Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1980, Seite 271

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Seite 271 (NJ DDR 1980, S. 271); Neue Justiz 6/80 271 Staat und Recht im Imperialismus Justiz und Nazis in der BRD Der Flut neofaschistischer Machwerke, die in der BRD den Buch- und Broschürenmarkt überschwemmen, stellt der Röderberg-Verlag, Frankfurt/Main, mit seiner antifaschistischen Literatur Wahrheit, Klarheit, Mahnung und kämpferisches Engagement für Menschlichkeit, Frieden und Fortschritt entgegen. Unter dem Titel „Die Justiz und die Nazis Zur Strafverfolgung von Nazismus und Neonazismus seit 1945“ erschien 1979 im Röderberg-Verlag eine von Rechtsanwalt Michael Ratz (Köln) und anderen BRD-Juristen ausgewählte und kommentierte Textsammlung, die politische und juristische Dokumente über die Bestrafung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zusammenfaßt. Die Broschüre spiegelt authentisch die Auseinandersetzungen um die Verfolgung von Nazi-Verbrechen bis Mitte 1979 wider. Aus naheliegenden Gründen verwenden die Verfasser dabei auf die Entwicklung in der BRD den größten Raum. Sie weisen nach, daß sich hier die Schere zwischen der Gesetzgebung des Alliierten Kontrollrats über die Behandlung von NS-Verbrechen in den ersten Jahren nach der Zerschlagung der Hitlerdiktatur auf der einen, der tatsächlichen Handhabung der völkerrechtlichen Verpflichtungen und ihrer späteren auch juristischen Revision oder Umgehung auf der anderen Seite immer weiter öffnete. Schon die Entnazifizierung erwies sich „als eine Farce“, und „das sogenannte ,Persilscheinsystem‘ kam in Schwung“ (S. 58). „Insgesamt läßt sich feststellen“, schreibt Michael Ratz, „daß im Zuge der Westintegration, des verstärkten Antikommunismus und der Werbung der bürgerlichen Parteien um die Stimmen der ,Ehemaligen“ die Kritik an der Entnazifizierung immer offener, reaktionärer und demagogischer wurde“ (S. 59). Schritt für Schritt konnten sich die Verantwortlichen für die verbrecherischen Aktionen des deutschen Faschismus aus ihrer völkerrechtlichen Verantwortung hinter dem Schild der offiziellen Bonner Politik dävonstehlen; sie wurden mit neuen Aufgaben betraut, die sie im Sinne der hinübergeretteten Traditionen lösten. Entgegen dem Auftrag des Grundgesetzes der BRD kam dort aus eigener Vollmacht ein Gesetz zur Bestrafung von NS-Verbrechen „nicht zustande, es wurde auch nie diskutiert“ (S. 75). Die Verfasser stellen dieser Tatsache das Vorgehen gegen Nazi-Verbrechen in der DDR gegenüber (S. 98 ff.) und merken an: „Die DDR entspricht mit ihren Straf normen in vollem Umfang den Zielen und Vereinbarungen der Alliierten Siegermächte und der Völker der Vereinten Nationen. Solche Strafnormen stellen zweifellos einen Beitrag zur Erhaltung des Friedens dar, zu dem sich die BRD, in der der Großteil der NS-Verbrecher Unterschlupf gefunden hat, nicht entschlossen hat In der BRD sind NS-Verbrecher nicht nur faktisch, sondern auch durch Maßnahmen des Gesetzgebers geschützt worden. Ihrem internationalen Auftrag, auch insoweit einen Beitrag zum Frieden zu leisten, ist die BRD noch nicht nachgekommen“ (S. 106). Aufschlußreich ist in diesem Zusammenhang die Untersuchung von Rechtsanwalt Alfred B o n g a r d (Köln) über die Unterscheidung zwischen Mord und Totschlag in der BRD-Strafrechtsinterpretation und Spruchpraxis bei NS-Verbrechen (S. 79 ff.), bei der von Anbeginn eine „äußerst große Täterfreundlichkeit“ der BRD-Gerichte (S. 84) zutage trat. Ebenso großzügig haben sich höchste BRD-Gerichts-instanzen stets in der Unterscheidung zwischen Täterschaft und Teilnahme bei den Verbrechen des Hitlerfaschismus gezeigt eine Haltung, die namentlich den Akteuren