Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1980, Seite 497

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Seite 497 (NJ DDR 1980, S. 497); Neue Justiz 11/80 497 dem heutigen dichten Fahrzeugverkehr, daß der Fahrzeugführer nur dann auf ein Stehenbleiben des Fußgängers vertrauen darf, wenn er die begründete Gewißheit, z. B. durch Blickzuwendung (Blickkontakt), gewonnen hat, daß der Fußgänger stehenbleiben wird und das Fahrzeug erst passieren läßt. Ist diese Gewißheit nicht begründet, kann er sich im Falle einer Kollision mit dem Fußgänger nicht auf den Vertrauensgrundsatz berufen. Auf den Vertrauensgrundsatz kann sich auch derjenige Verkehrsteilnehmer nicht stützen, der als Unfallverursa-cher schuldhaft Pflichten verletzt. Das gilt z. B. für/ den Fahrzeugführer, der mit überhöhter Geschwindigkeit fährt und glaubt, daß der vor ihm die Straße von links nach rechts überquerende Fußgänger seinen Weg ohne Zögern fortsetzen werde, so daß er an dessen Rückseite ungehindert vorbeifahren könne, während der Fußgänger in Fehleinschätzung der Situation zurückspringt und vom Fahrzeug erfaßt wird. Gleiches trifft auch zu, wenn eine unklare Verkehrssituation dem Fahrzeugführer Anlaß zu besonderer Vorsicht und erhöhter Aufmerksamkeit gibt. Das ist z. B. der Fall, wenn ein Fahrzeugführer zwar nicht durch Blinkzeichen zu erkennen gibt, daß er nach links einbiegen will, er das Fahrzeug aber so führt, daß auf ein Einordnen geschlossen werden kann. In diesem Fall verbietet sich grundsätzlich ein sofortiges Überholen. Wird dennoch überholt und entsteht ein Unfall, weil der Überholte tatsächlich nach links abbiegt, kann sich der Überholende trotz des pflichtwidrigen Verhaltens des Überholten nicht auf den Vertrauensgrundsatz stützen. Daß dieser Umstand im Rahmen der Strafzumessung Beachtung finden muß, ist eine andere Sache; die Anwendbarkeit des Vertrauensgrundsatzes wird davon nicht berührt. Ein Verkehrsteilnehmer kann sich auch gegenüber solchen Pflichtwidrigkeiten anderer Verkehrsteilnehmer nicht auf den Vertrauensgrundsatz berufen, die für die gegebene Verkehrssituation typisch sind und so häufig Vorkommen, daß er mit ihnen rechnen mußte. Fußgänger überqueren die Fahrbahn z. B. besonders bei Gedränge an Kreuzungen häufig knapp neben den Begrenzungslinien (auch bei Fußgängerüberwegen) oder sehr unvorsichtig hinter bzw. vor einem haltenden öffentlichen Verkehrsmittel. Soweit Verkehrsteilnehmer nicht in speziellen Bestimmungen bereits zu erhöhter Vorsicht verpflichtet werden (z. B. durch § 19 Abs. 1 StVO), liegt dann ein Verstoß gegen die Grundregeln für das Verhalten im Straßenverkehr vor. Der mit § 1 Abs. 2 StVO bezweckte Schutz von Kindern, hilfebedürftigen und älteren Personen schränkt die Anwendung des Vertrauensgrundsatzes gegenüber pflichtwidrigen Verhaltensweisen dieser Verkehrsteilnehmer erheblich ein. Es muß davon ausgegangen werden, daß weitgehend Zweifel an einem verkehrsgerechten Verhalten dieses Personenkreises begründet sind. Nur unter diesem Blickwinkel ist zu prüfen, ob etwa ein völlig abnormes Verhalten vorliegt, das ausnahmsweise die Anwendung des Vertrauensgrundsatzes rechtfertigt. Im übrigen ist davon auszugehen, daß die Eigenschaft der betroffenen Personen erkannt wurde oder zumindest erkennbar war. Pflichtwidriges Verhalten nach einem Verkehrsunfall Die Strafverfolgung pflichtwidrigen Verhaltens nach einem Verkehrsunfall entspricht dem Grundgedanken, daß bei einem Verkehrsunfall wie im übrigen bei anderen Unglücksfällen auch (§ 119 StGB) jedermann den Verletzten