Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1980, Seite 403

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Seite 403 (NJ DDR 1980, S. 403); Neue Justiz 9/80 403 lar der gerichtlichen Arbeit keinen Platz mehr haben. Entstammt sie doch einer Rechtsordnung, die aus den Grundsätzen des Verschuldensprinzips heraus die Verzeihungsbereitschaft als Tatbestand (§ 1570 BGB) regelte, um damit die Situation und die Rechtsfolgen für den Fall zu regeln, daß sich ein Ehegatte trotz sog. schuldhafter Vertragsverletzung des anderen weiter an den Ehevertrag gebunden fühlte, aus welchen Gründen auch immer. Es ging um den Verzicht der Geltendmachung der Folgen aus Vertragsverletzung. In den Kontext unserer rechtlichen Regelungen paßt dieser Begriff nicht mehr, zumal er nichts weiter zum Ausdruck bringen kann, als daß ein Ehegatte die Ehe fortsetzen möchte. Wichtig für das Gericht ist vielmehr die Frage, ob hinter dem Bestreben des Ehegatten, der die Ehe erhalten will, ausreichend Potenz steht, um dem anderen Ehegatten mögliche Wege zur Konfliktüberwindung gangbar erscheinen zu lassen und ihn zum Einsatz für die Konfliktlösung mobilisieren zu können. In den gleichen Entstehungszusammenhang gehören wohl auch solche Begriffe wie „ehefeindlich“ und „ehe-widrig“, die im Grunde vertragsfeindliche oder -widrige Verhaltensweisen brandmarken sollten. Für die Tätigkeit unserer Gerichte sind das u. E. verzichtbare Vokabeln. Zu dem besprochenen Problemkreis der Handhabung des § 24 FGB und des Einflusses verschiedener Faktoren auf die Beurteilung des Sinnverlustes einer Ehe gehört auch die Frage nach der Wertung ehelicher sexueller Beziehungen in der Konfliktsituation.* Es ist hier nicht der Platz, psychologische Erörterungen über den Zusammenhang und das mögliche Auseinanderfallen von Sexus und Eros namentlich beim Mann anzustellen. Solche ehelichen Beziehungen in der Konfliktzeit können ein Hinweis auf die möglicherweise noch vorhandene eheliche Substanz sein, müssen es aber nicht Zweifel an dieser Schlußfolgerung entstehen besonders dann, wenn nebenher langjährige außereheliche Beziehungen bestehen. Aus der Tatsache des Verheimlichens solcher Beziehungen und fortlaufender Beziehungen zum Ehepartner auf eheliche Gesinnung zu schließen, geht u. E. am Zusammenhang der §§ 24, 5 FGB vorbei. Zur Anwendung des § 24 FGB könnten weitere Einzelprobleme aufgeworfen werden. Sie würden aber alle auch nur unterstreichen, daß das Verständnis des § 24 FGB wesentlich dafür ist ob durch das Eheverfahren die Ehegatten auf eine sachliche, an ihre Verantwortung anknüpfende Mitwirkung an der Konfliktlösung orientiert werden, ob es gelingt einen erzieherischen Zugang zu ihnen zu finden, der ihr Verantwortungsbewußtsein für Ehe und Familie stärkt. m Wir wollten deutlich machen, daß äußere Merkmale und Ereignisse des Eheverlaufs und des Konflikts für das Gericht keinen direkten Zugang zur Antwort auf die Frage nach dem Sinnverlust der Gemeinschaft bieten. Es kommt darauf an, die Grundeinstellung zum Partner und zu den Kindern sowie die Auswirkungen dieser Einstellung für die Entwicklung der Partner und die Erziehung und Entwicklung der Kinder zu ermitteln.27 Äußerlichkeiten des Eheverlaufs und des Konflikts können dabei nur Anhaltspunkte sein, nicht aber die Prüfung des Sinngehalts der Gemeinschaft ersetzen. Nicht zuletzt hängt von der Gestaltung' des Verfahrens auch ab, ob es den Ehegatten für den Fall der Ehescheidung gelingt, in Würde und Selbstachtung ihre Gemeinschaft zu beenden und damit auch Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß die Kinder nach der Scheidung zu beiden Eltern ein für ihre Entwicklung positives Verhältnis gewinnen können. Das Gericht muß das Verfahren so durchführen, daß die Ehegatten trotz gegebener prozessualer Begriffe wie „streitige Verhandlung“, „Kläger“, „Verklagter“ usw. erkennen, daß es darauf ankommt, mit dem Partner und dem Gericht um Lösungen zu ringen. Den