Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1980, Seite 411

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Seite 411 (NJ DDR 1980, S. 411); Neue Justiz 9/80 411 Ungerechtigkeit. Ihre Funktion wurde dabei durch zwei Komponenten bestimmt: 1. Die Tatsache, daß der deutsche Faschismus die von ihm im Jahre 1933 angetroffene Strafgerichtsbarkeit als ein intaktes und ihm im wesentlichen willfähriges Gebilde übernehmen konnte, hat zu seiner Aufwertung im In-und Ausland beigetragen. Welche Bedeutung die Nazipartei schon aus optischen Gründen der justiziellen Verfolgung ihrer innenpolitischen Gegner und insbesondere der führenden Repräsen-. tanten der revolutionären Arbeiterklasse beimaß, zeigten die 1933 einsetzenden politischen Schauprozesse (u. a. in Hamburg, Wernigerode, Wuppertal). Höhepunkte dieser Welle politischer Strafverfahren sollten der Reichstagsbrandprozeß und die Hauptverhandlung gegen Emst Thälmann werden. Nachdem freilich der Prozeß vor dem Reichsgericht in Leipzig an der Standhaftigkeit und Überlegenheit Georgi Dimitroffs scheiterte, sah sich die Nazijustiz aus Angst vor einer neuen Niederlage gehindert, das Strafverfahren gegen Emst Thälmann fortzusetzen: Der Vorsitzeride der KPD wurde in „Schutzhaft“ übergeführt. Gleichwohl bediente man sich in der Folgezeit, insbesondere. nachdem das faschistische Regime durch seine' justizministeriellen Experten 1934 das politische Strafrecht in beispielloser Weise verschärfen und den „Volksgerichtshof“ konstruieren ließ, immer stärker oft durch fingierte Anklagen aus dem Bereich der allgemeinen Kriminalität des Mittels der strafgerichtlichen Verurteilung, um einerseits den antifaschistischen Widerstand zu diskriminieren und andererseits den faschistischen Terror unter dem Mantel der Justiz zu verbergen. Dabei ' ist kennzeichnend: Von Jahr zu Jahr erhöhte sich der Gesamtumfang der Sondergerichtsbarkeit20, wurde die rechtliche Stellung der Angeklagten stärker eingeschränkt, die Verfahrensdurchführung hektischer und die Strafpolitik drakonischer. 2. Diese Entwicklung ging einher mit der „stetige(n) Konzentration und Verschmelzung der außergerichtlichen Uberwachungs- und Terrororgane sowie ihre(r) arbeitsteiligein) Kooperation mit den Einrichtungen der Strafjustiz“.21 Diese Kooperation begann bei der Masseneinlieferung von Schutzhäftlingen in die Justizhaftanstalten im März 1933 und endete schließlich in der unmittelbaren Teilnahme von Angehörigen der Nazijustiz an der Ermordung von Untersuchungs- und Strafgefangenen: Am 12. Februar 1945 ordnete das Reichsjustizministerium in der Rundverfügung IV a 56/45 g an, die „Räumung der Justizvollzugsanstalten feindbedrohter Gebiete“ habe so zu erfolgen, daß bestimmte Häftlingskategorien „der Polizei zur Beseitigung zu überstellen oder, wenn auch dies nicht möglich ist, durch Erschießen unschädlich zu machen“ seien. Weiter heißt es dort: „Die Spuren der Unschädlichmachung sind sorgfältig zu beseitigen.“22 Angesichts der Rolle, die die Justiz im Hitlerstaat einnahm, muß jener Behauptung Alexander von Brünnecks widersprochen werden, die „aus der Weimarer Zeit stammende Richterschaft“ sei eine „direkte Gefährdung für den Faschismus“ gewesen, „weil sie ihm eine Kontrolle seiner politischen Dezisionen aufzuerlegen drohte“.23 Ohne die Justiz des Jahres 1933 in eine Kongruenz zu jener der Endphase des Faschismus zu bringen, muß betont werden: Eine „Gefährdung“ für den Faschismus ist die bürgerliche deutsche Justiz weder vor, geschweige denn nach 1933 gewesen. Auf sie trifft vielmehr prinzipiell das zu, was Robert M. W. Kempner über den deutsch-nationalen Reichsjustizminister Gürtner feststellt: Sein „Widerstand“ richtete sich nicht „gegen die eigentlichen NS-Verbrechen“, sondern „gegen die un-juristische Form ihrer Ausführung. Sie waren oft nicht ,legal' genug getarnt! Nicht die Einrichtung von Konzen- trationslagern wurde beanstandet, sondern die von .illegalen' das heißt wilden Konzentrationslagern“.24 Liest man Quellen aus jener Zeit, die Aufschluß über eine dem Faschismus von der Justiz angedrohte „Kontrolle seiner politischen Dezisionen“ vermitteln könnten25, so findet man bestätigt, daß es deren Verfassern lediglich um die „Fassadenpflege“ des Faschismus ging. Die strafrechtliche Verantwortlichkeit der Angehörigen der faschistischen Justiz * 300 Nach der Zerschlagung des Naziregimes hatten sich vor den Gerichten mehrerer Staaten Angeklagte zu verantworten, die als Richter, Staatsanwälte oder Funktionäre der faschistischen Justizverwaltung Verantwortung für jene Verbrechen trugen, die von der Sonder- und Kriegsgerichtsbarkeit des'Nazistaates verübt wurden. Allein in der DDR sind bisher 147 Angehörige der faschistischen Strafjustiz, meist ehemalige Vorsitzende, Beisitzer und Staatsanwälte der Sonder- und Kriegsgerichte, rechtskräftig verurteilt worden. Die Gesamtzahl der in den einzelnen Ländern nach 1945 angeklagten Nazijuristen kann nur geschätzt werden, da mehrere Staaten unter ihnen die BRD darüber bislang keine exakten Zahlen veröffentlichten. Man wird aber davon ausgehen können, daß vor Gerichten der Alliierten bzw. vor Gerichten der DDR, der BRD und in Berlin (West) keinesfalls mehr als 300 Exponenten der faschistischen Strafjustiz angeklagt waren. Dabei ist zu berücksichtigen, daß in der BRD und in Berlin (West) im Gegensatz zu den anderen in Betracht kommenden Staaten die Freispruchquote gerade in Verfahren gegen ehemalige Nazijuristen außerordentlich hoch ist. Dennoch vermitteln die anhängig gewesenen Prozesse Erkenntnisse über die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Verfolgbarkeit der Strafjuristen des Nazistaates: 1. Läßt man jene Angeklagten außer Betracht, die wie die Richter des ganz besonders brutalen Nürnberger Sondergerichts noch über die faschistische Strafgesetzgebung hinausgehend Antifaschisten dem Henker auslieferten26, .so weist der Anklagevorwurf in den Prozessen gegen ehemalige Nazijuristen einen grundlegenden materiell-rechtlichen Unterschied zu anderen Strafverfahren auf: Während üblicherweise Anklage gegen diejenigen erhoben wird, deren Tun oder Unterlassen gegen Rechtsvorschriften verstieß, wird demgegenüber den Nazijuristen zur Last gelegt, daß sie Rechtsvorschriften angewendet haben. „Der Kern der Anklage in diesem Fall besteht ja gerade darin, daß die Gesetze, die Hitler-Erlasse und das drakonische, korrupte und verderbte, nationalsozialistische Rechtssystem als solche in sich selbst Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen und daß eine Teilnahme an dem Erlaß und der Durchführung dieser Gesetze verbrecherische Mittäterschaft bedeutet.“27 2. Verfahrenstechnisch unterscheidet sich die Ermittlung dieser Straftaten von der Aufklärung anderer faschistischer Verbrechen vor allem dadurch, daß aus dem Bereich der Nazijustiz umfangreiches objektives Beweismaterial zur Verfügung steht, das meist auch wertvollen Aufschluß über die Zielsetzung der Täter zum Zeitpunkt der Tat vermittelt. Oft zeigen bereits die Diktion und die jeglicher Gerechtigkeit hohnsprechende Knappheit der faschistischen Todesurteile, wie deren Verfasser förmlich beseelt waren, ihren Part zu der zur nazioffiziellen Staatsdoktrin erklärten Ausrottungspolitik beizusteuern. Angesichts dieser Rechtslage müßte man annehmen, daß die Aufklärung dieser Justizverbrechen allerorts mit besonderem Erfolg betrieben wurde. Tatsächlich aber ist in der BRD und in Berlin (West) in den letzten zwei Jahrzehnten wohl jeweils nur ein derartiges Strafverfahren bis in das Anklagestadium gelangt.28;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Seite 411 (NJ DDR 1980, S. 411) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Seite 411 (NJ DDR 1980, S. 411)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1980. Die Zeitschrift Neue Justiz im 34. Jahrgang 1980 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1980 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1980 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 34. Jahrgang 1980 (NJ DDR 1980, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1980, S. 1-576).

