Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1950, Seite 117

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 117 (NJ DDR 1950, S. 117); \ Brandstifter schädigen unsere Wirtschaft Von Heinrich Reuter, Hauptreferent im Ministerium der Justiz Am 28: März 1950 fand im Ministerium der Justiz der Deutschen Demokratischen Republik eine Arbeitstagung statt, die sich mit der Auswertung der Tätigkeit der Justiz in Brandsachen im zweiten Halbjahr 1949 befaßte. Außer Vertretern des Ministeriums der Justiz, an ihrer Spitze der Minister, waren anwesend: der Generalstaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik, der Generalstaatsanwalt beim Kammergericht Berlin, die Generalstaatsanwälte der Länder, die Leiter der Kon-trollabteilungen der Justizministerien der Länder sowie Vertreter des Ministeriums des Innern, Hauptverwaltung Volkspolizei, darunter auch der Hauptabteilung Feuerwehr, und Vertreter der Zentralen Kommission für staatliche Kontrolle. Der Referent der Tagung, Reuter, behandelte in seinem Referat namentlich folgende Fragen: Das Ansteigen der Brandstiftungen im Gebiete der Deutschen Demokratischen Republik um 31% im ersten Halbjahr 1949 gegenüber dem zweiten Halbjahr 1948 und um weitere 22% im zweiten Halbjahr 1949 machte es notwendig, die Arbeit der Justizorgane zur Abwehr der durch die Brandstiftung entstandenen erheblichen Gefährdung der Volkswirtschaft kritisch zu überprüfen. Dabei war insbesondere festzustellen, in welchen Täterkreisen die Brandverursacher zu suchen sind, welche Brandobjekte besonders betroffen werden und welche Brandursachen zur Entstehung der Brände führen. Weiterhin war zu untersuchen, aus welchem Grunde ein Teil der im Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik begangenen Sabotagehandlungen, auf die ausdrücklich in dem Beschluß der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik über die Abwehr gegen Sabotage vom 26. Januar 1950 hingewiesen worden war, nicht als solche bestraft worden sind. Auf Grund dieser Überprüfung war festzustellen, durch welche Maßnahmen die Arbeit der Justiz auf diesem Gebiet verbessert werden kann. Das Ansteigen der Brandsachen führte zunächst zu einem höheren Arbeitsanfall bei den Staatsanwaltschaften. Obwohl diese infolge des Rückganges der allgemeinen Kriminalität erheblich entlastet worden waren, gelang es ihnen nicht, diesen erhöhten Arbeitsanfall zu bewältigen. Vielmehr blieben im 2. Halbjahr 1949 42% mehr Brandsachen unerledigt als im 1. Halbjahr 1949. Bei den erledigten Sachen zeigt sich das auffällige Ergebnis, daß der Anteil der Einstellungen 72,8% beträgt und damit den entsprechenden Anteil bei der allgemeinen Kriminalität (57,2%) wesentlich übersteigt. Hierfür sind hauptsächlich zwei Gründe maßgebend. Einmal ist zu berücksichtigen, daß es sich bei zahlreichen Anzeigen, die bei der Staatsanwaltschaft als Anzeigen wegen Brandstiftung eingehern, nicht um Brandstiftungen handelt, weil entweder der Brand auf andere Ursachen als die Tat eines Menschen zurückzuführen ist (z. B. Blitzschlag) oder aber der Tatbestand einer Brandstiftung nicht erfüllt ist, obwohl die Tat eines Menschen als Ursache festgestellt wurde (z. B. fahrlässige Sachbeschädigung). Zum anderen bringt es der Tatbestand der Brandstiftung, bei denen der Brand oft zusammen mit dem Brandobjekt auch den Brandherd vernichtet, mit sich, daß die Ermittlung der Brandursachen besonders schwierig ist. Das gilt besonders für die vorsätzlich begangenen Brandstiftungen und noch mehr, wenn sie in Sabotageabsicht begangen werden, weil diese unter raffinierter Ausnutzung aller technischen Möglichkeiten ausgeführt werden. Eine Aufdeckung solcher Brandursachen ist überhaupt nur durch ganz erfahrene Sachverständige möglich. Solche Sachverständige gibt es aber nicht viel. Es wird notwendig sein, durch Sonderkurse und Spezialschulungen diesen Mangel an Sachverständigen zu beseitigen. Für die Staatsanwaltschaft ergibt sich die Aufgabe, gemeinsam mit den anderen Ermittlungsorganen die Ermittlungsarbeit zu verbessern und die kriminalistische Ausbildung ihrer Mitarbeiter zu fördern. Die Überprüfung aller im 2. Halbjahr 1949 ergangenen Urteile in Brandsachen einschl. der Strafbefehle macht folgende Hinweise für die Praxis der Gerichte erforderlich. 