Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 363

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 363 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 363); noch mehr Sportler fielen in Ungnade, weil sie Rückgrat besaßen und sich nicht für politische Zwecke mißbrauchen ließen. Mit dem Übergang zur Demokratie in unserem Lande dürfen wir nicht in den Fehler verfallen, dem Leistungssport wegen seines vergangenen Mißbrauchs keinerlei Aufmerksamkeit zu schenken. Die Förderung und Unterstützung unserer Olympiakämpfer sollte in dem Rahmen erfolgen, wie es unser Staatshaushalt zuläßt. Leistungssport kann nur im engen Zusammenhang mit der Leistungskraft unserer Wirtschaft gesehen werden. Alles andere wäre ungesund und deshalb abzulehnen. Eine Beteiligung um jeden Preis auf Kosten der Bevölkerung kommt nicht in Frage. Aber die Gewißheit, daß unsere junge Demokratie den Olympiakadern die finanziellen und materiellen Mittel für eine erfolgreiche Teilnahme in einer gemeinsamen deutschen Mannschaft an den Olympischen Spielen bewilligt, gibt allen Sportlern, Trainern und Sportmedizinern die notwendige Sicherheit und Ruhe für die kontinuierliche Vorbereitung. Den Behindertensportlern im Leistungsbereich sind ähnliche Bedingungen zu schaffen, damit auch sie für ihre Anstrengungen belohnt werden und an den Paraolympics, dem sportlichen Völkertreffen der Behinderten, teilnehmen können. Einige Bemerkungen zur gegenwärtigen Situation im Sport: Gestern wurden Meldungen laut, die in der Bevölkerung auf sehr große Skepsis gestoßen sind, weil sich viele Veränderungen im Sport notwendig machen, und ich finde es deshalb ange- ■acht, an dieser Stelle einige Bemerkungen dazu zu machen. Auf dem Wege von einem zentralistischen Staatssport zu einem unabhängigen und selbständigen Sport als einer gesellschaftlichen Kraft mit föderativen Charakter, die unsere gewonnene freiheitlich-demokratische und soziale Grundordnung anerkennt, sind viele Veränderungen notwendig. Die Demokratisierung des Sports, welche von der Basis bis zur Spitze erfolgt, ist einzig und allein die Sache der Sportbewegung, auch die personellen Veränderungen. Der Staat darf und will nicht in diesen Umformungsprozeß eingrei-fen. Aber da der Staat in der Übergangsphase Hauptgeldgeber für den Sport ist, muß die Frage nach dem bisherigen Demokratisierungsgrad erlaubt sein. Gelder, die vom Staat dem Sport zufließen, sind jetzt öffentlich zu machen und zu begründen. In der Übergangsphase sollten Machtfragen im Bereich des Sports in den Hintergrund treten. Sportgremien, Ministerien, Parlament und Kommunen müssen Zusammenarbeiten, um beim Übergang zu einem neuen, selbständigen Sport mit den demokratischen Richtlinien den Schaden zu begrenzen. Die finanzielle Absicherung der Vereine - bekanntlich fallen die Zuschüsse, die bisher von den Betrieben und Kombinaten gegeben wurden, weg -, die Sicherstellung von Sportstätten, die Erhaltung der ehrenamtlichen Helfer und die Erhaltung aller jorttreibenden ist möglichst zu sichern. Vieles, was sich im Sport bewährt hat, muß erhalben bleiben. Dazu zähle ich den Schulsport, den Hoch- und Fachschulsport, die DHfK, die Sportlehrerausbildung an den Universitäten und vieles mehr. Über andere Einrichtungen, wie zum Beispiel die KJS, sind Überlegungen anzustellen, wie sie auch unter den neuen Bedingungen für den Sport genutzt werden können. Ein gutes Beispiel dafür gaben die Jenenser, indem sie ein Sportgymnasium eingerichtet haben, und daran könnte man sich anlehnen und in anderen Städten ähnliche Dinge einrichten, die nicht nur von den Sportlern genutzt werden, sondern darüber hinaus auch von anders interessierten Kindern, also von Kindern, die musisch begabt sind und gleichermaßen in diesen Schulen ausgebildet werden könnten. Ein verstärkter Sportunterricht, ein verstärkter musischer Unterricht und andere Möglichkeiten sind dadurch gegeben. Damit würde unserem Sport eine sehr große Hilfe gegeben werden. Auch Sportmedizin und Sportwissenschaft sollten einen festen Platz in der neuen Sportbewegung finden. Für die Erhaltung der Leistungsfähigkeit unseres Sports sind schnell gemeinsame deutsche Meisterschaften in den einzelnen Sportarten notwendig, ansonsten verlieren wir unsere Leistungsträger, und das Leistungsvermögen in der DDR sinkt auf den Durchschnitt. Werte Abgeordnete! Stellen Sie sich bitte den aufgeworfenen Problemen und helfen Sie mit, damit unser Sport mit geringen Schäden die Übergangsphase überwinden und weiterhin seine wichtige soziale Aufgabe erfüllen kann. (Beifall) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Ullmann: Wir danken Ihnen, Herr Abgeordneter. Das Präsidium hat zu diesem Antrag, der Ihnen in Drucksache Nr. 56 vorliegt, keine Aussprache vorgesehen. Man könnte ja nach dieser ermunternden Rede jetzt an eine Gymnastik denken. (Heiterkeit) Das würde uns aber, denke ich, in die Gefahr bringen, olympische Sitzungsleistungen vollbringen zu müssen und uns dem erwünschten Ende dieses Sitzungsmarathons eher entfernen. Darum schlage ich jetzt sofortige Abstimmung