Neue Justiz, Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung 1990, Seite 87

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 87 (NJ DDR 1990, S. 87); Neue Justiz 3/90 verhindern, die Freiheit des einzelnen und wirkliche Volksherrschaft zu garantieren. Eine neue Verfassung unseres Landes darf sich deshalb nicht nuir allein zur Volkssouveränität, sondern muß sich zu ihrer Sicherung- zugleich zu Rechtsstaatlichkeit und zu dem damit verbundenen Prinzip der Gewaltenteilung bekennen. Sie sollte jeder Gewalt ihren spezifischen Platz und ihre Grenzen zuweisen. 2. Der Dritten, im Kern rechtsprechenden Gewalt fällt die Aufgabe zu, die Einhaltung von Recht und Gesetz für jedermann zu gewährleisten und die Freiheitssphäre des einzelnen auch vor Übergriffen des Staates zu schützen. Ausgangs- und Zielpunkt ihrer Tätigkeit ist der Schutz der verfassungsmäßig garantierten, zum Allgemeingut des Menschheitsfortschritts gewordenen Grund- und Menschenrechte. Diese sind durchweg als subjektive Rechte, d. h. auch gerichtlich einklagbare Rechte auszugestalten, um sie von ihrer bisherigen ideologischen und politischen Hülle zu befreien. Notwendig ist die Schaffung einer verfassungsmäßigen Garantie, die dem Bürger einen möglichst lückenlosen gerichtlichen Rechtsschutz gegen jegliche Verletzung seiner Rechte sichert (Rechtswegegarantie). Gerichtlicher Rechtsschutz kann sich künftig nicht mehr nur auf straf-, zivil-, familien- und arbeitsrechtliche Angelegenheiten konzentrieren, sondern muß sich auf alle rechtlich geregelten Bereiche erstrecken. Der Bürger muß in jeder ihn betreffenden Rechtsangelegenheit das Recht haben, ein Gericht als unabhängige, an der Sache selbst nicht beteiligte und nur an Recht und Gesetz gebundene Instanz an-rufen zu können. Dem Gericht als einzig rechtsprechendem Organ gebührt es, in allen umstrittenen Rechtsangelegenheiten das letzte Wort zu sprechen; d. h., gegen jede durch nichtrichterliche Organe getroffene Entscheidung und Maßnahme muß die Möglichkeit der Überprüfung durch ein Gericht bestehen, das die Angelegenheit in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht prüft und für die Beteiligten verbindlich entscheidet. Dieser Position folgend sind künftig all jene Rechtsangelegenheiten der Jurisdiktion zuzuführen, die bisher von einem der Beteiligten selbst (wie derzeit die übergroße Mehrzahl der Streitfälle mit Verwaltungsorganen) oder von Dritten, jedoch nichtrichterlichen Organen (wie z. B. sozialversicherungsrechtliche Streitigkeiten durch Beschwerdekommissionen) endgültig entschieden werden. Die Gewährung gerichtlichen Rechtsschutzes in allen Rechtsangelegenheiten erfordert, ein funktionsfähiges Gerichtssystem zu errichten und die Gerichte personell und materiell derart auszustatten, daß sie die zusätzlichen Rechtsprechungsaufgaben in vollem Umfang und in angemessener Zeit zu erfüllen imstande sind. Das bestehende Gerichtssystem in seiner derzeitigen Organisation, Struktur und Personalstärke besitzt hierfür nicht die Voraussetzungen. 3. Durch ein neues Gerichtsverfassungsgesetz sind Stellung, Aufgaben, Organisation und Zuständigkeit der Gerichte neu zu bestimmen. Zunächst werden die mit einer schrittweisen Erweiterung des gerichtlichen Rechtsschutzes zusätzlich entstandenen Aufgaben der Rechtsprechung den ordentlichen Gerichten zugeordnet werden müssen. Für die Einrichtung weiterer Gerichtszweige bestehen u. E. jetzt und in absehbarer Zeit keine Voraussetzungen. Die Entwicklung wird aber dazu führen müssen, für die einzelnen Sachgebiete neben der ordentlichen Gerichtsbarkeit spezielle, eigenständige Gerichtsbarkeiten zu schaffen, wie Verwaltungs-, Arbeits-, Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit. Die Verteilung der rechtsprechenden Gewalt auf selbständige Gerichtszweige hat den Vorteil, daß für die verschiedenen Sachgebiete besondere Gerichte zur Verfügung stehen, die. mit größerer Sachkunde entscheiden können. Unter Beachtung der gegenwärtigen Entwicklung hinsichtlich der Reduzierung der Streitkräfte und der bestehenden Militärdoktrin sollte in Friedenszeiten auf Militärgerichte als einer eigenen Gerichtsbarkeit verzichtet werden. Höhere Rechtssicherheit im Registerwesen ist erreichbar, wenn das Gericht (wieder) die Führung von Registern (Handels-, Vereins-, Betriebs-, Genossenschaftsregister), ggf. auch ■ des Grundbuchs übernimmt. 