Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1980, Seite 334

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Seite 334 (NJ DDR 1980, S. 334); 334 Neue Justiz 7/80 kehrssituation vor und auf der Kreuzung erkannt und ver-kehrsgemäß gehandelt. Der zum Linkseinbiegen eingeordnete Zeuge R. war über den Voraus- und Nachfolgeverkehr sowie über den Verkehr auf der Nebenstraße orientiert, in die er einzubiegen beabsichtigte. Er erkannte die Fahrbahnmitte und wählte einen ausreichenden seitlichen Abstand nach rechts. Auch der Zeuge P. konnte sehen, daß er sich nahe der Fahrbahnmitte befand, daß die linken Räder des vom Zeugen R. gefahrenen Pkw nahe der Leitlinie standen, dieser den linken Blinker gesetzt und die Beleuchtung seines Fahrzeugs eingeschaltet hatte. Folglich ist die Frage zu klären, aus welchem Grunde der Beschuldigte im Gegensatz zu diesen Verkehrsteilnehmern nahezu nichts von der Verkehrssituation wahrgenommen hat. Dazu gehört auch die Klärung der unterschiedlichen Aussagen des Beschuldigten, wonach er zwar nur 1 m sehen konnte, sich aber andererseits „nach den Häusern und nach der Bebauung“ gerichtet hat, dennoch aber der irrigen Auffassung gewesen ist, daß er mit seinem Pkw die äußerste rechte Seite der Fahrbahn befahren hat. Der Beschuldigte hatte nur eine geringe Sichtweite. Dennoch fuhr er mit einer Geschwindigkeit von 20 km/h, was einer Fahrtstrecke von 5,5 m/sec entspricht. Für die Bestimmung der Schwere der Rechtspflichtverletzung ist es notwendig, die Verkehrsdichte, die Straßenverhältnisse, die Sicht- und Witterungsbedingungen, die Straßenführung und die Art des gefahrenen Fahrzeugs komplex zu berücksichtigen (vgl. G. Sarge, „Zur Rechtsprechung in Verkehrsstrafsachen“, NJ 1978, Heft 2, S. 48). Eine solche Untersuchung muß im vorliegenden Fall zu der Erkenntnis führen, daß der Beschuldigte in erheblichem Maße gegen die Grundregel, auf Sicht zu fahren, verstoßen hat (OG, Urteil vom 7. September 1971 - 3 Zst 21/71 - NJ 1971, Heft 23, S. 716). Seine Fahrgeschwindigkeit durfte nur so hoch sein, daß der Anhalteweg (Reaktions- plus Bremsweg) keinesfalls länger ist als seine Übersicht über die Fahrbahn. Er hätte daher nicht mit 20 km/h, sondern in Schrittgeschwindigkeit fahren müssen. Der Unfall ereignete sich am 26. August 1979. Nach der zwei Tage später ausgestellten ärztlichen Bescheinigung hat der Geschädigte einen Oberschenkelbruch links und einen offenen Unterschenkelbruch links davongetragen und sich in Lebensgefahr befunden. Aussagen über bleibende Schäden konnten seinerzeit noch nicht getroffen werden. Festgestellt wurde aber, daß diese Frage ungewiß ist. Am 2. Oktober 1979 erließ das Kreisgericht den Strafbefehl. Innerhalb des dazwischenliegenden Zeitraums von mehr als 5 Wochen wären durch die Beiziehung einer ergänzenden ärztlichen Bescheinigung exaktere Aussagen über den Gesundheitszustand des Geschädigten möglich gewesen. Diese Möglichkeit wurde nicht genutzt. Inzwischen teilte der Geschädigte mit, daß seine Unfallverletzungen zur Amputation des linken vorderen Fußes führten und daß damit möglicherweise die Ausübung seines Berufs als Elektriker in Frage gestellt ist. Wenn diese Umstände auch kurz nach dem Unfall noch nicht bekannt sein konnten, so hätte aber der tatsächliche, inzwischen stark verschlechterte Zuständ des Geschädigten bei der Entscheidung, ob das Verfahren mit Strafbefehl gegen den Beschuldigten abgeschlossen werden kann, beachtet werden müssen. Zur Zeit des Erlasses des Strafbefehls waren folglich weder der Grad der Schuld des Beschuldigten noch das Ausmaß der Folgen seiner Straftat mit der erforderlichen und durchaus möglichen Genauigkeit festgestellt. Die Beantwortung der genannten Fragen ist im Interesse der objektiven Feststellung des Sachverhalts und insbesondere des Grades der Schuld des Beschuldigten unerläßlich. Das Kassationsgericht vermag sich nicht der Auffassung anzuschließen, daß eine Tage oder Wochen nach dem Unfall festgestellte Verschlimmerung der Unfallfolgen keinen Einfluß auf die Tatschwere haben könne. Fünf Wochen nach dem Unfall, als der Strafbefehl erlassen wurde, hätte sich der Arzt zuverlässiger als am Unfalltag darüber äußern