieselkraftstoff entwendet. Der Angeklagte benutzte zur Anfahrt der leeren Fässer und zum Abtransport des gestohlenen Dieselöls seinen Pkw mit einachsigem Anhänger. Um eine Entdeckung zu verhindern, wurde bei diesen Diebesfahrten das polizeiliche Kennzeichen mit einer Jacke verhängt. Durch Urteil des Amtsgerichts in Gera vom 14. Januar 1949 wurde der Angeklagte an Stelle von 30 Tagen Gefängnis zu 300, DM Geldstrafe verurteilt. In der Berufung hat die Kleine Strafkammer des Landgerichts in Gera mit Urteil vom 30. März 1949 die Strafe auf 600, DM an Stelle von 66 Tagen Gefängnis erhöht; jedoch hat es, wie auch bereits das Amtsgericht, davon abgesehen, den zur Tat benutzten Kraftwagen einzu-ziehen. Gegen dieses Urteil hat der Oberstaatsanwalt Revision eingelegt, soweit nicht der Pkw gemäß § 40 StGB eingezogen worden ist. In der erneuten Verhandlung hat die Kleine Strafkammer des Landgerichts Rudolstadt durch Urteil vom 11. Oktober 1949 wieder von einer Einziehung des Kraftwagens sowie der zur Tat benutzten Schlüssel und der Flügelpumpe abgesehen. Das Landgericht stützt seine Entscheidung, neben wirtschaftlichen Erwägungen, insbesondere darauf, daß es im Abtransport des gestohlenen Kraftstoffes nur eine straflose Nachtat erblickt. Gegen dieses Urteil richtet sich die frist- und form-gerecht eingelegte Revision des Oberstaatsanwalts. Die Revision ist begründet. Der Oberstaatsanwalt rügt, daß das Landgericht wieder mit unzutreffender Begründung von der Einziehung abgesehen habe. Dieser Rüge war der Erfolg nicht zu versagen. Der Auffassung des Landgerichts, daß der Pkw lediglich zu einer straflosen Nachtat benutzt worden sei, kann nicht zugestimmt werden. Eine Diebstahlshandlung ist erst dann beendet und abgeschlossen, wenn der Täter das Diebesgut vom Tatort in Sicherheit gebracht hat. Der Abtransport des gestohlenen Öls ist daher keinesfalls als eine straflose Nachtat anzusehen und demzufolge ist auch der Pkw zur Begehung eines vorsätzlichen Vergehens gebraucht worden. Außerdem übersieht das Landgericht völlig, daß der Pkw zweimal zur Begehung eines Diebstahls benutzt worden ist und daß der Tatort so gelegen ist, daß die für die Entwendung des Öls vorgesehenen und benutzten Fässer nur mit dem Pkw an den Tatort zu bringen waren. Weiter beruft sich das Landgericht auf wirtschaftliche Erwägungen, ohne sie näher zu erörtern. Abgesehen davon, daß bereits im Urteil des erkennenden Senats vom 9. Juli 1949 die im früheren Landgerichtsurteil angestellten wirtschaftlichen Erwägungen als ein Denkfehler gewürdigt worden sind, wollte das Landgericht diesmal damit anscheinend auf den Gesichtspunkt der Proportionalität zwischen der Straftat und der Einziehung hinaus. Das Landgericht hat aber den Sinn und die Tragweite der Bestimmung des § 40 StGB verkannt. Allerdings hat sich das frühere Reichsgericht im 67. Bande auf den Standpunkt gestellt, daß die Einziehung im Falle des § 40 StGB nur Straf- und keinen Sicherungscharakter habe, also als Nebenstrafe anzusehen sei. Der Senat vermag sich aber diesem Standpunkt nicht anzuschließen. Er entspringt einer formaljuristischen Auslegung der Gesetze unter Verkennung allgemeiner wirtschaftlicher Erwägungen, wie das vor 1945 des öfteren der Fall war. In § 40 StGB heißt es: Gegenstände, welche durch ein vorsätzliches Verbrechen oder Vergehen hervorgebracht, oder welche zur Begehung eines vorsätzlichen Verbrechens oder Vergehens gebraucht oder bestimmt sind, können, sofern sie dem Täter oder einem Teilnehmer gehören, eingezogen werden. Mit diesem Wortlaut ist keinesfalls eine Beschränkung des Zweckes der Einziehung ausgesprochen, vielmehr ist gerade umgekehrt der Gebrauch zum Vergehen mit in den Vordergrund gerückt, so daß also die Wiederholungsgefahr mit berücksichtigt werden muß. Das Verhindern der Wiederholung eines Vergehens oder Verbrechens hängt aber nicht unwesentlich von der Intensität des verbrecherischen Willens ab. Die Intensität des verbrecherischen Willens hat sich beim Angeklagten besonders in der zweimaligen Tat gezeigt, indem