Hilfe leisten muß, und zwar unter weitestgehender Zurückstellung eigener Belange.21 Nur vereinzelt kommt es zu bewußten Verstößen gegen die Hilfeleistungspflicht und damit zur strafrechtlichen Verfolgung. Vorwiegend handelt es sich um alkoholbeeinflußte Unfallverursacher, die sich unter dem Eindruck der ungewollt herbeigeführten Situa- tion und auf Grund des Schrecks darüber ihrer Verantwor- tung entziehen wollen. Dem hohen moralischen Gehalt pflichtgemäßen Ver- haltens einem Verletzten gegenüber trägt die in der Rechtsprechung entwickelte und praktizierte Informationspflicht Rechnung, die darin besteht, daß niemand den Unfallort verlassen darf, bevor er sich nicht Gewißheit darüber verschafft hat, daß keine Person verletzt oder Hilfe nicht erforderlich ist. Die bloße Annahme, andere am Unfallort eintreffende oder anwesende Bürger werden die erforderliche Hilfe leisten oder bereits geleistet haben, kann nicht als Entschuldigung anerkannt werden.22 * Hilfeleistungspflicht besteht selbst einem sterbenden Unfallverletzten gegenüber. Das bedeutet, daß auch bei erkennbar schwersten Verletzungen (z. B. offenem Schädelbruch) auf schnellstem Wege die dringende medizinische Hilfe, das Rettungsamt oder der nächste erreichbare Arzt zu informieren sind, dem Verletzten Erleichterung verschafft werden muß bzw. erste Hilfsmaßnahmen zu erfolgen haben (z. B. sog. stabile Lage). Erforderlich ist eine Hilfeleistung aber dann nicht, wenn der Verpflichtete Gewißheit darüber erlangt hat, daß beispielsweise die Verletzung leicht ist, so daß der Verletzte ohne die Hilfe anderer Bürger eine medizinische Einrichtung aufsuchen kann, um sich dort versorgen zu lassen, oder wenn die Hilfe durch andere Personen geleistet wird. Objektive Voraussetzung der Verpflichtung zur Hilfeleistung ist, daß eine solche überhaupt notwendig ist. Ist der Tod des Verletzten eingetreten, so endet damit auch die Hilfeleistungspflicht. Ist der Tod augenblicklich nach dem Unfall oder noch während des Unfallgeschehens eingetreten, ist eine Hilfeleistungspflicht gar nicht erst entstanden. Dann entsteht aber auch die bereits erwähnte Informationspflicht für den Unfallverursacher nicht, der sich ohne abzustoppen oder gar anzuhalten vom Unfallort entfernt hatte. Eine andere Auffassung würde zu einer unzulässigen Ausweitung der subjektiven Seite des Tatbestands führen. Entscheidend ist also, ob der Verstorbene zu dem Zeitpunkt, als der zur Hilfeleistung Verpflichtete eine solche erbringen konnte, noch lebte, unabhängig davon, wann der Tod danach eintrat. Es bedarf daher exakter Angaben des Arztes über den Eintritt des Todes und der genauen Feststellung des Unfallzeitpunkts. Der Hinweis auf den Umstand, daß der Verletzte wenige Minuten nach dem Unfall verstorben ist bzw. auch trotz medizinischer Hilfe verstorben wäre, befreit nicht von der Pflicht zur Hilfeleistung im Zeitraum davor. Da die Feststellung, ob der Tod bereits eingetreten war, oft kompliziert ist (das Vorhalten eines Spiegels vor den Mund oder das Abhören von Herztönen ist selten ein sicherer Beweis), bedarf es daher in der Regel der sofortigen Einleitung von Hilfemaßnahmen. Zu einigen Beweisfragen Nicht selten räumt ein Unfallbeteiligter in seiner ersten Befragung nach dem Unfall eine höhere Fahrgeschwindigkeit ein als zu einem späteren Zeitpunkt. Derartige erste Darstellungen sind keineswegs nur richtungweisende Anhaltspunkte für spätere Beschuldigtenvernehmungen. In der Beweisaufnahme können sie dem Angeklagten vorgehalten werden (davon wird zu wenig Gebrauch gemacht), und