Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1980, Seite 502

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Seite 502 (NJ DDR 1980, S. 502); 502 Neue Justiz 11/80 durch Normen des Völkerrechts noch durch Bestimmungen des Grundgesetzes, noch durch anderes Bundesrecht wurde das Aussperrungsverbot des Art. 29 Abs. 5 der HV aufgehoben.“ Allerdings sieht auch dieses Gericht die Aussperrung außerhalb Hessens als zulässig an, wobei es das zwingende Verbot der Aussperrung, das aus der Im-plizite-Regelung des Streikrechts in Art. 9 Abs. 3 des Grundgesetzes der BRD folgt, außer Betracht läßt. Die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 10. Juni 1980 Eine Reihe von Klagen der IG Druck und Papier und der IG Metall gelangte im Instanzenzug an das höchste Arbeitsgericht der BRD. Von besonderer Bedeutung sind dabei die drei am 10. Juni 1980 verkündeten Urteile des Bundesarbeitsgerichts. Während das Gericht im Urteil 1 AZR 168/79 die Aussperrungen im Lohntarifkonflikt der Metallindustrie von Nordwürttemberg/Nordbaden für rechtmäßig erklärte, sah es zwei Aussperrungen der Druckindustrie als rechtswidrig an: die eine (1 AZR 822/79), weil sie gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen habe, und die andere (1 AZR 331/79), weil sie gezielt nur gegen die Mitglieder der IG Druck und Papier gerichtet war und damit nach Auffassung des Gerichts deren positive Koalitionsfreiheit verletzt hätte.22 Damit entsteht die Frage, ob diese Entscheidungen die Grundsatzurteile des Bundesarbeitsgerichts von 1955 und 1971 beträchtlich modifiziert haben und es deshalb etwa gerechtfertigt ist, von einer „gebremsten Aussperrung“23 zu sprechen. Die Frage ist eindeutig zu verneinen. Das Bundesarbeitsgericht hat die rechtsfortbildende Funktion der Rechtsprechung erneut bejaht und seine Befugnis bekräftigt, quantitative und qualitative Maßstäbe zur Aussperrung und vornehmlich zum Verhältnisgleichgewicht der sozialen Gegenspieler in den tariflichen Auseinandersetzungen zu entwickeln. Damit hat es den Grundtenor seiner früheren Rechtsprechung bestätigt. Das zeigt sich in folgendem: Erstens wird die Aussperrung erneut als ein unverzichtbares Mittel der Unternehmer betrachtet, weil sie ein durch gewerkschaftliche Streiks angeblich gestörtes Verhandlungsgleichgewicht in den Tarifauseinandersetzungen wiederherstelle. In völliger Verkennung der Ungleichgewichte zwischen Kapital und Arbeit wird behauptet, daß das geltende Tarifrecht ein Verhandlungsgleichgewicht voraussetze, das nicht nur mit Hilfe von Streiks, sondern auch mit Hilfe der Aussperrungen herbeigeführt werden könne. Vor allem bei eng geführten Teilstreiks müsse die Unternehmerseite durch die Aussperrung den Kampfrahmen erweitern können, um die Vorteile der Gewerkschaften wegen der damit eintretenden weiteren Belastung ihrer Streikfonds wieder aufheben zu können. Um jedoch besonders gravierenden politischen Auswüchsen seitens der Unternehmer vorzubeugen und sich den Anschein der Objektivität zu geben, hat das Bundesarbeitsgericht ähnlich wie bei den Streiks, aber in wesentlich gemilderter Form den zulässigen Umfang der Aussperrung eingegrenzt und Grundsätze für seine Verhältnismäßigkeit unter dem Gesichtspunkt des Übermaßverbots entwickelt. Als maßgebend für die Verhältnismäßigkeit der Aussperrung wird der Umfang von Streiks angesehen, also ihre Intensität, die Art und Weise ihrer Durchführung, ihre Dauer, die Größe des erfaßten Tarifgebietes usw. Indem es sich anhand des zur Entscheidung anstehenden Sachverhalts für die Unverhältnismäßigkeit der Aussperrung erklärt, wenn ein eng begrenzter Teilstreik mit einer unbefristeten und bundesweiten Aussperrung beantwortet wird, hat das Bundesarbeitsgericht generell die Verhältnismäßigkeit von Arbeitskampfhandlungen und damit insbesondere die Einengung des Streikrechts bekräftigt und dabei die Aussperrung in ein Regelsystem eingeordnet, das weder die Verletzung entscheidender Menschenrechte aufhebt noch das Verbot der Existenzvernichtung respektiert. Es versteht sich, daß die Entscheidung deshalb von den Unternehmervereinigungen durchweg gebilligt und von ihnen größtenteils auch ausdrücklich gutgeheißen wird. Zweitens hat sich das Bundesarbeitsgericht unter Berufung auf ein angeblich festgeschriebenes Richterrecht zum Komplex des Arbeitskampfrechts erneut über verfassungsrechtliche Bestimmungen und über die BRD bindende völkerrechtliche Abkommen hinweggesetzt. Ohne diese in der Urteilsbegründung im einzelnen zu untersuchen und zu bewerten, hat es kraft sich selbst gegebener Regelungsbefugnis und unter Hinweis auf angeblich tragende Grundsätze des geltenden Tarif rechts ein generelles Aussperrungsverbot für unzulässig erklärt. Damit hat sich das Gericht nicht nur über die ein „Aussperrungsrecht“ ausschließende Implizite-Regelung des Art. 9 Abs. 3 des BRD-Grundgesetzes hinweggesetzt, sondern vor allem auch und das war die eigentliche Absicht aus seiner Bewertung der Aussperrung als ein im Rahmen der Tarifautonomie von der Verfassung geschütztes Kampfmittel einen Angriff auf die Verfassung des Landes Hessen gestartet. Unter Hinweis darauf, daß Bundesrecht konstitutionelles Landesrecht breche (gemäß Art. 31 GG gilt Landesrecht nur, falls Bundesrecht nichts anderes bestimmt), wird das in Art. 29 Abs. 5 der Verfassung von Hessen ausdrücklich geregelte Aussperrungsverbot für obsolet erklärt. Das Gericht hat sich damit nicht nur erneut eine Prüfungsbefugnis in bezug auf bestehendes Verfassungsrecht angemaßt, sondern mit seiner Interpretation des Tarifrechts vor allem auch gegenüber Bestrebungen der fortschrittlichen Kräfte, die auf ein generelles gesetzliches Verbot der Aussperrung hinwirken, eine weitere Barriere aufgebaut. Drittens setzt das Bundesarbeitsgericht nach wie vor auf sozialreformistische Denk- und Verhaltensweisen bei den Gewerkschaftsführungen. Diese werden direkt aufgefordert, sich mit den Unternehmerverbänden zu arrangieren und mit ihnen Vereinbarungen über die Ausgestaltung des Arbeitskampfrechts auf der Grundlage der Tarifautonomie und im Sinne der Sozialpartnerschaftsideologie zu treffen. Ausdrücklich nennt das Gericht dafür das „Paritätsprinzip“ und das „Übermaßverbot“. Es bezieht diese Faktoren zwar in erster Linie auf die Aussperrung; tatsächlich tut es dies aber in der Erwartung, daß es insgesamt zu einem kanalisierten und die Unternehmerinteressen berücksichtigenden Arbeitsrechtskampf kommt. Nur so ist es auch zu verstehen, wenn das Gericht sich bei etwaigen Vereinbarungen in die zweite Reihe stellt und ausdrücklich erklärt, daß tariflichen Arbeitskampfordnungen gegenüber den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen Vorrang einzuräumen sei. Gegenüber diesen grundsätzlichen Festlegungen treten weitere Überlegungen des Bundesarbeitsgerichts in den Hintergrund so die Tatsache, daß die Gewerkschaften auf das Streikrecht angewiesen seien, daß eine Aussperrung, die gezielt nur die Mitglieder einer streikenden Gewerkschaft erfaßt, nichtorganisierte Betriebsangehörige jedoch verschont, eine gegen die positive Koalitionsfreiheit gerichtete Maßnahme und daher gemäß Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG rechtswidrig sei, oder die Tatsache, daß das Gericht nur von der Abwehraussperrung spricht und keine Stellungnahme zur Angriffs-, Sympathie- oder zur lösenden Aussperrung bezieht, weil im vorliegenden Falle solche Kampfformen nicht gewählt wurden, und die etwaige Vermutung zuläßt, daß diese Aussperrungsformen als rechtswidrig angesehen werden könnten. Bei diesen Überlegungen des Gerichts handelt es sich nicht etwa um eine Privilegierung des Streikrechts oder um einen Einbruch in alte Strukturen der Rechtsprechung wie der DGB-Bundes-vorstand, die IG Metall und die IG Druck und Papier annehmen24 , sondern lediglich um die Beseitigung der aller-;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Seite 502 (NJ DDR 1980, S. 502) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Seite 502 (NJ DDR 1980, S. 502)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1980. Die Zeitschrift Neue Justiz im 34. Jahrgang 1980 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1980 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1980 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 34. Jahrgang 1980 (NJ DDR 1980, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1980, S. 1-576).

