Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1980, Seite 414

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Seite 414 (NJ DDR 1980, S. 414); 414 Neue Justiz 9/80 Zur Diskussion Fähigkeit und Bereitschaft des Täters zu künftig verantwortungsbewußtem Verhalten als Strafzumessungskriterium Prof. dt. Günther kräupl, Dozent Dr. LOTHAR REUTER und Dr. WOLFGANG MÜLLER, Sektion Staats- und Rechtswissenschaft der Friedrich-Schiller-Unwersität Jena E. Buchholz und H. Dettenborn haben mit ihren Beiträgen in NJ 1979, Heft 10, S. 440 ff. und NJ 1980, Heft 3, S. 109 ff. ein bisher ungenügend bearbeitetes Problem der Strafzumessungstheorie aufgegriffen. In der Vergangenheit wurden weder die Begriffe „Fähigkeit“ und „Bereitschaft“ erklärt noch die Umstände dargestellt, die im Strafverfahren Aufschluß über diese Kriterien geben.1 Ebenso blieb der funktionale Zusammenhang zwischen der Fähigkeit und Bereitschaft des Täters und der Strafzumessung unklar; Das Oberste Gericht hat bereits 1969 im Bericht des Präsidiums an die 22. Plenartagung zu Problemen der Strafzumessung auf die Bedeutung jener Umstände hingewiesen, „die das gesellschaftliche Verhalten des Täters vor und nach der Tat charakterisieren und über die Fähigkeit und Bereitschaft des Täters Aufschluß geben, künftig seiner Verantwortung gegenüber der sozialistischen Gesellschaft nachzukommen bzw. richtige Lehren aus bereits erfolgten Bestrafungen zu ziehen“.2 Zu diesen Umständen zählte es die Arbeitsleistungen des Täters, seine Bereitschaft zur Wiedergutmachung, sein Verhalten im Arbeitsund Wohngebietskollektiv, seine gesellschaftliche Tätigkeit, sein Auftreten in der Hauptverhandlung, soweit es über seine Erziehungsfähigkeit und -bereitschaft Auskunft gibt. Rechtsprechung und Strafrechtswissenschaft haben dazu später weitere Umstände hinzugefügt, wie die Mitwirkung bei der Aufdeckung und Aufklärung der Straftat und die sofortige Schadenswiedergutmachung. Bemühungen um eine tiefere theoretische Betrachtung dieser Problematik sind daher zu begrüßen.3 E. Buchholz und H. Dettenborn haben den theoretischen Ausgangspunkt für die Interpretation der Fähigkeit und Bereitschaft des Täters formuliert, der weiterführende Überlegungen insbesondere über die inhaltliche Bestimmung dieses Sachverhalts und die Unterscheidung beider Aspekte sowie über die Bestimmung der konkreten Tatsachen im Strafverfahren zuläßt. Einige ihrer Aussagen bedürfen u. E. der weiteren Diskussion. „Fähigkeit und Bereitschaft“ als Strafzumessungskriterium E. Buchholz und H. Dettenborn bezeichnen dieses Merkmal als wesentlichen „Orientierungspunkt bei der Festlegung von strafrechtlichen Maßnahmen“. Sie halten sich damit an das im Bericht Ein die 22. Plenartagung des Obersten Gerichts entwickelte Modell der Strafzumessungskriterien, das verallgemeinernd die Kriterien Tatschwere (objektive Schädlichkeit der Tat; Grad der Schuld des Täters; Umstände aus dem Persönlichkeitsbereich und dem Bereich der Ursachen und Bedingungen, die in die Tatschwere ein-gehen) sowie Fähigkeit und Bereitschaft des Täters zu künftig verantwortungsbewußtem Verhalten (Umstände aus dem Persönlichkeitsbereich und dem Bereich der Ursachen und Bedingungen) enthält Das Merkmal „Fähigkeit und Bereitschaft“ ist nach § 61 StGB ein gesetzliches Strafzumessungskriterium. Es steht nicht außerhalb der im Gesetz ausdrücklich genannten Umstände, vielmehr bilden diese die Grundlage dafür, es als ein Strafzumessungskriterium zu erfassen. Die Persönlichkeit des Täters, eingeschlossen das Verhalten vor und nach der Tat, und die Ursachen und Bedingungen der Tat sind sowohl für die Einschätzung der Tatschwere (hinsichtlich der Schuld) als auch der „Fähigkeit und Bereitschaft“ bedeutsam. Das Gewicht des Kriteriums „Fähigkeit und Bereitschaft“ für die Strafzumessung Als Strafzumessungskriterium hat die „Fähigkeit und Bereitschaft“ keine verselbständigte Bedeutung. In der Rangfolge der Strafzumessungskriterien ist es stets der Tatschwere untergeordnet und greift erst dann in die Strafzumessung ein, wenn die konkrete Gesellschaftswidrigkeit bzw. Gesellschaftsgefährlichkeit der Tat festgestellt ist. Diese Feststellung ist wichtig, denn schließlich darf mit dem Kriterium „Fähigkeit und Bereitschaft“ nicht der entscheidende Bezugspunkt für die Strafzumessung unterlaufen werden. Daraus ergeben sich mehrere Konsequenzen. E. Buchholz und H. Dettenborn ist zuzustimmen, daß das Kriterium „Fähigkeit und Bereitschaft“ nur in den Grenzen der Tatschwere bei der Strafzumessung berücksichtigt werden kann und muß. Auch wenn z. B. bei fehlender Wiedergutmachungsbereitschaft, Reue oder Mitwirkung an der Aufklärung der Tat auf eine ungenügend ausgeprägte Bereitschaft zu künftig gesellschaftsgemäßem Verhalten zu schließen ist, kann damit nicht eine höhere als die durch die Tatschwere abgedeckte Strafe begründet werden. Das findet seinen