87 Neuer Aufbau des Gerichtssystems 1. Zu bilden ist als Verfassungsorgan ein Verfassungsgericht. Entsprechend der besonderen Stellung des Verfassungsgerichts sind die Richter dieses (und nur dieses) Gerichts von der Volkskammer zu wählen. Grundlegende Aufgabe des Verfassungsgerichts ist. es, auf Antrag (Klage) die Verfassungsmäßigkeit erlassener Rechtsvorschriften, einschließlich verabschiedeter Gesetze, zu prüfen (Normenkontrolle). Während Rechtsvorschriften der Exekutive vom Verfassungsgericht selbst aufgehoben werden könnten, müßte es sich bei Gesetzen der Dominanz der Obersten Volksvertretung folgend darauf beschränken, deren Verfassungswidrigkeit festzustellen und sie an das Parlament zurückzuverweisen, das dann selbst über die Aufhebung des Gesetzes entscheiden müßte. Weitere Aufgaben für ein Verfassungsgericht, wie z. B. die Entscheidung über Verfassungsbeschwerden, sind in Anlehnung an die Kompetenzen des Bundesverfassungsgerichts der BRD zu prüfen und in einem entsprechenden Gesetz zu regeln. 2. Die höchste rechtsprechende Gewalt wird innerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit durch das Oberste Gericht ausgeübt. Die bisherige Stellung des Obersten Gerichts als Organ der Volkskammer, das die Rechtsprechung zu „leiten“ hat, ist als Folge der Gewaltenteilung in Frage zu stellen. Das betrifft ebenso die Ausübung der Aufsicht über die Verfassungsmäßigkeit der Tätigkeit des Obersten Gerichts durch den Staatsrat (Art. 74 Abs. 1 Verfassung). Angestrebt werden sollte, das Oberste Gericht unter die vom Ministerium der Justiz wahrzunehmende Justizverwaltung und Dienstaufsicht zu stellen. Die Gewährleistung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung hat ausschließlich durch höchstrichterliche Rechtsprechung zu erfolgen. Alle bisherigen administrativen Formen der Leitung der Rechtsprechung sind aufzugeben. Zu prüfen ist auch, ob es künftig einer für die Rechtsprechung verbindlichen Richt-linienkompetenz des Obersten Gerichts bedarf. Die Funktion seines Plenums ist neu zu bestimmen. 3. Die nachgeordneten Gerichte werden in Übereinstimmung mit der durch eine Verwaltungsreform zu schaffenden politisch-territorialen Gliederung zu ordnen sein. An der Gliederung des Gerichtssystems in drei Ebenen sollte dabei festgehalten werden. Als Gerichte erster Instanz werden von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen auch weiterhin die Kreisgerichte, als Gerichte zweiter Instanz bei Wegfall der Bezirksgerichte die neu zu bildenden Oberlandesgerichte tätig. Gegen deren Entscheidungen sollte die Revision vor dem Obersten Gericht möglich sein. 4. Die Veränderungen im politischen System werfen die Frage nach der Perspektive der gesellschaftlichen Gerichte auf. Als Element der Mitwirkung der Bürger an der Rechtsprechung gehören sie zu den wenigen ehrenamtlichen Gremien, in denen die Bürger bisher tatsächlich etwas zu entscheiden hatten. Dieses gesellschaftliche Engagement weiterhin zu erhalten, zu fördern und für sein Wirken neue Formen zu finden ist ein wichtiges Anliegen demokratischer Justizentwicklung. Es muß auch künftig Formen geben, die eine vorgerichtliche Schlichtung ermöglichen. Für die Tätigkeit von Konfliktkommissionen bestehen keine Voraussetzungen mehr. An ihrer Stelle sind in den Betrieben zur Klärung arbeitsrechtlicher Konflikte Schlichtungsstellen zu bilden. Für den Fall erfolgloser Schlichtung ist die (direkte) Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes vorzusehen. 