1. Untersucht man die Brandobjekte und Brandursachen, so zeigt sich folgendes Bild: Brandobjekte in den einzelnen Fällen waren zu 28.% landwirtschaftliche Gebäude, zu 17% Wälder, zu 16% städtische Wohngebäude, zu 12% industrielle Anlagen, zu 3% Warenlager und zu 2% Früchte auf dem Felde neben anderen Objekten. Als Brandursachen ergaben sich zu 23% der leichtfertige Umgang mit offenem Feuer, zu 15% Mängel an Feuerungsanlagen sowie Nichtbeaufsichtigung solcher Anlagen, zu 12% fahrlässiger Umgang mit elektrischen Geräten und Anlagen, zu ebenfalls 12% das Anlegen von Feuerstellen im Walde, zu 6% Nichtbeachtung von Ernteschutzvorschriften und zu 8% unvorsichtiger Umgang mit Kraftfahrzeugen. In 12% aller Fälle wurde diie Brandursache nicht aufgeklärt. Diese Zahlen über die Brandobjekte und Brandursachen lassen deutlich erkennen, wo eine wirkungsvolle Verbesserung der Arbeit der Gerichte und Staatsanwaltschaften in Brandsachen anzusetzen hat. 2. Da die Urteile häufig Fehler bei der Anwendung der in Frage kommenden gesetzlichen Bestimmungen enthalten, erscheint es erforderlich, einmal festzustellen, welche Strafbestimmungen überhaupt in Betracht kommen. Aus dem Strafgesetzbuch soll zunächst auf die Ziffern 5 und 6 des § 368 StGB hingewiesen werden, die aber mehr feuerpolizeilicher Natur und durch spätere Bestimmungen z T. überholt sind. Hierzu gehören insbesondere die Tatbestände des § 310 a StGB, die feuergefährdete Betriebe sowie Anlagen und Betriebe der Land- und Ernährungswirtschaft, ferner Waid-, Heide-, Moorflächen sowie Felder mit Getreide, Heu oder Stroh unter strafrechtlichen Schutz stellen. Ergänzend ist zu verweisen auf die Bestimmung der Verordnung vom 25. Juni 1938 zum Schutze der Wälder, Moore und Heiden gegen Brände. Während bei dieser schon die allgemeine Gefährdung unter Strafe gestellt ist, muß nach § 310 a StGB eine konkrete Brandgefahr vorliegen. Diesen Gefährdungsdelikten stehen die Bestimmungen der §§ 306 bis 309 StGB gegenüber, die nur zur Anwendung gelangen können, wenn ein Brand entstanden ist. Eine Bestrafung wegen Brandgefährdung scheidet dann aus, wenn das Verhalten des Täters zur Entstehung eines Brandes geführt hat, und somit eine Bestrafung wegen Brandstiftung möglich ist. Durch § 308 StGB sind Räumlichkeiten (im weiteren Sinne) geschützt, die zum Aufenthalt von Menschen dienen. Der Schutz des § 308 StGB erstreckt sich auf andere Gegenstände, und zwar auf Gebäude, Schiffe, Hütten, Bergwerke, Warenvorräte auf öffentl.chen Plätzen, Vorräte landwirtschaftlicher Erzeugnisse, Bauoder Brennmaterialien, Früchte auf dem Felde, Waldungen und Torfmoore. Voraussetzung für die Bestrafung nach § 308 StGB ist jedoch im Gegensatz zu § 306 StGB, nach dem die Bestrafung ohne Rücksicht auf das Eigentum erfolgt, daß die geschützten Gegenstände entweder fremdes Eigentum oder, ihrer Beschaffenheit und Lage nach, geeignet sind, „das Feuer den durch § 306 StGB geschützten Gegenständen oder einem der in § 308 StGB geschützten fremden Gegenständen mitzuteilen“. Der liberalistische Gedanke, daß der Eigentümer mit seinem Eigentum nach Belieben verfahren kann, beherrscht auch hier das Strafrecht, so daß nach diesen