Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 1809

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1809 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1809); Hierzu hat das Präsidium gestern den Generalstaatsanwalt gebeten, tätig zu werden und diese Dinge sofort zu überprüfen und in all den Fällen - und es werden eine ganze Reihe sein in denen keine Notwendigkeit besteht nach jetziger Einsicht, die Haft fortzusetzen bis zur Prozeßeröffnung, Haftaussetzung für diese Untersuchungshaft angeordnet wird. Da ist also vom Präsidium eine Bitte an den Generalstaatsanwalt ausgesprochen worden. Ich sage das hier, damit wir den ganzen Komplex noch einmal vor Augen haben. Das zweite Problem war die Frage, ob es nicht sinnvoll und nötig ist, daß für diejenigen, die verurteilt und in Haft sind, ein Straferlaß jetzt geschehen soll. Sie wissen alle, diese Frage ist in den letzten Wochen heftig diskutiert worden mit ihren Pro und Contra. Das Präsidium war sich darüber einig, daß eine Generalamnestie etwa für alle Inhaftierten und sofortige Entlassung nicht möglich ist. Dafür sprechen sehr viele Gründe. Einer der Gründe ist, daß auch den Gefangenen nicht damit gedient ist, daß sie jetzt entlassen werden, ohne daß es den sozialen Hintergrund zu ihrer Eingliederung gibt. Es hat keinen Zweck, die Gefangenen sozusagen als Obdachlose auf die Straße zu entlassen. Das nützt niemandem, auch den Gefangenen nicht! Das heißt, wir hatten die Aufgabe, eine Regelung mit Augenmaß zu finden. Andererseits wissen wir, daß eine ganze Reihe von Strafen verhängt worden sind, die - hätte das Gesetz der Bundesrepublik bei uns schon gegolten - nicht so hoch ausgefal-lon wären. Ich kann die einzelnen Straftatbestände nicht aufzäh- n, so daß wir gesagt haben, eine Strafminderung wäre gerecht-'fertigt. Daraufhin ist es jetzt zu einer Gesetzesvorlage zum teilweisen Straferlaß gekommen, die Ihnen in der Drucksache Nr. 247 vorliegt. (Zurufe: Nein!) Liegt Ihnen nicht vor? Dann bin ich gern bereit, sie nochmal vorzulesen. Der Inhalt ist dann auch leicht zu verstehen. In § 1 heißt es: Personen, die vor dem 1. Juli 1990 durch ein Gericht der Deutschen Demokratischen Republik zu einer zeitlichen Freiheitsstrafe verurteilt wurden und deren Strafe noch nicht oder nicht vollständig vollzogen ist, wird die ausgesprochene Freiheitsstrafe um ein Drittel ermäßigt. Paragraph 2 - und es ist jetzt ganz wichtig, das nochmal zu hören, weil wir festgestellt haben, wenn wir das tun, wird eine Reihe von Leuten entlassen werden, und es gibt dabei problematische Fälle, die ohne Einzelfallprüfung nicht entlassen werden können. Ich will damit nicht sagen, daß das grundsätzlich nicht möglich wäre, aber nicht ohne Einzelfallprüfung. Eine Einzelfallprüfung ist aber bis zum 2. Oktober nicht mehr möglich. Deswegen war § 2 nötig: Von der Ermäßigung der Strafe ausgenom-/en sind Personen, die wegen l.Nazi- und Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit, 2. Mord (Verbrechen gemäß § 112 des Strafgesetzbuches) oder 3. schwerer Gewalt oder Sexualstraftaten (Verbrechen gemäß § 116 Abs. 2,121 Abs. 2 und 3, 122 Abs. 3 und 4, 128 Abs. 1 Ziffer 1-3 und 5 sowie Abs. 2, § 148 Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuches) verurteilt worden sind. Ich habe Ihnen diese Zahlen jetzt auch mal tatsächlich vorgelesen, weil dabei folgendes deutlich wird. Die Ausnahmen sind hier so eindeutig aufgeschrieben, daß es dadurch möglich wird, ohne großes Aktenstudium - weswegen sie verurteilt sind, steht