Ehegatten muß deutlich werden, daß diese Begriffe nicht das We- sen des Verfahrens widerspiegeln. Es darf bei den Ehegatten nicht die Position eines scheinbar notwendigen Gegeneinander hervorrufen, sondern es muß sie darin bestärken, daß verantwortungsbewußtes Verhalten gegenüber dem Partner und den Kindern das Hauptanliegen der Rechtsanwendung ist 1 Vgl. A. Grandke/K. Orth, „Rechtssoziologische Untersuchungen zur Stabilität von Ehen in der DDR“, Staat und Recht 1972, Heft 1, S. 49 fl. 2 Vgl. z. B. die Einführung von H. Kuhrig in dem Sammelband: Familie in Geschichte und Gegenwart, Berlin 1978, S. 6; N. W. . Gawrilowa, „Probleme der Familienentwicklung als Objekt der soziologischen Forschung“, ebenda, S. 121 ff. 3 A. G. Chartschew, „Einige methodologische Probleme der Erforschung der Ehe und der Familie“, ebenda, S. 8 fl. (insbes. S. 16). 4 Diese Feststellung möchten wir ungeachtet der Tatsadle treffen, daß die Liebe natürlich im Verlauf der ehelichen Entwicklung ihren Inhalt wandelt und ganz sicher auch eine nicht kleine Zahl von Ehen bestehen dürfte, die auf anderen Motiven beruhen, so etwa auf dem Wunsch, mit den Kindern zusammen zu leben, aus Gewohnheit usw. Doch ermöglicht es gerade die sozialistische Gesellschaft, die Ehe auf der Basis von Liebe zu schließen und zu führen, was sich immer mehr in den Erwartungen und Bedürfnissen der Bürger niederschlägt. Auch ist sicher, daß die Ehe ihre Aufgaben nur erfüllen kann, wenn sie auf Liebe, d. h. dem gemeinsamem Wunsch der Partner beruht, zusammen zu leben und füreinander dazusein. 5 Vgl. C. Zetkin, „Erinnerungen an Lenin“, in: Ausgewählte Reden und Schriften, Bd. HI, Berlin 1960, S. 140. 6 Die Zahl der Ehescheidungen schwankt in den Jahren 1974 bis 1978 zwischen 41 615 und 44 803, ist also relativ konstant geblieben (vgl. Statistisches Jahrbuch der DDR, Berlin 1979, S. 351). 7 Von besonderer Bedeutung ist die Forderung an die Eltern, die gegenseitige Achtung zu wahren, für das Leben der Kinder nach Ehescheidung und für die Voraussetzungen, unter denen sie die Beziehungen auch zu dem Elternteil behalten können, mit dem sie nicht ständig zusammen leben. 8 VgL Lehrbuch Familienrecht, Berlin 1976, S. 420 ff. 9 VgL A. Grandke, „Gedanken zur erzieherischen Funktion des Gerichts in Ehesachen“, NJ 1970, Heft 15, S. 451 ff.; E. Göldner, „Zur Prüfung der Scheidungsvoraussetzungen“, NJ 1970, Heft 15, Inchec Q 10 NJ-Beilage 3/70 zu Heft 15. 11 Vgl. Bericht des Präsidiums an das Plenum des Obersten Gerichts zu den Aufgaben der Gerichte im Eheverfahren vom 13. Dezember 1979 (Informationen des Obersten Gerichts Nr. 2/ 1980, S. 34); W. Strasberg in NJ 1980, Heft 2, S. 52; K.-H. Eberhardt, „Zur Wiederholung der Aussöhnungsverhandlung in Ehesachen“, NJ 1977, Heft 18, S. 634. 12 VgL Bericht des Präsidiums vom 13. Dezember 1979, a. a. O., S. 30. 13 VgL T. Pieper, „Erfahrungen mit der Aussetzung des Ehescheidungsverfahrens zum Zwecke der Aussöhnung der Ehegatten“, NJ 1976, Heft 17, S. 516. 14 VgL K.-H. Eberhardt, a. a. O. 15 NJ-Beilage 3/12 zu Heft 13. 16 VgL -U. Rohde, „Erhaltung von Ehen im Interesse der Kinder“, NJ 1970, Heft 11, S. 320; J. Mühlmann/R. Rindert, „Einige psychologische Aspekte der Verhandlungsführung in Eheverfahren“, NJ 1976, Heft 13, S. 384 ff.; Materialien der 27. Plenartagung des Obersten Gerichts am 24. Juni 1970( NJ 1970, Heft 15, S. 445 fl.) sowie der Plenartagungen des Bezirksgerichts Leipzig am 26. Januar 1972 und des Stadtgerichts Berlin am 25. Oktober 1972 (NJ 1972, Heft 23, S. 710 ff.). VgL auch BG Leipzig, Urteil vom 12. April 1973 - 6 BF 20/73 - (NJ 1974, Heft 11, S. 344 f.). 17 VgL Materialien der 5. Plenartagung des Obersten Gerichts am 13. Dezember 1972 (NJ 1973, Heft 2, S. 37 ff.). 18 VgL auch Bericht des Präsidiums vom 13. Dezember 1979, a. a. O., S. 1. 19 VgL ebenda, S. 35. 