In jedem Fall ist jedoch der Sicherheit des größtes Augenmerk zu schenken, um ihn vor jeglicher Dekonspiration zu bewahren. Der Geheime Mitarbeiter Geheime Mitarbeiter sind geworbene Personen, die auf Grund ihrer Eigenschaften und Verbindungen die Möglichkeit haben, in bestimmte Personenkreise oder Dienststellen einzudringen, infolge bestehender Verbindungen zu feindlich tätigen Personen oder Dienststellen in der Lage sind, den Organen Staatssicherheit besonders wertvolle Angaben über deren Spionageund andere illegale, antidemokratische Tätigkeit zu beschaffen. Unter !Informatoren sind Personen zu verstehen, die zur nichtöffentliehen Zusammenarbeit mit den Organen Staatssicherheit Thesen zur Dissertation Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Heyer, Anforderungen an die Führungs- und Leitungstätigkeit für die optimale Nutzung der operativen Basis in den Bezirken der zur Erhöhung der Effektivität der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen in Rahnen der politisch-operativen Tätigkeit Staatssicherheit Theoretische und praktische Grundlagen der weiteren Vervollkommnung der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen geführt; werden. Die in der gesellschaftlichen Front Zusammenzuschließenden Kräf- müssen sicherheitspolitisch befähigt werden, aktiver das Entstehen solcher Faktoren zu bekämpfen, die zu Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen zu leiten und zu organisieren. Die Partei ist rechtzeitiger und umfassender über sich bildende Schwerpunkte von Ursachen und Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen eine große Verantwortung. Es hat dabei in allgemein sozialer und speziell kriminologischer Hinsicht einen spezifischen Beitrag zur Aufdeckung. Zurückdrängung. Neutralisierung und Überwindung der Ursachen und Bedingungen für das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und ihres Umschlagens in feindlich-negative Handlungen durchzusetzen. Das rechtzeitige Erkennen der Ursachen und Bedingungen für feindlich-negative Einstellungen und Handlungen gibt. Vielmehr kommt den innerhalb der entwickelten sozialistischen Gesellschaft in der liegenden Er-scheinungen, die am Zustandekommen und am Erhalten von feindlich-negativen Einstellungen und Handlungen ist die Frogeihrer Erkennbarkeit von besonderem Interesse. Es ist zu beachten, daß niemals kauoalrnechanische Zusammenhänge zwischen Einstellungen und Handlungen bestehen.

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