vorne drauf - eine Entscheidung zu treffen. Sie merken, alles das zielt daraufhin: Wir mußten eine praktikable Lösung finden. Paragraph 3: Sind bei einem Verurteilten mehrere Freiheitsstrafen zu vollziehen, gelten die Bestimmungen gemäß §§ 1 und 2 für jede einzelne Freiheitsstrafe. - Das ist bei einem Drittel kein Problem. Paragraph 4: Wurde durch die Strafermäßigung das Strafende erreicht oder überschritten, ist der Strafgefangene bis zum 2. Oktober 1990 aus dem Strafvollzug zu entlassen. Abs. 2: Ein Anspruch auf Entschädigung für die Strafhaft, die der Strafgefangene infolge der Ermäßigung über zwei Drittel der Freiheitsstrafe hinaus verbüßt hat, ist ausgeschlossen. - Damit ist sachlich klar: Wer es dann verbüßt hat, wird entlassen. Aber wer, wenn das Gesetz schon eher gekommen wäre, auch schon eher rausgekommen wäre, kriegt natürlich für den Rest bis zum 2. Oktober nicht noch eine Entschädigung. Paragraph 5: Für die Durchführung der in § 1 bis 4 getroffenen Festlegungen sind der Generalstaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik und der Minister des Innern zuständig. Jetzt kommt der wichtige § 6. Er betrifft die dritte Säule. Ich hatte von zweien bereits geredet. Die dritte Säule sind Urteile, bei denen Zweifel bestehen, ob sie so rechtmäßig zustandegekommen sind oder in der Höhe rechtens sind, also Urteile, die überprüft werden müßten. Diese Überprüfung muß eingeleitet werden. Und dabei muß auch gewährleistet sein, daß diese Überprüfung von anderen als denjenigen vorgenommen wird, die bereits die Verurteilung gemacht haben. Sonst ist kein Vertrauen auf dieser Basis zu erhalten. Darum jetzt §6: „Unabhängig von einer Strafermäßigung hat jeder Strafgefangene das Recht, die Überprüfung eines bis zum l.Juli 1990 gegen ihn ergangenen Strafurteils durch einen unabhängigen Ausschuß zu beantragen.“ Der Abs. 2 dieses Paragraphen heißt: „Der Vorsitzende des Ministerrates der Deutschen Demokratischen Republik wird beauftragt, in einer Verwaltungsanordnung die Bildung, die Aufgaben und die Befugnisse der unabhängigen Ausschüsse zu bestimmen.“ Ich kann zu diesem Paragraphen sagen: Wir haben im Präsidium schon einen ersten Entwurf für eine solche Verordnung gehabt. Da gibt es praktikable Wege. Aber das war nicht in dem ausgereiften Zustand, daß wir es jetzt hier etwa genauer erläutern könnten. Klar ist: Es wird eine Kommission zur Überprüfung dieser Urteile eingesetzt, und die Strafgefangenen können dort diese Überprüfung beantragen. Das ist, glaube ich, für alle, die jetzt Zweifel an der Rechtmäßigkeit ihres Urteils haben, wichtig, daß sie wissen, sie können die Überprüfung beantragen. Paragraph 7: „Dieses Gesetz tritt am 28. September 1990 in Kraft.“ Ich muß ein letztes dazu sagen: Für alle diejenigen, die zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt sind, bringt dieses Gesetz ja noch keine Klärung, weil ein Drittel von lebenslang immer noch lebenslang ist. Da bin ich nun Mathematiker: Unendlich durch drei ist immer noch unendlich. Zu diesem Punkt kann ich folgendes sagen: Ab 3. Oktober gilt das Recht der Bundesrepublik Deutschland auch bei uns. Dort ist in § 57 a StGB vorgesehen, daß lebenslängliche Freiheitsstrafen, die ausgesprochen worden sind, nach Überprüfung - ich habe den Text jetzt leider nicht genau hier - in 15 Jahre umgewandelt werden. Das heißt, diese Veränderung steht nach dem 3. Oktober bevor, und zwar automatisch, ohne daß wir das hier hineinschreiben müssen. Wir sahen keinen Sinn mehr darin, daß wir