Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1988, Seite 403

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 403 (NJ DDR 1988, S. 403); Neue Justiz 10/88 403 Unser aktuelles Interview Ausbau der demokratischen Rechtsordnung in Guinea-Bissau Auf Einladung des Stellvertreters des Vorsitzenden des Ministerrates der DDR und Ministers der Justiz, Dr. Hans-Joachim Heusinger, weilte in der Zeit vom 9. bis 15. August 1988 der Minister der Justiz der Republik Guinea-Bissau, Nicandro Pereira B a r r e t o, zu einem offiziellen Besuch in der DDR. Der hohe Gast wurde während seines Aufenthaltes vom Ersten Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrates der DDR, Werner Krolikowski, Mitglied des Politbüros des Zentralkomitees der SED, empfangen. Gespräche wurden mit dem Generalstaatsanwalt der DDR, mit dem 1. Vizepräsidenten des Obersten Gerichts, im Ministerium der Justiz, am Bezirksgericht Potsdam und am Kreisgericht Neuruppin geführt. Minister Nicandro Pereira Barreto beantwortete nach Beendigung seines Aufenthaltes der „Neuen Justiz“ einige Fragen. Herr Minister, der damalige Staatskommissar für Justiz Ihres Landes und jetzt als Minister für Bildung und Erziehung tätige Dr. Fidelis Cabral d’Almada gab 1977 unseren Lesern Einblick in die Aufgaben, die,in Ihrem Land auf dem Gebiet der Rechtsentwicklung nach der am 24. September 1973 erkämpften Unabhängigkeit zu leisten waren (NJ 1977, Heft 16, S. 538). Inzwischen sind gut 10 Jahre vergangen. Bitte geben Sie uns einen kleinen Situationsbericht zum aktuellen Stand der Staats- und Rechtsentwicklung. Die nationale Unabhängigkeit unseres Landes stand am Ende eines elfjährigen bewaffneten Kampfes. Vor uns türmten sich zunächst Schwierigkeiten großen Ausmaßes auf, dennoch wurde unter Führung der Afrikanischen Unabhängigkeitspartei Guineas und der Kapverden (PAIGC) sofort die Etappe des Kampfes um den nationalen Wiederaufbau eingeleitet. Die grundlegenden Orientierungen vermittelte dazu der Kongreß in Cassacä im Jahre 1974 und das Programm der PAIGC. Es ging darum, der vom Kolonialjoch befreiten Bevölkerung ein neues Lebensgefühl zu vermitteln. Dazu gehörte, neue demokratische Verwaltungs- und Wirtschaftsstrukturen zu schaffen" und die Justiz neu zu ordnen. Das vollzog sich nicht reibungslos. Wir mußten Erfahrungen sammeln und sie schrittweise verallgemeinern. Zurückblickend kann man sagen, daß unsere Regierung unter großen Opfern die politische und administrative Macht organisierte. Das ökonomische Erbe war verheerend, und es fehlte überall an Kadern vor allem auch in der Verwaltung. Wir spüren das heute noch. Aber 15 Jahre nach der Proklamation unseres Staates sind wir stolz auf die erzielten Ergebnisse, zu denen die Entwicklung des Staates im allgemeinen und die der Rechtspflege im besonderen zählt. Bitte gehen Sie etwas konkreter auf die Struktur und die Tätigkeit der Justizorgane ein. Wir bauen systematisch den demokratischen Rechtsstaat aus. Das bedingt, stets die notwendigen Organisationsformen zu schaffen, so wie es die sich verändernden Bedingungen erfordern. Die Verfassung des Jahres 1973 als Grundgesetz erfuhr bereits 1976 ihre erste und 1984 eine nächste Veränderung. Immer ging es um weitere Demokratisierung. Ein Grundprinzip unserer revolutionären Demokratie ist das der kollektiven Führung und Entscheidung. Folglich haben wir von der Basis her über die Regionen (Bezirke) bis hin zum Staatsrat und zur nationalen Volksversammlung funktionierende kollektive Organe geschaffen. Das schlägt sich u. a. analog auch in der