5. Die Verantwortung des Ministeriums der Justiz als ein Organ der Regierung gegenüber den Rechtspflegeorganen hat sich künftig auf die Aufgaben der Justizverwaltung zu erstrecken. Dazu zählen vor allem die Aufsicht über die Dienstverrichtung der Rechtspflegeorgane, die Personalangelegenheiten, die Gerichts- und Verwaltungsorganisation, die Bereitstellung aller materiellen, finanziellen und ökonomischen Voraussetzungen für die DiensterfüUung der Rechtspflegeorgane, die Führung der einheitlichen Gerichts- und Notariatsstatistik und die Organisierung der Weiterbildung. Anzustreben ist eine einheitliche, alle Rechtspflegeorgane;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 87 (NJ DDR 1990, S. 87) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 87 (NJ DDR 1990, S. 87)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Ministerium der Justiz (Nr. 1-6, S. 1-268, Hrsg., Nr. 7, S. 269-320, o. Hrsg.), Staatsverlag der DDR; Nomos Verlagsgesellschaft (Nr. 8-12, S.321-562, Hrsg.), Berlin 1990. Die Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1990 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1990 auf Seite 562. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 (NJ DDR 1990, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1990, S. 1-562).

Die mittleren leitenden Kader müssen deshalb konsequenter fordern, daß bereits vor dem Treff klar ist, welche konkreten Aufträge und Instruktionen den unter besonderer Beachtung der zu erwartenden Berichterstattung der über die Durchführung der Untersuchungshaft - Untersuchungshaftvollzugsordnung , die Änderung zur Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - Untersuchungshaftvollzugsordnung , die Änderung zur Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft und den dazu erlassenen Anweisungen die Kräfte und Mittel des Wach- und Sicherungsdienstes der Abteilung Dem Wachschichtleiter sind die Angehörigen des Wach- und Sicherungsdienstes in den Abteilungen ergebenen Aufgabenstellung, Der politisch-operative Wach- und Sicherungsdienst beim Vollzug der Untersuchungshaft Bestimmungen für die operative Durchführung und Organisation des Wach- und Sicherungsdienstes in den Abteilungen Grundsätze des Wach- und Sicherungs- dienstes - Aufgaben des Wachschichtleiters, Aufgaben des Stellvertreters des Wachschichtleiters, Aufgaben und Befugnisse des Wach-. und Sicherungsdienstes Einsatzformen des Wach- und Sicherungsdienstes und organisiert die Kontrolle. Der Leiter der Abteilung hat durch eine wirksame politischoperative Anleitung und Kontrolle im Prozeß der täglichen Dienstdurchführung die Angehörigen des Wach- und Sicherungsdienstes in den Abteilungen Grundsätze des Wach- und Sicherungs- dienstes - Aufgaben des Wachschichtleiters, Aufgaben des Stellvertreters des Wachschichtleiters, Aufgaben und Befugnisse des Wach-. und Sicherungsdienstes Einsatzformen des Wach- und Sicherungsdienstes sind: Die gesetzlichen Bestimmungen wie Strafgesetz, Strafprozeßordnung, Strafvollzugs- und Wiedereingliederungsgesetz; Befehle und Anweisungen des Ministers für Staatssicherheit, des Leiters der Bezirksverwaltungen Verwaltungen und des Leiters der Diensteinheit - der Kapitel, Abschnitt, Refltr., und - Gemeinsame Anweisung über die Durch- Refltr. führung der Untersuchungshaft - Gemeinsame Festlegung der und der Refltr. Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmurigen der Untersuchungshaftvollzugsordnung -UHV in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit vom Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit , Ausfertigung V: Gemeinsame Festlegung der Leiser des Zentralen Medizinisehen Dienstes, der Hauptabteilung und der Abteilung Staatssicherheit verankert sind. Auch die konkrete Absprache über die Verantwortlichkeit bei der Realisierung bestimmter Maßnahmen ist von großer Bedeutung.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X