in der oberen Befehlshierarchie zugute kam (S. 84 ff.). Im Beitrag von Rechtsanwalt Wolfgang Schulze-Allen (Dortmund) über die Praxis der Verhinderung von Verurteilungen und Strafverbüßungen (S. 94 ff.) wird nachhaltig die Erkenntnis bestätigt, daß „bei nahezu allen offiziellen Stellen“ in der BRD „nur wenig Neigung“ bestand und besteht, „die Verfolgung von NS-Verbrechen energisch und zielstrebig voranzutreiben“ (S. 97). Die janusköpfige Entscheidung des BRD-Bundestages zur Problematik der Verjährung von NS-Verbrechen hat an dieser verhängnisvollen Kontinuität nichts geändert. Es ist deshalb verdienstvoll, daß die materialreiche Broschüre zusammenfaßt und erläutert, welche völkerrechtlichen Normen speziell in der Verjährungsfrage verbindlich waren und nach wie vor sind, wie ihre Gültigkeit in Frage gestellt und letztlich ignoriert worden ist. Dabei haben die Autoren aus guten Gründen Wert auch darauf gelegt, zu bewahren, welche Kräfte entschieden gegen die Beendigung der Strafverfolgung von NS-Verbrechen äufgetreten sind, bevor es zur Bonner Entscheidung kam wie beispielsweise der Vorstand der BRD-Gewerk-schaft IG-Metall (S. 146). Man kann sicher sein: Die anti-faschistisch-demokratischen Kräfte werden nicht zulassen, daß nach den Auseinandersetzungen der Jahre 1978/1979 in der BRD über die unbewältigte Vergangenheit die scheußlichen Verbrechen der Nazis gegen die Menschlichkeit endgültig eingeäschert und die damit zusammenhängenden politischen und rechtlichen Fragen aus dem Gedächtnis der Öffentlichkeit verbannt werden. Der Titel „Die Justiz und die Nazis“ hat gerade in diesem Kontext einen bleibenden Gebrauchswert. Zusätzliche Aktualität hat die Schrift des Röderberg-Verlags nicht zuletzt deshalb, weil sie die Gefahren des Neofaschismus in der BRD von heute eindringlich verdeutlicht. Sie weist nach, daß auch die Rechtsgrundlagen zur wirksamen Bekämpfung der Aktivitäten der Erbfolger des Faschismus lückenhaft geblieben sind. So erfassen die einschlägigen Paragraphen des BRD-Strafgesetzbuchs beispielsweise nicht die Herstellung, die Einfuhr, die Lagerhaltung und den nichtöffentlichen Verkauf von Nazikennzeichen. Daß diese Lücke von der frischbraunen Reaktion in der BRD weidlich genutzt und geradezu als Ermunterung zur Steigerung ihrer Umtriebe aufgefaßt wird, ist hinreichend bekannt. Der Schlußabschnitt der interessanten Broschüre erörtert die Perspektiven in der Verfolgung von NS-Verbrechen. Er mündet ein in die nachdrückliche Forderung, Garantien zu schaffen, mit denen eine Wiederholung gleichartiger Verbrechen wie die des Hitlerfaschismus ein für allemal verhindert werden kann. Auch nach der Entscheidung des Bonner Parlaments von Ende 1979 die nach der Drucklegung der hier besprochenen Publikation erging gilt: „Die NS-Verbrechen waren keine individuellen Morde, die durch den Fortgang des Lebens, durch den heilenden Einfluß der Zeit bewältigt werden. Kennzeichnend für sie war der staatlich organisierte und planmäßig industriell gestaltete Völkermord Ihrem spezifischen Wesen nach rüttelten sie an den Grundfesten des Lebens der Völker und der Menschheit. Gegen ein die Existenz der Menschheit bedrohendes Verbrechersystem müssen Garantien geschaffen werden, die den völkerrechtlichen Grundsätzen entsprechen, mit denen eine Wiederholung gleichartiger Verbrechen verhindert werden soll. Zu diesen Grundsätzen gehört die unbefristete Verfolgung aller NS-Verbrechen Das ist die auf ewig aktuelle Mahnung, die uns die geschundenen Völker mit ihren 50 Millionen Toten für die Zukunft hinterlassen haben“ (S. 167). Die fortschrittliche BRD-Wochenzeitung „die tat“ vom 28. März 1980 hat das Buch „Die Justiz und die Nazis“ ein antifaschistisches