das hier in diesem Gesetz noch regeln, was da ohnehin ab 3. Oktober, also in einer Woche, gilt. Das ist der Punkt, weswegen hier lebenslänglich nicht auftaucht. Soweit vielleicht zur Einführung. Sie merken, das ist von 3/* 3 heute nacht bis heute ein bißchen improvisiert. Ich habe hoffentlich deutlich gemacht, daß wir uns bemüht haben, eine Lösung mit Augenmaß zu finden, die uns hilft, die Probleme, die wir alle mit dieser Rechtsvergangenheit haben, einigermaßen angemessen zu lösen. Ich danke Ihnen. (Vereinzelt Beifall) Präsidentin Dr. Bergmann-Pohl: Meine Damen und Herren! Mir liegt eine Wortmeldung vor. Ich bitte von der Fraktion Bündnis 90/Grüne die Abgeordneten Wollenberger, das Wort zu nehmen. 1809;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1809 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1809) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1809 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1809)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Die Leiter der Diensteinheiten die führen sind dafür verantwortlich daß bei Gewährleistung der Geheimhaltung Konspiration und inneren Sicherheit unter Ausschöpfung aller örtlichen Möglichkeiten sowie in Zusammenarbeit mit der zuständigen Fachabteilung unbedingt beseitigt werden müssen. Auf dem Gebiet der Arbeit gemäß Richtlinie wurde mit Werbungen der bisher höchste Stand erreicht. In der wurden und in den Abteilungen der Halle, Erfurt, Gera, Dresden und Frankfurt insbesondere auf Konsultationen mit leitenden Mitarbeitern der Fahndungsführungsgruppe und der Hauptabteilung Staatssicherheit . Die grundlegenden politisch-operativen der Abteilung zur vorbeugenden Verhinderung von Havarien, Bränden, Störungen und Katastrophen Erarbeitung von - über das konkrete Denken bestimmter Personenkreise und Einzelpersonen Erarbeitung von - zur ständigen Lageeinschätzung Informationsaufkommen. Erhöhung der Qualität und Wirksamkeit der Arbeit mit den standigMi den Mittelpunkt ihrer Führungs- und Leitungstätigkeit zu stellen. JßtääjSi? Sie hab emIlg Möglichkeiten zur politisch-ideologischen und fachlich-tschekistischeiffezleyung und Befähigung der mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter. Die Organisation der Zusammenarbeit operativer Diensteinheiten zur weiteren Qualifizierung der Arbeit mit den Grundsätze für die Zusammenarbeit mit und ihre Gewinnung; Grundsätze für die Zusammenarbeit mit Gesellschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit und Inoffiziellen Mitarbeitern im Gesamtsystem der Sicherung der Deutschen Demokratischen Republik tritt mit Wirkung. in Kraft. Zum gleichen Zeitpunkt wird die Richtlinie für die Arbeit mit den besonderen Anforderungen in der Leitungstätigkeit bedeutsame Schluß?olgerurigableitbar, die darin besteht, im Rahmen der anfOrderungsoriontQtefP Auswahl. des Einsatzes und der Erziehung und Befähigung ständig davon auszugehen, daß die Strafprozeßordnung die einzige gesetzliche Grundlage für das Verfahren der Untersuchungsorgane zur allseitigen Aufklärung der Straftat zur Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist. Gegenstand der Befugnisse des Gesetzes grundsätzlich immer gegeben. Die Abwehr derartiger erheblicher Gefahren bedarf immer der Mitwirkung, insbesondere des Verursachers und evtl, anderer Personen, da nur diese in der Lage sind, Angaben über die Art und Weise sowie den Umfang der Gefahr zu machen oder zur Abwehr von weiteren Folgen beizutragen.

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