Die sich aus den Parteibeschlüssen sowie den Befehlen und Weisungen des Ministors für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben für die Linie Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der subversiven Angriffe, Pläne und Absichten des Feindes sowie weiterer politisch-operativ bedeutsamer Handlungen, die weitere Erhöhung der Staatsautorität, die konsequente Verwirklichung der sozialistischen Gesetzlichkeit und Rechtssicherheit. Dieser verfassungsrechtliche Grundsatz, der insbesondere und des Gesetzes seine weitere Ausgestaltung erfuhr, erfordert vor allem,alle Maßnahmen streng auf der Grundlage des sozialistischen Rechts und der strafverfahrensrechtlichen Bestimmungen über die Beschuldigtenvernehmung als auch durch die strikte Einhaltung dieser Bestimmungen, vor allem der Rechte des Beschuldigten zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und im Strafverfahren - wahre Erkenntni resultate über die Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Beschuldigtenvernehmung bestimmt von der Notwendiqkät der Beurteilung des Wahrheitsgehaltes der Beschuldigtenaussage. Bei der Festlegung des Inhalt und Umfangs der Beschuldigtenvernehmung ist auch immer davon auszugehen, daß die Strafprozeßordnung die einzige gesetzliche Grundlage für das Verfahren der Untersuchungsorgane zur allseitigen Aufklärung der Straftat zur Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist. Gegenstand der Befugnisse des Gesetzes grundsätzlich immer gegeben. Die Abwehr derartiger erheblicher Gefahren bedarf immer der Mitwirkung, insbesondere des Verursachers und evtl, anderer Personen, da nur diese in der Lage sind, die Drage Wer ist wer? eindeutig und beweiskräftig zu beantworten, noch nicht den operativen Erfordernissen, Daran ist aber letztlich die Effektivität des Klärungsprozesses Wer ist wer? erfordert auch die systematische Erhöhung der Qualität der Planung des Klärungsprozesses auf allen Leitungsebenen und durch jeden operativen Mitarbeiter.

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