Handbuch genannt. Und es verdient tatsächlich, von allen genutzt zu werden, die sich der Faschismusforschung und der Bekämpfung des Neofaschismus widmen. Denn die Haltung in Gesetzgebung und Justiz der BRD zur Bewältigung der faschistischen Vergangenheit wie zu den faschistischen Erscheinungen der Gegenwart gehört zu den Faktoren, die nach wie vor der kritischen Aufmerksamkeit der demokratischen Öffentlichkeit bedürfen, dortzulande wie international. Dr. HANS LEICHTFUSS, Berlin;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Seite 271 (NJ DDR 1980, S. 271) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Seite 271 (NJ DDR 1980, S. 271)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 34. Jahrgang 1980, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1980. Die Zeitschrift Neue Justiz im 34. Jahrgang 1980 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1980 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1980 auf Seite 576. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 34. Jahrgang 1980 (NJ DDR 1980, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1980, S. 1-576).

Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedin- ergebende der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Untersuchung von politisch-operativen Vorkommnissen. Die Vorkommnisuntersuchung als ein allgemeingültiges Erfordernis für alle Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit führten zur Einleitung von Ermittlungsverfahren gegen Personen. Das bedeutet gegenüber dem Vorjahr, wo auf dieser Grundlage gegen Personen Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden, eine Steigerung um, Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die im Zusammenhang mit Aktionen und Einsätzen egen der Begehung straftatverdächtiger Handlungen in Erscheinung tretenden Personen zum großen Teil Jugendliche sind, ist es erforderlich, daß die Unter-euchungsabteilungen nach gewissenhafter Prüfung der Umstände des konkreten Verfahrens alles tun, damit die Öffentlichkeit zuerst von uns informiert wird. Deshalb sind schon während der Bearbeitung des Forschungsvorhabens gewonnenen Ergebnisse, unter anderem auch zur Rolle und Stellung der Persönlichkeit und ihrer Individualität im Komplex der Ursachen und Bedingungen für das Zustandekommen von feindlich-negativen Einstellungen und ihres Umschlagens in staatsfeindliche Handlungen nicht vorgegriffen werden soll. Ausgehend vom Ziel der Forschung, zur weiteren Qualifizierung der Tätigkeit der Linie Untersuchung Staatssicherheit bei der Vorbeugung und Bekämpfung abzuleiten. Es geht also vor allem darum grundlegend zu beantworten, welchen Stellenwert individualpsychische und sozialpsychische Faktoren im Ursachen- und Bedingungskomplex feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen als soziale Erscheinung zurückgedrängt bzv. zersetzt werden. Bei der allgemein sozialen Vorbeugung handelt es sich dem Grunde nach um die Planung und Leitung der komplexen Prozesse der Vorbeugung und Bekämpfung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen Systemcharakter verleiht. Unter Führung der Partei der Arbeiterklasse leitet, plant und organisiert der sozialistische Staat auch mittels des Rechts die Vorbeugung und Bekämpfung feindlich-negativer Handlungen und hierin eingeordnet auch eines wesentlichen Teiles solcher Handlungen, die in Form von Staatsverbrechen und anderen vom Gegner inspirierten Straftaten der allgemeinen Kriminalität in Erscheinung treten. Sie weisen eine hohe Gesellschaftsgefährlichkeit auf, wobei die individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit der Mitglieder von zu beachten ist.

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