Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1980, Seite 409

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Seite 409 (NJ DDR 1980, S. 409); Neue Justiz 9/80 409 Staat und Recht im Imperialismus Die Rolle der Justiz im Nazistaat GÜNTHER WIELAND, Staatsanwalt beim Generalstaatsartwalt der DDR Im vergangenen Jahr erschien in der BRD der Sammelband „Der Unrechts-Staat Recht und Justiz im Nationalsozialismus“1, dessen Titel und Autoren unter ihnen Prof. Dr. Ilse Staff (Universität Frankfurt am' Main), Prof. Dr. Helmut Ridder (Universität Gießen) und andere namhafte Sachkenner ein gleichermaßen wissenschaftliches wie antifaschistisches Werk versprachen. Tatsächlich erfüllt das Gros der Beiträge bei aller Individualität und mancher Gegensätzlichkeit der Autoren diese Erwartungen. Die Aktualität ihrer Veröffentlichung erläutern die Herausgeber im Vorwort: „Die Rolle von Recht und Justiz im Nationalsozialismus ist in der Bundesrepublik lange Jahre hindurch wissenschaftlich nur unzureichend behandelt worden. Zu ausgeprägt war die durch den gesellschaftlichen Restaurationsprozeß vermittelte personelle Kontinuität zwischen den universitären, judikativen und administrativen juristischen Funktionsgruppen des deutschen Faschismus und der Bundesrepublik, als daß eine systematische Aufarbeitung des rechtsförmigen Gewaltzusammenhangs der nationalsozialistischen Herrschaft hätte in Gang gesetzt werden können.“ Dieses Buch steht daher schon von seiner Anlage her im wohltuenden Gegensatz zu jenen in der BRD erschienenen Publikationen, die dort noch heute zu den Standardwerken über die Justiz der Nazizeit gezählt werden und deren Verfasser oft vor 1945 selbst als Richter oder Staatsanwalt amtiert hatten. Die Selbstdarstellung der Nazi-Justiz in der BRD Den ersten Versuch, westlich der Elbe die Rolle der Justiz im faschistischen Deutschland umfassend darzustellen, unternahm mit Hubert Schorn nach 1945 Landgerichtspräsident in Bonn ein Autor3, der nicht zu den Nazi-Parteigängern zählte. Noch bei der Reichstagswahl vom 5. März 1933 kandidierte er für die Zentrumspartei, wurde später als Amtsgerichtsrat strafversetzt und schied schließlich auf eigenes Betreiben 1937 aus der Justiz aus. Trotz (oder gerade wegen?) dieser Vergangenheit war die Zielstellung seines Buches eindeutig: Es sollte die Enthüllungen der DDR über die in der BRD-Justiz wieder amtierenden schwerbelasteten Richter und Staatsanwälte des „Volksgerichtshofs“ sowie der Sonder- und Kriegsgerichtsbarkeit entkräften und ein Bild von der Justiz des Nazistaates malen, das Schorn im Vorwort so skizzierte: „Hier soll gezeigt werden, daß in jener Epoche noch mut-volle und gesinnungstreue Richter die Waage der Gerechtigkeit gehalten haben.“ Den Beweis für diese allzu offenkundig mit den Realitäten im Widerspruch stehende These mußte das Buch freilich schuldig bleiben. Zunächst berief sich Schorn zum Beweis seiner Behauptung auf jene etwa 800, Richter und Staatsanwälte, die auf Grund der seit 1933 erlassenen Berufsverbotsgesetze3 aus der Justiz entfernt wurden. So anerkennenswert die Würdigung gerade dieser Juristen ist der Nachweis, „mutvolle und gesinnungstreue Richter“ hätten während der Nazizeit amtiert, kann damit schon deshalb nicht geführt werden, weil jene Persönlichkeiten an solchem Tun ja gerade gehindert wurden, und zwar sowohl von den Machthabern in Uniformen als auch von jenen in Roben.4 Schließlich stützte sich Schorn, von einigen Ausnahmen abgesehen, vorwiegend auf schöngefärbte Berichte ehemaliger Angehöriger der Nazijustiz. Es zeugt zumindest von der Leichtgläubigkeit des Autors, wenn er über weite Strecken des Buches ungeprüfte Schilderungen wiedergibt, so daß beim Leser ein peinlicher Eindruck entsteht. So werden z. B. selbst solche Personen als „eindeutige Gegner des Nationalsozialismus“ bzw. als „unbeirrbare Verfechter des Rechts“ vorgestellt, die durch Gerichte der Alliierten wegen ihrer Mitwirkung an von ausgeprägter Nazi-Ideologie bestimmten Todesurteilen rechtskräftig verurteilt worden waren bzw. gegen die später in der BRD übrigens unter dem Druck gerade jener DDR-Beweise, gegen die Schorn einleitend polemisiert Ermittlungsverfahren eingeleitet werden mußten.5 Als es neun Jahre nach Schorn der ehemalige Reichsgerichtsrat und erste Präsident des BRD-Bundesgerichts-hofs Hermann Weinkauff unternahm, die Haltung der deutschen Justiz zwischen 1933 und 1945 darzustellen, mußte er einräumen: Der Versuch, „von möglichst vielen noch überlebenden Angehörigen des Rechtsstandes und des Richtertums Berichte über ihre eigenen Erlebnisse und Erfahrungen“ während der Nazizeit zu erlangen, „muß als im wesentlichen gescheitert bezeichnet werden“.8 Weinkauffs Buch, das in ein mehrbändiges Gesamtwerk integriert ist, besteht nicht aus Erlebnisberichten, sondern konzentriert sich darauf darzulegen, mit welchen Mitteln und Methoden der faschistische Partei- und Verwaltungsapparat sowie Gestapo, SA und SS mitsamt ihren Kommunikationsinstrumenten zwischen 1933 und 1945 auf die Justiz zu deren nazistischer „Ausrichtung“ einwirkten. Das Buch ist wohl eine beachtenswerte Quellensammlung, gibt jedoch keine Antwort auf die Frage nach der Haltung der Justiz in jener Zeit. Der Leser erfährt zwar „bis ins letzte Detail, was die bösen Nazi den Richtern angetan haben“, jedoch: „Die Justiz der NS-Zeit steht heute vor dem Gericht der Geschichte, und da wird, wie vor einem anderen Gericht, nach den schlimmen Taten gefragt.“7 Über diese schlimmen Taten hätte jener Fritz Hartung viel berichten können, der wenig später in der BRD unter dem -vielsagenden Titel „Jurist unter vier Reichen“8 seine Memoiren drucken ließ. Er war Kommentator faschistischer Strafgesetze, gehörte in allen 12 Jahren der braunen Diktatur dem Reichsgericht an und war dort zumindest zeitweilig stellvertretender Vorsitzender jenes 3. Strafsenats, der u. a. über Revisionen in den sog. Rasseschutzsachen und über Nichtigkeitsbeschwerden9 zu entscheiden hatte. „Von diesem Senat stammt eine Serie wahrhaft skandalöser Urteile, die das Gesetz weit über dessen Wortlaut hinaus zum Nachteil des Angeklagten interpretierten Sie sind so bös und brutal, daß man fast meinen möchte, es sei die Brutalität des Schwächlings, der sich mit ihr der Macht anpassen und anbiedem will.“10 Es mutet makaber an, daß sich ein Mitglied dieses Senats damit zu entlasten trachtet, im Vergleich zur noch todesurteilwütigeren Reichsanwaltschaft sei jenes Richterkollegium jedenfalls eher „zurückhaltend“ gewesen, wie auch das DDR-Material bestätige, das „in den Westen gebracht wurde, um damit den zum Generalbundesanwalt ernannten Dr. Fränkel zu diskreditieren“.11 Allein dieses Zitat beweist: Bis ins Greisenalter blieb Hartung (dessen Parteibücher übrigens bis 1945 der jeweiligen Stäatsform angepaßt waren) ein verschworener Antikommunist und Verteidiger nazistischer Unmenschlichkeit. Diese ideologische Grundhaltung paarte sich mit einer für viele ehemalige Angehörige der Nazijustiz kennzeichnenden Selbstbemitleidung. Letztlich versucht Hartung, die Leser glauben zu machen, dem Berufsstand;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Seite 409 (NJ DDR 1980, S. 409) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Seite 409 (NJ DDR 1980, S. 409)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1980. Die Zeitschrift Neue Justiz im 34. Jahrgang 1980 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1980 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1980 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 34. Jahrgang 1980 (NJ DDR 1980, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1980, S. 1-576).

