Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1980, Seite 412

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Seite 412 (NJ DDR 1980, S. 412); 412 Neue Justiz 9/80 Das „Richterprivileg“ in der BRD Als ursächlich für dieses magere Ergebnis gilt eine vom 1. Strafsenat des BRD-Bundesgerichtshofs entwickelte Konstruktion, die allgemein als „Richterprivileg“ charakterisiert wird.29 Danach dürfen Richter und Staatsanwälte nur dann wegen im Amt verübter Straftaten verfolgt werden, wenn ihr Verhalten zugleich mit direktem Vorsatz den Tatbestand der Rechtsbeugung des § 336 StGB der BRD erfüllte. Mit dieser selbst in der BRD stets außerordentlich umstrittenen Entscheidung30 wurden Hunderte meist wieder in die dortige Justiz integrierte Mitglieder der faschistischen Ausnahmegerichtsbarkeit ihrer strafrechtlichen Verfolgung entzogen. In dreifacher Hinsicht war das erwähnte Urteil des Bundesgerichtshofs eine die gerechte Verfolgung der faschistischen Verbrechen torpedierende Entscheidung: 1. Es erhob den Nazistaat in krasser Mißachtung der von der UN-Vollversammlung bestätigten Nürnberger Prinzipien in den Rang eines Rechtsstaates und schuf für dessen Juristen ein Sonderrecht. Während der Bundesgerichtshof selbst verschiedentlich anerkannte, daß sich niemand mit strafbefreiender Wirkung auf einen ihm erteilten kriminellen Befehl berufen darf (weil der militärische Gehorsam dort endet, wo der Befehlende verbrecherische Ziele verfolgt), gestattete er mit dieser Grundsatzentscheidung den Nazi Juristen, sich hinter dem verbrecherischen Gesetz zu verbergen. Nach dem Karlsruher Richterspruch ist letztlich nur jener Nazijurist verfolgbar, der vorsätzlich das Nazirecht brach. Als Konsequenz dieses Rechtssatzes sprach der 1. Strafsenat im konkreten Fall die Mitglieder eines faschistischen Standgerichts und den die Vollstreckung ihrer Urteile befehlenden SS-General frei ein Ergebnis, auf das schließlich auch der Präsident des „Volksgerichtshofs“, Freisler, hätte vertrauen dürfen, wäre er nicht schon im Februar 1945 umgekommen. 2. Zugleich wurde mit jenem Urteil des Bundesgerichtshofs der Rechtsbeugungs-Tatbestand des § 336 StGB der BRD umfunktioniert: Jene Norm, die den einzelnen davor bewahren soll, Opfer vorsätzlicher Verstöße gegen fundamentale richterliche Pflichten zu werden (z. B. durch bewußte Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes, der Aufklärungspflicht, des Rechts auf Verteidigung, aber auch durch Sachverhaltsverfälschung, Anwendung ungültiger Gesetze, groben Mißbrauch richterlichen Ermessens u. ä.), wurde vom 1. Strafsenat im Widerspruch zu ihrem rechtspolitischen Anliegen zu einer Vorschrift degradiert, deren Wesen „der Schutz der richterlichen Tätigkeit" sei. Nach dieser im fraglichen Urteil ausdrücklich erwähnten Konsequenz war zwar der Nazi-Denunziant strafbar, jener Richter aber, der den Denunzierten dem Schafott überantwortete, blieb straffrei, da der Richter „der Entscheidung im Gegensatz zum Anzeigeerstatter oder ähnlichen Fällen nicht aüsweichen“31 könne! 3. Schließlich erging diese Grundsatzentscheidung in einem weiteren Punkte contra legem, da der Tatbestand der Rechtsbeugung weder zwischen 1933 und 1945 noch danach den direkten Vorsatz erforderte, sondern stets auch den bedingten Vorsatz umfaßte. Zur Begründung des Erfordernisses des direkten Vorsatzes berief sich der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs auf eine nicht existente „herrschende Meinung“, mußte allerdings unmittelbar darauf einräumen, daß andere Senate dieses Gerichts bis dahin einen gänzlich anderen Standpunkt vertraten. Tatsächlich ist jene „herrschende Meinung“ eine Erfindung gewesen: Das ehemalige Reichsgericht hatte sich niemals mit dieser Frage befaßt, und die rechtswissenschaftliche Literatur der BRD stützte die Auffassung des 1. BGH-StrafSenats nicht. Zu Recht betonte später selbst der Vorsitzende eines anderen BGH-Senats, Sarstedt: „Hier wird die Meinung dadurch zur .herrschenden1, daß sie als herrschende bezeichnet wird.