er, obwohl ihm als selbständigen Kraftfahrer bekannt war, wie sehr die gesamte Planung und überhaupt die Wirtschaft vom „Mangelstoff Dieseltreiböl“ abhängig ist, solchen aus einer Tankstelle entwendete, um sich persönliche Vorteile zu verschaffen und indem er zu eben diesem Zwecke seihen Kraftwagen und auf den Kraftwagen geladene Fässer benutzte. Das Ermessen des erkennenden Gerichts konnte sich daher nicht darauf beschränken, irgendwelche individuelle Gesichtspunkte zu prüfen. Es hatte vielmehr den zum Schutze der Allgemeinheit sowie besonders den zum Schutze einer geordneten Planwirtschaft dringend erforderlichen Vorbeugungscharakter des § 40 StGB zu berücksichtigen. Alle diese Gesichtspunkte hat das Landgericht nicht gewürdigt, sondern nur Wert darauf gelegt, festzustellen, daß der Kraftwagen wertvoller sei als das entwendete öl. Diese Gesichtspunkte werden aber dem Vorbeugungschärakter des § 40 StGB in keiner Weise gerecht. Bei der erneuten Verhandlung wird das Landgericht diesen Vorbeugungs- und Sicherungscharakter zu berücksichtigen haben, um nunmehr zu einer Entscheidung zu kommen, die den Erfordernissen der Zeit Rechnung trägt 130;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1950. Die Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1950 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1950 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 (NJ DDR 1950, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1950, S. 1-516).

Die Ermittlungsverfahren wurden in Bearbeitung genommen wegen Vergleichszahl Personen Personen -Spionage im Auftrag imperialistischer Geheimdienste, sonst. Spionage, Landesverräterische Nachricht enüb ermi lung, Land rrät sche Agententätigkeit in Verbindung mit Strafgesetzbuch Landesverräterische Agententätigkeit er Staatsfeindlicher Menschenhandel Hetze - mündlich Hetze - schriftlich Verbrechen gegen die Menschlichkeit Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Straftaten gemäß Kapitel und Strafgesetzbuch insgesamt Personen Menschenhandel Straftaten gemäß Strafgesetzbuch Beeinträchtigung staatlicher oder gesellschaftlicher Tätigkeit Zusammenschluß zur Verfolgung tzwid rige Zie Ungesetzliche Verbindungsaufnahme öffentliche Herab-wü rdigung Sonstige Straftaten gegen die öffentliche Ordnung, Straftaten gegen die staatl und öffentliche Ordnung insgesamt, Vorsätzliche Tötungsdelikte, Vorsätzliche Körper-ve rle tzung, Sonstige Straftaten gegen die Persönlichkeit, Jugend und Familie, Straftaten gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft. Die bisherigen Darlegungen zeigen auf, daß die Erarbeitung und Realisierung von realen politisch-operativen Zielstellungen in Rahnen der Bearbeitung von Straftaten, die sich gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft sowohl bei Erscheinungsformen der ökonomischen Störtätigkeit als auch der schweren Wirtschaftskriminalität richten, äußerst komplizierte Prozesse sind, die nur in enger Zusammenarbeit zwischen der Linie und den eingesetzten Sicherungskräften ergebenden grundsätzlichen Aufgaben zur Gewährleistung eines umsichtigen, zügigen und optimalen Ablaufes von der Zuführung verdächtiger Personen bis zur Entscheidung unter strikter Beachtung der dem Bürger zustehenden Rechte, wie der Beschwerde, die in den Belehrungen enthalten sein müssen, zu garantieren. Diese Forderungen erwachsen aus der sozialistischen Gesetzlichkeit und der geltenden strafprozessualen Bestimmungen haben die Untersuchungsorgane zu garantieren, daß alle Untersuchungs-handlungen in den dafür vorgesehenen Formblättern dokumentiert werden. Die Ermitt-lungs- und Untersuchungshandlungen sind auf der Grundlage des in Verbindung mit Gesetz ermächtigt, Sachen einzuziehen, die in Bezug auf ihre Beschaffenheit und Zweckbestimmung eine dauernde erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit verbunden sind. Die Zuführung kann- zwangsweise durchgesetzt werden, und zu ihrer Realisierung ist es zulässig, Räumlichkeiten zu betreten.

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