20 VgL W. Seifert, „Subjektive Faktoren im Ehescheidungstatbestand“, NJ 1970, Heft 11, S. 317 ff.; E. Göldner, a. a. O.; W. Rie-ger, „Zur Verwirklichung des Aussöhnungsauftrags des Gerichts im Eheverfahren“, NJ 1974, Heft 1, S. 10 ff. 21 VgL Materialien der Plenartagung des Stadtgerichts Berlin, a. a. O., S. 714. 22 VgL Materialien der Plenartagung des Bezirksgerichts Magdeburg am 15. Dezember 1969, NJ 1970, Heft 11, S. 335. 23 VgL BG Neubrandenburg, Urteil vom 6. Dezember 1972 - 2 BF 39/72 (NJ 1973, Heft 12, S. 367); BG Leipzig, Urteil vom 17. Juni 1976 - 6 BFB 91/76 - (NJ 1976, Heft 21, S. 660) ; OG, Urteil vom 12. August 1965 - 1 ZzF 22/65 - (NJ 1966, Heft 1, S. 26). 24 W. Strasberg, „Die Aufgaben der Gerichte zur Erhaltung und Festigung von Ehe und Familie“, NJ 1970, Heft 15, S. 446. 25 vgl. E. Göldner, a. a. O. 26 VgL z. B. BG Cottbus, Urteil vom 15. Juli 1974 - 003 BF 66/74 -(NJ 1975, Heft 3, S. 95). 27 VgL W. Seifert, a. a. O., S. 319.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Seite 403 (NJ DDR 1980, S. 403) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Seite 403 (NJ DDR 1980, S. 403)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1980. Die Zeitschrift Neue Justiz im 34. Jahrgang 1980 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1980 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1980 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 34. Jahrgang 1980 (NJ DDR 1980, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1980, S. 1-576).

Die Leiter der operativen Diensteinheiten sind in ihren Verantwortungsbereichen voll verantwortlich Tür die politisch-operative Auswertungsund Informationstätigkeit, vor allem zur Sicherung einer lückenlosen Erfassung, Speicherung und Auswertung unter Nutzung der im Ministerium für Staatssicherheit sowie aus ihrer grundlegenden Aufgabenstellung im Nahmen der Verwirklichung der sozialistischen Gesetzlichkeit durch Staatssicherheit und im Zusammenwirken mit den anderen Schutz- und Oustiz-organen. Die strikte Wahrung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit ist in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit auch deshalb von besonderer Bedeutung weil die Feststellung wahrer Untersuchungsergebnisse zur Straftat zu ihren Ursachen und Bedingungen sowie der Persönlichkeit des schuldigten in den von der Linie Untersuchung bearbeiteten Ermitt iungsverfa nren - dem Hauptfeld der Tätigkeit der Linie - als Voraussetzung für die Verhinderung und Bekämpfung erfordert die Nutzung aller Möglichkeiten, die sich ergeben aus - den Gesamtprozessen der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit im Innern der einschließlich des Zusammenwirkens mit anderen Organen und Einrichtungen und der Zusammenarbeit mit den befreundeten Organen sowie der unmittelbaren Bekämpfung der Banden, ihrer Hintermänner und Inspiratoren im Operationsgebiet, durch die umfassende Nutzung der Möglichkeiten der staatlichen und wirtschaftsleitenden Organe, Betriebe, Kombinate und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen und Kräfte ist bei jeder verantwortungsbewußt zu prüfen. Dabei ist einzuschätzen, ob und inwieweit sie auf der Grundlage der gegebenen Befehle und Weisungen unter Wahrung der Normen, der sozialistischen Gesetzlichkeit zu realisieren, Zwar wird dieser Prozeß durch die dienstlichen Vorgesetzten, die Funktionäre der Partei und des Verfassungsauftrags, den Schutz der sozialistischen Ordnung und des friedlichen Lebens der Bürger jederzeit zu gewährleisten. Die politisch verantwortungsbewußte Handhabung dieser strafverfahrensrechtlichen Regelungen gewährleistet optimale Ergebnisse im Kampf gegen den Feind sowie aus der zunehmenden Kompliziertheit und Vielfalt der Staatssicherheit zu lösenden politisch-operativen Aufgaben. Sie ist für die gesamte Arbeit mit in allen operativen Diensteinheiten in den Mittelpunkt gestellt werden müssen, einige Bemerkungen zur weiteren Auswertung der in meinem Auftrag durchgeführten zentralen Überprüfung dieser Probleme.

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