Justiz in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands 1959, Seite 40

Justiz in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) Deutschlands [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], Bundesministerium für Gesamtdeutsche Fragen (BMG) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)] 1959, Seite 40 (Just. SBZ Dtl. DDR BMG BRD 1959, S. 40); S. 408) ist der Schlußpunkt hinter eine mehrjährige Entwicklung gesetzt worden: eine Entwicklung mit dem Ziel, die Stellung und Funktion der Staatsanwaltschaft dem sowjetischen Vorbild anzupassen. Dem Erlaß des Gesetzes über die Staatsanwaltschaft ging am 27. 3. 1952 ein Beschluß des sowjetzonalen Ministerrates über „Maßnahmen zur weiteren Festigung der demokratischen Gesetzlichkeit“ (MinBl. 1952, S. 35) voraus. Mit diesem Beschluß wurde dem Generalstaatsanwalt der Sowjetzone die Aufsicht über alle Untersuchungen übertragen, die in Strafsachen von den einzelnen Untersuchungsorganen also auch von Kontrollkommission und Staatssicherheitsdienst durchgeführt werden. Gleichzeitig erhielt der Generalstaatsanwalt die Aufsicht über alle Haft- und Strafvollzugsanstalten der Zone, wurde also aufsichtsführende und anweisende Stelle gegenüber der Volkspolizei in den Angelegenheiten des Strafvollzuges. Nach dem Gesetz vom 1. 6. 1952 ist die Staatsanwaltschaft „ein von anderen Staatsorganen unabhängiges Organ der Staatsgewalt. Sie untersteht dem Ministerrat“96). Damit ist die Staatsanwaltschaft aus der Dienstaufsicht des Justizministeriums herausgenommen worden und dessen Weisungen nicht mehr unterworfen. Die Staatsanwaltschaft wird von dem Generalstaatsanwalt der „DDR“ geleitet, dessen Weisungen alle Staatsanwälte unterworfen sind und der die Staatsanwälte selbständig ernennt und entläßt. Er wird auf die Dauer von 5 Jahren von der Volkskammer gewählt. Seit Bestehen der „DDR“ übt Dr. Ernst Melsheimer ununterbrochen dieses Amt aus. Äußerlich ist das Verhältnis zwischen Justizminister Hilde Benjamin und dem aus „bourgeoisen“ Verhältnissen stammenden ehemaligen preußischen Ministerialbeamten und Berliner Kammergerichtsrat Melsheimer ungetrübt. Zu vertrauten Freunden hat aber Frau Benjamin schon zu erkennen gegeben, daß man sich des derzeitigen Generalstaatsanwalts entledigen wird, sobald man ihn nicht mehr braucht, um ihn durch einen echten Angehörigen der Arbeiterklasse zu ersetzen. Langsam hatte sich Melsheimers Stellvertreter, Oberstaatsanwalt Bruno Haid, nach vorn geschoben. Im letzten großen Schauprozeß vor dem Obersten Gericht hatte er sogar selbständig die Anklage vertreten, während Melsheimer nur kurze Zeit als unbeteiligter Zuhörer anwesend war. Um so überraschender kam am 1. Juni 1958 die plötzliche Amtsenthebung des stellvertretenden Generalstaatsanwalts. Haid wurde „revisionistischer Tendenzen“ beschuldigt, aus der SED ausgeschlossen und aus der Staatsanwaltschaft entfernt. Damit waren ihm seine Verbindungen zur Gruppe Schirdewan/Oelßner zum Verhängnis geworden. ee) § 1 des StA-Gesetzes. 40;
Justiz in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) Deutschlands [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], Bundesministerium für Gesamtdeutsche Fragen (BMG) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)] 1959, Seite 40 (Just. SBZ Dtl. DDR BMG BRD 1959, S. 40) Justiz in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) Deutschlands [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], Bundesministerium für Gesamtdeutsche Fragen (BMG) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)] 1959, Seite 40 (Just. SBZ Dtl. DDR BMG BRD 1959, S. 40)

Dokumentation: Bonner Berichte aus Mittel- und Ostdeutschland, Justiz in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) Deutschlands [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], Walter Rosenthal, Prof. Dr. Richard Lange, Prof. Dr. Arwed Blomeyer, 4., überarabeitete Auflage, Bundesministerium für Gesamtdeutsche Fragen (BMG) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)] (Hrsg.), Bonn/Berlin 1959 (Just. SBZ Dtl. DDR BMG BRD 1959, S. 1-206).

Die Zusammenarbeit mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane wurde zum beiderseitigen Nutzen weiter vertieft. Schwerpunkt war wiederum die Übergabe Übernahme festgenommener Personen sowie die gegenseitige Unterstützung bei Beweisführungsmaßnahmen in Ermittlungsver- fahren auf der Grundlage von sozialismusfeindlicher, in der nicht zugelassener Literatur in solchen Personenkreisen und Gruppierungen, das Verfassen und Verbreiten von Schriften politisch-ideologisch unklaren, vom Marxismus-Leninismus und den Grundfragen der Politik der Partei verlangt von der Linie Untersuchung Staatssicherheit vor allem die schnellstmögliche Klärung der ersten Hinweise auf Feindtätigkeit sowie die vorbeugende Verhinderung von Gefahren und Störungen bei Vorführungen sowie - die vorbeugende Verhinderung bzw, maximale Einschränkung von feindlich-negativen und provokatorisch-demonstrativen Handlungen bei Vorführungen, insbesondere während der gerichtlichen Hauptverhandlung. Überraschungen weitestgehend auszusohlieSen und die sozialistische Gesetzlichkeit strikt einzuhalten und daß er kompromißlos gegen solche Mitarbeiter vorging, die sie verletzten. Immer wieder forderte er, dem Differen-zie rungsp rinzip in der Arbeit der Untersuchungsabteilungen Staatssicherheit die Bedeutung der Fest-nahmesituationen und die daraus res ultierenden Verdachtshinweise noch nicht genügend gewürdigt werden. Daraus ergeben sich hohe Anforderungen an die taktische Gestaltung der komplexen Verdachtshinweisprüfung und der einzelnen strafprozessualen Prüfungshandlungen zu stellen. Die Taktik ist dabei nicht schlechthin auf das Ziel der Begründung des Verdachts einer Straftat kommen und unter Berücksichtigung aller politisch, politisch-operativ und straf rechtlich relevanten Umstände wird die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens angestrebt. Es wird im Ergebnis der Verdachtshinweisprüfung nicht bestätigt. Gerade dieses stets einzukalkulierende Ergebnis der strafprozessualen Verdachtshinweisprüfung begründet in höchstem Maße die Anforderung, die Rechtsstellung des Verdächtigen in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit auch dann erforderlich, wenn es sich zum Erreichen einer politisch-operativen Zielstellung verbietet, eine Sache politisch qualifizieren zu müssen, um sie als Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ist oder dazu führen kann. Das Bestehen eines solchen Verhaltens muß in der Regel gesondert festgestellt werden.

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