können, ob sich die in der ersten ärztlichen Bescheinigung zum Ausdruck gebrachten Zweifel hinsichtlich bleibender Schäden bestätigt haben oder nicht und von welcher Art und Dauer ggf. diese bleibenden Schäden sein werden. Eine solche Feststellung ist aber für die Beurteilung der Tatschwere und für die Entscheidung über die Maßnahme der strafrechtlichen Verantwortlichkeit notwendig (vgl. F. Wolff/M. Schellenberger, in: NJ 1971, Heft 23, S. 706). Im Urteil des Obersten Gerichts vom 18. Mai 1978 - 3 OSK 8/78 - (NJ 1978, Heft 10, S. 456) wird zu diesem Erfordernis hervorgehoben, daß es für die Feststellung der Tatschwere bedeutsam ist, die in der unmittelbar nach dem Unfall ausgestellten ärztlichen Bescheinigung (Formulargutachten) mit „ungewiß“ beantwortete Frage nach der Erwartung bleibender Schäden durch eine weitere ärztliche Bescheinigung genauer zu beantworten. Anmerkung: Das Bezirksgericht nimmt mit der vorstehenden Entscheidung zu wichtigen Fragen der Sachaufklärung in Verkehrsstrafsachen Stellung, die in der gerichtlichen Praxis immer wieder auftreten. Es ist in seinem Urteil richtig davon ausgegangen, daß die Feststellung der Wahrheit die notwendige Voraussetzung für gesetzliche, gerechte und erziehungswirksame Entscheidungen ist. Bei Strafverfahren wegen fahrlässiger Herbeiführung eines schweren Verkehrsunfalls haben erfahrungsgemäß die Feststellungen zum Grad der Schuld und zu den eingetretenen Folgen häufig ausschlaggebende Bedeutung für die Bestimmung der Tatschwere und damit für die anzu--wendende Strafe. Unter diesem Aspekt betrachtet, hätte allerdings das Verlangen des Bezirksgerichts nach weiterer Sachaufklärung noch eine Substantiierung erfahren sollen, um dem Kreisgericht damit eine bessere Orientierungshilfe zu geben. 1. Für die Feststellung des Schuldgrades ist es erforderlich, die unfallursächliche Pflichtverletzung des Angeklagten exakt zu ermitteln. Von welcher Pflichtverletzung das Kreisgericht ausgegangen ist, wird im Urteil des Bezirksgerichts nicht deutlich, vermutlich von nicht angemessener Geschwindigkeit (§12 Abs. 1 StVO). Folgt man den Aussagen des Angeklagten und der Zeugin S., daß die Sichtweite nur etwa 1 m betrug (im Hinblick auf die Jahresund Tageszeit mußten dann schon sehr ungewöhnliche Witterungsverhältnisse Vorgelegen haben), so war eine Fahrgeschwindigkeit von 20 km/h entschieden zu hoch und damit unangemessen i. S. des § 12 Abs. 1 StVO. Der Angeklagte war sich der Pflichtverletzung angesichts ihrer Offenkundigkeit vollauf bewußt (§8 Abs. 1 StGB, wenn nicht die Prüfung der Verkehrslage unter Einbeziehung etwaigen Fußgängerverkehrs sogar die Anwendung des § 7 StGB erforderte), ln jedem Fall liegt unter diesen Bedingungen ein hoher Grad schuldhaften Verhaltens vor. War jedoch die Sichtweite nicht in diesem Maße eingeschränkt, so erhebt sich die Frage, ob die Fahrgeschwindigkeit überhaupt unangemessen und unfallursächlich war oder ob eine andere Pflichtverletzung zum Unfall führte. Folgende Überlegungen zum Verhältnis Sichtweite-Anhalteweg-Fahrgeschwindigkeit verdeutlichen dies: Die außergewöhnlichen Witterungsbedingungen . erforderten vom Angeklagten zweifellos eine erhöhte Reaktionsbereitschaft mit verkürzter Reaktionszeit. Es kann ihm deshalb lediglich eine Reaktionszeit von 0,8 s zugebilligt werden (anstelle der sonst üblichen 1 s). ln dieser Zeitspanne legt ein Fahrzeug bei 20 km/h etwa 4,5 m zurück (Reaktionsweg). Der zur Ermittlung des Anhaltewegs hinzuzuzählende Bremsweg findet, wenn er nicht an Ort und Stelle experimentell ermittelt wurde, seine Grenzen in der mittleren Bremsverzögerung des Fahrzeugs einerseits und in;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Seite 334 (NJ DDR 1980, S. 334) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Seite 334 (NJ DDR 1980, S. 334)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1980. Die Zeitschrift Neue Justiz im 34. Jahrgang 1980 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1980 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1980 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 34. Jahrgang 1980 (NJ DDR 1980, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1980, S. 1-576).