Niederschlag in dem Grundsatz, daß Strafen ohne Freiheitsentzug nicht nur auf die „Fähigkeit und Bereitschaft“ gestützt werden dürfen und daß diese Umstände in der Persönlichkeit und im Verhalten des Täters nicht allein zum Ausschluß eines gesetzlich bestimmten schweren Falles führen können.4 Das Kriterium „Fähigkeit und Bereitschaft“ kann nur ausnahmsweise die Entscheidung über die konkrete Strafart (nur im Grenzbereich wesentlicher Tatschweregrade) und Strafhöhe (nur in den von der Gesellschaftswidrigkeit bzw. Gesellschaftsgefährlichkeit gezogenen Grenzen) beeinflussen. E. Buchholz und H. Dettenborn sehen deshalb zu Recht die entscheidende Funktion dieses Strafzumessungskriteriums in seinem Einfluß auf die Ausgestaltung und Verwirklichung der Strafen (vor allem der Strafen ohne Freiheitsentzug und hier insbesondere der Verurteilung auf Bewährung). Dieses Kriterium beeinflußt aber auch die Entscheidung über die Anwendung anderer strafrechtlicher Maßnahmen wie z. B. Wiedereingliederungsmaßnahmen, fachärztliche Heilbehandlung oder Zusatzstrafen. Dabei ist zu prüfen, ob sie mit dem Blick auf die künftige Entwicklung des Täters gerechtfertigt sind, und zwar einmal, um seine weitere Entwicklung positiv zu gestalten (Erziehungsaspekt), und zum anderen, um die Gesellschaft vor weiteren Straftaten dieses Verurteilten zu schützen und der Straffälligkeit anderer vorzubeugen (Schutz- und Vorbeugungsaspekt). Wird das Kriterium „Fähigkeit und Bereitschaft“ richtig beurteilt, erlaubt es diese prognostische Sichtweite. Nach unserer Auffassung schließt das Kriterium „Fähigkeit und Bereitschaft“ in jedem Fall die Frage ein, ob von dem Täter auf Grund seines bisherigen Verhaltens sowie der Ursachen und Bedingungen der Straftat künftig die Gefahr weiterer Rechtsverletzungen ausgeht. Dies hat nichts damit zu tun, eine generelle Tätergefährlichkeit anzunehmen und diese etwa zu einem Maßstab für die Straf-;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Seite 414 (NJ DDR 1980, S. 414) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Seite 414 (NJ DDR 1980, S. 414)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1980. Die Zeitschrift Neue Justiz im 34. Jahrgang 1980 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1980 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1980 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 34. Jahrgang 1980 (NJ DDR 1980, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1980, S. 1-576).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind gegen die von feindlichen Kräften ausgehenden Staatsverbrechen. Das erfordert in der Arbeit Staatssicherheit , ntch stärker vom Primat der Vor-beugung im Kampf gegen die subversiven Angriffe des Feindes und zur Durchsetzung der Politik der Partei im Kampf zur Erhaltung des Friedens und zur weiteren Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft ausgeht. Dabei gilt es zu beachten, daß selbst- Insbesondere Artikel der Verfassung der Deutschen Demokratische Republik., des Gesetzes über den Ministerrat, des Gesetzes über die Bildung des Ministeriums für Staatssicherhe., des Gesetzes über die Staatsanwaltschaft der DDR. Mit der ausdrücklichen Fixierung von Aufträgen des Staatsanwalts sowie eigenen Feststellungen der Untersuchungsorgane als jeweils eigenständige Anlässe zur Prüfung der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens könnte unter Berücksichtigung der anstehenden Novellierung der Straf Prozeßordnung der Beginn des zweiten Abschnitts des dritten Kapitels folgende gesetzestechnische Ausgestaltung erhalten: Zweiter Abschnitt Prüfung der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens könnte unter Berücksichtigung der anstehenden Novellierung der Straf Prozeßordnung der Beginn des zweiten Abschnitts des dritten Kapitels folgende gesetzestechnische Ausgestaltung erhalten: Zweiter Abschnitt Prüfung der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens könnte unter Berücksichtigung der anstehenden Novellierung der Straf Prozeßordnung der Beginn des zweiten Abschnitts des dritten Kapitels folgende gesetzestechnische Ausgestaltung erhalten: Zweiter Abschnitt Prüfung der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens Verdachtshinweise Liegen Hinweise auf den Verdacht einer Straftat vor, haben der Staatsanwalt und das Untersuchungsorgan zu prüfen, ob ein Ermittlungsverfahren einzuleiten ist. Hinweise auf den Verdacht einer Straftat begründen und es keine Hinweise auf das Fehlen der gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung gibt. Das ist in der Regel bei vorläufigen Festnahmen auf frischer Tat usv sowie unter zielstrebiger Ausnutzung politisch-operativer Überprüfungsmöglichkeiten sind wahre Untersuchungsergebnisse zu erarbeiten und im Ermittlungsverfahren in strafprozessual vorgeschriebener Form auszuweisen.

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