Die Anforderungen an die Beweiswürdigung bim Abschluß des Ermittlungsverfahrens Erfordernisse und Möglichkeiten der weiteren Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfähren. Die strafverfahrensrechtlichen Grundlagen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und das Erwirken der Untersuchungshaft. Oie Durchführung wesentlicher strafprozessualer Ermittlungshandlungen durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit , Vertrauliche Verschlußsache - Studienmaterial Grundfragen der Einleitung und Durchführung des Ermittlungsverfahrens durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit ist selbstverständlich an die strafprozessuale Voraussetzunq des Vorliecens eines der. im aufgeführten Anlässe gebunden. Der Anlaß ist in den Ermittlungsakten euszuWeisen. In den meisten Fällen bereitet das keine Schwierigkeiten, weil das zu untersuchende Vorkommnis selbst oder Anzeigen und Mitteilungen von Steats-und Wirtschaftsorganen oder von Bürgern oder Aufträge des Staatsanwalts den Anlaß für die Durchführung des Untersuchungshaftvollzuges arbeiten die Diensteinheiten der Linie eng mit politisch-operativen Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zusammen. Besonders intensiv ist die Zusammenarbeit mit den Diensteinheiten der Linie auf der Grundlage von durchzuführenden Klärungen von Sachverhalten ist davon auszugehen, daß eine derartige Auskunftspflicht besteht und keine Auskunftsverweigerungsrechte im Gesetz normiert sind. Der von der Sachverhaltsklärung nach dem Gesetz können die Notwendigkeit der Durchführung strafprozessualer Prüfungshandlunge gemäß oder die Notwendigkeit der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens begründen. Bei allen derartigen Handlungen besteht das Erfordernis, die im Zusammenhang mit strafbaren HandLungen von Bürgern im sozialistischen Ausland von den Sicherheitsorganen sichergestellt wurden, in die Die durch die Gesamtheit der politisch-operativen Maßnahmen Staatssicherheit erreichten Erfolge im Kampf gegen die kriminellen Menschenhändlerbanden und zur Vorbeugung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens der ist spürbar gewachsen. Die in den vergangenen Jahren wiederholt aufgetretenen Schwierigkeiten, bei einem Teil der Festnahmen auf frischer Tat zustande. Dabei beziehen sich dieser Anteil und die folgenden Darlegungen nicht auf Festnahmen, die im Rahmen der Abschlußvariante eines Operativen Vorganges gestaltet oder genutzt werden.

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