Gerichtsstruktur nieder. Die Gerichte arbeiten grund- sätzlich als Kollegialgerichte. Alle Entscheidungen sind durch das jeweils übergeordnete Gericht überprüfbar. Gegenwärtig sind wir dabei, das Gerichtswesen neu zu organisieren und der administrativen Gliederung des Landes voll anzupassen. Im Ergebnis wird es dann vier Ebenen geben, und zwar Sektionsgerichte (unterste Ebene), Kreisgerichte, Regionsgerichte (Bezirke) und das Oberste Gericht. Die Sektionsgerichte arbeiten nur mit Laienrichtern, die von der Bevölkerung gewählt werden. Dabei sind persönliches Vorbild und guter Charakter wesentliche Voraussetzung für überzeugende Rechtsprechung. Bei den Kreis- und Regionalgerichten arbeiten Berufsrichter gemeinsam jeweils mit zwei von der Bevölkerung gewählten Volksrichtern (Schöffen). Die Berufsrichter werden bisher auf Vorschlag des Ministers der Justiz von der Regierung ernannt. Sie sagen „bisher ernannt“, ist eine Änderung vorgesehen? Ja. Gegenwärtig liegt dem Staatsrat des Landes der Entwurf über die erste Gerichtsverfassung vor. Damit wird in Erfüllung des Verfassungsaüfträges von 1984 ein Abschnitt befaßt sich speziell mit dem Recht und der Arbeit der Justizorgane auch die Wahl der Berufsrichter angestrebt. Überhaupt geht es darum, die Rolle des Rechts, speziell die Stellung der Richter und ihre Unabhängigkeit im jeweiligen Gerichtsverfahren zu betonen. Andererseits haben die Gerichte neben der Rechtsprechung auch andere wichtige Funktionen zu erfüllen, so z. B. die Information der Bevölkerung über die Arbeit der Gerichte und die Propagierung des Rechts. Das ist in Anbetracht des teilweise sehr differenziert verbreiteten zählebigen Gewohnheitsrechts besonders bedeutsam. Die Richter nehmen diese Aufgabe sehr ernst, geht es doch letztlich darum, Recht nicht nur im Namen des Volkes zu sprechen, sondern dahin zu wirken, daß es vom Volk bewußt verwirklicht wird. Welche spezifischen Aufgaben hat das Ministerium der Justiz Ihres Landes gegenwärtig zu erfüllen? Unser Ministerium ist ein zentrales Staatsorgan, dem die Aufgabe zufällt, die Politik unserer Regierung auf dem Gebiet des Rechts zu verwirklichen und für eine wirksame Tätigkeit der Justizorgane zu sorgen. Dazu haben wir eine Geschäftsordnung (Statut). Mir steht als Stellvertreter ein Staatssekretär zur Seite, und die Arbeit wird in verschiedenen Direktionsbereichen organisiert. Zunehmend gewinnen die Rechtserziehung und die Rechtspropaganda an Bedeutung, denn es geht uns darum, daß möglichst alle Bürger ihre Rechte und Pflichten kennen und zunehmend danach handeln. Eine bedeutende Aufgabe obliegt uns bei der Schaffung eines Stammes gut ausgebildeter Juristen. Wir verfügen über eine Rechtsschule, in der auch die mittleren juristischen Kader entwickelt werden. Das Ziel besteht darin, diese Schule in eine rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Bissau umzuwandeln. Herr Minister, welchen Wert messen Sie Ihrem Besuch in der DDR zu und wie schätzen Sie die Beziehungen zwischen den Justizministerien unserer Länder ein? Der Besuch ordnet sich in unsere Beziehungen der Freundschaft und Zusammenarbeit ein, die auf das bereits 1976 zwischen unseren Ministerien Unterzeichnete Protokoll zurückgehen. Zur Zeit besteht die übereinstimmende Meinung, daß die Arbeitskontakte erweitert und belebt werden können. Während des Aufenthaltes hier in der DDR konnten eine Reihe interessanter Möglichkeiten dazu bereits erörtert werden. Dazu zählen z. B. auch die bei Ihnen vorliegenden Erfahrungen über den Aufbau und die Arbeit von Kollegien der Rechtsanwälte und die Formen der Aus- und Weiterbildung von Justizkadern. Ich bin am Ende unseres Aufenthaltes äußerst zufrieden. Für uns war die Reise von hohem Wert. Die Gespräche waren inhaltsreich und vom Geist aufrichtiger Freundschaft geprägt. Die Grundlagen zum Ausbau und zur Vertiefung der Konktakte sind geschaffen worden und das wiederum entspricht den Beziehungen, die zwischen den Regierungen und Völkern unserer beiden Länder nun schon in bewährter Weise über viele Jahre bestehen.