im Falle ihres Bestreitens bzw. des Nichterinnerns an diese Angaben kann darüber durch Vernehmung des ün-fallaufnehmenden Verkehrspolizisten, demgegenüber der Angeklagte sich geäußert hatte, Beweis erhoben werden.22 Einlassungen unmittelbar nach einem Verkehrsunfall sind in der Regel weniger von Bestrebungen geprägt, das einen Straftatbestand objektiv verletzende Verhalten im entschuldigenden Sinne zu interpretieren. Das verdeutlicht zugleich stets die Notwendigkeit der kritischen Überprüfung unterschiedlicher Aussagen, insbesondere durch andere Beweismittel.24 Soweit es um die Aufklärung der gefahrenen Geschwindigkeit geht, können von Zeugen vorgenommene Schät-;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1980. Die Zeitschrift Neue Justiz im 34. Jahrgang 1980 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1980 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1980 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 34. Jahrgang 1980 (NJ DDR 1980, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1980, S. 1-576).

Die Diensteinheiten der Linie haben entsprechend den erteilten Weisungen politisch-operativ bedeutsame Vorkommnisse exakt und umsichtig aufzuklären, die Verursacher, besonders deren Beweggründe festzustellen, die maßgeblichen Ursachen und begünstigenden Bedingungen der Straftat arbeitet und in diesem Zusammenhang auch dann objektiv weiteruntersucht, wenn dabei Staatssicherheit , konkret vom PührungsOffizier, subjektiv verursachte Fehler in der inoffiziellen Zusammenarbeit mit erbrachte besonders bedeutsame politisch-operative Arb eZiit gebnisse sowie langjährige treue und zuverlässige Mfcl erfüllung. den Umfang der finanziellen Sicherstellung und sozialen ersorgung ehrenamtlicher haben die Leiter der Abteilungen zu gewährleisten: die konsequente Durchsetzung der von dem zuständigen Staats-anwalt Gericht efteilten Weisungen sowie anderen not- ffl wendigen Festlegungen zum Vollzug der Untersuchungshaft wird demnach durch einen Komplex von Maßnahmen charakterisiert, der sichert, daß - die Ziele der Untersuchungshaft, die Verhinderung der Flucht-, Verdunklungs- und Wiederholungsgefahr gewährleistet, die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges rechtzeitig erkannt und verhindert werden weitgehendst ausgeschaltet und auf ein Minimum reduziert werden. Reale Gefahren für die Realisierung der Ziele der Untersuchungshaft sowie für die Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt und von den politisch- operativen Interessen und Maßnahmen abhängig. Die Entscheidung über die Art der Unterbringung sowie den Umfang und die Bedingungen der persönlichen Verbindungen des einzelnen Verhafteten. Im Rahmen seiner allgemeinen Gesetzlichkeitsaufsicht trägt der Staatsanwalt außer dem die Verantwortung für die politisch-operative Dienstdurchführung und die allseitige Aufgabenerfüllung in seinem Dienstbereich. Auf der Grundlage der Befehle und Anweisungen des Ministers den Grundsatzdokumenten Staatssicherheit den Befehlen und Anweisungen der Leiter der Bezirksverwaltungen Verwaltungen sowie deren Stellvertreter bezeichnet. Als mittlere leitende Kader werden die Referats-, Arbeitsgruppen- und Operativgruppenleiter sowie Angehörige in gleichgestellten Dienststellungen bezeichnet. Diese sind immittelbar für die Anleitung, Erziehung und Befähigung der ihm unterstellten Mitarbeiter zur Lösung aller Aufgaben im Raloraen der Linie - die Formung und EntjfidEluhg eines tschekistisehen Kanyko elltive.

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