“32 Inzwischen ist auch in der BRD mit dem Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469) die Entwicklung über jene Entscheidung des 1. BGH-Strafsenats hinweggegangen. Heute ist selbst dort völlig unstreitig: Der Tatbestand der Rechtsbeugung wird auch von dem Täter erfüllt, der bedingt vorsätzlich handelt. Die anders lautende höchstrichterliche Orientierung hatte nur 18 Jahre Bestand. Diese Zeitspanne reichte aber aus, um mit der Konstruktion des „Richterprivilegs“ zahlreiche Verantwortliche der faschistischen Ausnahmegerichtsbarkeit ihrer strafrechtlichen Verantwortlichkeit zu entziehen. * Zusammenfassend kann festgestellt werden: Der Sammelband „Der Unrechts-Staat“ ist gewiß ein bemerkenswertes Werk, das über die Rolle der Staatsdoktrin des deutschen Faschismus und über die Funktion und Wirkungsweise seiner Justiz wertvolle Einsichten und Erkenntnisse enthält, die im Verbreitungsgebiet dieses Buches angesichts der dort verstärkt zu verzeichnenden neonazistischen Aktivitäten eine besondere Aktualität besitzen. Gleichwohl darf das schwärzeste Kapitel in der Geschichte der imperialistischen deutschen Justiz nicht nur Gegenstand akademischer und publizistischer Betrachtungen sein. Die Auseinandersetzung mit der Funktion der Justiz im Nazistaat und mit der Verantwortlichkeit ihrer Repräsentanten erfordert die strafrechtliche Ahndung jener Verbrechen, die von Angehörigen der faschistischen Strafjustiz verübt wurden. Diese aber ist bislang sieht man von einigen wenigen Anläufen ab in der BRD und in Berlin (West) unterblieben. S. 1 Sonderheft der Zeitschrift „Kritische Justiz“, Herausgeber: Redaktion „Kritische Justiz“, Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 1979, 211 Seiten. 2 H. Schorn, Der Richter im Dritten Reich, Frankfurt am Main 1959. 3 Der weitaus überwiegende Teil der Opfer der faschistischen Berufsverbote wurde bereits in den ersten Monaten nach der Machtübertragung auf die Nazis im Januar 1933 zwangsweise aus der Justiz vertrieben. Nach der Verabschiedung der sog. Nürnberger Rassengesetze von 1935 wurden auch diejenigen jüdischen Richter und Staatsanwälte, die bis dahin als „privilegiert“ gegolten hatten (z. B. ehemalige Frontkämpfer des ersten Welt- - kriegs) aus ihren Funktionen entfernt. 4 Im übrigen ist auffällig: Von dieser Würdigung hat Schorn jene während der Nazizeit aus ihren Ämtern vertriebenen Juristen ausgeschlossen, die nach 1945 beim Aufbau der antifaschistischen Justiz in der DDR mitwirkten. Das führte zu dem Paradoxon, daß er zwar alle von den Alliierten nach 1945 internierten Mitglieder des Reichsgerichts und der Reichsanwaltschaft nennt, den Reichsgerichtsrat Dr. Hermann Großmann, der am 6. April 1933 wegen seiner Gegnerschaft zum Nazismus zwangsweise aus dem Reichsgericht ausscheiden mußte, jedoch gar nicht erwähnt. Dr. Großmann war nach 1945 u. a. Präsident des Thüringischen Oberlandesgerichts. Er erwarb sich unvergessene Verdienste sowohl bei der Verfolgung der für faschistische Verbrechen Verantwortlichen als auch bei der Ausbildung antifaschistischer Juristen (vgl. den Nachruf in NJ 1969, Heft 12. S. 406 f.). 5 Verwiesen sei hier auf die in der BRD angestrengten Ermittlungen gegen den ehemaligen Reichsanwalt beim Reichsgericht und späteren BRD-Bundesrichter Dr. K. (Az: StASch. Karlsruhe 3 Js 332/63 bei Schorn: S. 327) und gegen den ehemaligen Richter am Sondergericht Oppeln Dr. Ja. (Az.: GStA. Oldenburg 2200 E Sdh bei Schorn: S. 655), der im Ergebnis dieser Untersuchungen vom niedersächsischen Justizminister amtsenthoben werden mußte. 6 H. Weinkauff, Die deutsche Justiz und der Nationalsozialismus, Stuttgart 1968, S. 170. 7 R. Sohmid, Rezension zu H. Weinkauff, „Die deutsche Justiz und der Nationalsozialismus“, in: Der Unrechts-Staat, a. a. O., S. 124 u. 125. 8 F. Hartung, Jurist unter vier Reichen, Berlin (West) 1971. Im Zusammenhang mit den Enthüllungen der DDR über den damaligen BRD-Generalbundesanwalt Fränkel sah sich der Oberstaatsanwalt in Marburg (Az: 2 Js 910/66) veranlaßt, gegen Hartung ein Ermittlungsverfahren wegen „des Verdachts der Rechtsbeugung und Tötung“ einzuleiten. 9 Die durch §§ 34 ff. der VO vom 21. Februar 1940 (RGBl. I S. 405) eingeführte und durch VO vom 13. August 1942 (RGBl. I s. 508) in ihrem Anwendungsbereich stark ausgeweitete Nichtigkeitsbeschwerde wurde von den Oberreichsanwälten beim Reichsgericht und zum Teil beim „Volksgerichtshof“ eingelegt, um rechtskräftige Urteile nachgeordneter Gerichte aufzuheben und meist in Todesurteile umzuwandeln. Zur Rechtsprechung des Reichsgerichts auf Grund der Nichtigkeitsbeschwerde vgl. F. K. Kaul, Geschichte des Reichsgerichts, Bd. IV: 1933-1945, Berlin 1971, S.218 ff. 10 R. Schmid, Rezension zu D. Kolbe, „Reichsgerichtspräsident;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Seite 412 (NJ DDR 1980, S. 412) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Seite 412 (NJ DDR 1980, S. 412)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1980. Die Zeitschrift Neue Justiz im 34. Jahrgang 1980 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1980 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1980 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 34. Jahrgang 1980 (NJ DDR 1980, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1980, S. 1-576).

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