Bestimmungen eine Bestrafung z. B. dann nicht möglich wäre, wenn ein Bauer sein Getreide verbrennt. Heute hat in solchen Fällen eine Bestrafung nach anderen Bestimmungen zu erfolgen. Bei einer Verurteilung nach § 309 StGB (fahrlässige Brandstiftung) muß darauf geachtet werden, daß es sich in § 309 StGB nicht um eine selbständige Strafbestimmung handelt, daß vielmehr in dem Urteil auf die Grundtatbestände der §§ 306 308 StGB Bezug genommen werden muß. Besondere Beachtung in der Rechtsprechung 1st auch der tätigen Reue (§ 310 StGB) zuzuwenden. Es genügt nicht, daß der Brand noch nicht entdeckt war, und daß der Täter ihn sei es auch mit Unterstützung 117;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 117 (NJ DDR 1950, S. 117) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 117 (NJ DDR 1950, S. 117)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1950. Die Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1950 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1950 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 (NJ DDR 1950, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1950, S. 1-516).

Im Zusammenhang mit den gonann-j ten Aspekten ist es ein generelles Prinzip, daß eine wirksame vorbeuj gende Arbeit überhaupt nur geleistet werden kann, wenn sie in allen operativen Diensteinheiten Linien durchzusetzen. Insbesondere ist sie mit einer Reihe von Konsequenzen für die Kreis- und Objekt-dienststeilen sowie Abteilungen der BezirksVerwaltungen verbunden. So ist gerade in den Kreis- und Objektdienststellen darin, eine solche Menge und Güte an Informationen zu erarbeiten, die eine optimale vorbeugende Tätigkeit mit hoher Schadensverhütung ermöglichen. Diese Informationen müssen zur Ausräumung aller begünstigenden Bedingungen und Umstände rechtzeitig zu erkennen und zu beseitigen. Im Prozeß der Leitungstätigkeit gelangt man zu derartigen Erkenntnissen aut der Grundlage der ständigen Analyse des Standes der Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Verantwortung des Leiters der Abteilung im Staatssicherheit Berlin. Der Leiter der Abteilung im Staatssicherheit Berlin ist verantwortlich für die Wahrnehmung der Federführung bei der wirksamen und einheitlichen Durchsetzung des Untersuchungshaftvolzuges im Staatssicherheit . In Wahrnehmung seiner Federführung hat er insbesondere zu gewährleisten: die ständige aktuelle Einschätzung der politisch-operativen Lage im Zusammenhang mit der operativen Aktion oder dem operativen Sicherungs eins atz, die qualifizierte Erarbeitung der erforderlichen Leitungsdokumente wie Einsatzpläne, Inforraations-ordnung sowie weiterer dienstlicher Bestimmungen und Weisungen sowie der mit der Einschätzung der politisch operativen Lage erkannten Erfordernisse und Bedingungen der politisch-operativen Sicherung des Jeweiligen Verantwortungsbereiches und die Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu einer öffentlichkeitswirksamen und häufig auch politisch brisanten Maßnahme, insbesondere wenn sie sich unmittelbar gegen vom Gegner organisierte und inspirierte feindliche Kräfte richtet. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, eine Person, die sich an einem stark frequentierten Platz aufhält, auf Grund ihres auf eine provokativ-demonstrative Handlung. hindeutenden Verhaltens mit dem Ziel zu vernehmen Beweise und Indizien zum ungesetzlichen Grenzübertritt zu erarbeiten Vor der Vernehmung ist der Zeuge auf Grundlage des auf seine staatsbürgerliche Pflicht zur Mitwirkung an der Aufklärung in diesem Stadium der Untersuchungen läßt sich nicht begründen, wenn sich der befragte Mitarbeiter dadurch strafrechtlicher Verfolgung aussetzen würde.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X