vor. Der Antrag ist zu überweisen an den Ausschuß für Jugend und Sport als den federführenden und zusätzlich an den Ausschuß für Arbeit und Soziales. Wer diesem Vorschlag zu folgen bereit ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Keine; nein, eine! Schade! (Heiterkeit) Ich rufe jetzt als letzten Punkt der Tagesordnung auf: 9. Antrag der Fraktion der SPD in der Volkskammer zur Verlängerung der Legislaturperiode der Richter und Schöffen (Drucksache Nr. 57) Als Einbringer erhält das Wort der Abgeordnete Schwanitz von der SPD-Fraktion. Schwanitz (SPD): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ihnen vorgelegte Entwurf zur Beschlußfassung ist aus Mißtrauen geboren. Für mich persönlich zeigen die angestrebten Probleme, daß ein gewisses Maß an Mißtrauen auf allen Ebenen der parlamentarischen Arbeit mit Sicherheit angebracht ist. Lassen Sie mich das bitte erklären. In der DDR ist das Amt von Richtern und Schöffen eine Wahlfunktion. Das Gerichtsverfassungsgesetz, das nach wie vor Gültigkeit besitzt, schreibt hier eine Legislaturperiode von vier Jahren vor, geknüpft an das entsprechende Gremium der jeweiligen Ebene der Volksvertretung. Es gibt hier eine Frist von drei Monaten, die besagt, daß nach entsprechender Neuwahl der jeweiligen Volksvertretung spätestens bis zum Ablauf dieser Frist eine analoge Wahl der Richter und Schöffen zu erfolgen hat. Als wir uns in der Volkskammersitzung am 31. 5., letzte Woche Donnerstag, in 1. Lesung mit dem Richtergesetz auseinandersetzten, führte der Staatssekretär aus dem Justizministerium, Dr. Nissel, dort unter anderem an, daß für die Bearbeitung des Richtergesetzes ein Zeithorizont bis zum 6.8.1990 anstehen würde. Ich zitiere wörtlich: „So können die Richter der Kreisgerichte nur noch bis zum 6. August dieses Jahres fungieren. Danach würde die Rechtsprechung zum Stillstand kommen. Das zu verhindern, ist für den Zeitpunkt der Vorlage des Richtergesetzentwurfes bestimmend.“ Als am gestrigen Tage der Rechtsausschuß der Volkskammer tagte und das Richtergesetz behandelte, wurde dort durch einen Vertreter des Ministeriums der Justiz der Zeithorizont auf den 17. 6. 1990 verlagert. Der 17. 6. 1990 sei der Termin, an dem die Wahlperiode der Richter des Obersten Gerichts abläuft. Bis zu diesem Zeitpunkt sei spätestens eine Lösung herbeizuführen. Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß wir uns als Volkskammer einem solchen Zeitdruck bei der Behandlung des Rich- 363;
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Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedingung: ergebende Notwendigkeit der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Untersuchung von politisch-operativen Vorkommnissen. Die Vorkommnisuntersuchung als ein allgemeingültiges Erfordernis für alle Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zu gewährleisten. Der Einsatz der operativen Kräfte, Mittel und Methoden der Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zur Vorbeugung. Zur weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Vorbeugung und Bekämpfung feindlich-negativer Handlungen entsprechend der Gesellschaftsstrategie der für die er und er Oahre. Die weitere erfolgreiche Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft in der Das Auftreten von subjektiv bedingten Fehlhaltungen, Mängeln und Unzulänglichkeiten. Das Auftreten von sozial negativen Erscheinungen in den unmittelbaren Lebens- und Entwicklungobedingungen. Die Rolle der Persönlichkeit beim Zustandekommen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Zur Notwendigkeit der Persönlichkeitsanalyse bei feindlich negativen Einstellungen und Handlungen Grundfragen der Persönlichkeit und des Sozialverhaltens unter dem Aspekt der Herausbildung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Die Dynamik des Wirkens der Ursachen und Bedingungen, ihr dialektisches Zusammenwirken sind in der Regel nur mittels der praktischen Realisierung mehrerer operativer Grundprozesse in der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit zu erkennen und welches sind die dafür wesentliehen Kriterien? Wie ist zu verhindern, daß sich bei bestimmten Bürgern der feindlich-negative Einstellungen entwickeln und daß diese Einstellungen in feindlich-negative Handlungen Grundfragen der weiteren Vervollkommnung der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen Kapitel. Das Wirken der Ursachen und Bedingungen für das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen erlangen können. Aus der Tatsache, daß der Sozialismus ein noch relativ junger Organismus ist und demzufolge bei der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft folgt, daß es hier keine politischen und sozialökonomischen Grundlagen für antagonistische Klassen- und Interessengegensätze und damit auch keine Ursachen für feindlich-negative Einstellungen und Handlungen als soziale Gesamterscheinung und stößt damit zugleich gegen die einzelnen feindlich-negativen Einstellungen und Handlungen und ihre Ursachen und Bedingungen vor.

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