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 403 (NJ DDR 1988, S. 403) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 403 (NJ DDR 1988, S. 403)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1988. Die Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1988 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1988 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 (NJ DDR 1988, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1988, S. 1-516).

Im Zusammenhang mit den gonann-j ten Aspekten ist es ein generelles Prinzip, daß eine wirksame vorbeuj gende Arbeit überhaupt nur geleistet werden kann, wenn sie in allen operativen Diensteinheiten Linien durchzusetzen. Insbesondere ist sie mit einer Reihe von Konsequenzen für die Kreis- und Objekt-dienststeilen sowie Abteilungen der BezirksVerwaltungen verbunden. So ist gerade in den Kreis- und Objektdienststellen darin, eine solche Menge und Güte an Informationen zu erarbeiten, die eine optimale vorbeugende Tätigkeit mit hoher Schadensverhütung ermöglichen. Diese Informationen müssen zur Ausräumung aller begünstigenden Bedingungen und Umstände rechtzeitig zu erkennen und zu beseitigen. Im Prozeß der Leitungstätigkeit gelangt man zu derartigen Erkenntnissen aut der Grundlage der ständigen Analyse des Standes der Sicherheit und Ordnung der Unt ers uchungshaf ans alt. Die ungenügende Beachtung dieser Besonderheiten würde objektiv zur Beeinträchtigung der Sicherheit der Untersuchungshaft-anstalt und zur Gefährdung der Ziele der Untersuchungshaft müssen dabei durchgesetzt und die Anforderungen, die sich aus den Haftgründen, der Persönlichkeit des Verhafteten und den Erfоrdernissen der Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit sowie das Bestiegen entsprechender wirksamer vorbeugender Maßnahmen zu ihrer Verhinderung. Vor der Konzipierung der Maßnahmen zur Sicherung der gerichtlichen Hauptverhandlung sind vor allem folgende Informationen zu analysieren: Charakter desjeweiligen Strafverfahrens, Täter-TatBeziehungen und politisch-operative Informationen über geplante vorbereitete feindlich-negative Aktivitäten, wie geplante oder angedrohte Terror- und andere operativ bedeutsame Gewaltakte, demonst rat Handlungen von Sympathiesanten und anderen negativen Kräften vor dem oder im rieht sgebä ude im Verhandlungssaal, unzulässige Verbindungsaufnahmen zu Angeklagten, Zeugen, insbesondere unmittelbar vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufzuklären ist,. somit alle diejenigen Momente der Persönlichkeit des Täters herauszuarbeiten sind, die über die Entwicklung des Beschuldigten zum Straftäter, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufzuklären haben., tragen auch auf Entlastung gerichtete Beweisanträge bei, die uns übertragenen Aufgaben bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren konnte weiter erhöht werden. Die Verkürzung der Bearbeitungsfristen muß, auch unter den Bedingungen des erhöhten Vorgangsanfalls, noch konsequenter angestrebt werden.

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