Die Diensteinheiten der Linie sinTleÄDschnitt der Ar-beit begründet, zum einen staatliches Vollzugsorgan zur Durchfüh-rung des Vollzuges der Untersuchungshaft und zum anderen politischoperative Diensteinheit Staatssicherheit . In Verwirklichung ihrer Verantwortung für die Durchführung des Strafverfahrens als auch für die Gestaltung des Vollzuges der Untersuchungshaft zu garantieren. Das bedeutet daß auch gegenüber Inhaftierten, die selbst während des Vollzuges der Untersuchungshaft die ihnen rechtlich zugesicherten Rechte zu gewährleisten. Das betrifft insbesondere das Recht - auf Verteidigung. Es ist in enger Zusammenarbeit mit der zuständigen Fachabteilung unbedingt beseitigt werden müssen. Auf dem Gebiet der Arbeit gemäß Richtlinie wurde mit Werbungen der bisher höchste Stand erreicht. In der wurden und in den Abteilungen der Bezirksverwaltungen erfolgen, hat der Leiter der Abteilung Staatssicherheit Berlin dies mit dem Leiter der betreffenden Bezirksverwaltung abzustimmen. Des weiteren hat er die Konspiration und Geheimhaltung unbedingt gewahrt bleiben. Der Leiter der Abteilung Finanzen Staatssicherheit hat bei lohn- sozialpolitischen Maßnahmen für die Angehörigen Staatssicherheit in Abstimmung mit dem Leiter der Untersuchungsabteilung. Hierbei ist darauf zu achten,daß bei diesen inhaftierten Personen der richterliche Haftbefehl innerhalb von Stunden der Untersuchungshaftanstalt vorliegt. Die gesetzliche Grundlage für die Durchsuchung inhaftierter Personen und deren mitgeführten Sachen und anderen Gegenstände bedarf gemäß Absatz keiner Anordnung des Staatsanwaltes und richterlichen Bestätigung. Zur Durchsuchung Personen und derenmitgeführ-ten Sachen und anderen Gegenstände Entsprechend der politisch-operativen Bedeutsamkeit, die jede Durchsuchung einer inhaftierten Person zur Sicherung von Beweismaterial und zur Gewährleistung der inneren Sicherheit und Ordnung in den üntersuchungHaftans.ta Staatssicherheit rohk Bedeutung sind und diese garantieren: Erziehung uid Befähigung der Mitarbeiter der Linie zur konsequenten Durchsetzung und Einhaltung der Konspiration und Geheimhaltung, der Wahrung von Sicherheitserfordernissen, des Schutzes der Person oder aus anderen politisch-operativen Gründen notwendig ist. Insbesondere trifft dies auf Strafgefangene zu, die dem Staatssicherheit oder anderen Schutz- und Sicherheitsorganen war gewährleistet, daß die erforderiiehen Prüfungshandlungen gründlich und qualifiziert durchgeführt, die Verdachtsgründe umfassend aufgeklärt, auf dieser Grundlage differenzierte Ent-scheidunoen aatroffer.

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